Wie sicher Eingänge sein sollen

Eine Eingangstür mitten im Zentrum von Zürich, die kaum Angriffspunkte für einen Einbruch bietet. Bild: Andreas Brinkmann

Sicherheit.  Die heutigen, technisch hochstehenden Eingangstüren werden in vielen Bereichen getestet und zertifiziert. Bezüglich Einbruchschutz gibt es offenbar unterschiedliche Meinungen, ob und wann zertifizierte Elemente notwendig sind.

Hauseigentümer, die neue Fenster und Türen in ihr Gebäude einbauen lassen, wollen etwas verbessern. Damit sollen die Wohnqualität, die thermische und akustische Dämmung gesteigert werden und sich die Menschen darin mit ihrem Hab und Gut sicher fühlen. Bei den Fenstern hat sich mittlerweile die Einsicht durchgesetzt, dass sich ganz normale Fensterelemente, die eine umlaufende Verschlussmechanik mit zylindrischen Verschlussrollen haben, viel zu einfach aufhebeln lassen, weil alles sehr nachgiebig ist und nicht fest ineinander-greift. Hier braucht ein geübter Einbrecher nur wenige Sekunden, um sich Zutritt zu verschaffen. Es gibt viel bessere Beschläge und konstruktive Möglichkeiten, die mehr Widerstand bei Einbruchsversuchen bieten. Die geprüfte und zertifizierte Widerstandsklasse RC2 hat sich bei Fenstern weitgehend als Standard durchgesetzt. Nur, gilt das auch bei den Türen?

Votum für zertifizierte Systeme

Offenbar wird insbesondere auf dem Niveau RC2, im Gegensatz zu den Fenstern, nach wie vor häufig auf nicht zertifizierte Lösungen zurückgegriffen. Eine kundengerechte Handhabung scheint da für viele Schreiner durchaus realistisch und ausreichend. Grundsätzlich muss gesagt sein, dass es keine Verpflichtung gibt, bezüglich Einbruchschutz entsprechend zertifizierte Türen einzusetzen. Allerdings werden bei Bauten mit einer Türfachplanung oft solche Vorgaben ausgeschrieben und die Nachweise eingefordert. Elemente «in Anlehnung an» werden nicht akzeptiert.

«Aus unserer Sicht ist für Abschlusstüren eine nachgewiesene und somit zertifizierte Einbruchhemmung RC2 das Mindestniveau», sagt Martin Brübach. Er ist in der Geschäftsleitung der Türenfabrik Brunegg AG im gleichnamigen Ort und auch für die Entwicklung verantwortlich. «Je nach Lage, Schutzbedürfnis und Objektstandard kann auch RC3 notwendig sein. RC4-Elemente im Wohnungsbau sind in aller Regel aber überdimensioniert», meint Brübach.

Die Frank Türen AG aus Buochs NW bietet eigene Einbruchschutztüren aus Holz bis zur Widerstandsklasse RC4 an. Damit Kunden schnell und einfach sehen können, wo welche Klasse empfohlen wird, hat die Firma auf ihrer Website eine Übersicht über die sechs Kategorien aufgeschaltet. Laut dieser genügen bei RC2 schon einfache Einbruchswerkzeuge wie Schraubenzieher, Zange oder Keil, um sie aufzubekommen, während bei RC3 stärkeres Hebelwerkzeug dazukommt. Für Frank stellt RC3 den normalerweise ausreichenden Schutz von Wohnbereichen dar. Für Werkstätten und Gewerbe sollte, laut Liste, RC2 genügen. RC4 dagegen ist für besonders sensible Bereiche, wo erfahrene Einbrecher grosse Beute wittern und am liebsten ungestört arbeiten möchten. RC4 gilt beispielsweise auch für Panikräume, worin man sich bei Gefahr in Sicherheit bringen kann. Da sind sich die beiden Türhersteller einig.

Eine Prüfung, die sich einreiht

Martin Brübach weist darauf hin, dass sich der Bedienkomfort von RC-zertifizierten Elementen nicht von anderen unterscheidet. Er sagt zudem: «Die Mehrkosten für ein zertifiziertes RC2- oder RC3-Element sind überschaubar, da Abschlusstüren aufgrund der Anforderungen an Feuerwiderstand, Schallschutz, klimatisches Verhalten und so weiter bereits hochwertig sind und auch in vielen Fällen mit Zusatzausstattungen RC2-/RC3-zertifiziert erhältlich sind.» Der grosse Vorteil einer Projektierung und Ausführung mit nachweislich geprüften Elementen ist, dass alles Gewünschte auch garantiert vorhanden ist, und das Sicherheitsniveau erreicht wird. Das betrifft die Kompatibilität mit anderen Anforderungen genauso wie die der Beschläge und der Montage.

Votum für freie Lösungsfindungen

Der grosse Vorteil einer Projektierung und Ausführung von Türen, ohne dass sie als ganze Einheit geprüft sind, ist der grosse Spielraum bei der Wahl der Komponenten. Das erlaubt Kompromisse zwischen den ästhetischen Bedürfnissen der Endkunden und deren Schutz. Die Gawo Gasser AG aus Wolhusen LU besitzt ein eigenes Türsystem, dessen Türblätter firmenintern hergestellt werden und welches in vielerlei Hinsicht geprüft und zertifiziert wurde. «Einbruchschutz wurde nicht getestet. Mit dem Kunden wird klar kommuniziert, dass die Tür keine diesbezügliche Zertifizierung hat, dass aber Beschläge in RC2 oder höher verbaut werden», sagt Anton Zimmerli, aus der Leitung der Gawo Gasser AG.

Das Unternehmen legt Wert darauf, mit dem Kunden jeweils genau zu besprechen, wie die Sicherheitsmassnahmen aussehen – auch was diesbezüglich schon vorhanden oder noch vorgesehen ist. Schliesslich wirft man auch einen Blick darauf, wie es bei den Fenstern, der Balkon- und der Kellertür oder mit einer Alarmanlage aussieht. Zimmerli ist auch überzeugt, dass ein Schloss immer selbstverriegelnd sein sollte, denn inkonsequentes Verhalten der Anwender macht so manchen technischen Schutz wirkungslos.

Anlaufstelle für Sicherheitsfragen

Der Verein Sicheres Wohnen Schweiz (SWS) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der mit dem Ziel gegründet wurde, Menschen für die Bedeutung des Einbruchschutzes zu sensibilisieren und sie auf dem Weg zu sicherem Wohnen fachkundig zu begleiten. Der Verein wird von Dach- und Branchenverbänden im Sicherheitsbereich, von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), der Polizei und der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP) getragen. Auf der Webseite des Vereins finden sich neben Kontakten zu Sicherheitsberatungsstellen auch Dokumente mit konkreten Hinweisen zum Thema.

Erfahrungen aus Einbrüchen

Beim SWS weiss man, dass kaum eine Massnahme allein den Einbruchschutz signifikant erhöhen kann – die Kombination machts. Die Publikation «Riegel vor» zeigt beispielsweise auf, dass ein Einbruch – aus Sicht des Diebes – normalerweise möglichst schnell und unauffällig ausgeführt werden soll. Um nicht entdeckt zu werden, dürfen die verschiedenen Hindernisse, um hineinzukommen, nicht zu gross sein. Entwickelt sich das Ganze zu einem Hürdenlauf, bricht der Einbrecher schnell einmal ab. Gesucht werden bei einem Einbruch möglichst einfache Zugänge oder solche, an denen ungestört gearbeitet werden kann. Das bevorzugte Einbruchswerkzeug ist klein, handlich und lässt sich unauffällig mitnehmen – also Schraubenzieher, Keile und dergleichen. In den meisten Fällen werden Türen aufgehebelt, und das geschieht vor allem an den oberen oder unteren Türecken auf den Schlossseiten. Lässt sich eine solche Ecke vom Rahmen abheben und verkeilen, werden einfache Fallen und Riegel nicht lange halten. Mehrpunktverriegelungen oder Bandsicherungen beispielsweise wirken dem entgegen. Konstruktiv muss klar sein, dass bei geschlossener Tür keinerlei Riegel und dergleichen sichtbar und somit zugänglich sein dürfen.

www.brunex.chwww.frank-tueren.chwww.gawo.chwww.sicheres-wohnen-schweiz.ch

Aufruf

Ihre Meinung ist gefragt

Ob, im Bereich RC2, Türen mit einer zertifizierten Einbruchhemmung oder solche mit individueller Konstruktion notwendig oder ausreichend sind, da gehen die Meinungen anscheinend auseinander. Welche Haltung haben Sie als Fachperson zu diesem Thema?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung und wie das bei Ihnen im Betrieb gehandhabt wird per E-Mail an redaktion[at]schreinerzeitung[dot]ch.

Andreas Brinkmann

Veröffentlichung: 20. Februar 2025 / Ausgabe 8/2025

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