Widerstand vom Schreiner

Wird eine Eingangstür gegen Einbruch mit Beschlägen höherer Sicherheit nachgerüstet, brauchen Einbrecher länger, was entscheidend ist. Bild: Simonswerk

Sicherheit.  Viele Haus- und Wohnungseingangstüren sind schön anzusehen, weisen aber keine besonderen Sicherungen gegen Einbruch auf. Mit solchen Türen haben Kriminelle leichtes Spiel. Durch eine Nachrüstung mit geeigneten Beschlägen lässt sich die Sicherheit deutlich erhöhen.

Die Anzahl der Einbruchdiebstähle hat sich auch im letzten Jahr schweizweit rückläufig entwickelt. Die Mehrheit der Fälle ist dabei dem privaten Wohnbereich zuzuordnen. Dies lässt sich aus den Daten der Kriminalstatistik des Bundesamtes für Statis- tik (BFS) entnehmen. Trotz der seit Jahren stets rückläufigen Fallzahlen scheint das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz gegen ungebetene Gäste in den eigenen vier Wänden gross zu sein. Schaut man sich die statistischen Auswertungen des Amtes näher an, fällt auf, dass das Gros der Einbruchsdelikte bei privaten Immobilien auf Mehrfamilienhäuser entfallen. Etwa halb so viele Einbrüche finden in Einfamilienhäusern statt.

Wird ein Einbruchfall bekannt, sind die Eigenheimbesitzer in der Region sensibilisiert. «Die offiziellen Zahlen und das persönliche Sicherheitsbedürfnis passen oft nicht zusammen. Wenn etwas im privaten Umfeld passiert, werden die Leute in der Regel aufmerksam und fragen sich, warum sie die günstige Standardlösung für Tür und Fenster gewählt haben und sich nicht gleich für eine höhere Sicherheit entschieden haben», weiss Daniel Blaser, Inhaber und Sicherheitsberater der Blaser Einbruchschutz GmbH in Baar ZG. Dann stehen die Chancen gut, schlecht gesicherte Türen mit einem höheren Sicherheitsstandard nachrüsten zu können. Eine Arbeit, die auch bei der Schreinerei Schellenberg in Regensdorf ZH zum täglichen Geschäft gehört. «Wir machen unsere Kunden gezielt darauf aufmerksam, wenn wir sehen, dass der Sicherheitsstandard gering ist. Die Nachrüstung von Türen für mehr Sicherheit kommt häufig vor», erklärt Marcel Schellenberg, Geschäftsführer der gleichnamigen Schreinerei.

Nachrüsten heisst aufrüsten

Die meisten Einbrecher machen sich laut dem Verein Sicheres Wohnen Schweiz mit einfachen Hebelwerkzeugen an Türen und Fenstern zu schaffen. Mit zwei grossen Schraubendrehern oder einem Geissfuss ausgestattet, sind viele Türen kaum ein Hindernis für den Profi. Wie schnell Wohnungseingangstüren überwunden werden können, hat die Firma Blaser eindrucksvoll filmisch dokumentiert.

www.schreinerzeitung.ch/de/artikel/widerstand-vom-schreiner

 

Eine Nachrüstung von Haus- und Wohnungseingangstüren mit Sicherungseinrichtungen scheint deshalb sinnvoll und stellt für so manche Schreinerei ein Betätigungsfeld dar. «Wer einen Hinweis oder eine Empfehlung bekommt oder das Thema aus irgendwelchen Gründen im Sinn hat, der lässt seine Tür auch nachrüsten. Viele denken für gewöhnlich aber nicht an den Einbruchschutz», so Blaser.

Der Haken liegt in der Natur der Sache. Türen und auch Fenster sind für die Öffnung und den Zutritt des Gebäudes da, daraus ergeben sich automatisch die Schwachpunkte bei der Sicherung gegenüber unerwünschten Zutrittsversuchen. Dazu kommt die Verglasung, auch in Form des Lichtausschnittes bei Türen. Entscheidend ist dabei die Zeit, die ein geübter Einbrecher braucht, um sich Zutritt zu verschaffen. Denn: Bei den meisten Einbrüchen bleibt es beim Versuch. Je länger der Unhold benötigt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er gestört wird und die Aktion abbricht. Denn der Einbrechende steht unter Stress, braucht er zu lange, gibt er meist auf. Deshalb ist auch der Gebrauch des Begriffes Einbruchhemmung sinnvoller und exakter, als vom Einbruchschutz zu sprechen.

Ist die Substanz der Bauteile gut, lassen sich diese mit relativ wenig Aufwand auf ein höheres Sicherungsniveau bringen. «Im Kanton Zug gibt es viel Stockwerkeigentum. Oft handelt es sich dabei um moderne Wohnungen mit ordentlichen Türen, bei denen sich eine Nachrüstung für mehr Einbruchschutz auch wirklich lohnt», erklärt Blaser. Ganz wichtig dabei ist jedoch, dass durch eine Nachrüstung die Tür nicht zu einem einbruchhemmenden Bauteil nach den Resistenzklassen (RC) wird. Dazu wäre eine zusätzliche Prüfung des Bauteils erforderlich. Auch deshalb sollte man die Begrifflichkeiten korrekt gebrauchen. Der Schreiner kann dem Kunden mehr Sicherheit einbauen, aber dadurch keine Tür zu einer geprüften Tür machen, auch wenn die verwendeten Beschläge geprüft und zertifiziert sind.

Die Hebelwirkung aushebeln

Dennoch kann die Einbruchhemmung von Türen auch im Nachhinein deutlich verbessert werden. Darauf weist auch der Verein Sicheres Wohnen Schweiz hin. Wichtig sei, dass die Massnahmen in ihrer Wirkung sinnvoll aufeinander abgestimmt seien.

Damit ein Einbrecher sich nicht innerhalb von Sekunden gewaltsam Zutritt zu einer Wohnung verschaffen kann, ist eine Mehrfachverriegelung unabdingbar. Ein einfaches Schloss mit Falle und Riegel bricht durch die enorme Krafteinwirkung wegen des ungünstigen Hebels mit nur einem Haltepunkt im mittleren Bereich beim Ansetzen eines Hebelwerkzeuges schnell auf.

Auch eine Mehrfachverriegelung mit Rollzapfen ist wenig zielführend. Denn die kurzen Zapfen tauchen für einen wirksamen Widerstand nicht tief genug in die Schliessbleche ein. Mehr Sicherheit bringen dagegen tief eingreifende Hakenriegel. Auf der Bandseite lässt sich das Prinzip des verkürzten Hebels durch die Montage von mindestens zwei Bandsicherungen erzielen. Diese Sicherung wird zwar manchmal vergessen, ist aber genauso wichtig wie die Mehrfachverriegelung auf der Schlossseite. Mit krallenartiger Riegelfunktion greifen die Haken beim Schliessen der Tür in das Gegenstück am Rahmen und verstärken die Bandseite massiv. Zusätzliche Verstärkungen in Form von Bandtaschen sind jedoch schwierig. Vor Ort lässt sich eine Ertüchtigung kaum durchführen.

Wichtige Details entscheiden

Das Fallen-Riegel-Schloss braucht ein gu- tes Gegenstück. Ein einbruchhemmendes Schliessblech ist nicht nur einfach stabil, sondern lässt sich zusätzlich schräg verschrauben. Bei entsprechender Güte und Dimension des Rahmenholzes stellt auch diese Massnahme eine deutliche Verbesserung dar.

Der Tausch von wenig sicheren Rundzylindern durch einen mit Zieh- und Bohrschutz sollte ebenfalls zum Massnahmenpaket gehören. Schwachpunkte sind vorstehende Zylinder, die leicht abgebrochen werden können. Die Montage eines Sicherheits-Türschildes (Panzerschild) vereitelt im besten Fall, dass der Einbrechende schnell an den Zylinder kommt. Im Idealfall ist der Zylinder bündig eingebaut. Sicheres Wohnen Schweiz weist darauf hin, dass der Rundzylinder bei einem Schutzbeschlag ohne Zylinderabdeckung aussen höchstens mit einer Toleranz von drei Millimetern abschliessen darf. «Wenn Türen mit Rosetten und hervorstehenden Zylindern bestückt werden, dann ist das ein gefundenes Fressen für die Profis», weiss Blaser aus Erfahrung.

Glasausschnitte sind schwierig

Der Zutritt durch Zerschlagen von Glas ist zwar längst nicht so häufig, wie man annehmen mag, doch stellt jede Verglasung trotzdem ein Risiko dar. «Wir machen Verglasungen nur, wenn sie schmal sind, sodass ein Einsteigen durch die zerschlagene Scheibe nicht möglich ist. Schlimm ist es, wenn der Schreiner den Lichtausschnitt mit einem Drehbeschlag kombiniert. Dann sind Tür und Tor geöffnet», so Blaser. Empfohlen wird allgemein der Einsatz von Verbundsicherheitsglas. Zweifelsohne ist dieses widerstandsfähig. Der Druck beim Versuch, eine solche Scheibe einzuschlagen oder einzudrücken, wird dann aber auf die verschraubten Glasleisten ausgeübt. In den Broschüren und Merkblättern wird darauf hingewiesen, dass die Glasleisten mit geeigneten Schrauben befestigt werden sollen. Doch in der Praxis sind oft relativ kurze Schrauben bei kleinen Querschnitten der Glasleisten die Realität. «Da muss man sich genau überlegen, wie man einglast», bestätigt Blaser. Die Scheibe sollte deshalb mit einem glasverträglichen Dichtstoff umlaufend verklebt werden, damit diese im Fall der Fälle den Druck nicht direkt auf die Glasleisten weitergibt.

www.blasereinbruchschutz.chwww.schreinerei-schellenberg.ch

christian härtel

Veröffentlichung: 09. September 2021 / Ausgabe 37/2021

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