Wer die Leistung wann deklarieren muss

Der Hersteller einer Aussentür muss eine Leistungserklärung erstellen. In vielen Fällen ist das der Schreiner selbst. Bild: Türenfabrik Brunegg AG

Bauproduktegesetz.  Seit dem 1. Juli 2015 müssen die Leistungen und Eigenschaften einer Aussentür eindeutig und verbindlich deklariert werden. Verbände, Türhersteller und -händler helfen dem Schreiner bei der Umsetzung.

Im Türensektor kann generell zwischen Innentüren und Aussentüren unterschieden werden. Auf die unterschiedlichen Funktionen von Türen bezogen, sind in erster Linie die Brandschutztüren zu erwähnen, die besonderen Sicherheitsanforderungen genügen müssen. Hinzu kommen die Türen in Flucht- und Rettungswegen. Sowohl Innen- und Aussentüren, und unter ihnen auch die Brandschutztüren, sind grundsätzlich Bauprodukte. Aber noch nicht alle Türen unterstehen dem neuen Bauprodukterecht und erfordern Leistungserklärungen, weil sie nicht gleichermassen von einer bezeichneten harmonisierten technischen Norm erfasst sind.

Inverkehrbringen von Aussentüren

Aussentüren ohne Feuerschutz- und/oder Rauchdichtheitseigenschaften erfordern seit dem 1. Juli 2015 Leistungserklärungen. Mit der Leistungserklärung übernimmt die Her- stellerin die Verantwortung für die Übereinstimmung des Bauproduktes mit der erklärten Leistung. Erklärte Leistungen (auch mandatierte Produkteigenschaften genannt) sind für Aussentüren beispielsweise Widerstandsfähigkeit gegen Windlast, Schlagregendichtheit, Luftdurchlässigkeit, Schallschutz usw. Die entsprechenden Klassifi-zierungen oder Werte beziehen sich immer auf ein komplettes, einbaufertiges Türelement. Beim Inverkehrbringen von Aussentüren ohne Feuerschutz- und/oder Rauchdichtheitseigenschaften muss grundsätzlich zwischen den folgenden Fällen unterschieden werden:

Fall 1: Eine Türenfabrikantin produziert komplette, einbaufertige Aussentürelemente und vertreibt diese über den Handel. Es findet keine Weiterverarbeitung durch den Schreiner statt. Die Türenfabrikantin ist und bleibt Herstellerin und erstellt als solche auch die Leistungserklärung. Die Händlerin vergewissert sich, dass alle notwendigen Unterlagen, sprich die Leistungserklärung samt Montage-, Pflege- und Wartungsanleitung, vorhanden sind und stellt diese dem Schreiner zur Verfügung.

Fall 2: Eine Türenfabrikantin stellt Aussentürrohlinge her und vertreibt diese über den Handel. Der Aussentürrohling wird vom Schreiner gemäss den Vorgaben der Türenfabrikantin zu einer einbaufertigen Aussentür (Türelement) weiterverarbeitet. In diesem Fall gilt der Schreiner als Hersteller und muss damit auch die Leistungserklärung selber erstellen. Als Grundlagen für das Erstellen der Leistungserklärung dienen dem Schreiner die von der Herstellerin des Türrohlings zur Verfügung gestellten Unterlagen. Weil der Schreiner dabei auch auf bestehende Prüfergebnisse der Aussentürrohling-Herstellerin zurückgreift, bedarf das Verfahren einer besonderen Regelung.

Verfahren der stufenweisen Erstprüfung

Das Verfahren, gemäss welchem der Schreiner Prüfresultate und Anweisungen der Aussentürrohling-Herstellerin verwenden darf, ist im Nationalen Anhang NA der SN EN 14351-1+A1 geregelt und wird als «Stufenweise Erstprüfung», englisch «Cascading ITT» (ITT steht für «Initial Type Testing»), bezeichnet.

Ein Systemgeber (die Aussentürrohling-Herstellerin) unterzieht ein zusammengebautes Produkt, unter Verwendung von Komponenten aus eigener oder auch externer Produktion, einer Erstprüfung. Daraufhin stellt der Systemgeber die Prüfergebnisse (ITT-Nachweise) dem Systemverarbeiter, also dem Türbauer, zur Verfügung. Der Systemverarbeiter kann das Konzept der stufenweisen Erstprüfung für das Produkt unter folgenden Bedingungen anwenden:

  • Der Systemverarbeiter hat eine Verein- barung mit dem Systemgeber für die Verwendung der Prüfresultate und An- weisungen für die Herstellung. Eine solche Vereinbarung kann in Form einer Lizenz, eines Vertrages oder jeglicher Art von schriftlichem Abkommen ausge- staltet werden.
  • Der Systemverarbeiter ist verantwort- lich für die Inverkehrbringung und für die korrekte Herstellung der einbau- fertigen Aussentür in Übereinstimmung mit den Anweisungen des Systemgebers für die Herstellung.
  • Der Systemverarbeiter ist verpflichtet, eine Werkseigene Produktionskontrolle (WPK) einzuführen. Die Anweisungen des Systemgebers für die Herstellung sind integraler Bestandteil der WPK. Die WPK steht in der Eigenverantwortung des Systemverarbeiters. Eine Fremdüberwachung der WPK findet bei dem in der Regel zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit von Aussentüren angewandten System 3 nicht statt (Ausnahme: Aussentüren in Flucht- oder Rettungswegen, bei denen System 1 zur Anwendung gelangt).
  • Der Systemverarbeiter muss in der Lage sein zu beweisen, dass die Leistungen des von ihm hergestellten Produkts den Leistungen des Produkts der Erstprüfung entsprechen.
  • Der Systemverarbeiter muss die ITT-Nachweise des Systemgebers für zehn Jahre aufbewahren.
  • Der Systemverarbeiter ist verantwort- lich, dass sämtliche erklärten Leis- tungen des Bauproduktes mit der Norm (SN EN 14351-1: 2006 + A1: 2010) übereinstimmen.

Eindeutige Nummer vergeben

In der Regel stellt der Systemgeber dem Systemverarbeiter eine Vorlage für die Leistungserklärung zur Verfügung. Der Systemverarbeiter erstellt die Leistungserklärung und füllt diese mit den geforderten Eigenschaften der konkreten Ausführungsvariante, vorgegeben durch die technische Dokumentation des Systemgebers mit den mandatierten Produkteigenschaften, aus. Der Systemverarbeiter erklärt sich in der Leistungserklärung selber als Herstellerin. Er gibt der Leistungserklärung eine eigene eindeutige Nummer und fügt, soweit nicht schon vorgegeben, die genaue Bezeichnung des Produkttyps ein. Bereits vorgegeben sind in der Regel der vorgesehene Verwendungszweck (Aussentür im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau), das angewandte System zur Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit im Rahmen der Erstprüfung des Systemgebers (System 3), die harmonisierte Produktnorm (SN EN 14351-1: 2006 +A1: 2010) sowie die bezeichnete Stelle mit Namen und Identifikationsnummer. Bei Letzterer handelt es sich um das anerkannte Prüflabor, welches die Erstprüfung für den Systemgeber durchgeführt hat. Der Systemverarbeiter händigt die Leistungserklärung seinem Kunden respektive Auftraggeber aus und bewahrt ein Exemplar für die Dauer von zehn Jahren ab dem Inverkehrbringen des Bauproduktes auf, womit dessen Rückverfolgbarkeit gewährleistet wird.

Einheitliche Verfahrensabläufe

Der Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) und Holzwerkstoffe Schweiz (HWS) haben zusammen mit den Türenfabrikanten Entla AG, Jeld-Wen Schweiz AG, J-P Marchand SA und der Türenfabrik Brunegg AG im Interesse der Schreiner mögliche einheitliche Verfahrensabläufe in Bezug auf das Inverkehrbringen von Aussentüren ohne Feuerschutzeigenschaften diskutiert und festgelegt. Dabei hat man sich auf Folgendes geeinigt:

Vertriebskonzept der Türenfabrikanten

Für komplette, einbaufertige Aussentürelemente (Bauprodukte) stellt die Türenfabrikantin dem Holzwerkstoffhändler die Leistungserklärung samt Montage-, Pflege- und Wartungsanleitung zur Verfügung. Dies geschieht entweder in Papierform oder die Unterlagen stehen auf der Webseite des Türenproduzenten zum Download bereit. Gemäss Bauprodukterecht muss der Händler seinen Kunden – also den Schreinern – die Leistungserklärung samt weiteren Anleitungen zur Verfügung stellen.

Mit Bezug auf Türrohlinge (Halbfabrikate), die vom Systemverarbeiter zu einem kompletten, einbaufertigen Aussentürelement (Bauprodukt) weiterverarbeitet werden, übt der Händler die Funktion eines bevollmächtigten Vertriebshändlers aus. Er schliesst mit dem Systemverarbeiter die erwähnte Lizenzvereinbarung Cascading ITT ab, schriftlich bevollmächtigt und beauftragt durch einen Vertriebsvertrag mit dem Systemgeber. Der Rohlinghersteller schliesst die Lizenzvereinbarung nicht selber und direkt mit dem Systemverarbeiter ab, sondern diese Aufgabe übernimmt der Vertriebshändler. Er steht auch in der Pflicht, die von ihm stellvertretend für den Systemgeber abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen für die Dauer von mindestens zehn Jahren aufzubewahren.

Der Vertriebshändler hält für den Systemverarbeiter, der die Türrohlinge zu einem kompletten, einbaufertigen Aussentürelement weiterverarbeitet, grundsätzlich auch die ITT-Nachweise samt der Vorlage für die Erstellung der Leistungserklärung sowie die Systembeschreibungen mit Montage-, Pflege- und Wartungsanleitungen des Systemgebers bereit.

Je nach Systemgeber ist es auch möglich, dass dieser alle notwendigen Unterlagen auf seiner Webseite im geschützten und registrierten Bereich direkt für den autorisierten Systemverarbeiter ebenfalls zum Download bereitstellt.

Diese Dienstleistung kann so weit gehen, dass der Systemverarbeiter auf der Webseite des Systemgebers eine Vorlage für die Erstellung der Leistungserklärung unter Anleitung selber ausfüllen und anschliessend ausdrucken kann.

Vorbildcharakter für Brandschutz

Schon heute zeichnet sich ab, dass das Inverkehrbringen von Brandschutztüren spätestens ab September 2019, wenn die neue bezeichnete harmonisierte technische Norm SN EN 16034 zwingend zur Anwendung kommt, in den Grundsätzen nach demselben Verfahren erfolgen wird wie beim Inverkehrbringen von Aussentüren ohne Feuerschutzeigenschaften. Auch in der SN EN 16034 kommt das Cascading ITT zum Tragen. Das Rad muss also nicht neu erfunden werden, sondern die Abläufe können sich weitgehend am Inverkehrbringen von Aussentüren orientieren.

www.holzhandelszentrale.chwww.entla.chwww.jeld-wen.chwww.marchandsa.chwww.brunex.ch

Lizenzprodukt

VSSM-Aussentür zum Nachbauen

Der VSSM hat Haustüren beziehungsweise Aussentüren mit nachgewiesenen Leistungseigenschaften entwickelt. Diese werden der Branche nach Abschluss eines Nutzungsvertrages zur Verfügung gestellt. Die VSSM-Aussentür gewährleistet ein breites Einsatzgebiet und grosse Designfreiheit. Zudem macht sie eine hohe betriebseigene Wertschöpfung möglich durch weitgehende Eigenproduktion. Detaillierte Informationen gibt es auf der VSSM-Internetseite unter «Technik» und «Lizenzprodukte zum Nachbau».

www.vssm.ch

JR

Veröffentlichung: 26. November 2015 / Ausgabe 48/2015

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