Wenn trennende Elemente verbinden
Harmonikatüren schaffen auch Kurven und bieten im Wohnbereich einen ausreichenden Schallschutz. Bild: H&T Raumdesign
Harmonikatüren schaffen auch Kurven und bieten im Wohnbereich einen ausreichenden Schallschutz. Bild: H&T Raumdesign
Mobile Raumteiler. Wie von Zauberhand bewegt, gleiten raumhohe Elemente mit einem Flächengewicht von 60 kg/m2 durch den Raum, positionieren und verspannen sich und bieten so Diskretion, welche sonst nur mit massiven Mauern zu erreichen ist.
Das Bedürfnis, grosse Raumvolumen temporär in kleinere Einheiten zu unterteilen, besteht sowohl in Gewerbebauten, Verkaufsräumen, Gastwirtschaftsbetrieben als auch in Wohnbauten. Den Gestaltungsmög-lichkeiten sind dabei keine Grenzen gesetzt. Als einfachster Raumteiler dient seit jeher der Vorhang. Dieser hat wegen seiner Flexibilität den Vorteil, dass er zu einem sehr reduzierten Volumen gefaltet werden kann. Ausserdem ist er rasch installiert und benötigt keinerlei Anschlüsse an angrenzende Bauteile. Je nach Stoffart absorbiert er Luftschallanteile und unterstützt dadurch das akustische Raumklima.
Entspricht ein Vorhang nicht den Anforderungen des Nutzers, bieten Faltwände oder Harmonikatüren valablen Ersatz. Wie ein Vorhang lassen sich Harmonikatüren auf geraden Strecken und um Kurven einsetzen. Die einschalige Konstruktion reduziert das Faltpaket im geöffneten Zustand auf ein Minimum. Dabei ist insbesondere bei geringen Platzverhältnissen kein Schwenkbereich einer Drehflügeltür erforderlich. Ob farbige, furnierte oder absorbierende Oberflächen, entscheiden die Akustik und die Ästhetik. Durch den einschaligen Aufbau können keine höheren Schalldämmwerte erreicht werden, und es bleibt etwas vom Vorhangcharakter. Soll die Harmonikatür eine gestreckte, gerade Wand ergeben, spricht man von einer Paneelfaltwand. Der Unterschied liegt dabei grundsätzlich in der Optik und geringfügig in den technischen Eigenschaften.
Schiebewände sind die Königsdisziplin der mobilen Raumteiler. In dieser Kategorie kommen neben undurchsichtigen (opaken) auch transparente Bauteile zur Anwendung. Je nach Konstruktionsaufbau können Schall- dämmwerte bis 55 dB oder Brandschutzanforderungen bis Kategorie EI 60 erreicht werden. Es versteht sich von selbst, dass diese Elemente mit Flächengewichten von bis zu 60 kg/m2 auf der Baustelle nur noch mit entsprechenden Hilfsmitteln bewegt werden können. Die Bedienung des Endprodukts erfolgt entweder manuell oder vollautomatisch. Sind die Elemente am Bestimmungsort platziert, erfolgt die Verspannung manuell oder pneumatisch.
«Zentrales Element für die erfolgreiche Umsetzung eines Schiebewandprojekts ist die exakte Bedürfnisabklärung beim Nutzer», erklärt Thomas Zulauf von H & T Raumdesign. Er ist Ansprechpartner des Verbands Schweizerischer Lieferanten von Falt- und Schiebewänden (VSLFS). Das Grundbedürfnis, welches sämtliche Systeme legitimiert, ist die Unterteilung von grossen Volumen in kleinere respektive die temporäre Vergrösserung einer Einheit. Dabei können die trennenden Wandelemente verschiedenste akustische, optische und technische Anforderungen erfüllen. Bezüglich Optik und Design stellt sich die Grundsatzfrage der Transparenz.
Soll die Wand in klarem Glas, mit Folien verziert, mit Siebdrucken veredelt oder vollkommen opak sein? Sind Oberflächen in farblackiertem Holz, Metall oder in Spezialglasoptik gewünscht? Soll die Trennung automatisiert, pneumatisch oder manuell verspannt, mit Durchgangstür versehen oder die Wandoberfläche gar als absorbierendes Element aktiviert werden? Das alles beinhaltet eine professionelle Bedürfnisabklärung. Sie bildet zusammen mit der korrekten Massaufnahme die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts. Mobile Trennwände werden insbesondere in privaten Wohnbauten, in öffentlichen Gebäuden und in Bürolandschaften eingesetzt. Dabei verändern sich die Anforderungen je nach Nutzungsort gewaltig. Die Planung erfolgt in einem ersten Schritt mit der Wahl des Stapelplatzes. Grundsätzlich können der Ort und die Form des Platzes frei gewählt werden. Normalerweise lässt der Grundriss aber nur bestimmte Stapelvarianten zu.
In privaten Wohnbauten ist in der Regel die Wohneinheit für sich selber als Brandabschnitt ausgebildet. Wichtig ist da vor allem die Diskussion der gewünschten Schalldämmwerte. Mit Faltwänden können R w-Werte von bis zu 35 dB erreicht werden. R w kennzeichnet eine in Laborverhältnissen (ohne Schallnebenwege) gemessene Reduktion des Schallpegels. Im verbauten Zustand reduziert sich dieser Wert aufgrund der Schallnebenwege über die Decke, den Boden und die angrenzenden Wände um zirka 4 dB. Da jede Bausituation anders ist, ist es nicht möglich, über den real gemessenen Wert am Bau eine verbindliche Aussage zu machen.
Setzt man den R w-Wert 35 dB in Relation zu herkömmlichen Zimmertüren, welche in Röhrenspanausführung einen R w-Wert von zirka 29 dB erreichen, zeigt sich ein im Vergleich überraschend hoher Wert. Ein mögliches Anwendungsgebiet ist die Unterteilung von Kinderzimmern. Von friedlichem, gemeinsamem Spiel bis zu mehr Individua-lität mit dem Älterwerden und getrennten Zimmern ist alles möglich. Dieser spannenden Thematik kann mit mobilen Trennwänden Rechnung getragen werden. Eine weitere Einsatzmöglichkeit kann die temporäre Abgrenzung eines Gästezimmers, eines Büroraums oder der Küche vom Wohn- oder Esszimmer sein. Dabei ist insbesondere die Gästezimmerthematik spannend, da solche Zimmer nur an wenigen Tagen des Jahres genutzt werden.
Unter dem Begriff öffentliche Gebäude sammeln sich Restaurants, Gemeindesäle, Schulen und Hotels. Allseits bekannt sind die mobilen Raumteiler in Restaurants und Hotels. Je nach Belegung und Gruppengrössen werden die Grundrisse getrennt oder geöffnet. Diese mobilen Raumteiler sind in der Regel grossflächiger als ihre Pendants im Wohnungsbau. Auch die Anforderungen an die Schallreduktion steigen gegenüber dem Wohnbereich an, da meist verschiedene Gruppen so unterteilt werden sollen, dass sie sich gegenseitig nicht gestört fühlen. Konkret bedeutet dies, dass sich für höhere R w Schalldämmwerte als 35 dB die Konstruktionsart von Falt- zu Schiebewänden verlagert.
Nicht ausser Acht gelassen werden darf, aufgrund der öffentlichen Nutzung, die Brandschutzthematik. In unserem föderalistischen System obliegt die Gesetzgebung den verschiedenen Kantonen. Das bedeutet, dass im Kanton Zürich andere Vorschriften gelten als im angrenzenden Kanton Zug. Im Idealfall wird die Abklärung bei der kantonalen Gebäudeversicherung gleich durch den Architekten, einen Bauherrenvertreter oder gar durch den Bauherrn selber gemacht. Es ist aber in jedem Fall die Pflicht des Schreiners, bei der Kundenberatung auf die Thematik Brandschutzvorschriften aufmerksam zu machen.
Mobile Trennwände in Bürolandschaften von Banken, Versicherungen, der öffentlichen Hand und von grossen Firmen erreichen häufig ein hohes Mass an Komplexität. Einerseits werden häufig Anforderungen an den Brandschutz sowie hohe Erwartungen an die schallreduzierenden Eigenschaften des Produkts gestellt. Gerade im Bereich Schallschutz setzt die seriöse Beratung des Architekten und des Bauherrn eine hohe Kompetenz des Sachbearbeiters voraus. Beispielsweise macht die Montage einer Wand mit einem R w-Laborwert von 50 dB wenig Sinn, wenn nicht gleichzeitig die Schallnebenwege eliminiert werden. Ansonsten sind die Verluste über Doppelböden, Hohldecken, Brüstungskanäle an Fassaden und durchlaufende Betonelemente so gross, dass die an sich technisch hochwertige Trennwand im Praxistest vermeintlich versagt.
Schallnebenwege werden eliminiert, indem Doppelböden, Hohldecken sowie Brüstungs- kanäle abgeschottet und alle Bauteile, welche die Achse der mobilen Trennwand queren, akustisch getrennt werden. Dabei ist es unrealistisch, dass Durchdringungen wie Lüftungs- und Heizrohre oder Elektrokanäle genügend abgeschottet werden können. Idealerweise ist für die Baustelle ein Akustikspezialist zuständig. Mit ihm zusammen muss der Bauherrenvertreter oder der Bauherr selber richtig informiert werden, damit nicht falsche Vorstellungen und Hoffnungen im Raum stehen.
Mobile Trennwände sind Spezialprodukte, welche verschiedenste Anforderungen der Nutzer erfüllen können. Die Vielfalt an Oberflächen, akustischen und anderen technischen Eigenschaften und die hoch entwickelte Technik führen zu grosser Komplexität. Wird der Schreiner auf die Thematik angesprochen und wird seinerseits eine komplette Beratung gewünscht, tut er gut daran, sich intensiv auf das Gespräch vorzubereiten.
Merkblätter und Checklisten kann er über den Verband Schweizerischer Lieferanten von Falt- und Schiebewänden (VSLFS) beziehen. Auf dem gleichen Weg erhält er Zugang zum Lieferantenverzeichnis und kann sich entsprechend seinen Partner auswählen. Befindet sich das Objekt in öffentlichen Räumen oder Bürolandschaften, sollte er sich das nötige Know-how direkt bei seinem bevorzugten Lieferanten abholen oder noch besser, diesen mit an die Besprechung nehmen. Das beweist einerseits die Gewissenhaftigkeit des Schreiners und sichert ihn dadurch gegen unliebsame Überraschungen ab.
Veröffentlichung: 25. Juni 2015 / Ausgabe 26-27/2015
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