Vreni, die Schreinerin

Trotz der Anwesenheit von Publikum bewahrt Vreni bei der Arbeit die Ruhe. Bild: Peter Graf

Wettkampffieber. Mit der Nidwaldnerin Vreni Barmettler hat es zum ersten Mal in der Geschichte des Wettbewerbs um den Schweizer Schreinermeistertitel eine Frau in die Nationalmannschaft geschafft.

Was haben Walentina Wladimirowna Tereschkowa, Elisabeth Kopp und Vreni Barmettler gemeinsam? Sie alle schafften, was vor ihnen noch keine andere Frau erreicht hatte: Walentina Tereschkowa war 1963 die erste Frau im Weltall, Elisabeth Kopp wurde 1984 als erste Bundesrätin gewählt und die Lernende Vreni Barmettler hat es als erste Frau in die Nationalmannschaft der Schreiner geschafft, eine grossartige und historische Leistung. Für einen der begehrten neun Plätze in der Schweizer Nati bewährte sie sich gegen mehr als 900 Konkurrenten und Konkurrentinnen an der Sektionsmeisterschaft sowie rund 90 an der Schreinermeisterschaft.

Bescheidene Vorbereitung

Man könnte jetzt denken, dass hinter diesem Erfolg ein wahnsinniger Ehrgeiz und eine minutiöse Wettkampfsvorbereitung stecken. Weit gefehlt: Die 21-jährige Lernende aus Ennetbürgen hat gar nie daran gedacht, weiterzukommen. «An der Schreinermeisterschaft in Aarau war mein einziges Ziel, das Möbel in der vorgegebenen Zeit fertig zu haben. Das wünschte ich mir und siehe da, es klappte. Ich bin sehr zufrieden und stolz auf meine Leistung, obwohl ich einen Platz in der Nationalmannschaft gar nie angestrebt habe. Auf den Wettkampf habe ich mich nicht speziell vorbereitet. Die anderen Lernenden und ich sassen einmal mit dem Kursleiter zusammen und besprachen die Details. Zwischendurch diskutierte ich auch mit meinen Kollegen über den Wettkampf und besuchte die Infoveranstaltung in Bern. Aber das war dann auch schon die ganze Vorbereitung.»

Da sie sich selbst nicht unter Druck setzte, konnte Vreni am Wettkampf ganz entspannt arbeiten. «Ich war während des Wettkampfs immer an vorderster Front und direkt vor dem Publikum. Aber nicht einmal das machte mich nervös.» Der Rest ist Geschichte.

Lehre in der Klosterschreinerei

Auf den Schreinerberuf wurde Vreni eher zufällig aufmerksam. «Ich wollte einfach etwas Kreatives machen und schnupperte als Schreinerin, was mir sofort gefiel.» So bewarb sie sich bei der Klosterschreinerei in Engelberg und wurde gleich unter Vertrag genommen. «Ich bewarb mich dort, weil ich unbedingt in einen Betrieb wollte, in dem ich mit Massivholz arbeiten kann», erzählt sie. Gemäss Quellen im Stiftsarchiv Engelberg führt das Benediktinerkloster in Obwalden bereits seit dem 17. Jahrhundert eine Schreinerei. Dass Vreni in einer Klosterschreinerei arbeitet, merkt die junge Lernende selten. «Manchmal mache ich eine Arbeit für das Kloster: Zum Beispiel arbeite ich gerade an einem Gesangsbuchwagen aus Ahorn. Oder dann helfe ich bei Restaurationsarbeiten mit. Ansonsten kriege ich nicht viel von der klösterlichen Lebensform mit.»

Schluss mit Vorurteilen

Man stelle sich einmal die Fussballnationalmannschaft der Frauen in einem Zweikampf gegen die Herrenmannschaft mit Kraftwürfel Shaqiri und Keeper Benaglio vor. Männer spielen besser Fussball als Frauen. Ist doch klar, wer da gewinnen würde. Im Gegenzug spielen Frauen besser Schach als Männer, da sie intelligenter sind. So wie diese Behauptungen ist auch die Aussage, dass Schreiner ein reiner Männerberuf ist, ein Vorurteil, ein Klischee, das Vreni auch schon zu spüren bekam. «Es kommt vor, dass Männer in meinen Lehrbetrieb kommen und sich nicht von mir beraten lassen wollen. Viele haben die Meinung, dass Frauen nicht so hart anpacken können wie das starke Geschlecht.» Dass dies nicht stimmt, hat Vreni eindrücklich bewiesen. «Es ist sehr schön, wenn die Leute sehen, dass auch eine Frau eine gute Schreinerin sein kann», sagt Vreni glücklich und hofft, dass immer mehr Frauen den Mut finden, sich für den Schreinerberuf zu entscheiden. Wer weiss, vielleicht gewinnt sie sogar den Schweizermeistertitel. Aber auch da setzt sich Vreni nicht unter Druck: «Ich möchte sicher nicht Letzte werden, alles andere ist Wurst.» ms

Veröffentlichung: 01. Mai 2014 / Ausgabe 18/2014

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