Vom Dekor geprägt

Dekore mit Ornamenten machen die Küche im Wohnraum zum Blickfang. Bild: Argolite AG

Oberflächen.  Die Welt liebt Dekore. Obwohl natürliche und rustikale Materialien wieder mehr gefragt sind, ist die Nachfrage nach beschichteten und belegten Platten ungebrochen. Dank neuer Technologien sind die Angebote und Möglichkeiten so gross wie noch nie.

2017 betrug das Weltmarktvolumen für Dekorpapiere 1,515 Millionen Tonnen. Dies geht aus dem «Decor Paper Market Research 2017» der Ahlstrom-Munksjö Holding hervor. Dekore sind somit weltweit gefragt, auch wenn sich das Wachstum im vergangenen Jahr etwas verlangsamte. Die Nachfrage dürfte in der Schweiz ebenfalls nach wie vor auf einem hohen Niveau liegen. Für exakte Zahlen fehlen hier allerdings die statistischen Grundlagen. Fragt man aber bei den Holzwerkstoffhändlern nach, so äussern sich die meisten positiv zur aktuellen Lage auf dem Schweizer Dekormarkt. «Die Nachfrage nach Kunstharz- und Dekorplatten ist bei uns seit Jahren auf einem konstanten Niveau», sagt Marco Thalmann, Leiter Kundenberater bei der Stark AG in Altstätten SG.

Neue Technologien, neue Möglichkeiten

Diese Entwicklung scheint wenig überraschend zu sein, denn die Dekorindustrie hat in den letzten Jahren verschiedene neue Technologien und Produkte lanciert: Heute sind auch mit Dekoren gute Hochglanzoberflächen realisierbar, ohne dass lackiert oder poliert werden muss. Zudem haben die jetzt erhältlichen Strukturierungen und Prägungen die Oberflächen aus dem Zweidimensionalen herausgehoben. Im Moment angesagt sind hierzulande aber insbesondere extrem matte Oberflächen.

Wie damals beim Hochglanz beschränkt sich der Trend nicht nur auf einen Bereich. Überall wird mit extrem matten Oberflächen experimentiert, sei es im Dekor- oder Lackbereich, für Möbel, Bodenbeläge oder Beschläge. Dies treibt die Entwicklung weiter voran, und die Hersteller konnten ihre Produkte in verschiedenen Belangen verbessern. «Bei den matten Dekoren gab es zu Beginn vor allem bezüglich der Fingerprint- Eigenschaften Vorbehalte», erzählt Marco Thalmann. Aber auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Belastungen stellt in diesem Zusammenhang immer eine Herausforderung dar.

Unsichtbare Fingerabdrücke

Tatsächlich waren am Anfang insbesondere die Fingerabdrücke auf den Oberflächen ein Problem. Überall dort, wo das Dekor häufig angefasst wurde, bildeten sich schnell glänzende Stellen. Für Möbel- und Küchenfronten sowie Arbeitsflächen waren solche Deckschichten nur bedingt geeignet, denn wer will schon ständig die Fingerabdrücke wegputzen? Zumal die samtigen Flächen den Betrachter geradezu einladen, sie zu berühren.

Die Hersteller haben diese Problematik mit speziellen Deckschichten in den Griff bekommen. Sie reduzieren den Kontrast der Fingerabdrücke so, dass sie von blossem Auge kaum noch wahrnehmbar sind. Zudem werden die Deckschichten UV- oder elektronenstrahlgehärtet. Dies erhöht die Widerstandsfähigkeit gegenüber Kratzern und auch verschiedenen Lösemitteln. Dennoch müssen auch diese Oberflächen gelegentlich gereinigt werden. Dabei raten die Hersteller vom Gebrauch scheuernder Mittel ab. Aber auch Mikrofasertücher und Schmutzradierer können eine abrasive Wirkung haben und Kratzer oder glänzende Stellen verursachen.

Dekore mit Anti-Fingerprint-Beschichtungen haben selbstverständlich ihren Preis. Es empfiehlt sich deshalb, sie nur dort einzusetzen, wo die Oberflächen auch ständig berührt werden. Für andere Bereiche wie Wand- oder Deckenverkleidungen gibt es günstigere Alternativen.

Ruhige Fronten für wilde Böden

Doch warum liegen matte, zurückhaltende Oberflächen momentan so im Trend? Thalmann führt dies unter anderem auf die Bodenbeläge zurück: «Wer einen rustikalen Parkett-, Laminat- oder Vinylboden hat, will dann meistens nicht auch noch eine wilde Küchenfront.» So kommt es, dass am Ende doch meistens ein Unidekor statt eines Produktes mit Strukturen oder Prägungen verwendet wird.

Eigentlich schade, denn die Hersteller bieten ein breites Programm mit verschiedensten Sujets an. Dabei geht es längst nicht mehr nur um täuschend echt wirkende Holzimitationen: Zur Verfügung stehen auch zahlreiche Dekore mit Reliefs, Prägungen und Strukturen. Somit lässt sich fast jedes Material imitieren. Beispiele sind Stein, Beton, Metall oder Textilien. Ebenfalls erhältlich sind Muster und Ornamente – entweder aus der Kollektion des jeweiligen Herstellers oder sogar individuell nach Kundenwunsch gefertigt.

Solche Dekore bieten sich auch an, um bei Möbeln und Innenausbauten gezielte Akzente zu setzen. Dann können sie eine schöne Ergänzung zu einem rustikalen Bodenbelag darstellen. Allerdings werden dafür meistens nur kleinere Mengen benötigt, was den Einkauf relativ schwierig und auch teuer macht. Aufgrund der immensen Vielfalt können die Holzwerkstoffhändler nicht alle Dekore an Lager haben. Zwar können sie spezielle Produkte bei den Herstellern bestellen, es muss aber mit längeren Lieferfristen gerechnet werden und manchmal gibt es auch Mindestabnahmemengen. Im Design- und Architekturbereich gibt es aber durchaus Kunden, die sich dafür begeistern lassen und bereit sind, diesen Mehrpreis zu bezahlen.

Kanten wirken anders

Hinzu kommt die Thematik der Kanten: Wer seine Teile selber belegt, kann diese selber aus der Kunstharzplatte zuschneiden – sofern nachher den Kunden die dunkle Fase am Übergang zur Fläche nicht stört. Kauft man jedoch Verbundplatten oder beschichtete Platten ein, ist man darauf angewiesen, dass es auch passende Rollenkanten dazu gibt. Bei Unidekoren ist das meistens kein Problem, selbst für die extrem matten Dekore gibt es entsprechendes ABS- oder PMMA-Kantenmaterial. Marco Thalmann gibt hier zu bedenken, dass es zwischen der Oberfläche und der Kante immer optische Unterschiede geben kann: «Es sind halt einfach verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften.»

Kaum Produkte aus Asien

Immer wieder Anlass zu Diskussionen geben auch die Qualitäten der Dekorplatten: Fehler in der Oberfläche oder Fremdkörper im Trägermaterial, welche die Werkzeuge mit teuren Diamantschneiden beschädigen. «Gemessen an unserem Gesamtvolumen liegen solche Reklamationen aber im Promillebereich», sagt Thalmann. Dennoch sei jede fehlerhafte Platte eine zu viel. «Ganz verhindern lässt sich das aber wohl nie, zumal es auch je nach Werk und Produktionslos Unterschiede geben kann.»

Allgemein gilt das Qualitätsniveau im Bereich der Dekorplatten als verhältnismässig hoch. Das liegt unter anderem daran, dass die Platten auch in Europa zu konkurrenzfähigen Preisen hergestellt werden können. Anders als beispielsweise bei den Bodenbelägen ist es deshalb für Billighersteller aus Fernost uninteressant, nach Europa zu liefern.

Dies zeigt auch die Untersuchung von Ahlstrom-Munksjö: Gemäss deren Schätzungen hat China im vergangenen Jahr 900 000 Tonnen Dekorpapier hergestellt, wovon rund 750 000 Tonnen mit westlichen Qualitäten vergleichbar sind. Gemessen am Weltmarktvolumen von 1,515 Millionen Tonnen produziert China alleine also beinahe soviel Dekorpapier, wie der ganze Rest der Welt. Die Produkte aus China werden aber überwiegend im asiatischen Raum verkauft.

www.stark.chwww.argolite.chwww.egger.comwww.ahlstrom-munksjo.com

ph

Veröffentlichung: 06. Dezember 2018 / Ausgabe 49/2018

Artikel zum Thema

18. Februar 2025

Samvaz erwägt Schliessung des Holzelemente-Werks

Werkstoffe. Aus wirtschaflichen Gründen will die Firma Samvaz in Châtel-St-Denis FR ihr Werk für Holzelemente schliessen. Wie die Firma mitteilt, läuft aktuell ein Konsulationsverfahren unter den betroffenen Mitarbeitenden, wie die Produktion allenfalls gerettet werden könnte.

mehr
18. Dezember 2024

Holz nicht gleich verheizen

Forschung. Holz ist Zukunftsmaterial. Doch wie viel ist vorhanden und wie wird es am besten genutzt? Forschende der Empa und WSL haben die Materialflüsse in der Schweiz analysiert und ungenutzte Potenziale entdeckt.

mehr

weitere Artikel zum Thema:

Werkstoffe