- SchreinerZeitung: Seit Anfang 2016 wird das Brandlabor der Empa nun durch die VKF ZIP AG betrieben. Wie läuft es?
- René Stüdle: Im operativen Bereich der Prüfstelle fand der Übergang eigentlich nahtlos statt. Es mussten natürlich einige administrative Angelegenheiten geregelt werden. So brauchte es eine neue Akkreditierung als Prüfstelle, weil wir jene von der Empa nicht einfach so übernehmen konnten.
- Ernst Bischofberger: Im Bereich Prüfen liegen wir im Businessplan. Beim Zertifizieren und Inspizieren sind wir aber nicht auf Kurs, das liegt an den Verzögerungen bei der Einführung der Norm «16034 Fenster, Türen und Tore – mit Feuer- und/oder Rauchschutzeigenschaften». Hier munkelt man ja schon wieder, dass es eventuell nochmals eine Verschiebung gibt ...
- Innerhalb der Prüfstelle gab es also keine Veränderungen?
- Stüdle: Bis auf einen haben wir alle Mitarbeiter übernommen, und aufgrund der Auftragslage könnten wir eigentlich bereits ausbauen und mehr Personal einstellen.
- Bischofberger: Die Nachfrage ist wirklich gross – viele Unternehmen haben Interesse daran, in der Schweiz zu prüfen.
- Auch solche, die bereits im Ausland geprüft haben?
- Bischofberger: Klar, im Ausland kostet die Prüfung weniger. Das ist aber nur ein Teil der Aufwände, nicht unterschätzen darf man die Reise- und Transportkosten, insbesondere falls man in einer Prüfung mal durchfallen sollte. Hier hat man bei technischen oder konstruktiven Fragen einen Ansprechpartner in der Nähe. Offenbar scheint dieses Gesamtpaket nach wie vor zu stimmen.
- Aus der Branche gab es aber durchaus auch kritische Stimmen, zum Beispiel bezüglich Unabhängigkeit ...
- Bischofberger: Es war von Beginn an klar, dass der hoheitliche Teil der VKF und die Dienstleistungen der VKF ZIP sauber getrennt sein müssen. Momentan ist dies noch nicht überall zu 100 Prozent der Fall, weil alles ziemlich schnell gehen musste. Aber diese Trennung ist festgelegt und wird umgesetzt, wir wollen keine Interessenkonflikte.
- Stüdle: Sobald die Harmonisierung vollzogen ist, wird dies sowieso viel klarer sein als bisher. Dann ist die VKF nur noch für die Brandschutzvorschriften zuständig und die ZIP für den Teil des Bauproduktegesetzes.
- Die bisher bekannte VKF-Nummer braucht es dann nicht mehr?
- Bischofberger: Ja, es findet ein Paradigmenwechsel statt! Eine Anerkennung der VKF braucht es nicht mehr zwingend, der Betrieb macht dies dann quasi selbst mittels Leistungserklärung. Der Hersteller kommt also künftig auch ganz ohne VKF aus. Die VKF wird aber die Anerkennung nach wie vor als Dienstleistung anbieten, um den Architekten und Planern die Planung zu erleichtern. Der Hersteller kann seine Produkte dann freiwillig registrieren lassen. Dies wird aber nicht mehr Anerkennung genannt, sondern technische Auskunft.
- Stüdle: Man muss aber auch sagen, dass es mit dem neuen Verfahren für den Hersteller einen gewissen Mehraufwand gibt. Er muss seinen Betrieb inspizieren und zertifizieren lassen. Deshalb ist es auch wichtig, dass es in der Schweiz eine Firma gibt, die solche Inspektionen und Zertifizierungen durchführt.
- Das Know-how in der Schweiz halten...
- Bischofberger: Genau, das war einer der Hauptgründe, warum wir das Ganze überhaupt übernommen haben. Es kann doch nicht sein, dass in der Schweiz das gesamte Prüf-Know-how verloren geht. Die Alternative wären Kooperationen mit dem Ausland gewesen, was aber für alle Beteiligten viel komplizierter geworden wäre.
- Stüdle: Für kleinere Betriebe wären diese Aufwände für Zertifizierungen im Ausland kaum finanzierbar. Das zeigen auch Beispiele von anderen Branchen oder Ländern, in denen die Harmonisierung der Normen bereits umgesetzt wurde. Dort sind die Produktionsbetriebe praktisch verschwunden. Die Produkte werden im Ausland eingekauft und nur noch montiert. Wir wollen dies verhindern.
- Zum Beispiel?
- Bischofberger: Ein gutes Beispiel sind die Brandschutztüren in Deutschland, dort gibt es vielleicht noch etwa 10 Hersteller. Der Schreiner kauft die Türen ein und macht praktisch nur noch die Montagearbeit. Zum Vergleich: In der Schweiz gibt es etwa 1600 Schreinerbetriebe, die Brandschutztüren herstellen! Unser Ziel ist es, dass der Schreiner auch in Zukunft mit einer möglichst schlanken Werkproduktionskontrolle noch selber Brandschutztüren herstellen kann.
- Lassen die Regelungen überhaupt eine schlanke Werksproduktionskontrolle für kleine Betriebe zu?
- Bischofberger: Klar, wir müssen im Rahmen der europäischen Regelungen bleiben, aber hier gibt es noch einen gewissen Spielraum, den wir national ausnutzen können. Und das werden wir auch.
- Stüdle: Sicherlich werden sich einige Schreiner überlegen, ob sich der Aufwand noch lohnt, und vielleicht mit anderen Betrieben zusammenspannen, um die Kosten tief zu halten.
- Bischofberger: Hinzu kommen die neuen Brandschutzvorschriften. In Einfamilienhäusern braucht es zum Beispiel auch praktisch keine Brandschutztüren mehr. Viele kleinere Schreinereien werden also künftig sowieso viel weniger solche Türen benötigen.
- Zurück zum Brandlabor: Kann dieses überhaupt kostendeckend betrieben werden?
- Stüdle: Unser Businessplan zeigt auf, dass die Prüfstelle alleine nicht kostendeckend betrieben werden kann. Die Berechnungen haben ergeben, dass dies nur zusammen mit den Zertifizierungen und Inspektionen gelingt. Deshalb ist auch für uns wichtig, dass die Norm bald harmonisiert wird.
- Bischofberger: Ein Punkt ist hier ganz wichtig: Sobald wir schwarze Zahlen schreiben, wollen wir keinen Gewinn abschöpfen. Das Ganze soll selbsttragend sein und es müssen gewisse Reserven gebildet werden, falls Investitionen in die Prüfanlagen nötig sind.
- Bereits vor der Übernahme war schon die Rede davon, dass einige Investitionen anstehen. Wie sieht es diesbezüglich aus?
- Stüdle: Das hängt stark vom zukünftigen Bedarf ab. Kurzfristig haben wir nicht vor, zu investieren. Aufgrund der Vorschriften im Umweltschutz wird aber in der Grössenordnung 2020 der Einbau einer Rauchgasreinigungsanlage ein Thema. Wenn möglich wollen wir dies aber gleich in Verbindung mit einem neuen Ofen realisieren.
- Bischofberger: Wir wollen auch nicht um jeden Preis neue Öfen kaufen und unsere Kapazitäten erweitern. Konkret sind wir auch daran, Kooperationen mit Privatfirmen aufzubauen, die ein eigenes Brandlabor im Werk haben. So können auch Spitzen gebrochen und übergrosse Teile geprüft werden. Der Kunde bekommt aber alles aus einer Hand von der VKF ZIP. Das Fernziel dabei ist, auf diese Weise auch andere Bereiche wie Einbruch- oder Schallschutzprüfungen anbieten zu können.
- Wie geht es nun weiter? Die Standby- Situation ist ja nicht nur für die VKF ZIP mühsam, sondern auch für die Türenproduzenten.
- Bischofberger: Die Ungewissheit mit der Norm 16034 ist tatsächlich für alle Beteiligten unbefriedigend. Aber damit müssen wir jetzt vorerst leben.
- Stüdle: Damit wir dann bei der Umsetzung bereit sind und möglichst schnell die Inspektionen durchführen können, sind wir auch im Gespräch mit dem VSSM und der SMU. Die Idee ist, dass die Verbände eigene Inspektoren ausbilden lassen können, die dann für die VKF ZIP die Inspektionen durchführen. Dadurch können Zeit und auch Kosten gespart werden.
- Können sich die Betriebe jetzt schon auf die Harmonisierung vorbereiten?
- Bischofberger: Ja, im Moment ist es noch so, dass es für die VKF-Anerkennung eine Brandprüfung und einen Prüfbericht braucht. Mit der harmonisierten Norm ist dann eine Brandprüfung und ein sogenannter EXAP-Bericht nötig. Die VKF hat nun beschlossen, dass per sofort für die Anerkennung auch der EXAP-Bericht akzeptiert wird. So können die Türhersteller bereits heute auf der neuen Schiene fahren mit EXAP-Berichten, die auch gültig sind, wenn die Harmonisierung vollzogen ist.
- Stüdle: Das spart wiederum Zeit, weil das Erstellen von EXAP-Berichten relativ aufwendig ist. So muss sich ein Betrieb ab dem Tag X zusätzlich noch inspizieren lassen. Eine Erstinspektion wird etwa einen Tag, eine Zweitinspektion einen halben Tag dauern. Die Zertifizierung ist dann nur noch eine Formsache.
www.vkfzip.ch
Zu den Personen
Ernst Bischofberger ist diplomierter Schreinermeister und war Mitglied der Geschäftsleitung einer Holzbaufirma, bis er vor 29 Jahren als Direktor zur Gebäudeversicherung Appenzell Aus-serrhoden wechselte. Er ist Präsident der technischen Kommission Brandschutz bei der VKF und Verwaltungsratspräsident der VKF ZIP AG.
René Stüdle ist Geschäftsführer der VKF ZIP AG und hat davor rund 25 Jahre bei der VKF gearbeitet, zuletzt als Leiter Geschäftsbereich Brandschutz. Stüdle kommt aus dem Bereich Heizung, Lüftung und Klimatechnik und hat einen Fachhochschulabschluss in Gebäudetechnik.
EXAP
Der Klassifizierungsbericht gemäss SN EN 13501-2 (SIA 183.052+A1) ersetzt künftig die VKF-Anwendung für Brandschutztüren respektive die Konformitätserklärung des Herstellers. In diesem Klassifizierungsbericht ist der zulässige Variantenbereich des Systems beschrieben, einschliesslich des erweiterten Anwendungsbereichs, dem sogenannten EXAP-Bericht (Extended field of application). Im EXAP-Bericht werden die Übertragbarkeit von Grössen sowie die Austauschbarkeit von Beschlägen, Materialien und geprüfte Konstruktionsdetails geregelt.
ph
Veröffentlichung: 23. Juni 2016 / Ausgabe 25/2016