Synergien nutzen


Über ein Rohrsystem (oben rechts) versorgt die Papierfabrik Norske Skog das Pavatex-Werk mit Abwärme. Im Hintergrund das gemeinsame Holzschnitzellager der beiden Unternehmen. Bild: Ferdinand Oberer
Über ein Rohrsystem (oben rechts) versorgt die Papierfabrik Norske Skog das Pavatex-Werk mit Abwärme. Im Hintergrund das gemeinsame Holzschnitzellager der beiden Unternehmen. Bild: Ferdinand Oberer
Holzwerkstoffe. Der Schweizer Holzfaserdämmstoff-Produzent Pavatex hat 60 Mio. Franken in ein neues Weichfaserplattenwerk im französischen Golbey investiert. Der Standort liegt mitten im Holzcluster «Green Valley». Davon soll auch das neue Werk profitieren.
Während die europäische Spanplatten- und MDF/HDF-Industrie seit einigen Jahren von einem Konsolidierungsprozess geprägt ist, hat die Produktionskapazität von Holzfaserdämmplatten einen kraftvollen Ausbau erfahren.
Alleine in Frankreich haben in den letzten zwei Jahren drei Dämmplattenhersteller ihre Kapazitäten erweitert oder neue Werke gebaut.
Das grösste Projekt war der Bau des Dämmplattenwerks durch Pavatex: Das Unternehmen hat in Golbey bei Epinal, in den westlichen Vogesen, 60 Mio. Franken investiert. Das Werk ist seit Mitte April 2013 in Betrieb. 50 neue Arbeitsplätze sind entstanden.
Die Anlage hat eine Produktionskapazität von 50 000 Jahrestonnen. Die Pavatex-Gruppe steigert damit ihre Kapazitäten um rund einen Drittel. Bislang konnte das Unternehmen an seinen beiden Standorten Cham und Freiburg jeweils 43 000 beziehungsweise 28 000 t Weichfaserplatten pro Jahr herstellen. Beide Schweizer Werke haben in den letzen Jahren auf Volllast produziert und angesichts des Umsatzwachstums war laut Geschäftsleitung eine Erweiterung der Produktionskapazitäten notwendig. Die Pavatex-Geschäftsleitung begann daher vor einigen Jahren in Deutschland und Frankreich nach einem geeigneten Standort für ein neues Werk zu suchen.
Warum das dritte Werk der Gruppe ausserhalb der Schweiz entstehen sollte und warum die Wahl schliesslich auf Golbey in Frankreich fiel, erklärt Martin Brettenthaler, CEO und Delegierter des Verwaltungsrats der Pavatex-Gruppe: «Einerseits wollten wir im Euroraum produzieren, um unser Unternehmen gegen das Kursgefälle zwischen Franken und Euro zu schützen, denn wir verkaufen 70% unserer Produkte in den Euroraum. Vor allem aber brauchten wir ein ausreichend grosses Gelände, und das war in der Schweiz zu einem vertretbaren Preis nicht zu finden.» Die Wahl fiel schliesslich auf Golbey, nachdem Norske Skog auf Pavatex zugekommen war. Der norwegische Papierhersteller betreibt in Golbey seit 1992 ein Werk, in dem er jährlich 60 000 t Papier produziert. «Norske Skog suchte wegen der angespannten Lage auf dem Papiermarkt einen strategischen Partner und war an unserer Produktion interessiert», so Martin Brettenthaler.
Im Gegensatz zum Papier- sei der Dämmplattenmarkt ein Wachstumsmarkt, erklärt Brettenthaler. «Alleine in Frankreich ist das Potenzial sehr gross. Die Regierung unterstützt gezielt die energetische Sanierung älterer Gebäude und deren Umsetzung steht im Grossen und Ganzen noch bevor.» Der CEO erinnert jedoch daran, dass das Werk nicht nur den französischen Markt beliefern soll, sondern den Weltmarkt. Pavatex hat in den letzten Jahren international stark expandiert und in Frankreich, in Deutschland, in den Beneluxländern sowie in Ja-pan Vertriebsgesellschaften gegründet. Von Golbey aus lassen sich die internationalen Märkte relativ leicht erschliessen, denn der Standort profitiert von einer günstigen Verkehrsanbindung.
Brettenthaler erwartet weitere Vorteile von dem Standort Golbey. Dieser liegt mitten im sogenannten «Green Valley», einem auf Holztechnologie spezialisierten Cluster. Ver- schiedene Holz verarbeitende Industriebetriebe und Holzbauunternehmen sind dort angesiedelt. Zudem hat die Holz-Ingenieurschule ENSTIB (Ecole Nationale Supérieure des Technologies et Industries du Bois) ihren Sitz in Epinal. «In diesem Umfeld bieten sich Chancen für Innovationen und die Rekrutierung von Fachkräften», meint Martin Brettenthaler.
Zu Frankreich, das derzeit keinen guten Ruf als Industriestandort geniesst, sagt er: «Unsere Erfahrungen sind bisher sehr gut. Die Kompetenz und Arbeitseinstellung der Leute im Nordosten Frankreichs sind mit jener in der Schweiz oder Süddeutschland vergleichbar und mit den Behörden arbeiten wir effizient zusammen. Schon das Genehmigungsverfahren für den Bau der Anlagen verlief reibungslos, so dass wir in weniger als zwei Jahren das Werk bauen konnten.»
Pavatex bezieht einen guten Teil der zur Fertigung der Weichfaserplatten benötigten Prozesswärme aus der Abwärme der Papierproduktion von Norske Skog. Bei der Holzversorgung betreiben die beiden Unternehmen eine gemeinsame Logistikplattform. Norske Skog hat sich seit seiner Niederlassung eine leistungsfähige Logistikkette für die Rohholzbeschaffung, -lagerung und -aufbereitung aufgebaut. Der Papierhersteller verbraucht gegenwärtig 220 000 t Durchforstungs- und Sägereiabfallholz pro Jahr, vorwiegend Fichte. Das gesamte Holz stammt aus Nordostfrankreich, zwei Drittel davon aus der näheren Umgebung. Auf dem Werksgelände kann Norske Skog 3000 t Holz lagern.
Pavatex kann von der Logistik des grössten Rohholzverwerters der Region profitieren und spart damit Investitionen in Lagerkapazitäten und Hackanlagen. Über ein Förderband bezieht man fertig aufbereitete Hackschnitzel vom gemeinsamen Lager.
Die Maschinen der Anlage ermöglichen das Herstellen neuer Plattenformate, welche das Produktprogramm aus den Schweizer Werken ergänzen. Das Unternehmen plant im Werk Golbey bereits den Bau einer zweiten Fertigungslinie.
Die Pavatex-Gruppe bietet Holzfaserdämmsysteme für die Gebäudehülle an und beschäftigt mehr als 200 Mitarbeitende. 1932 nahm die Papierfabrik Cham die Produktion von Hartfaserplatten auf, die unter dem Namen Pavatex in den Handel kamen. 1936 wurde die Pavatex SA in Cham gegründet, 1949 ging das Weichfaserplattenwerk in Freiburg in Betrieb. Die Hiag Holding AG übernahm 1977 die beiden Werke von der Papierfabrik Cham. Seit 2001 ist die Zentrale für die operativen Geschäfte in Freiburg.
Im Jahr 2000 begann ein schrittweiser Ausstieg aus der Hartfaserplattenproduktion in Cham. Gleichzeitig erfolgte dort der Ausbau der Weichfaserkapazitäten. Umfangreiche Investitionsprogramme in die Schweizer Werke sind seit 2011 abgeschlossen.
Im Sommer 2011 verkündete Pavatex eine strategische Kapitalerhöhung, in deren Zuge die Pavatex Holding AG mit Sitz in Cham gegründet wurde. Diese hält sämtliche Anteile an der in Freiburg ansässigen Betriebsführungsge-sellschaft Pavatex SA. Die Holding gehört heute der Chemolio Holding AG (33%), der Beteiligungsgesellschaft BeCapital (26%) und Martin Brettenthaler (25%). Die restlichen Anteile liegen bei Norske Skog, dem «Institut Lorrain des Participations», dem «Fonds Lorrain des Matériaux» sowie bei Verwaltungsrat und Kader. Mit der Sicherung von Wachstumskapital verbunden war auch der Start des Aufbaus des dritten Produktionsstandorts in Golbey.
www.pavatex.chwww.pavatex.frVeröffentlichung: 15. August 2013 / Ausgabe 33/2013
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