Schlaues Datenmanagement in KMU

Daten sollen jederzeit verfügbar, günstig und sicher gespeichert sein. Bild: Fotolia

Datenhandling.  Woher kommen die Daten, wohin gehen sie, wer ist verantwortlich – und warum weiss das ERP-System möglicherweise die Antwort? In vielen Schreinerbetrieben liegt Potenzial im Verwalten und Archivieren von Daten.

Man stelle sich vor: Ein Kunde ruft beim Schreiner an und möchte gerne ein Möbel bestellen, analog zu einem bereits gefertigten vor ein paar Jahren. Er erinnert sich, dass der Projektleiter damals Fotos, Pläne und Produktionsunterlagen von dem Möbel gemacht hat, und bittet darum, ihm diese Fotos und Pläne nochmals zuzusenden. Wie lange dauert es wohl, bis diese Fotos und Pläne gefunden sind? Wo soll gesucht werden? Und wie wäre es, wenn diese Unterlagen in wenigen Sekunden elektronisch abgerufen werden könnten? Der Erfolg liegt hier in einem vernünftigen Datenhandling. Dieser Beitrag soll eine Übersicht über die gängigsten Produkte sowie Anregungen für den Umgang mit Daten und Dateien bieten.

Ordnung in der Begriffswelt

In der Datentechnik wird üblicherweise zwischen Daten und Dateien unterschieden. Daten sind die Inhalte von Dateien und können aber auch in zentralen Ablagewerkzeugen wie Datenbanken abgelegt werden. Hierzu zählen die professionelleren ERP-Systeme, deren Daten in Datenbanken (idealerweise in einer zentralen Datenbank) abgelegt sind und über die Systemanwendungen und das Datenmodell miteinander in Beziehung stehen. Hier spricht man von relationalen Datenbanken, in welchen über verschiedene Arten von Beziehungen die Daten der verbundenen Tabellen beeinflusst werden können. Für eine professionelle und hochperformante Datenbanklösung sind einerseits die Hardware-Voraussetzungen, andererseits aber auch das Datenmodell und die Software-Architektur verantwortlich. Im Allgemeinen teilen sich Datenbanken in zwei Dateien auf, die einerseits die Benutzereingaben verarbeiten und zum anderen die Speicherung und Sicherung übernehmen. Diese Dateien werden systemintern verwaltet und gesichert und sind nicht weiter Gegenstand unserer «Ermittlungen». Im Folgenden geht es um das Dateimanagement ausserhalb der allenfalls im Unternehmen installierten Datenbanklösung. Einerseits legen wir die Daten so ab, dass sie durch verschiedene Suchmöglichkeiten gefunden werden können. Die Dokumente können so an beliebige Prozesse innerhalb des ERP angehängt werden. Wir müssen aber auch den Datenaustausch innerhalb der Unternehmen betrachten. Hier ist auch Disziplin gefragt, es ist eben besser, dem Adressaten nur den Link (also die Verzeichnisadresse) zu schicken als die Datei selbst.

Was sind Dateien?

Im Allgemeinen wird zwischen ausführbaren und nicht ausführbaren Dateien unterschieden. Zu den ausführbaren Dateien zählen Programme in Maschinen- oder Scriptsprache, die zu spezifischen Anwendungen gehören (z. B. ACAD.exe, Excel.exe). Im Folgenden geht es um das Management von nicht ausführbaren Dateien, also z. B. von Dokumenten, Tabellen, Zeichnungen oder Bildern.

Die Realität in der Praxis

In den letzten Jahren sind die Kosten für Speichermedien massiv gesunken. Dies bietet natürlich den Anreiz, sich nicht mit dem Inhalt und dem Datenvolumen an sich auseinanderzusetzen, sondern lieber noch ein paar Festplatten in den Server einzubauen, weil «die ja nichts kosten». Ein weiterer Aspekt ist die notwendige Dateianzahl per se. Es gibt heute ERP-Systeme auf dem Markt, die nicht mehr zwingend Dateien für den Output erzeugen, sondern diese in einer intelligenten Datenbank-Report-Kombination im Ausgabeformat für den Benutzer bearbeitbar machen und entsprechend dann auch in der Datenbank abspeichern. Bei Triviso in Solothurn hat man diesen Weg vor einigen Jahren eingeschlagen und definitiv eine merkliche Reduktion des Dateiaufkommens erreicht.

Ziele des effizienten Dateimanagements

Beschäftigt man sich aber mit dem Dateimanagement in Unternehmen und möchte dieses optimieren, so müssen unter anderem folgende Ziele verfolgt werden:

Optimale Ablage der Dateien an entsprechende Quellvorgänge aus dem ERP, z. B. Adressen, Ereignisse, Projekte, Produkte

Vermeidung von Doppelspurigkeiten (Redundanzen), d. h. eine Datei gibt es in der aktuellen Version nur einmal im System

Minimierung der Zugriffszeiten für Anwender

Verringerung des täglichen Suchaufwandes

Reduktion des Dateivolumens durch clevere und wirkungsvolle Organisation

Optimierung des Belegflusses, z. B. von Auftragsbestätigungen und Rechnungen von Lieferanten

Optimierung der Dateiarchivierung (Stichwort: papierloses Archiv; als Vorstufe wäre die elektronische Kreditorenverarbeitung denkbar)

Technische Grundlagen

Optimal ist sicher, wenn die Dateiablage der prozessbezogenen Daten im ERP integriert ist. Hier bieten die einschlägigen ERP-Hersteller Module an, die oft nur die Dateiablage vereinfachen, sich aber nicht mit professionellen Dokumentenverwaltungsprogrammen messen können. Die ERP-Lösungen haben verschiedene Denkweisen, um die Daten abzulegen. Im Idealfall wird die Ordnerstruktur auf der Netzwerkumgebung durch die ERP-Software erstellt. Die Ordner sind entsprechend bezeichnet (z. B. «Projektordner 16.1088 COOP Zürich Puls5»). Die Bezeichnung der Ordner in dieser Form hat den Vorteil, dass die Ordner auch ohne ERP-Kenntnisse oder ERP-Bedienung gefunden, geöffnet und bearbeitet werden können.

Die Wolke ist die Zukunft

Ein anderer Ansatz geht eher in Richtung Dokumentenverwaltung. Hier werden die Ordner ERP-intern durchnummeriert und sind von aussen nicht einfach zu bearbeiten. Dies hat aber den grossen Vorteil, dass Änderungen von Ausgangsinformationen –wenn beispielsweise die Projektbezeichnung geändert werden muss – keinen Einfluss auf die Ordnerstruktur haben. Wo die Dateien physisch gespeichert sind, spielt keine Rolle. Die Zukunft geht ganz klar in Richtung «Cloud», das heisst, die Unternehmen werden keine lokale Datenablage mehr haben, sondern diese wird von professionellen Anbietern zu klar kalkulierbaren Kosten in externen Rechenzentren übernommen. Es stellt sich die berechtigte Frage, wie alle betroffenen Parteien das Daten- und Dateiaufkommen in Zukunft reduzieren können. Hier gibt es vielversprechende Ansätze im Bereich des Einkaufs (SCM = Supply Chain Management), die das bereits heute ermöglichen.

Elektronisch hin und her

Das in der Branche weitverbreitete SCM-Portal ComNORM (www.comnorm.ch) bietet schon heute die Möglichkeit, Bestellungen aus diversen ERP-Systemen in einem standardisierten XML-Format vom Kunden an den oder die Lieferanten zu übertragen. Es wird quasi von aussen mit den Bestelldaten des Lieferanten-Webshops gefüllt. Der Lieferant kann die Bestellung normal aus dem Warenkorb des Kunden einlesen und weiterverarbeiten. Die Auftragsbestätigung kommt dann als Rückmeldung wieder elektronisch zum Kunden, der den Vergleich von Bestellung und Auftragsbestätigung vornehmen kann. Nach Lieferung kommt dann die Rechnung ebenfalls «dateilos» vom Lieferanten an den Kunden, der diese in seiner Kreditorenbuchhaltung weiterverarbeiten kann. Diese Lösungen sind zwischen einzelnen ERP-Herstellern und Lieferanten bereits erfolgreich umgesetzt, bedingen aber von den interessierten Parteien leider immer noch erhebliche Anstrengungen, um bis zur revisionssicheren Funktionalität zu gelangen.

Organisatorische Voraussetzungen

Wenn man nun versuchen will, die oben angesprochenen Ziele zu erreichen, bedarf es ganz klarer organisatorischer Massnahmen. Neben den hardware-bezogenen Grundlagen (z. B. Begrenzung des Speicherplatzes pro User, Organisation der Datensicherung) sind natürlich auch die Berechtigungen auf die Ordner (schreiben, lesen usw.) zu regeln. Diese Berechtigungen können teilweise über die ERP-Software gesteuert werden.

Auch die Kontrolle der Speicherplatznutzung muss geregelt werden. Hier gibt es Methoden, die vor allem bei extremer Änderung des Dateivolumens (Zuwachs oder Abnahme) eine entsprechende Meldung absetzen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die Prozessbeschreibungen zum Dokumentenhandling, die fixer Bestandteil der Stellenbeschreibungen sein sollten. Hier werden die einzelnen Bereiche geregelt, wie etwa E-Mail-Ablage, Ablage von Bildern (Auflösung beachten) und die Auftragsarchivierung. Hohe Priorität hat auch der Datenschutz. Viele Unternehmen haben ihr Produkt-Engineering und damit einen Teil ihres Betriebskapitals digitalisiert und müssen erheblichen organisatorischen und technischen Aufwand betreiben, damit die Dateien gesichert abgelegt sind.

Funktionalität

Im Allgemeinen kann innerhalb der ERP-Systeme eine Vorlage-Struktur für die Quelldokument-bezogene Dateiablage definiert werden. Diese Struktur wird automatisch bei der Neuanlage des entsprechenden Quelldatensatzes in der Windows-Umgebung erstellt. Im Normalfall wird die Dokumentenverwaltung in ein eigenes Netzlaufwerk ausgelagert. Die Dokumente bekommen dann innerhalb der ERP-Lösung einen Datenbankeintrag mit den wichtigsten zusätzlichen Kriterien.

Der Datenbankeintrag dient neben der korrekten systembedingten Ablage auch zur Sammlung von weiteren Parametern für die angehängte Datei. Zum Beispiel werden Daten für den Schriftkopf einer CAD-Zeichnung gesammelt und aus der ERP-Dokumentenverwaltung dann das CAD-Programm mit den entsprechenden Startparametern gestartet, sodass das Schriftfeld bereits weitgehend ausgefüllt ist. Dies ist eine andere Arbeitsweise als die bisherige: Es wird nicht die Anwendung gestartet, sondern eine neue Datei erzeugt und diese dann mit «Speichern unter» abgelegt.

Risiken und Gefahren

Es gibt aber auch Gefahren, die von einer «Überorganisation» der Dateiverwaltung ausgehen können. Die Dateiverwaltung muss so einfach und logisch aufgebaut werden, dass sie den Mitarbeitern hilft, ihre tägliche Arbeit schneller und effizienter zu erledigen und nicht als «Bedrohung» empfunden wird. Sind die Anforderungen zu hoch, besteht die Gefahr, dass sich «Subkulturen» bilden und die Daten trotz gegenteiliger Regelung mehrfach in User-Verzeichnissen abgelegt werden – mit allen daraus resultierenden Nachteilen für die anderen Benutzer. Als Worst Case gilt sicher der Ausspruch: «Ich finde das nie, ich mache es schneller neu!» Besonders auffällig ist die Situation im Bereich der CNC-Programme, wo auf den Maschinen lokal diverse Ordner für die einzelnen Benutzer zu finden sind, die zudem noch ungesichert sind und grosse Risiken für die Sicherheit und Bearbeitungsgenauigkeit bergen.

Anwendungsbeispiele aus der Praxis

In der Praxis sind die Dokumentverwaltungen auf dem Vormarsch und bieten, in die jeweilige ERP-Lösung integriert, ganz klare Vorteile. Bei Borm erleichtert die integrierte Dateivorschau die Suche der Datei enorm. Erweitert wird die Dokumentenverwaltung mit der mobilen Applikation «Borm-Sales», die vor allem für Projektleiter und Vertriebsmitarbeiter einen einfachen Informationsaustausch inklusive dem Zugriff auf die betreffenden Dokumente ermöglichen. Bei Triviso ist die Dokumentenverwaltung in zwei Bereiche gegliedert. Im Bereich «Dokumente an Projekt» sind die ERP-intern erzeugten Belege einsortiert, im Bereich «Dateien an Projekt» findet der Benutzer alle extern erzeugten Dateien, wie z. B. Bilder, Tabellen oder auch Zeichnungen. Bei Swiss-Soft werden die Dokumentvorlagen direkt dem Objekt im ERP als sogenannte Aktivität zugeordnet. Für das Erstellen von neuen Dateien wird eine Vorlage gestartet, die dann nach der Bearbeitung mit dem korrekten Namen dem Projekt zugeordnet wird.

Externe Dienstleister unterstützen interessierte Unternehmungen im Bereich der «Datenhygiene» und bieten Unterstützung im Bereich der Sortierung, Ordnung, Organisation und Laufwerksgestaltung an. Die Einführung einer ERP-gestützten Dokumentablage oder -verwaltung kann in den allermeisten Fällen nur parallel zur bestehenden Umgebung erfolgreich gestartet werden und löst dann mit neuen Projekten laufend die alte Organisationsform ab.

www.borm.chwww.swiss-soft.chwww.triviso.ch

Der autor

Tilmann Laube unterstützt seit fast 15 Jahren mit seinem Ingenieurbüro Unternehmen aus dem In- und Ausland bei Fragestellungen im Bereich der Digitalisierung und Optimierung von administrativen und produktionsbezogenen Prozessen.

www.tilmannlaube.com

TL

Veröffentlichung: 29. September 2016 / Ausgabe 39/2016

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