Mit Frauen die Zukunft bauen
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Podium mit Martina Polek (v. l.), Jasmin Meier, Claudia Frick, Raphael Peter, Mario Freda und Moderator Ueli Schmezer. Bild: Monika Hurni
Podium mit Martina Polek (v. l.), Jasmin Meier, Claudia Frick, Raphael Peter, Mario Freda und Moderator Ueli Schmezer. Bild: Monika Hurni
Tagung. Frauen sind in der Baubranche noch immer stark untervertreten. Doch woran liegt das? Dieser Frage versuchten die Rednerinnen und Redner an der zweiten Durchführung der Tagung «Wir bauen auf Frauen» in Sursee auf den Grund zu gehen.
Weswegen gibt es noch immer die typischen Männer- und Frauenberufe, und wie fühlt es sich an, wenn man sich traut, die Regeln zu brechen? Um diese Frage drehte sich das von Moderator Ueli Schmezer geleitete Podiumsgespräch im Rahmen der Tagung auf dem Campus in Sursee LU. «Eigentlich ganz normal», konstatierte Lastwagenfahrerin und Feuerwehrkommandantin Claudia Frick. Dasselbe fand Jasmin Meier, die sich nach einer kaufmännischen Ausbildung in der Lehre zur Maurerin befindet. Genau da sieht Journalistin Martina Polek, welche 2020 mit «Kaleio» ein Printmagazin für junge Mädchen ins Leben gerufen hat, einen wichtigen Punkt. «In dieser Runde sind alle erst spät in ihren heutigen Beruf eingestiegen», bemerkte sie, und sprach damit Kindergartenlehrer Raphael Peter an, welcher sich nach einer Ausbildung zum Tänzer für diesen Weg entschieden hatte. Für die Bauwirtschaft könne es eine Chance sein, Frauen auf einem zweiten Bildungsweg zu gewinnen. Mario Freda, Zentralpräsident des Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verbands (SMGV), sprach neben der Gewinnung von Lernenden ein weiteres zentrales Problem an: «Im Malerberuf sind aktuell 45 Prozent der Lernenden Frauen. Doch wir verlieren diese relativ schnell wieder.» Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, lancierte der SMGV als erster Berufsverband der Baubranche das Projekt Teilzeitbau.
Die Teilzeitarbeit war an der Tagung ein Dauerthema. Nicht nur die meisten Rednerinnen und Redner, sondern auch die Gäste der Tagung sehen darin einen der wichtigsten Hebel für die Gewinnung von Frauen in der Baubranche. «Der Schweiz geht es zu gut», fand Anita Eckardt, Geschäftsleitungsmitglied der Implenia AG. In ihrem Heimatland Dänemark hätten sich die Frauen aus einer finanziellen Not heraus erhoben und sich für eine Gleichstellung im Berufsleben eingesetzt. Sie forderte die Frauen auf, aus alten Rollenmustern auszubrechen und sich ihre Stellung im Arbeitsmarkt zu erkämpfen. Ähnlich sieht das Esther Niffenegger, Mitglied der Geschäftsleitung Operations bei der Schweizerischen Post AG. «In Zukunft können wir uns das Theater Mann/Frau nicht mehr leisten», ist sie überzeugt. «Die richtige Person gehört in die richtige Position.» Für sie ist klar: «Wollen wir mehr Frauen in der Führung, müssen wir Teilzeit anbieten.» Wie dies funktionieren kann, zeigte sie am Beispiel ihres Arbeitsumfelds auf. Dort arbeitet man mit Führungsduos, womit eine echte Stellvertretung stets gewährleistet sei.
Klare Worte fand auch Franziska Frey. Unter dem Titel «Sorry, liebe Baubranche!» hatte die Verwaltungsrätin der Ernst Frey AG und Projektleiterin beim Schweizerischen Baumeisterverband in einem Editorial des Magazins «Schweizer Bauwirtschaft» zu ergründen versucht, warum im Bauhauptgewerbe noch immer nur knapp 10 Prozent Frauen beschäftigt sind. Für Frey ist klar, dass man alte Pfade verlassen und neue Wege finden muss. «Die Gleichstellung ist noch nicht erreicht», sagt sie. Es sei wichtig, die Baubranche für die Problematik zu sensibilisieren und unnötige Hürden abzubauen.
«Take off is optional, but landing is mandatory – abheben ist fakultativ, aber landen ist obligatorisch.» Im Titel des Referats von Susanne Siegenthaler-Schürmann steckte weit mehr als das Offensichtliche. So sprach die Superpuma-Pilotin einerseits von den Herausforderungen ihres Berufs, von Vertrauen, hierarchieloser Kommunikation und Fehlerkultur. Andererseits aber auch vom Selbstverständnis, dass alles möglich ist. Denn dieses Selbstverständnis fehle den Frauen oft. Die Arbeit in einem männlich geprägten Umfeld sei für sie nie ein Problem gewesen, sagt die Pilotin. Sie gehört da einfach dazu. Es sei aber auch wichtig, dass sich Frauen gegenseitig befähigen und unterstützen. Was es heisst, sich in einer Männerdomäne zu behaupten, weiss auch Nicole von Allmen. Die Junior-Bauführerin hat Malerin gelernt und danach als Gipserin gearbeitet. Wenn sie auf die Baustelle kommt, müsse sie sich immer wieder neu beweisen, räumt sie ein. Doch sei dieser Schritt einmal getan, erfährt sie meist viel Wertschätzung. Lustigerweise hängen anfängliche Zweifel an der Kompetenz einer Frau oft damit zusammen, ob und wie stark diese geschminkt sei, erzählt sie mit einem Lächeln.
Welche Rolle die Frauen in der Arbeitswelt einnehmen, erörterten Mindful-Leadership-Coach Sina Odermatt und Tanja Zimmermann-Burgerstein, CEO Antistress AG – Burgerstein Vitamine, in einem Zweiergespräch. Sie waren sich einig, dass eine Frauenquote allein nicht viel aussagt. Odermatt sprach ausserdem ein Phänomen an, welches sie oft beobachtet: Nämlich dass Frauen versuchen, sich in einem männlich geprägten Umfeld anzupassen. «Eine gute Frauenquote ist ja schön. Aber wenn sich alle wie Männer verhalten, dann haben wir nichts gewonnen», betonte sie. «Ich will einen Job dank meiner Art bekommen, nicht dank meiner angepassten Version.» Das sei echte Diversität. Dieser Aussage stimmte Zimmermann-Burgerstein zu. Sie schätze es, mit authentischen Menschen zusammenzuarbeiten. In ihrem Unternehmen seien sehr viele Frauen beschäftigt, sagt sie und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: «Es könnten auch gerne mehr Männer sein.» Tatsächlich kommt es aber einfach auf den Menschen an.
«Wenn wir Frauen stärken, gewinnen am Ende auch die Firmen», ist Fabian Britschgi, Head of Corporate Health bei V-Zug AG, überzeugt. Das strategische Ziel der Unternehmen sei es, den Anteil der Frauen zu steigern. Zu diesem Zweck wurde unter anderem eine Kampagne mit dem Titel «Trau dich!» lanciert, die Frauen in «ihrer Selbstwirksamkeit» stärken soll. «Als Unternehmen müssen wir dort Einfluss nehmen, wo wir Einfluss haben», sagte Britschgi.
Um Frauen zu stärken, hat Karina Jeker Female Business Seminars gegründet. Das Bildungsinstitut bietet Workshops, Seminare und Trainings an, um Frauen auf ihrem beruflichen Weg zu unterstützen und ihren Selbstwert zu erkennen. Bei Frauen sei oft das Problem, dass sie eher eine Reihe zurückstehen, als sich in den Vordergrund zu stellen. Dies unterstrichen auch Zitate, welche Jeker im Laufe ihres Vortrages einblendete. So etwa Folgendes: «Ich bin nicht der Leader-Typ, sondern fühle mich wohl in der Supporter-Rolle.» Dies brachte eines der Themen auf den Punkt, welches im Laufe der Tagung immer wieder zur Sprache kam: Frauen in Führungspositionen.
«Frauen sind zu selbstkritisch und verkaufen sich unter Wert», sagte Alexandra Bertschi-Michel. Als Spezialistin für Familienunternehmen und Nachfolgeplanung bei der Price Waterhouse Cooper AG kennt sie sich in der Thematik aus. Sie erlebt oft, dass die Tochter als Nachfolgerin in vielen Unternehmen gar nicht in Betracht gezogen werde. Insbesondere dann, wenn noch ein Sohn da sei. Oft seien Unternehmer überrascht, wenn ihnen bewusst wird, dass die Tochter auch als Nachfolgerin geeignet sein könnte. Den Frauen rät Bertschi zu mehr Mut. «Stellt euch auch hin, wenn ihr nicht 100 Prozent der Anforderungen erfüllt.» Ein Mann tue das auch. «Wir Nachfolgerinnen sollten nicht in die Fussstapfen unserer Väter treten, sondern unsere eigene Spuren hinterlassen.» Und: «Wer will und kann, soll dürfen.»
«Diversität ist bereichernd in jeder Hinsicht», ist Wolfgang Jenewein überzeugt. Als Gründer der Jenewein AG und Dozent an der Universität St.Gallen beschäftigt er sich intensiv mit dem Werteverständnis und dem Führungsstil in Unternehmungen. In heterogenen Teams könne man sich am Anfang unwohl fühlen, diskutiere deshalb aber oft reflektierter und komme zu den besseren Lösungen als in homogenen Teams. «Heute gehöre ich für einmal zu einer unterrepräsentierten Gruppe im Raum. Das macht Angst», räumte er ein. In der Arbeitswelt sei es wie im Leben: «Man braucht psychologische Sicherheit und das Wissen, dass man nicht verspottet wird bei Fehlern», erläuterte er und verriet dabei gleich einen der zentralen Punkte einer positiven Führung.
Entertainerin Stéphanie Berger hat in ihrer Karriere gelernt, ihren Eigenwert zu erkennen und für sich einzustehen. «Ich bin für jemanden entweder ein Segen oder eine Lektion.» Sie riet den Frauen, Präsenz zu zeigen und diese auszuhalten. «Passt euch nicht an, seid ihr selbst und auf Augenhöhe mit den Männern.»
Veröffentlichung: 13. Februar 2025 / Ausgabe 7/2025
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