Kochen auf Beton


Kombiniert mit den passenden Materialien und Farben stellt Be-ton eine interessante Alternative zu den üb-lichen Rohstoffen dar. Bild: Baumann AG
Kombiniert mit den passenden Materialien und Farben stellt Be-ton eine interessante Alternative zu den üb-lichen Rohstoffen dar. Bild: Baumann AG
Arbeitsplatten. Obwohl Beton als kühler Werkstoff gilt, lassen sich damit interessante Materialkombinationen herstellen. Diesen Umstand machen sich Küchenbauer zunutze und setzen mit Abdeckungen aus Beton Akzente in der Küche.
Während Beton im Hoch- und Tiefbau kaum mehr wegzudenken ist, kam er im Innenausbau lange wenig zum Einsatz. Insbesondere im Küchenbau trifft man Arbeitsflächen aus Beton nur sehr selten an. Gründe dafür gibt es viele. Einer davon ist sicherlich, dass sich viele verschiedene alt bewährte und neue Materialien in diesem Segment tummeln. Und trotz der riesigen Auswahl werden nach wie vor viele Küchen mit einer klassischen Steinabdeckung ausgeliefert.
Ein Umstand, der auch bei der Baumann AG aus Berneck nicht anders ist. «Meistens kommen die Kunden von sich aus mit dem Wunsch einer Arbeitsfläche aus Beton zu uns, weil sie etwas Spezielles wollen», erzählt Verkaufsberater Patrik Benz. Das Unternehmen hat sich auf die Produktion von Küchen sowie Badmöbeln spezialisiert und stattet mehrere Küchen pro Jahr mit einer Betonabdeckung aus. «Vor rund zehn Jahren haben wir die erste Küche so ausgeliefert. Richtig angezogen hat es aber erst in den letzten drei bis vier Jahren», sagt Benz.
Das kommt auch nicht von ungefähr, die Hersteller solcher Abdeckungen haben viel in die Entwicklung investiert, denn die Produktion der Bauteile lässt sich kaum mit der Verarbeitung von Beton auf der Baustelle vergleichen. «Die Anforderungen an Betonteile für den Innenbereich sind ganz anders und sehr hoch, insbesondere im Küchenbereich», bestätigt Andreas Keel. In der Werkstatt seiner im sankt-gallischen Altstätten ansässigen Firma Dade-Design werden Abdeckungen, Becken, Lavabos und sogar Badewannen aus Beton individuell nach Mass hergestellt.
Zum Einsatz kommt eine spezielle Betonmischung, die mit Glasfasern armiert wird. Glasfaserbeton erreicht im Vergleich zu Stahlbeton sehr hohe Festigkeitswerte, eine wichtige Eigenschaft, wenn es darum geht, dünne Bauteile zu produzieren. «Deshalb sind wir in der Lage, Teile ab einer Dicke von 20 mm und bis zu einer Länge von 5200 mm herzustellen», erzählt Keel. Die Betonmischung mit einer Korngrösse von maximal 8 mm wird dazu in die individuell angefertigte Form gegossen. Diese befindet sich immer auf dem Kopf, damit auf der eigentlichen Oberseite eine gleichmässige und geschlossene Oberfläche entsteht. Das ist entscheidend, denn ein nachträgliches Schleifen oder Polieren hätte einen Verlust der typischen Betonoberfläche zur Folge. «Und genau deshalb wollen die Kunden ja eine solche Arbeitsfläche», sagt Patrick Benz. Darum werden auch sämtliche Ecken, Radien, Ausschnitte, Tropfteile sowie allfällige Fälze und Nuten bereits in der Form berücksichtigt.
Für den Schreiner ändert sich in der Planung und Produktion eigentlich kaum etwas, wenn eine Betonarbeitsfläche gewünscht wird. «Im Grossen und Ganzen lässt sich dieser Beton mit einem gewöhnlichen Stein vergleichen», bestätigt Benz. Die Hersteller benötigten also nebst den Ausmassen auch Angaben zum geplanten Becken, zu den Armaturen und zum Kochfeld. «Alternativ fertigen wir auch Becken aus Beton, die auf Wunsch nahtlos an die Abdeckung gegossen werden können», sagt Andreas Keel. Die minimale Stegbreite beträgt ebenfalls 50 mm, wobei der Steg zusätzlich armiert wird. Dasselbe gilt für allfällige Seitenteile oder Rückwände. Hier stellt sich dann aber die Frage, ob und wie das Betonelement überhaupt an den Bestimmungsort gelangt. Mit einer durchschnittlichen Dichte von etwa 2400 kg/m3 wiegt normaler Beton zwar weniger als beispielsweise Granit mit 2800 kg/m3. «Ohne viel Muskelkraft geht es auf den engen Baustellen trotzdem nicht», sagt Patrick Benz mit einem Schmunzeln. Wie beim Stein funktioniert auch das Versetzen: Die Elemente werden mit Silikon geklebt.
Wie bereits erwähnt, macht insbesondere die rohe Betonoptik und -haptik den Reiz solcher Arbeitsplatten aus. Entsprechend schwierig war es für Dade-Design, eine Imprägnierung zu entwickeln, welche die Oberfläche gut schützt, ohne diese Schlüsseleigenschaften negativ zu beeinflussen. «Und trotzdem muss die Gebrauchstauglichkeit gewährleistet sein, gerade in der Küche, wo die Beanspruchung sehr hoch und Lebensmittelechtheit gefragt ist», sagt Keel. Deshalb kommt ein Produkt auf Wasserbasis zum Einsatz, das keine Nanopartikel enthält. Für den Benutzer bedeutet dies, dass die Abdeckung einer ähnlichen Pflege bedarf wie eine aus Stein, sprich Lebensmittelrückstände sollten möglichst bald mit Wasser und einem neutralen Reinigungsmittel entfernt werden.
Auch scheuernde, stark saure oder Kalkreinigungsmittel empfehlen sich nicht, da sie den im Beton enthaltenen Kalk angreifen, was zu Verfärbungen führen kann. Ausserdem ist es von Vorteil, wenn man heisse, kalte oder harte Gegenstände auf einen Untersetzer stellt. Trotz aller Vorsicht unterliegt dieses Material einem Alterungsprozess und erhält dadurch eine eigene Patina. «Im Beratungsgespräch kommunizieren wir das den interessierten Kunden. Die meisten sind sich dessen aber bewusst und finden es toll, wenn der Beton eine individuelle Patina bekommt», erzählt der Küchenspezialist Benz.
Wer seine Abdeckung nicht im typischen Grau haben möchte, hat zudem die Möglichkeit, das Material einfärben zu lassen. Zur Auswahl stehen Farben wie Rot, Braun, Weiss oder Gelb. «Das wird aber eher selten gewünscht. Wenn überhaupt, dann ist meistens Anthrazit bis Schwarz gefragt», fügt Keel an.
Preislich bewegen sich Arbeitsflächen aus Beton je nach Ausführung etwa im selben Bereich wie ein Stein aus dem mittleren bis höheren Segment. Und aufgrund der geringeren Dichte fühlt sich der vermeintlich kühle Beton sogar etwas wärmer an als Granit.
www.baumann-kuechen.chwww.dade-design.chBeton ist nicht eben der Standardwerkstoff des Schreiners. Die Bearbeitung des harten und recht spröden Materials gestaltet sich schwierig und ist in den meisten Fällen dem Spezialisten zu überlassen. Diese Tatsache und das hohe Eigengewicht des Betons haben die findigen Hersteller schon vor Jahren auf den Plan gerufen. Entstanden sind Imitationen aller Art, von Plattenmaterialien über Tapetenimitationen bis zum feinen Spachtelauftrag, welcher meistens vom Maler oder Gipser aufgetragen wird.
Beim Schreiner sind Plattenmaterialien wie beispielsweise «imi-Beton» hoch im Kurs. Diese Imitationen werden in der Schweiz einerseits von der Jago AG, andererseits beispielsweise auch von allen Filialen der Woodpecker Holding AG angeboten. Dabei handelt es sich um eine MDF-Trägerplatte, die mit einer dünnen Schicht betonartiger Spachtelmasse beschichtet ist. Die Bearbeitung erfolgt mit den herkömmlichen Maschinen, was die Hemmschwelle des Schreiners, sich an das neue Design und Material zu wagen, drastisch senkt. Wand- und Deckenverkleidungen, sogar Fronten oder Messestandbauten können so einfach angebracht werden.
Mit «imi-Flex», einer biegsamen HPL-Platte mit mineralischer Betonoberfläche, sind auch Anwendungsmöglichkeiten mit Rundungen möglich.
Ebenfalls täuschend echt wirken Produkte wie «FlexBeton» von X-Stone. Das mineralisch gefüllte PU-System ist eine Art Betontapete, die in Rollen von 1,5 oder 2 mm Dicke mit Klebstoff und im Format 100 × 300 cm geliefert wird. Je nach Anforderungen an die Oberflächenhärte kann der Fachmann den Werkstoff mit entsprechenden Versiegelungen aufwerten. Gemäss Herstellerangaben ist auch eine Aussenanwendung möglich.
www.jago.chwww.woodpeckerholding.chwww.xstone.chVeröffentlichung: 04. September 2014 / Ausgabe 36/2014
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