Immer einen Schritt voraus

Neue Techniken wie der Venenscanner prägen die Art und Weise, wie man Türen künftig bedienen wird. Bild: Noah Gautschi

Zutrittssysteme.  Neue Technologien halten in Türen Einzug, beispielsweise biometrische Scanner. Experten aus der Branche zeigen auf, wie wichtig es ist, dass die Entwicklung neuer Systeme in der Unternehmensstruktur einen eigenen, gesicherten Platz hat.

Wir alle sind es gewohnt, dass sich unser Umfeld technisch immer weiterentwickelt und uns bei den täglich anfallenden Aufgaben automatisch unter die Arme greift. Wir bekommen Kleidungsvorschläge, wenn ein Wetterumschwung bevorsteht, werden an den nächsten Einkauf erinnert, wenn sich der Kühlschrank langsam leert, werden bei Bedarf an die nächste Tankstelle navigiert oder je nach Tageszeit mit den optimal angepassten Lichtwerten bestrahlt, um uns bestens konzentrieren zu können. Damit ein Unternehmen sich mit seinen Produkten in diesem sich rasant weiterentwickelnden und sehr agilen Umfeld behaupten kann, benötigt es ein abgestimmtes und gepflegtes Produktportfolio. Denn nebst einem guten Mix aus neuen und bewährten Produkten ist die Produktpflege und -weiterentwicklung ein zentrales Element im heutigen Marktumfeld.

Die Verankerung ist ausschlaggebend

Schaut man sich in der Elektronikbranche um, setzt fast jedes produktionsorientierte Unternehmen auf Entwicklung und Weiterentwicklung seiner Produkte im eigenen Haus. Die Ergebnisse fallen oftmals jedoch sehr verschieden aus. Einige Firmen sind bekannt für ihre Agilität in der Entwicklung, wo hingegen andere mit ihren Produkten immer nur nachziehen können. Ein zentraler Grund, der bei solchen Vergleichen meistens auffällt, ist die Verankerung der Entwicklung im jeweiligen Betrieb. Während bei den meisten Unternehmen die Entwicklung irgendwo neben dem Tagesgeschäft seinen Platz finden muss, nimmt die Entwicklung bei fortschrittlichen Unternehmen immer einen eigenen Platz ein.

«Simonswerk unterhält beispielsweise eine separate Forschungs- und Entwicklungsabteilung, die in Eigeninitiative entwickeln kann», sagt Markus Lüthi, Geschäftsleiter der Link Beschlagtechnik AG aus Volketswil ZH, der Vertriebspartnerin des deutschen Herstellers in der Schweiz.

Kontinuierlicher Fortschritt

Am Beispiel der Frank Türen AG aus Buochs NW wird ersichtlich, wie wichtig eine gelebte Entwicklungskultur für ein Schweizer Unternehmen ist. «Es ist für uns zentral, dass wir uns und unsere Produkte regelmässig hinterfragen», sagt Marcel Frank, Inhaber der Frank Türen AG. Dadurch werden Potenzial sowie Nutzen von möglichen Entwicklungen sichtbar und können gezielt weiterverfolgt werden. Hierfür trifft sich das Entwicklungsteam wöchentlich und ordnet die Ideen ein. «Sobald wir bei einer Entwicklung das nötige Potenzial erkennen, generieren wir einen internen Auftrag, um diese speditiv voranzutreiben», sagt Frank. Dadurch erhalten die Entwickler die benötigte Zeit zugesichert und können sich voll und ganz auf ihre Arbeit konzentrieren. Mit der Generierung eines separaten Auftrages wird dem Projekt zugleich auch das nötige Gewicht in der Unternehmensstruktur gegeben.

Vielfältigkeit gegen Branchenblindheit

Damit möglichst vielfältige Ideen in die Entwicklungen einfliessen können, ist eine breite Zusammensetzung des Projektteams ausserordentlich wichtig. «Unsere Teams setzen sich ausser dem verantwortlichen Projektleiter meistens aus einem oder zwei Schreinermeistern, einem Holzingenieur und einem Automobilingenieur zusammen», sagt Christian Imhasly, Leiter Entwicklung bei der Frank Türen AG. Dies ergibt einen spannenden Mix, der die oftmals vorherrschende Branchenblindheit auflöst und zu neuen Lösungsansätzen führt. Durch dieses Vorgehen hat das Unternehmen schon einige Arbeits- und Produktionsabläufe neu gedacht und anschliessend direkt in die Fertigung einfliessen lassen.

Lösungen anders denken

Mit dem Handflächenvenen-Biometriescanner gelang der Frank Türen AG vor neun Jahren die Lancierung einer komplett neuartigen Zutrittslösung. «Wir sind vor elf Jahren über die Reinraum- und Hygienethematik in das Thema Zutrittssysteme vorgestossen», sagt Imhasly und fügt an: «Wenn wir in ein neues Gebiet eintauchen, suchen wir unsere Nische intuitiv da, wo es noch einen freien Platz hat.» Beim Handvenenscanner war der Einsatzraum beispielsweise durch die Tür gegeben, und das Team konnte die neue Technik mit der bereits bewährten Türentechnik verbinden.

Beim Vorstossen in einen neuen Markt ist es ebenfalls zentral, sich ein neues Netzwerk sowie neue, passende Partner aufzubauen. «Bei der Partnerwahl ist es wichtig, dass sich diese auf Augenhöhe begegnen können und sich gegenseitig mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im Produkt-, Fertigungs- und Absatzmarktbereich ergänzen», sagt Frank. Dadurch ergeben sich zum Teil ganz neue Fertigungsschritte, an die bisher überhaupt nicht gedacht wurde. So wird heute beispielsweise der gesamte Handvenenscanner per 3D-Druck hergestellt, anstatt wie zu Beginn über ein Spritzgussverfahren aus Metall. «Die neue Technik hat uns viel mehr Freiraum in der Umsetzung sowie Gestaltung gegeben und erst noch die Produktionskosten gesenkt», sagt Imhasly.

Zudem können die elektronischen Komponenten nun im neuen Gehäuse modular zusammengestellt werden, wodurch sich der Handvenenscanner einfach individuell an die jeweilige Situation anpassen lässt.

Ausprobieren geht über Studieren

In der Praxis zeichnen sich dann oftmals noch zusätzliche Einsatzgebiete für die neuen Techniken ab. So ist beispielsweise im Firmensitz der Frank Türen AG in jeder Tür eine Sonderlösung verbaut. «So können wir unsere Produkte demonstrieren und sie gleichzeitig auf Herz und Nieren testen», sagt Imhasly. Auf diese Weise kann der Scanner nun bei Bedarf auch hinter einer Glaseinlage verwendet werden, was laut Sensorhersteller eigentlich nicht möglich gewesen wäre.

Auf ähnliche Weise hat sich bei den Tectus-Bändern von Simonswerk eine praxistaugliche Lösung durchgesetzt. So wird bei Hauseingangstüren oftmals mit zwei normalen 680er-Tectus-Bändern oben und unten und einem dritten «Energy-Band» in der Mitte gearbeitet, das keine tragende Funktion hat, sondern als unsichtbarer Kabelübergang dient. Dadurch befindet sich das «Energy-Band» auf Schlosshöhe, was die Kabelwege verkürzt. «Für uns als verlängerter Arm von Simonswerk im Markt Schweiz ist der Kontakt zur Entwicklungsabteilung bei Simonswerk sehr wichtig. So sind wir stets in der Lage, Produkte anbieten zu können, die den aktuellen Marktbedürfnissen der Schweiz entsprechen», sagt Lüthi.

Neue Felder für die Zukunft öffnen

In Zukunft wird die Offenheit gegenüber neuen Techniken und der Anspruch, diese seinen Kunden auch funktional anbieten zu können, über den Markterfolg entscheiden. Besonders für produktorientierte Branchen wie die Schreinerbranche ist es wichtig, neue Einflüsse mit bewährten Techniken zu vereinen.

www.frank-tueren.chwww.beschlagtechnik.chwww.simonswerk.de

Noah Gautschi

Veröffentlichung: 24. September 2020 / Ausgabe 39/2020

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