Feuer frei und Wasser marsch

Beim sägerauhen Lärchenbrett lässt sich der Sägeversatz durch die Kreissägentechnik nur schwer «abfackeln». Bild: Christian Härtel

Kohlenoberfläche.  In jüngerer Zeit taucht das Ankohlen von Holz auch bei uns wieder vermehrt auf. Meistens für dekorative Zwecke und als Hausmittel für die Konservierung von Holz verwendet, bleibt noch vieles eher unklar. Die SchreinerZeitung wagte eigene Versuche.

Das oberflächliche Ankohlen von Holz hat in Japan Tradition und kommt beispielsweise auch in Norwegen schon länger vor.

Verkohlte Produkte

Es gibt inzwischen Unternehmen, die ihr so geschwärztes Holz als Produkt auf dem Markt haben. Dazu gehört das aus Österreich stammende «Seidenholz» und das deutsche «Magma». Es findet sich im Internet sehr viel Widersprüchliches zum Thema, vor allem wenn es darum geht, ob das angekohlte Holz im Aussenbereich haltbarer ist oder nicht. Vieles spricht dafür, manches auch dagegen. Wissenschaftlich belastbare Untersuchungen dazu finden sich indes nicht. Die Diskussionen gehen vor allem um Inhalte aus historischen Quellen. Es wäre höchste Zeit, das Thema eingehend zu untersuchen, denn mit Feuer geschwärzte Oberflächen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Dies geschieht im Aussenbereich als Massnahme zum Holzschutz und/oder aus optischen Gründen auch im Innenraum, ja sogar für Möbeloberflächen. Dazu gehören beispielsweise der «Smoke Chair» des Designers Marten Baas für Moooi oder die Arbeiten des ukrainischen Designers Yaroslav Galant.

Überhaupt haben Holzkünstler wohl oft die meiste Erfahrung beim Spiel mit dem Feuer. So auch der Schweizer Künstler Adrian Bütikofer, dessen Skulpturen ihren letzten Schliff erst durch die Feuerbehandlung bekommen. «Das Abbrennen benutze ich, um die Oberfläche zu versiegeln, damit der Feuchtigkeitsaustausch auf ein Minimum verringert wird. Das bearbeitete Holz ist meistens noch sehr feucht und eine direkte Sonnenbestrahlung kann zu Rissen führen. Dies könnte sich bei meinen filigranen Skulpturen fatal auswirken» erklärt Bütikofer. «Wenn die Oberfläche abgebrannt ist, passiert im Grossen und Ganzen nichts mehr. Die Imprägnierung sowie die Farbe vermindern die Diffusion um ein Weiteres.»

Spiel mit dem Feuer

Für einen eigenen Versuch, das Feuer beherrschen zu lernen, kamen gehobelte Lärchenbrettchen (44,5 × 10,0 × 2,0 cm) zum Einsatz. Diese wurden mit einem handelsüblichen, aber leistungsfähigen Dachdecker- Brenner aus etwa zehn Zentimeter Entfernung abgeflammt. Nach 30 bis 45 Sekunden dieser Behandlung zeigte sich bereits die typische würfelförmig rissige Struktur an der Oberfläche. Nach einer Verdoppelung der Behandlungsdauer gegen 90 Sekunden wiesen die Brettchen schon recht «verbrannte» Strukturen auf, wenngleich diese auch nur ein bis zwei Millimeter ins Holzinnere vorgedrungen waren. Damit die «scharfen» Kanten nicht abbrennen, empfiehlt es sich, das Feuer dosiert auf die Oberflächen zu applizieren, gewissermassen dem Holz die Zeit zu geben, flächig zu verkohlen, ohne die Kanten zu verbrennen und damit zu runden. Pausen einzulegen, ist wichtig: Zunächst das Holz oberflächlich anschwärzen und dann in einem zweiten oder dritten Durchgang nach dem Abkühlen weiter verfahren.

Schwer einschätzbares Brandverhalten

Insbesondere Äste und andere besondere Strukturmerkmale im Holz verhalten sich deutlich anders als das umgebende Holzgefüge. Will man ein gleichmässiges Oberflächenbild erzeugen, gilt für jedes Stück Holz ein anderes Gesetz. Sägerauhes Holz etwa kann nur dann eine gleichmässige Oberflächenstruktur erhalten, wenn intensiv angebrannt wird. Ratsamer ist es, das Abflammen als finale Oberflächenbearbeitung anzusehen, ähnlich dem Schleifen. Dann lässt sich leichter ein gleichmässiges Bild erzeugen. Ein vorher bereitgelegter Wasserschlauch hilft, wenn man es mit dem Feuer etwas übertrieben hat. Und natürlich verhalten sich die Holzarten unterschiedlich. «Je nachdem, ob ein Weich- oder Hartholz verkohlt wird, erhält man unterschiedliche Strukturen. Weichhölzer entwickeln beim Verkohlen eine gröbere Struktur, Harthölzer eine feinere», berichtet Josef Landauf, einer der Akteure von «Seidenholz». Die Dauer der Feuerbehandlung hängt davon ab, wie das angekohlte Holz weiter behandelt werden soll.

Oberflächengestaltungen

Die obere Kohleschicht, mitsamt dem typischen, optischen Erscheinungsbild von angekohltem Holz, lässt sich etwa durch Abbürsten mit einer Messingdrahtbürste nahezu entfernen. Dann erhält man ein den Dichteunterschieden zwischen Früh- und Spätholz entsprechendes, arttypisches Oberflächenrelief mit braunem, dem Altholz ähnlichen Erscheinungsbild. Die Spuren der Feuerbehandlung sind dann recht gering. Etwas deutlicher und auch unregelmässiger bleibt das Feuer erhalten, wenn man die Oberfläche lediglich gründlich mit Tuch und Wasser abreibt. Will man die angekohlte Oberfläche mit der würfelförmig angebrannten Struktur erhalten, muss mit sanfteren Mitteln hantiert werden. Da sich an der Deckschicht beim Ankohlen eine staubig russige Schicht bildet, kann diese mit feuchtem Lappen oder weicher Bürste entfernt werden. Das erleichtert die spätere Versiegelung der Oberfläche.

Kontaktempfindlichkeiten

Will man keine schwarzen Finger beim Berühren des so behandelten Holzes bekommen, dann braucht es entweder das Entfernen der Kohleschicht oder ein Fixieren der angekohlten Oberfläche. Trägt man lediglich ein Öl auf die Kohleschicht auf, reicht das Mass der Fixierung nicht aus. Das Ergebnis: Die Oberfläche färbt bei Berührung ab. Öl- oder wachshaltige Behandlungen genügen nur dann, wenn das Holz nach der Feuerbehandlung abgebürstet oder gründlich abgewaschen wird. Deshalb verwenden die Produzenten von sogenanntem Feuerholz filmbildende Beschichtungen. Je nach Produkt nach eigenem Geheimrezept. In den Versuchen zeigte sich, dass die Fixierung fast ebenso einfach zu bewerkstelligen ist wie das Abflammen an sich. Der einmalige Auftrag von Lasuren und Acrylfarben etwa reichen aus, um ein Abfärben bei Berührung zu vermeiden. Dabei lassen sich mit farbpigmentierten Mitteln auch interessante Oberflächeneffekte wie Gold oder Silber recht einfach realisieren.

Vielleicht bald ein Lauffeuer

Ob das Ankohlen von Holz nur ein Strohfeuer ist, oder ob es sich zum Lauffeuer entwickelt, ist ebenso strittig wie die Holzschutzdiskussion darum. Dass es sich dabei um ein hochgradig individualisierfähiges Prinzip handelt, zeigen die eigenen Versuche und natürlich die bereits vorhandenen Produkte am Markt. Optisch ansprechend und haptisch reizvoll sind die so erzeugten Oberflächen allemal. Und dazu noch recht einfach zu erzeugen. Je nach Holzart, dem Grad der Vorbearbeitung und dem gewählten Oberflächen-Finish zeigt die Feuerbehandlung ein grosses Potenzial in der handwerklichen Anwendung.

www.seidenholz.atwww.freundgmbh.comwww.moooi.comwww.yaroslavgalant.comwww.adrian-buetikofer.ch

Holzschutz

Weit verbreitet und doch umstritten

Das Ankohlen von Holz ist eine der ältesten Holzschutzmassnahmen überhaupt. Schon im Altertum (wie Funde etwa in Pompeji oder bei Pfahlbauten zeigen) hat man Holz angekohlt, um es haltbarer zu machen. Manche Bauern verfahren auch heute noch so, indem sie Weidepfähle ankohlen. Auch in Japan schwören viele auf das Verfahren, das dort als «Yakisugi» und «Shou-sugi-ban» bezeichnet wird. Ganze Häuser erhalten Holztäfer, die zuvor durchs Feuer gegangen sind.

Kritiker entgegnen jedoch, dass angekohltes Holz auch rissig wird und sich darin Pilze und Bakterien besonders gut ausbreiten können. Vermutlich gehen die Kritiker-Stimmen auf die Ausführungen des Begründers der modernen Holztechnologie, Franz Kollmann, in seinem Standardwerk «Technologie des Holzes und der Holz- werkstoffe» von 1955 zurück. Dort bezeichnet Kollmann die Wirksamkeit des Ankohlens zur Imprägnierung als «fraglich» und deshalb nur für «untergeordnete Zwecke und besondere Billigkeit wie Zaun- und Baumpfähle» geeignet.

Feuer mit nassem Holz

Andererseits steht ausser Frage, dass eine verkohlte Holzoberfläche Wasser nur sehr schlecht aufnimmt. Das weiss jeder, der schon einmal ein grosses Lagerfeuer mit viel Wasser gelöscht hat und am nächsten Morgen mit etwas Wind wie von Geisterhand wieder ein Feuer hatte. Das Wasser perlt geradezu von der Kohleschicht ab. Und in jedem Fachbuch kann man lesen: Feuchtigkeit ist die grundlegende Voraussetzung für die Ansiedelung von holzzerstörenden Pilzen.

Möglicherweise haben beide Seiten Recht. Weidepfähle haben eine hohe Holzfeuchte, allein die Kohleschicht könnte womöglich nicht ausreichen.

Wer sich für die Thematik interessiert, der findet auf Youtube unter den Stichworten «Yakisugi» oder «Shou-sugi-ban» anschauliches Filmmaterial.

www.youtube.com

ch

Veröffentlichung: 26. Mai 2016 / Ausgabe 21/2016

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