Fast schon ein Erlebnis


Die Platzierung der Drehachse kann bei einer Pivot-Tür frei gewählt werden. Die Frank Türen AG inszeniert damit den Raumzutritt. Bild: Frank Türen
Die Platzierung der Drehachse kann bei einer Pivot-Tür frei gewählt werden. Die Frank Türen AG inszeniert damit den Raumzutritt. Bild: Frank Türen
Pivot. Grossformatige Türen werden derzeit gerne eingesetzt. Wenn diese sich mit einem Finger leicht öffnen lassen und der Drehpunkt beliebig gewählt werden kann, dann handelt es sich um eine Pivot-Tür. Das Prinzip Zapfenband bietet viele Vorteile und eine Herausforderung.
Wie aus dem Nichts tauchen sie auf. Räume, die sich einem erschliessen, nachdem sich die Pivot-Tür geöffnet hat. Vorher war es einfach eine Wand. Ein möglicher Griff? Fehlanzeige. Kein Hinweis darauf, dass es sich um eine Tür, besser gesagt, ein drehbares Panel handelt. Durch die besondere Technik der Beschläge kann ein solches Drehpanel fast jedes Mass und Aussehen haben. Für das Öffnen braucht es keine Kraft. Ein Fingerzeig genügt, um ein mehrere Hundert Kilogramm wiegendes Panel zu öffnen. Das ist die Welt der modernen Pivot-Tür, die nicht nur Architekten anspricht. Wo immer solche Türen in eindrücklichen Formaten gezeigt werden, kommt Begeisterung auf. Ein wenig ist es wie bei der Unterscheidung zwischen Gehen und Schreiten. Es geht nicht um Geschwindigkeit, sondern um ein anderes Gefühl.
Das Prinzip ist alt. Es findet sich an historischen Eingangspforten von Kirchen und noch viel älteren Tempeln. In so mancher Wohnung kann man jeden Morgen daran vorbeischauen, wenn der Blick auf den Spiegelschrank des Badezimmers fällt. Denn es geht im Grunde um ein Zapfenband und damit um die Platzierung einer vertikalen Drehachse. Da das Gewicht einer Tür oder eines Panels dabei einfach der Schwerkraft folgend in den Grund geleitet wird und nicht, wie üblich bei Drehtüren, an einem an der vertikalen Achse angebrachten Beschlag hängt, handelt es sich prinzipiell um eine ziemlich clevere Konstruktion. Für Christian Imhasly, leitender Entwickler bei der Frank Türen AG in Buochs NW, sind die einfachen Lösungen die besten. Ein Produkt sei dann gut, wenn die angedachten Funktionen zuverlässig erfüllt würden, ohne zusätzliche Komponenten hinzufügen zu müssen. Mit den Pivot-Türen haben sich Imhasly und die Frank Türen AG intensiv beschäftigt.
Heute bietet das Unternehmen zertifizierte Brandschutzlösungen als Pivot-Tür an. Dazu hat man sogar einen eigenen Beschlag in Kooperation mit dem Hersteller Frits Jurgens und dessen Generalimporteur für die Schweiz, der Immer AG in Uetendorf BE, auf den Weg gebracht. Damit lassen sich etwa Brandabschnittstüren flächenbündig in einer Wandtasche verstauen. Entscheidend dabei ist der weit aussenliegende Drehpunkt mit einem Abstand von 40 mm zur Kante. Die Technik und damit die Funktionalität einer Pivot-Tür steckt im unten eingelassenen Beschlag. Während der obere Beschlag noch eher dem eigentlichen Zapfenband ähnelt, vereint der Pivot-Beschlag mehrere Funktionalitäten in sich. «Der Pivot-Beschlag von Frits Jurgens ist eigentlich ein Türschliesserband», sagt Imhasly. Auch das selbsttätige Schliessen der Tür gehört zu den integrierten Ausstattungsmerkmalen der Beschläge. Ein zentraler Vorteil des Prinzips. Braucht eine normale Drehtür stets einen zusätzlichen, entweder oben angebrachten oder im Boden integrierten Schliessmechanismus, ist dieser im unteren Pivot-Beschlag integriert und steckt damit in der Tür. «Jedes Lappenband hasst den Obertürschliesser, ganz anders bei Pivot», sagt Fredy Horisberger, zuständig für den Verkauf und Projekte bei der Immer AG. Denn ein solcher mittels Gelenkarm arbeitender Obertürschliesser arbeitet kräftemässig stets den Bändern entgegen.
Die Positionierung des Pivot-Scharniers ist frei wählbar. Durch die freie Platzierung der Drehachse wird der besondere architektonische Eindruck erzeugt. Die Beschläge können für eine echte, nach beiden Seiten schwingende Pendeltür eingesetzt werden. Aber auch das Anschlagen einer Pivot- Tür ist damit möglich. Der Begriff Pivot stammt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie Schwenken, Schwingen. Laut Duden wurde so auch die Schwenkachse des Kanonenrohres auf der Lafette genannt. Damals wie heute steht Pivot für neue Möglichkeiten.
So kann ein Flügel mit den Beschlägen von Frits Jurgens bis zu 500 kg wiegen. Haltepositionen, Türschliesser und Geschwindigkeit lassen sich einstellen. Ein Flügel kann auch bis zu vier Meter breit sein. «Wenn man das sieht, denkt man: Das kann nicht sein», sagt Imhasly. Um die wirkenden Querkräfte einschätzen zu können, hat Frits Jurgens einen Online-Rechner eingerichtet. Über die Eingabe der Masse von Breite, Höhe, Gewicht und Lage des Drehpunktes erfährt man einiges über auftretende Kräfte. Auch die Montage ist einfach. Zunächst wird mittels Bohrmuster die Bodenplatte montiert, mittels Laserpointer der Drehpunkt an die Decke übertragen und die Deckenplatte befestigt. Danach wird die Tür platziert und die Bolzen werden mittels Schlüssel ausgefahren.
Die Feineinstellung ist bei den Beschlägen von Frits Jurgens um bis zu 2,5 Grad in beide Richtungen möglich. Auch hierzu gibt es Hilfe durch Videos auf der Website des Herstellers. Allerdings, so die Meinung der Praktiker, sei die Montage der Beschläge eine leichte Übung für die Schreinerin und den Schreiner.
An der Möbelmesse in Mailand (I) zeigte der italienische Spezialist für feine und bewegliche Trennwände Lualdi ein Ensemble aus drei einzelnen und mittig angeschlagenen Pivot-Türen. Das Besondere daran ist die Koppelung der drei Türen mittels einer Deckenschiene. Wird eine Tür betätigt, bewegen sich die beiden anderen synchron dazu. Die dazu nötige Mechanik verursacht dabei nur leichte Einbussen bei der Leichtgängigkeit, die Pivot-Beschläge in der Regel auszeichnet. Auch bei der Elektrifizierung schneidet das Pivot-Prinzip gut ab. Die Kabelführung kann einfach über den oberen Beschlag erfolgen. Dazu wird lediglich der Bolzen als Hülse ausgebildet, durch die dann das Kabel ins Türblatt geführt werden kann. Auch hier: unsichtbar, einfach und damit gut designt.
Die Experten sind derzeit damit beschäftigt, die Möglichkeit der Elektrifizierung für die motorische Bewegung zu nutzen. Damit können Pivot-Türen auch automatisiert betrieben werden. Für den Innenbereich sind damit schon viele Lösungen, Varianten und Möglichkeiten mit dem Pivot-Prinzip gegeben. Nicht zuletzt auch dank der zertifizierten Brandschutzlösung von Frank Türen.
Auch im Eingangsbereich werden Türen mit Pivot-Beschlägen wegen der besonderen architektonischen Wirkung gerne eingesetzt. Allerdings gibt es für erhöhte Anforderungen an den Schallschutz oder die Einbruchhemmung bislang noch wenig Aktivitäten. Auch in der Dichtungsebene von Pivot-Konstruktionen ist noch Platz für Ideen und einfache Lösungen. Die Dichtungsebene scheint die Achillesferse beim Prinzip Pivot zu sein. Eine Tür, die in beide Richtungen schwingt, ist schwer abzudichten. Es gibt Lösungen dazu, wie sie auch von der Immer AG angeboten werden, doch damit verbunden ist beispielsweise die abgerundete Längskante auf der Seite der Drehachse. Die Auslösung der oberen und unteren Dichtungsebene erfolgt über mechanische Schnäpper des Planeten. Darunter leidet das Design. Die Schweizer Air-Lux Technik AG hat die pneumatische Dichtung aus den eigenen Schiebefenstersystemen auf die Pivot-Konstruktion übertragen und so eine elegante Lösung parat. Allerdings nur für die eigenen Metallkonstruktionen.
www.frank-tueren.chwww.immerag.chwww.fritsjurgens.comwww.lualdiporte.comwww.air-lux.chVeröffentlichung: 16. Juni 2022 / Ausgabe 24/2022
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