Die Schnelligkeit kommt vor dem Preis
Die Kriterien Qualität und Zuverlässigkeit stehen an erster Stelle, wenn Schreiner einen Lieferanten auswählen. Bild: Würth AG
Die Kriterien Qualität und Zuverlässigkeit stehen an erster Stelle, wenn Schreiner einen Lieferanten auswählen. Bild: Würth AG
Zulieferer. Fast täglich sind die Schreinereien in Kontakt mit ihren Lieferanten von Holzwerkstoffen, Beschlägen usw. Eine gute Beziehung zu ihnen steht im Mittelpunkt. Die Preise nehmen zwar an Bedeutung zu, entscheidender sind aber Beratungs- und Serviceleistungen.
Fast täglich erhält die Schreinerei Stekon in Eschenbach SG Besuch ihres Hauptlieferanten für Platten und Massivholz. Seit rund 30 Jahren arbeitet der Betrieb mit diesem Unternehmen zusammen. «Wir pflegen eine gute Beziehung zum Aussendienstmitarbeiter des Lieferanten, er hält uns über Neuigkeiten auf dem Laufenden», sagt Werner Oberholzer, Mitglied der Geschäftsleitung und Mitinhaber von Stekon. Auch der Standardvertreter des Beschlägeherstellers und -händlers schaue einmal pro Woche vorbei. «Auch wenn diese Gespräche im Wochenrhythmus nicht zwingend nötig wären, schätzen wir den guten Kontakt zu ihm», sagt Oberholzer.
Ein- bis zweimal im Jahr werden mit den Lieferanten die Preise besprochen. Praktisch täglich schickt die Schreinerei Bestellungen für Holz, Holzwerkstoffe, Beschläge oder andere Einzelteile an verschiedene Anbieter. «Die meisten Bestellungen tätigen wir über die Online-Shops der Lieferanten, wo die Preise und unsere Angaben hinterlegt sind. Das erleichtert uns die Arbeit wesentlich.» Für besondere Anwendungen sind Oberholzer und sein Avor-Team immer wieder auf der Suche nach neuen Lieferanten. Dabei legen sie speziellen Wert auf Qualität und auf fristgerechte Lieferung. «Der Preis spielt auch eine gewisse Rolle, aber nicht bei allen Produkten eine gleich grosse. Die Qualität, die Zuverlässigkeit und die faire Zusammenarbeit sind uns wichtiger.»
Bei der Auswahl von Lieferanten für eine Schreinerei empfiehlt der gelernte Schreiner Urs Scherer, heute Unternehmensberater der Firma Tre Innova, auf folgende Kriterien zu achten: «Der Lieferant sollte flexibel und termintreu sein und zur Optimierung des Beschaffungsprozesses ein möglichst vollständiges Sortiment anbieten. Beratungs- und Unterstützungsleistungen sowie Kulanz sind weitere Auswahlkriterien, und schliesslich auch ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Aus meinen Erfahrungen legen die Einkaufsverantwortlichen meist grösseren Wert auf die Zuverlässigkeit und die Qualität als auf einen möglichst günstigen Preis», sagt auch Scherer, der an der Höheren Fachschule Bürgenstock unter anderem das Fach «Effizienter, kostenoptimierter Einkauf» unterrichtet.
Schreiner seien selten auf Schnäppchen aus, trotzdem sei die Schmerzgrenze relativ bald erreicht. «Der Preis darf nur wenige Prozente höher sein als bei einem anderen Anbieter, sonst fällt er plötzlich ins Gewicht.» Es komme darüber hinaus immer wieder vor, dass eine Schreinerei auf die kurzfristige Lieferung der Ware angewiesen sei. Deshalb sei eine schnelle Verfügbarkeit ebenfalls ein nicht zu unterschätzendes Kriterium.
Auf die Frage, ob man sich eher für kleinere oder grössere Lieferfirmen entscheiden soll, antwortet Scherer: «Wichtig ist für einen Schreiner vor allem die Breite des Sortiments, denn je mehr er beim gleichen Lieferanten beziehen kann, desto grösser sind die Markt- und Preisvorteile für ihn, da sie vom Einkaufsvolumen abhängen.»
Beim Einkauf von schweren Materialien wie Platten und Massivholz sollten die Schreinereien auf die geografische Nähe zum Lieferanten achten, damit die Transportkosten im Rahmen bleiben und eine rasche Lieferung gewährleistet werden kann. «Für kleinere Produkte wie Beschläge beispielsweise fällt die Distanz weniger ins Gewicht, weil diese meist durch einen Kurier angeliefert werden», sagt Scherer. Er empfiehlt, als Schreinerei auf fünf bis maximal zehn Hauptlieferanten zu setzen, bei denen ein Grossteil der Waren bezogen wird. Zu ihnen sei ein gutes Verhältnis wichtig. Zudem rät Scherer, möglichst wenige Einzel-, sondern vor allem Sammelbestellungen aufzugeben. «Eine einzelne Bestellung kostet den Schreiner schnell einmal zwischen 30 und 40 Franken, schliesslich braucht es nur schon Zeit, um die Bestellungen auszulösen, die Waren und die Rechnung zu kontrollieren – und dazu kommen dann noch die Transportkosten.»
Patrik Braun, Inhaber der Braun AG in Gossau SG, sieht das ganz ähnlich. «Die Basis für eine gute Zusammenarbeit ist gegenseitiges Vertrauen», sagt er. Die Aussendienstmitarbeiter des Familienunternehmen für Holzwerkstoffe besuchen regelmässig die Schreinereien. «Wir nehmen uns Zeit für die Kunden, von denen ich die meisten persönlich kenne», sagt Braun. Er sei für sie eigentlich immer erreichbar. Für Anliegen und Bestellungen hat er auch schon seinen Feierabend oder einen freien Samstag geopfert.
Da der Einkauf bei den Schreinereien in der Regel nur einen kleinen Teil der gesamten Arbeit darstellt, ist es laut Braun umso wichtiger, dass die Bestellungen möglichst einfach und praktisch abgewickelt werden können. Die Braun AG betreibt wie viele andere Lieferanten einen eigenen Webshop. «Wir weisen unsere Kunden immer wieder darauf hin, dass sie anstelle von drei Einzelbestellungen mit täglicher Anlieferung mit Vorteil eine grosse Sammelbestellung absenden, denn die Transportkosten sind die grössten Preistreiber», sagt Braun.
Auch Kurt Lendi, Geschäftsführer der Holzwerkstofffirma PVA AG in Altendorf SZ, beobachtet von Berufs wegen das Bestellverhalten der Schreinereien. Er stellt fest, dass immer mehr Betriebe immer weniger Lagerplatz zur Verfügung haben. Als Folge davon seien die Erwartungen an die Lagerverfügbarkeit der Lieferanten gestiegen. «Die schnelle Lieferbereitschaft und die grosse Lagerverfügbarkeit sind aus unserer Sicht wichtiger als der Preis.» Natürlich müssten aber auch diese konkurrenzfähig sein.
Bei ihren regelmässigen Kundenbesuchen informieren Lendis Aussendienstmitarbeiter über Neuigkeiten, beraten beim Suchen nach Lösungen und bei der Materialauswahl. Gleichzeitig erfahren sie von den Bedürfnissen der Schreinereien. «Für eine gute Geschäftsbeziehung ist es wichtig, dass der Schreiner einen zuverlässigen Ansprechpartner hat», sagt Lendi.
Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ist auch für Kurt Holenstein von der Schreinerei Holenstein in Gähwil SG das wichtigste. «Wir müssen uns auf die Lieferanten verlassen können. Die Zusammenarbeit muss für beide Seite stimmen.» Wenn der Schreinereiinhaber neue Produkte benötigt, versucht er, diese wenn immer möglich bei Lieferanten zu beziehen, mit denen er schon zusammenarbeitet. Kommt ein neuer Lieferant hinzu, weil die bestehenden ein Produkt nicht im Sortiment haben, wird die Geschäftsbeziehung stufenweise aufgebaut. «Dies erlaubt es uns, Erfahrungen mit dem neuen Geschäftspartner zu sammeln», sagt Holenstein. Neben einem guten Sortiment und einem guten Service sollte natürlich auch der Preis fair sein. An erster Stelle stehe dieser jedoch nicht bei der Auswahl eines Lieferanten.
Beim Bezug von Platten und Massivholz ist auch für Holenstein die geografische Nähe zum Lieferanten wichtig, um schnelle Lieferungen zu bekommen und die Transportkosten tief zu halten.
www.stekon.chwww.treinnova.chwww.braun.chwww.pva.chwww.holenstein-schreinerei.chVeröffentlichung: 20. November 2014 / Ausgabe 47/2014
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