Berghilfe hilft Schreinern über den Berg


Drei Generationen profitieren von der Berghilfe. Für Stefan, Elia und Ludwig Trepp (v. l.) gehört der Geruch von Sägemehl zum Leben. Bild: Schweizer Berghilfe
Drei Generationen profitieren von der Berghilfe. Für Stefan, Elia und Ludwig Trepp (v. l.) gehört der Geruch von Sägemehl zum Leben. Bild: Schweizer Berghilfe
Randregionen. Gewerbetreibende im Berggebiet brauchen neben viel Einfallsreichtum auch eine grosse Portion Mut und finanzielle Mittel. Die Schweizer Berghilfe unterstützt Schreinereien und andere Holz verarbeitende Unternehmen beim Verwirklichen ihrer Geschäftsideen.
Manch gute Geschäftsidee kann nicht aus eigener Kraft realisiert werden. Darum unterstützt die Schweizer Berghilfe Gewerbeprojekte, um das Berggebiet als Lebensraum und Produktionsstandort zu stärken. In der Regel heisst das: Innerhalb der Region produzieren, aber auch ausserhalb verkaufen. Denn nur so fliesst neues Geld ins Berggebiet. Projekte mit Chancen auf Unterstützung schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze, bedienen eine Marktlücke, begünstigen die Zusammenarbeit von Betrieben und sind regional gut eingebettet. Zudem müssen Projektträger eigene Mittel einbringen und das unternehmerische Risiko auf sich nehmen. Und so unterstützt die Schweizer Berghilfe auch mal Schreiner- und Holz verarbeitende Betriebe.
«Wenn es einer Schreinerei gut geht, profitiert davon nicht nur der Schreiner», sagt Raphael Jaquet, der bei der Berghilfe für die gewerblichen Projekte zuständig ist. «Eine Schreinerei bedeutet Arbeitsplätze und ist eine wichtige Abnehmerin für die lokalen Waldbesitzer. Wald gibt es genug in den Bergen, und Holz ist der einzige Rohstoff.» Für Jaquet ist es klar: «Wenn man das Holz vor Ort verarbeitet, bringt man am meisten Wertschöpfung ins Berggebiet.» So wie bei den folgenden drei Projekten.
Matteo Oliva und seine Schwester Michela führen in zweiter Generation die gleichnamige Schreinerei. Mitten im Bleniotal liefert der kleine Betrieb hochwertige Produkte aus Schweizer Holz, wenn möglich immer aus der Region.
Schon zur Gründungszeit vor 45 Jahren war die Bauschreinerei ein hartes Geschäft. Doch nun hat der Druck massiv zugenommen, denn nicht nur die Konkurrenz aus der nahen Deutschschweiz und dem Nachbarland Italien «fischt im gleichen Teich». Anbieter von billigen Fertighäusern aus Osteuropa drängen auf den Markt und drücken auf die Preise. Das bereitete den Inhabern Kopfschmerzen und schlaflose Nächte. «Die Aufträge gingen zurück, der Gewinn noch mehr», sagt Matteo Oliva.
Eine bedrohliche Situation für die Bauschreinerei. Wenn also die Existenz des Betriebs und damit auch die Arbeitsplätze der zwei Angestellten und des Lernenden erhalten werden sollten, musste etwas geschehen. Es gab nur einen Ausweg: Der Sprung ins digitale Zeitalter musste gewagt werden, man kam um die Anschaffung einer CNC-Maschine nicht herum. Mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe konnten die Geschwister diese Investition tätigen.
Mit dem CNC-Bearbeitungszentrum (Baz) begegnet die Schreinerei der anrückenden Konkurrenz nun mit gleich langen Spiessen. Matteo Oliva braucht nur noch den Computer mit dem Bauplan zu «füttern», und schon fräst die Maschine innerhalb von Minuten aus einem groben Quadrat aus Holzlatten einen Fensterrahmen.
Anfangs stand Oliva oft fasziniert vor dem technischen Wunderding. Inzwischen hat das Baz seine Position als zuverlässiger Mitarbeiter im Betrieb gefunden. Den menschlichen Mitarbeitern in der Werkstatt bleibt mehr Zeit für die Handarbeit, die immer noch nötig ist. Mit dem Baz konnte sich das Unternehmen auf die Produktion von Fenstern und Türen spezialisieren.
Als Kleinbetrieb ist man genug flexibel, um auf Sonderwünsche zu reagieren, und dank der Maschine jetzt auch schnell genug, um beim Preis mit den grösseren Mitbewerbern mitzuhalten. Eine besonders schöne Übereinkunft hat sich daraufhin mit den Schreinereien der Region ergeben. Diese übernehmen nun gerne die Arbeiten, die in der Schreinerei Oliva nicht mehr so im Vordergrund stehen. «Jetzt sehe ich wieder eine Zukunft», sagt Oliva überglücklich. «Ohne die Investition hätte unser Familienbetrieb früher oder später Mitarbeiter entlassen müssen oder wie andere Unternehmen nur noch anderswo hergestellte Massenware anpassen oder einbauen können.»
Die 1350-Seelen-Gemeinde Trub liegt im Oberemmental im Kanton Bern, und es gibt hier ganz bestimmt mehr Bäume als Menschen. Die Schweizer Berghilfe stand im Jahr 2012 Pate bei der Gründung der Holz Trub AG, die zehn hochwillkommene Arbeitsplätze schuf und den Rohstoff Holz auf geniale Art und Weise nutzt.
Die erfahrenen Zimmerleute und Schreiner des jungen Unternehmens erstellen Häuser aus dem Holz der lokalen Wälder. Sie machen das in Vollholz-Elementbauweise, weitgehend ohne den Einsatz von Leim, Plastik, Metall oder anderen Fremdstoffen.
Das geht so: Zuerst werden per Laserstrahlen die Umrisse des zu produzierenden Wandelements auf eine Arbeitsbühne markiert. Im entsprechenden Bereich werden dann Holzbretter nebeneinander gelegt. Quer zur ersten Schicht kommt eine zweite. Je nach Verwendungszweck können es sechs oder acht Lagen sein. Weil diese Wandelemente später nicht sichtbar sind, kommen Bretter zur Verwendung, die Risse, Verfärbungen oder Astlöcher haben. Die fertig aufgeschichteten Bretter landen dann unter dem Herzstück der Produktionsanlage, der Dübelmaschine. Diese bohrt vollautomatisch Löcher in den Stapel und presst angenetzte Holzdübel hinein. Diese quellen auf und verbinden die geschichteten Bretter so fest miteinander, dass man aus den fertigen Elementen später sogar mehrstöckige Häuser bauen kann. In einem letzten Arbeitsschritt werden die Elemente computergesteuert auf die exakten Masse gebracht, und Fenster- und Türöffnungen werden herausgefräst. Angenehmes Raumklima, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit zeichnen die so entstandenen Häuser aus.
Doch zur Realisierung dieser Idee brauchte es Geld. «Nur schon die Maschinen kosteten 1,3 Millionen Franken», erzählt Firmengründer Jürg Hirschi. Erst als die Schweizer Berghilfe ihre Unterstützung fürs Projekt zusicherte, konnten die Truber Holzverarbeiter die Idee realisieren. Schon fast ein Dutzend Häuser der Holz Trub AG sind gebaut, Tendenz steigend. Waldbesitzer, Sägereien, Baufirmen und besonders auch Schreinereien profitieren.
Nufenen in der Region Viamala ist Stefan Trepps Heimat, und Schreiner ist sein Traumberuf. Er hat das Schreinern im Blut, und wenn er von seiner «Buda» erzählt, tut er das mit Leidenschaft. Dabei wäre fast einmal Schluss gewesen mit der Liebe seines Lebens. Die Schweizer Berghilfe ist eingesprungen und hat ein Happy End ermöglicht. Als vor acht Jahren Vater und Onkel ins Pensionsalter kamen, übernahm Schreiner Trepp den kleinen Familienbetrieb. Wie hätte er auch anders können? Schon als kleiner Bub verbrachte er jede freie Minute in der Schreinerei.
Doch mit der Übernahme standen auch Investitionen an. So musste beispielsweise die alte, kombinierte Öl-Holz-Heizung ersetzt werden, um daraufhin nur noch mit Abfallholz heizen zu können. «Die alten Maschinen taten zum Glück noch ihre Arbeit. Doch richtig Sorgen bereitete mir der über 50 Jahre alte Kran, der täglich drohte, den Geist aufzugeben», erzählt Trepp.
Dieser Kran ist für die Existenz des Betriebs unerlässlich. «Ich brauche ihn, um Stämme zu bewegen und fertige Bretter und Balken zu verladen.» Als die Schweizer Berghilfe ihre Unterstützung in Aussicht stellte, fiel dem Familienvater ein riesengrosser Stein vom Herzen. Holzgewinnung und -verarbeitung ist für die abgelegene Region neben der Landwirtschaft überlebenswichtig.
«Weil die Leute hier zusammenhalten und das einheimische Handwerk unterstützen, habe ich genug Aufträge.» Im Winter sind es Schreinerarbeiten wie Täfern, Bodenlegen oder ab und zu mal Möbelherstellen. Kürzlich realisierte Trepp dank eines neuen Krans ein richtiges Juwel: Er konnte ein komplettes Arvenstübli einrichten.
www.oliva.chwww.truberholz.chwww.treppholz.ch
Die gemeinnützige Organisation Schweizer Berghilfe existiert seit 1943 und hat zum Ziel, die Existenzgrundlage und die Lebensbedingungen der Schweizer Bergbevölkerung zu verbessern. Die Berghilfe unterstützt jedes Jahr mehrere Hundert Projekte von Einzelpersonen oder Gemeinschaften. 2016 waren es 561 Hilfestellungen mit einem Volumen von 25,4 Millionen Franken. Kontaktperson für Gewerbeprojekte ist Raphael Jaquet, erreichbar über die Telefonnummer 044 712 60 63.
www.berghilfe.chVeröffentlichung: 21. Dezember 2017 / Ausgabe 51-52/2017
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