Anpassungen bringen Vorteile

Der technologische Fortschritt und der Markt beeinflussendie Ausgestaltungder Weiterbildungenfür Schreinerinnen und Schreiner. Bild: HF Bürgenstock

Reform Weiterbildung.  2025 tritt ein reformiertes Weiterbildungssystem für die höhere Berufsbildung (HBB) in Kraft. Die umfassenden Anpassungen versprechen eine bessere Qualifizierung, mehr Flexibilität und praxisorientierte Lerninhalte.

Die Schreinerbranche steht vor neuen und spannenden Herausforderungen: Moderne Technologien, Digitalisierung, höhere Erwartungen der Kunden und ein sich ständig wandelnder Markt machen es notwendig, dass auch die Weiterbildung angepasst wird. Das neue System wurde entwickelt, um Berufsleute gezielt auf diese Anforderungen vorzubereiten.

Durch eine praxisnahe und kompetenzorientierte Ausbildung wird man optimal auf die Herausforderungen im Arbeitsalltag vorbereitet. «Wir statten Sie mit dem Werkzeug von morgen aus», heisst der Anspruch der Reform.

Zielgerichtet zu mehr Fachkompetenz

Die Reform bringt eine klare Struktur in die Weiterbildung, die auf die unterschiedlichen Anforderungen in der beruflichen Praxis zugeschnitten ist. Die Ausbildungen bieten Module, die helfen, spezifische Fachkompetenzen zu entwickeln – je nachdem, welchen beruflichen Weg man einschlagen möchte.

Schreinermeister/in

Möchte man ein Unternehmen führen, ist der Lehrgang zum Schreinermeister oder zur Schreinermeisterin das Richtige. Bei dieser Weiterbildung wird grossen Wert auf unternehmerische Fähigkeiten und Verkaufskompetenzen gelegt.

  • Unternehmerische Fachkompetenz: In diesem Lehrgang lernen die Teilnehmenden, wie sie ein Unter- nehmen strategisch ausrichten, Geschäftsprozesse optimieren und wirtschaftlich erfolgreich führen. Themen wie Finanzplanung, Marketingstrategien und Personal- führung stehen im Mittelpunkt. Diese Fähigkeiten sind entscheidend, um im hart umkämpften Markt bestehen zu können.
  • Verkauf: Ein weiteres wichtiges Thema ist der Verkauf. Man lernt, wie die Dienstleistungen und Produkte erfolg- reich am Markt platziert werden. Dazu gehört sowohl der direkte Verkauf als auch das Verständnis für Markttrends und die Bedürfnisse der Kunden. So kann sichergestellt werden, dass das Unternehmen stets konkurrenzfähig bleibt.

Funktionsorientierte Lehrgänge

Die Berufsbilder des/der Projektleiter/in und des/der Produktionsleiter/in haben durch die Reform ein deutlich geschärftes Profil erhalten. Beide Rollen stehen für sich allein und bieten spezialisierte Lehrgänge, die gezielt auf die Anforderungen im jeweiligen Bereich vorbereiten.

Projektleiter/in

Dieser Lehrgang konzentriert sich darauf, wie Projekte effizient geplant und gesteuert werden. Man lernt, komplexe Aufgaben zu strukturieren, Ressourcen optimal einzusetzen und Teams erfolgreich zu führen. In der Praxis bedeutet das, dass man in der Lage ist, Bauprojekte vom Entwurf bis zur Fertigstellung zu leiten, immer mit einem Auge auf Qualität, Kosten und Zeit.

Produktionsleiter/in

Hier liegt der Schwerpunkt auf der Planung und Steuerung der Produktion. Man lernt, wie Fertigungsprozesse optimiert, moderne Produktionstechniken eingesetzt und die Effizienz in der Werkstatt gesteigert werden. In der Praxis bedeutet das, dass man dafür sorgt, dass die Abläufe reibungslos funktionieren, sodass sowohl die Qualität der Produkte als auch die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gewährleistet sind.

Praxisorientierte Prüfungen

Ein zentrales Element der Reform sind die praxisorientierten Prüfungen. Die Prüfungen sind so gestaltet, dass sie die Herausforderungen in der Praxis widerspiegeln und optimal auf den Berufsalltag vorbereiten. Es gibt zwei Hauptprüfungsformate:

  • Projektarbeit: Man bearbeitet eine Aufgabe aus dem eigenen Arbeitsum- feld und verteidigt die Lösung münd- lich. Diese Arbeit zeigt nicht nur das theoretische Wissen, sondern vor allem, wie dieses Wissen in der Praxis angewendet wird. Typischerweise umfasst die Projektarbeit ein konkre- tes Problem oder eine Herausforde- rung aus dem beruflichen Umfeld, das analysiert und gelöst wird. Bei der mündlichen Verteidigung hat man die Möglichkeit, das Verständnis und die Fähigkeit zur praktischen Umsetzung zu demonstrieren.
  • Praxisfall: Diese schriftliche Prüfung basiert auf einem komplexen Fall aus der Praxis, wie etwa der Planung und Durchführung eines grösseren Renovierungsprojekts. Man muss zeigen, dass man in der Lage ist, die Aufgaben effizient zu lösen und dabei alle relevanten Aspekte wie Zeitmanagement, Ressourcenplanung und Kundenkommunikation zu berücksichtigen.

Durch diese Prüfungsformate wird sichergestellt, dass die erworbenen Kenntnisse nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch im Berufsalltag angewendet werden können. So werden kritisches Denken und Problemlösungsfähigkeit gefördert – Fähigkeiten, die für den Erfolg in der Schreinerbranche unerlässlich sind.

Modernisierte Verbandsdiplome

Neben den eidgenössischen Abschlüssen sind auch die Verbandsdiplome modernisiert worden. Ab 2025 bieten die Bildungsanbieter neue VSSM-Diplomlehrgänge an, die eine klare Spezialisierung und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Weiterbildung ermöglichen.

  • AVOR-Spezialist/in: Das Basismodul für AVOR-Spezialisten konzentriert sich auf die Planung und Vorbereitung von Arbeiten. Wahlpflichtmodule bieten die Möglichkeit, sich in spezifischen Bereichen wie Küchenplanung oder Fensterbau zu vertiefen.
  • Fertigungsspezialist/in: Das Basismodul für Fertigungsspezialisten deckt die Grundlagen der Produktion ab. Wahlpflichtmodule ermöglichen eine Spezialisierung in Bereichen wie Oberflächentechnik oder CNC-Programmierung. So kann man sich in den Bereichen spezialisieren, die einen besonders interessieren.
  • Montagespezialist/in: Das Basismodul für Montagespezialisten umfasst die Grundlagen der Montage. Auch hier kann man durch Wahlpflichtmodule Schwerpunkte setzen, zum Beispiel in den Bereichen Brandschutz oder Küchenmontage.

Flexibilität und überschaubare Dauer

Die Verbandsdiplome sind modular aufgebaut und bestehen aus einem Basismodul sowie zwei Wahlpflichtmodulen. Die Module können zeitlich unabhängig voneinander absolviert werden, was mehr Flexibilität in der Planung der Weiterbildung bietet. Dank der starken Praxisorientierung profitieren sowohl die Teilnehmenden als auch die Arbeitgeber von der Ausbildung. Mit einer Dauer von etwa sechs Monaten sind die neuen Verbandsdiplomlehrgänge zudem sehr effizient gestaltet.

Verstärkte Qualitätssicherung

Ein weiterer Vorteil des neuen Systems ist die verstärkte Qualitätssicherung. Die Bildungsanbieter bieten Module an, die nach klar definierten Leistungskriterien geprüft werden. Dies garantiert eine hohe Ausbildungsqualität und eine einheitliche Bewertung der erbrachten Leistungen. Die kontinuierliche Überwachung und Weiterentwicklung der Module und Prüfungen stellt sicher, dass die Inhalte immer aktuell und praxisrelevant bleiben. Das bedeutet, dass man stets die besten Chancen hat, sich im Beruf weiterzuentwickeln und den Anforderungen der Branche gerecht zu werden.

Fliessender Übergang ins neue System

Die Umstellung auf das neue Weiterbildungssystem erfolgt schrittweise, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Lehrgänge nach der alten Prüfungsordnung können bis Ende 2025 gestartet werden, und die letzten Prüfungen nach dem alten System finden 2027 statt. Ab 2027 werden dann die ersten Prüfungen nach der neuen Ordnung durchgeführt. Die Übergangsbestimmungen ermöglichen es den Bildungsanbietern und den Studierenden, sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und sicherzustellen, dass der Wechsel zum neuen System reibungslos verläuft.

Wenn man die Ausbildung nach der alten Prüfungsordnung begonnen hat, kann man diese unter den bisherigen Bedingungen abschliessen, während neue Studierende von den neuen Bedingungen der Reform profitieren.

www.vssm.ch

Die Reform der Höheren Berufsbildung ist ein langfristiges Projekt, das ständig weiterentwickelt wird. Die nächsten Schritte umfassen die Implementierung der neuen Module und Prüfungen, die Qualitätssicherung mit den Bildungsanbietern und die Überwachung der ersten Prüfungen nach der neuen Prüfungsordnung. Der Start des neuen Weiterbildungssystems ist ein wichtiger Schritt hin zu einer modernen und zukunftsorientierten Berufsbildung. Sie stellt sicher, dass die Fachkräfte von morgen bestens ausgebildet sind und den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt gewachsen sind. Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Ausbildung und die regelmässige Überprüfung der Module und Prüfungen sorgen dafür, dass die Lehrgänge stets auf dem neuesten Stand bleiben und den Anforderungen des Marktes gerecht werden.

Insgesamt stellt die Reform der höheren Berufsbildung einen bedeutenden Fortschritt dar, der auf der bisherigen Qualität der Ausbildung aufbaut, die Flexibilität erhöht und die Praxisnähe stärkt. Sie bietet die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche berufliche Zukunft und trägt zur Stärkung der Schreinerbranche bei.

Tobias Cervinka, Leiter Weiterbildung, VSSM, Tobias Cervinka

Veröffentlichung: 29. August 2024 / Ausgabe 35/2024

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