Achtung, fertig, Nasszelle
Die einzelnen Badmodule werden bei Stuberholz in der Produktionshalle vorgefertigt, während das Gebäude dazu erst im Entstehen ist. Bild: Stuberholz AG
Die einzelnen Badmodule werden bei Stuberholz in der Produktionshalle vorgefertigt, während das Gebäude dazu erst im Entstehen ist. Bild: Stuberholz AG
BADMODUL. Vorgefertigte Elemente können auf der Baustelle Zeit und Nerven sparen. Auch bei Badezimmern kann dieses Konzept Sinn machen. Zwei Unternehmen zeigen: Es geht sogar mit dem Produktionsstandort Schweiz und dem Werkstoff Holz.
Enge Termine und steigende Kosten sind ständige Begleiter im Bauwesen. Insbesondere der Schreiner, als einer der letzten Handwerker auf der Baustelle, sieht sich des Öfteren mit kurzfristigen Terminverschiebungen oder verkürzten Zeitfenstern für die Montage konfrontiert.
Eine mögliche Alternative ist, das Badmöbel ins fertige Bad einzubauen, bevor das Gebäude überhaupt fertiggestellt ist. Was utopisch klingt, ist mit Badmodulen durchaus realistisch. Bei dieser Art des Bäderbaus wird die Nasszelle nämlich als Modul vorgefertigt und «just in time» auf die Baustelle geliefert. Die ganze Einheit kann dann beim Aufrichten des Gebäudes von oben eingesetzt oder nach der Fertigstellung des Rohbaus eingeschoben werden.
Lange muss man bei Google nicht suchen, um Unternehmen zu finden, die Badmodule anbieten. Schnell einmal stösst man auch auf verschiedene Begriffe, wie etwa Fertignasszellen, Systembäder, Modulbäder, Fertigbäder oder auch Elementbäder. Allen Bezeichnungen liegt jedoch das Prinzip eines vorgefertigten Moduls zugrunde. Bei den Konstruktionen finden sich dafür durchaus Unterschiede. So gibt es Badmodule in massiver Bauweise aus Beton mit Stahlarmierungen, als Leichtbau mit einer Ständerkonstruktion aus Metall und einer Beplankung mit Gipskartonplatten oder auch in Holz-Leichtbauweise. Die Auswahl an möglichen Unternehmen grenzt sich allerdings erheblich ein, will man auf den nachwachsenden Werkstoff setzen.
«Obwohl die Konkurrenz im europäischen Raum doch recht gross ist, gibt es nicht sehr viele Anbieter, die bei der Grundkonstruktion der Badmodule auf Holz setzen», sagt Marc Schneuwly, Geschäftsführer des Labels «Modulbad» unter der Stuberholz AG in Schüpfen BE. Konstruiert werden die Nasszellen hierfür aus Dreischichtplatten in massiver Fichte. So dient eine Platte mit 42 mm Stärke als Boden und tragendes Element, während bei der Decke 35 mm dickes Material eingesetzt wird. Bei den Wänden kommen entweder 35er- oder 42er-Platten zum Einsatz, je nach Belastung und Anforderungen.
Als Beplankung können alle Materialien verwendet werden, die auch beim herkömmlichen Badbau zum Einsatz kommen. Diese werden als hinterlüftete Wandelemente auf einen Rost montiert. Die Eckausbildungen werden mit schnittfesten Zargen oder CNS-Winkelblechen geschützt, damit auch bei offenen Kittfugen die Dichtigkeit gewährleistet ist.
Auch die Muota GmbH aus Willisau LU setzt bei ihren Badmodulen auf Dreischichtplatten, deren Stärke nach Form, Grösse und Ausstattung der Module entsprechend gewählt wird. Die Innenflächen werden dann mit Fermacell beplankt. Darauf kommt, je nach Materialisierung der fertigen Oberfläche, eine Abdichtungsschicht. «Die Innenflächen können danach ganz klassisch gefliest werden», sagt Oskar Waltenspül, Inhaber und Geschäftsleiter der Muota GmbH. «Wir verwenden jedoch grundsätzlich grossflächige und grösstmöglich fugenlose Materialien wie Mineralwerkstoff-, Kunststoff-, Feinsteinzeug- oder Aluminium-Verbundplatten.» So lassen sich mit Bodenbelägen aus Mineralwerkstoff beispielsweise bodenebene und fugenlose Duschen mit eingearbeitetem Gefälle umsetzen. Die Zusammenschlüsse vom Boden zu den Wänden werden hierfür mit einer Hohlkehle und hochgezogener Borde gefertigt. «Somit sind in diesem Bereich keine Kittfugen erforderlich, was wiederum bedeutet, dass kein Fugenunterhalt über die Nutzungsdauer notwendig ist», sagt Waltenspül.
Wie man vermuten kann, bietet sich das Fertigungsprinzip der Badmodule insbesondere für eine grosse Stückzahl an. Es müssen aber nicht immer riesige Mengen sein. «Preislich wird es ab einer Stückzahl von 20 pro Badtyp interessant. Grundsätzlich können wir aber auch Einzelstücke produzieren», sagt Waltenspül. Bei der Stuberholz AG können die Fertignasszellen ab Kleinserien von fünf Stück bestellt werden. Schneuwly ist überzeugt, dass ihr «Modulbad» auch in dieser Stückzahl nicht teurer ist, als wenn das Badezimmer in der klassischen Art und Weise umgesetzt wird. «Das Vertragen der Werkzeuge und des Materials entfällt bei einem Badmodul nahezu komplett, da die Einheiten aufgereiht in unserer Produktionshalle stehen», sagt er.
Die Produktion einer Fertignasszelle ist oftmals stark automatisiert. So werden etwa die Plattenmaterialien für die Grundkonstruktion und die Beplankungen maschinell zugeschnitten, und auch grossformatige Fliesen können auf diese Weise formatiert werden. Löcher für sanitäre Installationen oder Elektroeinbauten lassen sich so vorbereiten und stimmen massgenau. Somit sind dann auch bei 50 Badmodulen alle Duschmischer und jede Steckdose am gleichen Ort, und die Fliesen sind überall exakt gleich eingeteilt, deshalb entstehen kaum Aufwände für individuelle Anpassungen oder Nachbearbeitungen. «Das ist auf einer klassischen Baustelle auch mit den besten Handwerkern einfach nicht möglich», sagt Schneuwly. Der Stundenaufwand lasse sich somit sehr genau berechnen.
Als Beispiel führt Schneuwly ein kürzlich abgeschlossenes Projekt an. Für zwei neue Wohnhäuser des Seelandheims in Worben BE produzierte die Stuberholz AG 104 Fertignasszellen. Der Plättlileger brauchte für die kompletten Fliesenarbeiten, angefangen bei der Abdichtung bis hin zum fertig ausgefugten Bad mit Mosaikfliesen an den Wänden und gefliestem Boden, 13 Stunden pro Nasszelle. «Die Differenz zwischen den einzelnen Einheiten betrug dabei nur eine halbe Stunde, oftmals sogar nur eine Viertelstunde», sagt Schneuwly. Durch weitere Optimierungen im gesamten Prozess könne in Zukunft für die gleichen Arbeiten sogar nur mit 10 Stunden pro Modul kalkuliert werden.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit haben die meisten Menschen schon mal in einem Badmodul geduscht, sich frisiert oder die Zähne geputzt, ohne es zu wissen. Denn oftmals kommen die vorgefertigten Badezimmer in Hotelbauten zum Einsatz. Aber auch bei anderen Gebäudetypen bietet sich das Konzept an. «Wir fertigen unsere Fertignasszellen vor allem für den Pflegebereich, sprich für Wohnheime und Spitäler», sagt Oskar Waltenspül. «Die Grundbauweise ist aber auch problemlos im Wohnungsbau einsetzbar.»
Nicht immer muss das Modul komplett zusammengebaut auf die Baustelle kommen. So können auch nur einzelne Elemente vorgefertigt werden, um diese dann vor Ort zusammen- und einzubauen. Deshalb kann das Konzept der Fertignasszelle auch im Bereich Sanierungen und Renovationen interessant sein. «Der Vorfertigungsgrad der Module hängt dabei von der möglichen Einbringung ins Objekt ab wie auch von der Sanierungstiefe des Gebäudes», sagt Waltenspül.
Laut Schneuwly werde das Thema Badmodul in der Schweiz noch etwas stiefmütterlich behandelt. «Besonders in den deutschsprachigen Regionen ist man sehr verhalten», sagt er. Es gebe immer wieder Planungsbüros, die darauf beharren, dass eine Fertignasszelle teurer ist als ein herkömmlicher Badbau. «Das können wir jedoch klar widerlegen», sagt Schneuwly. «Laut den Baukalkulatoren, mit denen wir in der Vergangenheit zusammengearbeitet haben, ist ein Bau mit vorgefertigten Nasszellen je nach Situation zwischen 10 und 20 Prozent günstiger.»
Allerdings müssen dabei die Prioritäten bei der Bauplanung anders gesetzt werden. Manche Entscheidungen muss man sehr früh treffen, da die Badmodule in der Regel parallel zum Gebäude entstehen. Die Stuberholz AG habe deswegen auch schon Aufträge verloren. «Für ein Luxushotel hatten wir die Badmodule bereits fertig geplant, aber der Architekt konnte sich zum nötigen Zeitpunkt nicht für die Art und Farbe der Wandplättli entscheiden», sagt Schneuwly. «Man muss definitiv etwas früher wissen, was man möchte, besonders was die Details betrifft.» Hat man den Planungsprozess erst mal angepasst, sei die Gebäudeplanung mit Fertignasszellen nicht aufwendiger oder komplexer.
Wie auch beim herkömmlichen Bau eines Badezimmers braucht es auch bei den Badmodulen Kompetenzen von verschiedenen Handwerken, damit am Ende alles passt. Dank der hauseigenen Schreinerei kann die Stuberholz AG die Schreinerarbeiten selbst ausführen. Fliesen- und Gipserarbeiten sowie Sanitär- und Elektroinstallationen werden allerdings extern vergeben und wie gewohnt ausgeschrieben.
Statt auf der Baustelle werden die Arbeiten in der Produktionshalle in Schüpfen ausgeführt. Dass dabei die Laufwege zwischen den einzelnen Räumen und Stockwerken wegfallen, wird wohl kaum einen Handwerker stören.
Veröffentlichung: 05. September 2024 / Ausgabe 36/2024
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