Zuverlässig angesetzt

Ohne Schrauben geht in der Werkstatt und bei der Montage nichts mehr. Umso wichtiger sind effiziente Produkte mit gleichbleibender Qualität.Bild: Toproc AG.

Innenausbau.  Obwohl eine einzelne Schraube nur ein paar Rappen kostet, ist der Preiskampf gross. In vielen Fällen lohnt sich der Einsatz von hochwertigen Produkten. Aber auch günstige Schrauben haben ihre Berechtigung; entscheidend ist, wofür man sie einsetzen will.

Oft gelten Schrauben im Innenausbau als absolutes C-Teil, in manch einer Schreinerei überwiegen im Schraubengestell sogar noch die Kreuzschlitzschrauben – ganz zu schweigen von den Elektroinstallateuren, bei denen die einfache Schlitzschraube nach wie vor stark verbreitet ist.

Erich Kradolfer, Produktemanager für Befestigungstechnik bei der OPO Oeschger AG, weiss aber aus Erfahrung, dass Schrauben plötzlich ein heiss diskutiertes Thema werden können: «Insbesondere wenn eine Schraube sich nicht gut eindrehen lässt oder ständig bricht, erhalten wir sehr schnell eine Rückmeldung.» Die Ursachen dafür können allerdings vielfältig sein und liegen nicht immer an einer mangelhaften Qualität. «Teilweise werden schlicht die falschen Produkte verwendet», sagt Kradolfer.

Kleine Details erleichtern Arbeit

Dabei stecken die Schraubenhersteller viel Energie in die Entwicklung und Verbesserung von Spanplattenschrauben und Co.: Nebst den bekannten Produkten mit Vollgewinde oder Schaft und verschiedenen Kopfformen gibt es mittlerweile zahlreiche Details, welche das Schrauben noch effizienter machen sollen.

Dazu zählt beispielsweise das Reibgewinde. Dieses befindet sich direkt oberhalb des Schraubengewindes am Schaft. Es erweitert das Durchgangsloch um wenige Zehntel und verringert dadurch die Reibung des Schaftes. Dadurch entsteht weniger Hitze und der Eindrehwiderstand reduziert sich, was wiederum einen positiven Einfluss auf die Lebensdauer des Akkuschraubers hat. Das Reibgewinde macht sich insbesondere dort bemerkbar, wo nicht vorgebohrt wird. Deshalb kommt es auch bei Distanzschrauben zum Einsatz, wo Vorbohren aufgrund des grösseren Kopfgewindes ansonsten ein Muss ist. Ebenfalls weitgehend durchgesetzt haben sich die Bohrspitzen, beinahe jede Schraube ist mittlerweile mit irgendeiner Art von Fräsrillen oder Schneidegewinde erhältlich. Sie verringern nicht nur ein Spalten des Materials, sie erleichtern auch wesentlich das Ansetzen und Eindrehen der Schrauben. «Das zuverlässige Ansetzen und Eindrehen wird oft unterschätzt, hier kann viel Zeit und Ärger gespart werden», sagt Erich Kradolfer. Denn wer kennt die Situation nicht: Mit der einen Hand hält man das Werkstück, mit der anderen greift man zum Akkuschrauber mit der bereits auf den Bit gesteckten Schraube, setzt an und …

Vorbohren empfohlen

Trotz Bohrspitze und Reibgewinde ist das Vorbohren aber nach wie vor ein Thema. «Technisch gesehen funktioniert es auch ohne Vorbohren, aber es kommt halt immer auf die gewünschte Qualität an», sagt David Hofer. Er ist Geschäftsführer der Profix AG in Liestal BL, die selber verschiedenste Befestigungsmittel entwickelt, testet und in Europa produzieren lässt. Konkret lassen sich beispielsweise Spanplatten ohne Weiteres direkt verschrauben. Auch das Verbinden von MDF mit der richtigen Schraube ist möglich, ohne dass das Material gespaltet wird. «Allerdings besteht hier trotzdem noch die Gefahr, dass sich eine Wölbung auf der Oberfläche abzeichnet», erzählt David Hofer. Bei fertig beschichteten Teilen sind solche Bauchungen dann ärgerlich. Hinzu kommt, dass die Ausrisswerte erwiesenermassen schlechter sind, wenn nicht vorgebohrt wird.

Ähnlich verhält es sich gemäss Erich Kradolfer beim Verschrauben von Terrassendielen: «Insbesondere bei Hart-, aber auch bei Weichhölzern empfehlen wir, vorzubohren, um sicherzugehen, dass die Dielen nicht gespaltet werden. In Verbindung mit speziellen Schraubenköpfen stellen sich so zudem auch praktisch keine Späne mehr an der Oberfläche auf.»

Schrauben aus Fernost

«Wichtige Details fallen auf den ersten Blick kaum auf, aber sie zeichnen hochwertige Schrauben aus», erzählt David Hofer. Er bestätigt, dass auch in diesem Bereich zunehmend günstige Produkte aus dem Osten in die Schweiz gelangen. Je nach dem sind diese dann über 50 Prozent billiger, weil in den Produktionsländern die Lohnkosten wesentlich tiefer und auch die Umweltvorschriften weniger streng sind.

Problematisch ist ausserdem, dass nicht zwangsläufig alle Schrauben einer Marke aus demselben Werk stammen. Dies kann grosse Qualitätsunterschiede zur Folge haben. Aus diesen Gründen lassen sich Schrauben grob in drei Kategorien einteilen: Am billigsten sind Produkte aus China, hier muss mit den grössten Qualitätseinbussen gerechnet werden. Auf einem wesentlich höheren Niveau sind Produkte aus Taiwan. Deren Preisdifferenz zu den europäischen Top-Produkten ist allerdings nicht mehr so frappant wie bei denen aus China. Denn gute Qualität zu produzieren, bedeutet auch in diesen Ländern einen grösseren Aufwand.

Qualitätsmerkmale erkennen

Doch wo liegen die Qualitätsunterschiede konkret, und wie kann der Schreiner diese erkennen? «Bei unseren Tests brechen die Schrauben aus Fernost oft schon, bevor der Kopf überhaupt in das Holz gezogen wird, während die hochwertigen Produkte problemlos eingedreht werden können», erzählt Erich Kradolfer. Ebenfalls sicht- und fühlbar ist die Präzision der Schraube. Sprich: Wie gut hält sie auf dem Bit, ist die Spitze wirklich spitz, sind Schneidkerbe und Gewinde scharf? Andere Kriterien wiederum sind optisch nur schwer erkennbar. Dazu zählt, ob die Schraube gehärtet und gewachst ist. «Dies merkt man erst beim Eindrehen, wenn der Widerstand grösser ist als sonst», sagt David Hofer.

Richtig problematisch wird es, wenn es um Legierungen und Festigkeitswerte geht, wie es im Aussenbereich oder bei Überkopfmontagen oft der Fall ist. Hier muss sich der Anwender darauf verlassen können, dass auch drinsteckt, was draufsteht. Denn im schlimmsten Fall können rostende Schrauben die Sicherheit von Personen gefährden.

Auf Deklarationen achten

Nicht alle Schrauben aus dem Osten seien allerdings schlecht, stellt David Hofer klar. «Und es kommt natürlich immer darauf an, wofür man die Schrauben einsetzen will.» Geht es zum Beispiel lediglich darum, zwei Werkstücke für das Verleimen in einer Presse zu fixieren, reichen Schrauben minderer Qualität sicherlich aus. Aus diesem Grund hat auch Profix günstige Produkte im Angebot. «Wir deklarieren diese aber klar, und die Schrauben werden in weissen Verpackungen geliefert, damit sie nicht mit anderen Produkten verwechselt werden», sagt David Hofer.

Andere Anbieter wiederum nehmen es mit der Deklaration nicht so genau. So suggeriert beispielsweise der Begriff «German Quality», dass es sich um eine hochwertige und womöglich sogar den Normen entsprechende Schraube handelt. Tatsächlich aber sind solche Bezeichnungen oft ein Indiz dafür, dass das Produkt weder in Deutschland noch in Europa hergestellt wurde.

Klassiker mit Torx-Antrieb

Unbestritten ist, dass hochwertige Schrauben ihren Preis haben. Richtig eingesetzt, erleichtern sie aber durchaus die tägliche Arbeit, und die Hersteller versuchen ihre Produkte laufend zu verbessern. Darunter befinden sich auch absolute Klassiker wie die Eckverbinder- oder Euroschrauben. Sie kommen nach wie vor oft zum Einsatz und sind mittlerweile auch mit Torx-Antrieb erhältlich. Für den Innenausbau ebenfalls interessant sind Schrauben mit Zusammenzieh-Effekt. Es gibt sie als Vollgewinde- oder Schaftschrauben mit Kopfgewinde und sie weisen im oberen Bereich ein flacheres Gewinde auf. Dadurch werden Ecken und Korpusse zusammengezogen oder Beschläge auf die Fläche gezogen, ohne dass diese jedes Mal mit einer Zwinge oder von Hand zusammengehalten werden müssen.

Bezüglich Antrieb gibt es ausserdem eine gute Nachricht: Einige Hersteller haben ihre Sortimente so vereinheitlicht, dass der Schreiner im Innenausbau praktisch nur noch mit einer Torx-Grösse zurechtkommt. Das lästige Bit-Wechseln gehört also der Vergangenheit an, was bis anhin noch ein Argument für die Verwendung von Kreuzschlitzschrauben war.

www.opo.chwww.pro-fix.ch

ph

Veröffentlichung: 14. Juli 2016 / Ausgabe 28-29/2016

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