Wo sie sich bewähren

Bild: Hiag

Leichtbau.  Mit verschiedensten Leichtbauplatten haben die Holzwerkstoffhersteller dem Gewicht und der Rohstoffproblematik den Kampf angesagt. Doch wer setzt diese Werkstoffe nun wirklich ein? Und wofür? Die SchreinerZeitung hat nachgefragt.

Vor rund drei Jahren waren Leichtbauplatten und Holzwerkstoffe aus alternativen Materialien in aller Munde. Hanf, Stroh, Styropor, Waben, Noppen – alles Mögliche packten die Plattenhersteller in ihre Produkte, um das Gewicht zu reduzieren. Die Beschlägehersteller sprangen auf diesen Zug auf und entwickelten entsprechende Beschläge für diese Materialien. In der Zwischenzeit ist es etwas ruhiger geworden – so scheint es zumindest. Die SchreinerZeitung hat bei Schreinern, Werkstoff- und Beschlägehändlern nach dem Stand der Dinge gefragt.

«Etwa drei bis vier Mal pro Jahr bestellen wir einige Leichtbauplatten», sagt Alfred Baumann. Die Baumann Innenausbau AG im aargauischen Boniswil setzt dabei meistens auf Kartonwabenplatten. «Das letzte Mal stellten wir daraus Tablare her, die mit Konsolen unsichtbar an die Wand montiert wurden», ergänzt Baumann.

«Andere Leichtbauplatten haben wir noch nicht ausprobiert»
Alfred Baumann, Baumann Innenausbau AG

Als Nachteil nennt er insbesondere den erhöhten Aufwand bei der Kantenbearbeitung. Zudem ist er etwas skeptisch bezüglich der Standfestigkeit solcher Wabenplatten. Bei Schiebetüren vertraut Baumann eher auf Sandwichplatten mit einer leichten Mittellage aus Balsa-Holz. Andere Produkte hat die Schreinerei mit insgesamt fünf Mitarbeitern noch nicht getestet. «Die Situation hat es einfach noch nicht erfordert», sagt Baumann dazu. Allerdings könne man sich gut vorstellen, in Zukunft vermehrt auf Leichtbauplatten zu setzen. Die Bauteile werden immer grösser und die Kunden wünschen wieder öfter ein kubisches, dickwandiges Design.

Walter Anderegg, Produktmanager Möbelbeschlagtechnik bei der Opo Oeschger AG, kennt die Problematik von Kartonwabenplatten. Zu Beginn war auch nicht ganz klar, ob die Plattenhersteller ihre Produkte nach den Beschlägen oder die Beschlägehersteller sich nach den Platten richten», erinnert sich Anderegg. Mittlerweile gibt es Verbindungsbeschläge, die sich bewährt haben. «Allerdings sind auch diese relativ aufwendig zum Verarbeiten», ergänzt Anderegg. Neben speziellen Klebstoffen braucht es einiges an Know-how. Gemäss Walter Anderegg gibt es eine Handvoll Abnehmer, die regelmässig grössere Mengen dieser Beschläge bestellen. Sie produzieren jedoch alle grössere Serien und Standardprodukte. «Für einen Einzelauftrag improvisiert der Schreiner meistens», sagt Anderegg.

«Der Schreiner improvisiert meistens»
Walter anderegg, OPO Oeschger AG

Einfache Eckverbindungen lassen sich gemäss Werner Joos, Geschäftsführer der gleichnamigen Schreinerei, problemlos realisieren: «Wir arbeiten meistens mit Nutleisten, selbst Gehrungen sind so möglich. Dafür stellen wir dann selber überdimensionale Winkelfedern her.» Meistens verwendet die Schreinerei aber Wabenplatten für Sichtseiten und sichtbare Tablare. «Ein Architekt wünscht bei seinen Einbauschränken und Garderoben immer 40 mm dicke Sichtteile», erzählt Joos. Darüber hinaus hat man auch schon dekorative Regale mit integrierter Beleuchtung aus Wabenplatten hergestellt. Insbesondere das Verlegen der Kabel gestaltet sich in diesem Werkstoff sehr einfach. «Man kann mit einem Dübelstab die Kartonschicht durchstechen und dann das Kabel hindurchziehen», erzählt Werner Joos.

«Gerade eben haben wir 100 Wabenplatten verarbeitet»
Werner Joos, Joos Schreinerei AG

Mit den Wabenplatten muss jedoch relativ sorgfältig umgegangen werden. Punktuelle Belastungen führen schnell zu Eindrücken. Beim Anheben von liegenden Platten von Hand oder mit dem Kran muss zudem darauf geachtet werden, dass die gesamte Platte angehoben wird. «Ansonsten kann sich eine Deckschicht vom Karton lösen», ergänzt Joos.

Zurzeit arbeitet die Schreinerei an Schiebetüren für ein grosses Projekt. Für die Taschenverkleidung verarbeitete die Schreinerei rund 100 Wabenplatten. Gemäss Joos kommt so ein Auftrag aber nur alle paar Jahre vor.

Grosse Serien produziert zum Beispiel die Dietiker AG in Stein am Rhein. Das international tätige Unternehmen hat sich spezialisiert auf Stühle, Loungemöbel und Tische. Für den Klapptisch «Teos» verwendet man ebenfalls eine Kartonwabenplatte. «Ein 1600 × 800 mm grosser und 30 mm dicker Tisch wiegt dadurch inklusive Klappgestell rund 25 kg», erzählt Jörg Steinebrunner, Projektleiter Tischproduktion.

«Leichtbauplatten mit fester Mittellage sind im Vergleich zur Wabenplatte zu schwer»
Jörg Steinebrunner, Dietiker AG

Die Befestigung der Beschläge erfolgt mittels Blindnietmuttern, die Kanten werden direkt ohne Einleimer angeklebt. Andere Leichtbauplatten setzt das Unternehmen nur dann ein, wenn eine feste Mittellage gefordert ist. «Solche Platten bringen jedoch im Vergleich zur Wabenplatte nur eine geringe Gewichtsersparnis», ergänzt Jörg Stei-nebrunner.

Das bestätigt auch Christian Ehrbar, Marketing und Verkaufsleiter beim Werkstoffhändler Braun: «Ultraleichte Spanplatten und MDF bringen erst ab etwa 25 mm eine nennenswerte Gewichtsreduktion.» Insbesondere die ultraleichte 30 und 38 mm-MDF habe sich zu einem kleinen Verkaufsschlager entwickelt. Wer solche Platten von Hand abladen muss, weiss die geringere Raumdichte von etwa 500 kg/m3 zu schätzen. Zum Vergleich: Eine gewöhnliche MDF-Platte hat eine Raumdichte von 760 kg/m3. Bei einer 3660 × 2070 grossen und 38 mm dicken Platte macht dies einen Unterschied von rund 75 kg aus.

Christian Ehrbar führt aber noch ein weiteres Argument ins Feld: «Eine ultraleichte MDF kostet je nach aktuellem Preis und nach Dicke nur etwa 5% mehr als eine Standardplatte – ein tragbares Kosten-Nutzen-Verhältnis.» Ehrbar nennt aber auch den Nachteil dieser Platten: «Wird die Platte lackiert, muss wegen der geringeren Dichte eine Kante aufgeleimt werden.»

«Das Kosten-Nutzen-Verhältnis spielt eine grosse Rolle»
Christian Ehrbar, Braun AG

Nicht durchgesetzt hingegen hat sich die Leichtspanplatte «Airmaxx», deren Mittellage aus einem Gemisch von Spänen und Styropor besteht. «Das Werk erhöhte den Einkaufspreis massiv, das hätten unsere Kunden nicht mehr bezahlt.» Deshalb hat Braun diesen Werkstoff aus dem Sortiment genommen.

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ph

Veröffentlichung: 14. Juni 2012 / Ausgabe 24/2012

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