Wo Schreiner gemacht werden


Bild: SchreinerZeitung Verbundsleiter Marco Hischier (links) besucht die Mitgliederbetriebe regelmässig, so auch den Lernenden Aaron Roth (Mitte) und seinen Ausbildner René Müller von der Kaess Schreinerei AG.
Bild: SchreinerZeitung Verbundsleiter Marco Hischier (links) besucht die Mitgliederbetriebe regelmässig, so auch den Lernenden Aaron Roth (Mitte) und seinen Ausbildner René Müller von der Kaess Schreinerei AG.
Lehrbetriebs-Verbund. Unter dem Dach des Vereins Schreinermacher SVZ haben sich 23 Firmen zu einem Verbund zusammengeschlossen. Während sich die Schreinermacher um den theoretischen Teil der Ausbildung kümmern, können sich die Firmen dem praktischen Teil widmen.
Wer in seinem Betrieb Lernende ausbildet, sieht sich mit einem beachtlichen administrativen Aufwand konfrontiert. Dieser fällt namentlich in kleinen und mittleren Unternehmen ohne eigentliche Personalabteilung ins Gewicht. Da kann der Verbund eine spürbare Entlastung darstellen, denn als Mitglied desselben sind sie von den administrativen Aufgaben befreit und können sich ausschliesslich der praktischen Ausbildung der Lernenden widmen. Mindestens so wichtig und entlastend ist aber die unterstützende Begleitung, das Aufarbeiten von Problemsituationen und das Vermitteln von Know-how in fachlichen Belangen. Diese Entlastung kann mitunter eine gewisse Ausbildungsmüdigkeit des Berufsbildners verhindern.
Das Angebot der Schreinermacher hat auch René Müller überzeugt. Vor sechs Jahren hat er mit der Kaess Schreinerei AG einen kleinen Stadtbetrieb in Zürich übernommen. «Ich wollte einen Lernenden einstellen, hatte aber etwas Angst vor dem organisatorischen Aufwand», erinnert er sich. Der Beitritt zum Verbund hat sich gelohnt; mit Aaron Roth bildet Müller nun bereits den dritten Lernenden aus: zumindest teilweise, denn der 20-Jährige hat die ersten beiden Lehrjahre in einem anderen Verbundbetrieb absolviert und sich dann für einen Wechsel entschieden. Diese Möglichkeit besteht für Lernende, wenn sie bei den Schreinermachern unter Vertrag stehen.
Ursprünglich für Betriebe konzipiert, die nicht alle erforderlichen Teile einer beruflichen Grundausbildung abdecken können, hat sich das Rotationsmodell auch bei konventionellen Verbundsmitgliedern bewährt. Für Aaron Roth ist es «cool, während der Ausbildung einen anderen Betrieb kennenzulernen.» Marco Hischier spricht einen weiteren Aspekt an: «Wenn zwischenmenschliche Probleme auftreten, können vier Jahre sehr lang werden.» Die Rotationsblöcke umfassen in der Regel ein Jahr. In Ausnahmefällen ist aber auch ein vorzeitiger Wechsel möglich. «Das Umplatzieren der Lernenden erfordert manchmal auch eine strategische Höchstleistung», verrät Hischier. Bisher habe man aber immer eine Lösung gefunden, die für alle Beteiligten gepasst habe. Die Zusammenarbeit mit den Betrieben funktioniert auf Vertrauensbasis. «Möchte ein Lernender den Betrieb wechseln, so kommunizieren wir seine Beweggründe offen und ehrlich», sagt der Verbundleiter.
Das Auswahlverfahren der Kandidaten basiert bei den Schreinermachern auf drei Bausteinen: einem kompletten Bewerbungsdossier, einem Vorstellungsgespräch und einem Eignungstest in Praxis und Theorie. Erweist sich ein Bewerber als geeignet, wird dessen Dossier durch einen ausführlichen Bericht ergänzt und an die Verbundmitglieder geschickt. «Wir leben von der Werbung unserer Mitglieder, deshalb legen wir grossen Wert auf die Selektion der Lernenden», erklärt Hischier. «Das Auswahlverfahren der Schreinermacher hat Hand und Fuss», bestätigt René Müller. «Wenn jemand bei mir für eine Lehrstelle anfragt, dann rate ich ihm, sich beim Verbund zu melden.» Den Vertrag schliessen die angehenden Lernenden mit den Schreinermachern ab – aber erst dann, wenn die Erstplatzierung gesichert ist. Die weiteren «Etappenziele» werden erst später festgelegt.
Die Lehrzeit gestaltet sich als Dreiecksbeziehung zwischen Ausbildungsbetrieb, Lernendem und den Schreinermachern. Aaron Roth weiss aber genau, wohin er sich mit seinen Fragen wenden kann: «Wenn es um die praktischen Arbeiten geht, frage ich meinen Chef. Für allgemeine Informationen zu meiner Ausbildung, zu Prüfungen oder zu Formularen, wende ich mich an die Schreinermacher.» – «Wir übernehmen eine Art Göttifunktion», sagt Hischier. «Wir stehen Lernenden und Berufsbildnern beratend zur Seite und versuchen bei Problemen zu vermitteln.»
Dank Quartalsgesprächen im Lehrbetrieb und Besuchen in überbetrieblichen Kursen und der Gewerbeschule ist der Verbundleiter stets auf dem Laufenden, was die Entwicklung der Lernenden angeht. «Das Wissen, dass jemand da ist, der bereit ist, bei Problemen einzugreifen, entlastet extrem», sagt René Müller. Damit spricht er unter anderem Schwierigkeiten in der Schule an.
Hans Urs Lauber, Fachlehrer an der gewerblichen Berufsschule Wetzikon, bestätigt diese Einschätzung: «Wenn für Lernende notwendig, ist eine sehr enge Zusammenarbeit Schule/Schreinermacher gewährleistet. Ich habe den Eindruck, dass die Lernenden sich gut betreut und ernst genommen fühlen von Lehrbetrieb und Schreinermachern. Der Lehrbetriebsverbund ist in meinen Augen ein Erfolgsmodell.»
Marco Hischier liegt der Verbund am Herzen, weil er seiner Ansicht nach einen wertvollen Beitrag für die Zukunft der Branche leistet. Dabei räumt er auch gleich mit einigen Vorurteilen auf: «Wir sind weder eine soziale Organisation noch betreuen wir die Lernenden, die dem Teufel vom Karren gefallen sind.» Auch habe eine Verbundmitgliedschaft nichts mit einer Überforderung eines Betriebes zu tun. «Schliesslich bestellt der Schreiner seine Türen auch nicht beim Türenproduzenten, weil dieser nicht fähig ist, sie selber herzustellen, sondern weil es der effizientere Weg sein kann.»
www.schreinermacher-svz.chwww.kaessschreinerei.chDas stimmt. Für sie steht die administrative Entlastung und die ganzheitliche Begleitung im Vordergrund. Damit sie sich voll und ganz auf die praktische Ausbildung der Lernenden konzentrieren können, übernehmen wir den organisatorischen Bereich und die begleitende Unterstützung.
Das Prinzip des Zürcher Lehrbetriebs-Verbunds Schreinermacher SVZ ist einfach: Der Dachverein übernimmt die Ausbildungsverantwortung und sämtliche administrativen Arbeiten, während sich die Mitgliedbetriebe um die praktische Ausbildung der Lernenden kümmern. Diese Entlastung soll bei den Firmen einen Anreiz zur beruflichen Grundausbildung schaffen. Die Lernenden stehen bei den Schreinermachern unter Vertrag, was ihnen einen Betriebswechsel innerhalb ihrer Ausbildung ermöglicht. Ein solcher Wechsel ist für alle Lernenden möglich, aber nur dann unabdingbar, wenn der Betrieb nicht alle Teile der Ausbildung abdecken kann. Der in Dübendorf ansässige Verein wurde 2005 im Auftrag des Schreinermeisterverbands Kanton Zürich gegründet. Mit zehn Mitgliederfirmen und fünf Lernenden gestartet, zählt der Verein heute bereits 23 Ausbildungsbetriebe. Zurzeit stehen 18 Lernende beim Verbund unter Vertrag. Insgesamt sind bereits 53 Lehrverträge abgeschlossen worden.
Veröffentlichung: 08. Mai 2014 / Ausgabe 19/2014
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