Wer Gewissheit möchte

Mit der europäischen Holzhandelsverordnung dürften importierte Hölzer, bei denen Zweifel an Art oder Deklaration bestehen, künftig verstärkt unter die Lupe genommen werden. Bilder: Ilja Hendel

Tropenholz.  Der Handel mit illegal geschlagenem Holz wird schwieriger. Dafür sorgt die europäische Holzhandelsverordnung auch in der Schweiz, denn das meiste Tropenholz kommt über die EU ins Land. Mit genetischen Tests kann die genaue Herkunft von Hölzern bestimmt werden.

Die Europäische Union hat Farbe bekannt zum Problem des illegalen Holzeinschlages. Seit 3. März 2013 ist die neue EU-Holzhandelsverordnung in Kraft, die jegliche Vermarktung von Holz und Holzerzeugnissen aus illegalem Einschlag verbietet. Es gilt der Grundsatz: Wer Holz erstmals in Verkehr bringt, muss sicherstellen, dass dieses aus legalen Quellen stammt. Dadurch ist auch der Schweizer Tropenholzhandel direkt betroffen, denn der Grossteil des in der Schweiz verarbeiteten Tropenholzes gelangt über EU-Drittstaaten mit den grossen Häfen in Rotterdam und Hamburg in die Schweiz.

Gemäss dem Hamburger Thünen-Institut für Forstökonomie wurden 2009 weltweit – je nach Schätzung – zwischen 103 und 284 Millionen Kubikmeter Rohholz illegal eingeschlagen. Das entspricht mindestens 7%, aber möglicherweise bis zu 17% des Gesamteinschlages an Rundholz auf der Welt.

Neben der Illegalität gibt es ein weiteres Problem bei Tropenholzprodukten: Die falsche Holzdeklarierung. So können billigere und auch minderwertige Hölzer die teuren und hochwertigen Hölzer ersetzen, die optisch sehr ähnlich sind. Auch illegal geschlagenes Holz, das etwa einen Schutzstatus nach dem Washingtoner Artenschutzabkom- men Cites geniesst, kann unter falscher Flagge nach Europa gelangen.

Neuer Markt für Gewissheit

Durch die nun herrschenden strengeren Regeln und Nachweispflichten steigt der Bedarf an Gewissheit über die Legalität und Richtigkeit der Deklaration von eingeführtem Holz, vor allem aus den tropischen Gebieten der Welt. Deshalb hat das Thünen-Institut der Universität Hamburg ein Kompetenzzentrum für Holzherkünfte ins Leben gerufen. Das Zentrum weist Herkunft und Art von Holz sowie Holzprodukten nach. Dienlich ist dabei eine der weltweit grössten wissenschaftlichen Holzsammlungen mit etwa 37 500 Mustern und 50 000 Präparaten. Dieses Referenzmaterial benützen die Wissenschaftler für die makroskopische und mikroskopische Bestimmung von Hölzern und für den Aufbau einer genetischen Datenbank, die für den genetischen Holzarten- und Herkunftsnachweis nötig ist.

Das Zentrum plant ebenfalls, im Rahmen von internationalen Kooperationen Wissen-schaftler aus holzproduzierenden Ländern auszubilden und in Afrika sowie Russland beim Aufbau genetischer Referenzlabore zu unterstützen. Dadurch sollen diese künftig einen Teil der Kontrollen vor Ort durchführen können.

Etwa drei Viertel der Anfragen für die Dienstleistung einer zweifelsfreien Bestimmung kommen derzeit vom Holzhandel und den Detailhändlern. Mit 15% sind die Zoll- und Naturschutzbehörden genauso wichtige Kunden. Aber auch Konsumenten fragen zunehmend nach, ob es sich etwa bei der als Meranti deklarierten Fensterkantel auch tatsächlich zweifelsfrei um Meranti handelt.

Das Thünen-Institut bearbeitet gegenwärtig bis zu 400 Anfragen im Jahr aus der ganzen Welt. «Wir beobachten einen Anstieg durch die nun gültige EU-Holzhandelsverordnung», erklärt Volker Haag von der Universität Hamburg. Bei bis zu 800 unterschiedlichen Holzarten, die regelmässig gehandelt werden, ist es für die Zollbehörden schon jetzt schwierig, illegale Holzarten zweifelsfrei als solche zu erkennen. Zudem kommen immer neue, relativ unbekannte Hölzer auf den Markt, die übernutzte Baumarten wie Meranti und Sipo im europäischen Fensterbau oder Bangkirai als Terrassendielen ersetzen.

Methoden der Herkunftsbestimmung

Ist die Bestimmung der Holzart mit einem geschulten Blick durch die Lupe noch relativ leicht zu bewerkstelligen, braucht es für belastbare Gutachten mehr Aufwand. Dann muss mikroskopisch analysiert werden. Da-zu stellen die Wissenschaftler mikroskopische Schnitte von den zu untersuchenden Proben her. Unter dem Lichtmikroskop werden die Hölzer anhand von etwa 100 anatomischen Strukturmerkmalen verglichen und sicher auf Gattungsebene und Art bestimmt. Oft kann so auch die Herkunft eingegrenzt oder sogar bestimmt werden. Wer aber ganz sicher sein möchte, kommt um eine Untersuchung im molekularen Bereich mittels Genmarkern nicht herum.

Zur artgenauen Identifizierung der Herkunft von Hölzern, entwickelt das Thünen-Institut für Forstgenetik Testverfahren auf der Basis molekularer Marker. Mithilfe dieser genetischen Barcodes lassen sich auch einige Arten identifizieren, die mit den anderen Methoden nur schwer unterscheidbar sind. Zur Bestimmung der Herkunft eines Holzes erfassen die Wissenschaftler zunächst das räumlich-genetische Muster der Bäume in einem Zielgebiet. Das können das Verbreitungsgebiet einer Baumart, bestimmte Regionen eines Landes oder eine kleinere räumliche Einheit sein. Dazu müssen für jede Baumart in der jeweiligen Zielregion Stichproben gesammelt werden und mit Genmarkern untersucht werden. Die so ermittelten Daten zur geografisch-genetischen Struktur bilden Referenzdaten für die Zuordnung der Holzproben. So kann überprüft werden, ob Angaben zu Ursprungsland und zur Region, zum Teil sogar bis auf 30 km genau, richtig sind. Dabei gilt: Je höher die Qualität der genetischen Referenzdaten, je höher die Zahl der Stichproben und je variantenreicher die Genmarker, desto genauer kann die Herkunft bestimmt werden. Allerdings muss noch viel Arbeit geleistet werden, bis die nötigen umfangreichen Datenbanken mit Genmarkern aufgebaut sind. Noch sind nicht alle wichtigen Holzarten dort hinterlegt. Kompliziert wird das ganze Verfahren dadurch, dass Kernholz kaum lebende Zellen und damit DNS enthält. Diese baut sich nämlich nach dem Fällen des Baumes ab und zerfällt teils in kurze Stücke, was die Analyse erschwert.

Als fälschungssichere genetische Methode wird ein Verfahren angeboten, bei dem während der Holzernte Proben genommen werden. An beliebiger Stelle in der Handelskette lässt sich dann mit einer Zweitprobe die genetische Übereinstimmung feststellen. So lassen sich schriftliche Dokumente zur Verarbeitungs- und Handelskette absichern.

Die Herkunft lässt sich weiter mit sogenannten stabilen Isotopen bestimmen. Dabei handelt es sich um die Messung natürlicher Variationen normaler Elemente wie Sauerstoff, Wasserstoff oder Kohlenstoff. Diese Variationen unterscheiden sich in ihrer regionalen Verbreitung und werden von den Bäumen beim Wachstum aufgenommen. Aus der Messung und dem Vergleich mit Referenzdaten lässt sich daher die regionale Herkunft des Holzes bestimmen. Die Isotopenmethode wird bereits routine- mässig bei Lebensmitteln angewandt und funktioniert auch bei Holz.

Aus falsch wird richtig

Von denen in Hamburg mikroskopisch untersuchten Proben sind etwa 35 bis 45% falsch deklariert. Jedoch werden in vielen Fällen Muster vom Holzhandel eingesandt, bei denen schon der Verdacht einer Falschdeklaration besteht. Beim bisher genetisch untersuchten Material beträgt die Quote der Falschdeklarationen zu Art und Herkunft etwa 10 bis 25%.

Die Überprüfung einer Ukulele ergab Kurioses: Für das Griffbrett war Erle, für den Korpus Lagen aus afrikanischem Sapelli, Pappel und Linde verwendet worden. Der Saitenhalter war aus nordamerikanischem Ahorn gefertigt. Zusammengebaut wurden die von verschiedenen Kontinenten stammenden Einzelteile in China. «Auch wenn keine der Holzarten geschützt war und sie verwendet werden durften, wirft das Ergebnis doch einen bezeichnenden Blick auf den internationalen Handel mit Holz», so Gerald Koch vom Institut für Holzforschung. Oft seien es nicht die besonderen Eigenschaften eines Holzes, die über seine Verwendung entscheiden, sondern die Verfügbarkeit und der Preis.

www.ti.bund.de

ch

Veröffentlichung: 18. Juli 2013 / Ausgabe 29-30/2013

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