Wenn Türen im Regen stehen

Selbst eine gut geschützte Aussentür kann bei extremer Witterung einmal nass werden.

Schlagregen.  Bei Aussentüren wird oft von Wärmedämmwerten gesprochen, dabei ist dies nur einer von mehreren Aspekten. Denn eine Tür soll nicht nur kalte, sondern auch nasse Füsse verhindern. In Fachkreisen wird dieser Thematik vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt.

Geradliniges, kubisches Design ohne Dachüberstand liegt bei Neubauten im Trend. Ob dies dem Betrachter gefällt, hängt von dessen Geschmack ab. Dem Türenbauer dürfte dies aber eher weniger gefallen: Plant der Architekt über den Aussentüren kein Vordach, sind diese beinahe ungeschützt der Witterung ausgesetzt. Die Anforderungen an die Schlagregendichtheit sind dann entsprechend hoch. Aber auch gut geschützte Eingangsbereiche können zum Beispiel bei heftigen Gewittern wie in den letzten Wochen von Schlagregen betroffen sein.

3A bei Minergie Pflicht

«Dringt Wasser ein, passiert dies in den meisten Fällen im Schwellenbereich», sagt Gerhard Rasch vom Bereich Technik und Betriebswirtschaft beim VSSM. Dies kann Schäden am Bodenbelag, an der Tür oder am Rahmen zur Folge haben. Je nach Situation kommen diese nicht sofort zum Vorschein, sondern machen sich später bemerkbar, zum Beispiel dann, wenn die Tür durch die Feuchtigkeit krumm und somit an weiteren Stellen undicht wird. Im Winter kann es dadurch zu Problemen mit der Luftdichtheit und Kondenswasser kommen (siehe SchreinerZeitung Nr. 15/2012, Seite 13).

Es ist folglich empfehlenswert, neben Luftdurchlässigkeit und Dämmwert auch die Schlagregendichtigkeit einer Aussentür zu kennen. Denn beispielsweise in Minergie-zertifizierten Gebäuden dürfen nur Aussentüren eingebaut werden, die mindestens in der Schlagregendichtheitsklasse 3A liegen.

Das Prüfverfahren nach SN EN 1027 für die Klassierung unterscheidet zwei diverse Einbausituationen für neun Windlastfälle:

  • Verfahren A gilt für Fenster und Türen ohne baulichen Schutz wie zum Beispiel Vordächer. Das Bauteil ist der Witterung also ungeschützt ausgesetzt.
  • Verfahren B gilt für Fenster und Türen, die zumindest teilweise durch Vordächer, Balkone, Dachüberstände oder tiefe Laibungen geschützt sind.

Bei beiden Verfahren wird das zu prüfende Bauteil über einen festgelegten Zeitraum mit einem bestimmten Prüfdruck besprüht. Dieser Prüfdruck wird von 0 Pa (Pascal) über 50, 100, 150, 200, 250, 300, 450 bis schliesslich 600 Pa gesteigert, während parallel die Besprühungsdauer von 15 Minuten um jeweils fünf Minuten verlängert wird.

Diese Angaben findet man auch im Merkblatt Nr. 006 des VST (Verband Schweizerische Türenbranche).

Höchste Klasse entspricht einem Sturm

Auch in der SIA 343 Türen findet man Angaben zur Schlagregendichtheit. Hier wird aber noch zwischen verschiedenen Geländekategorien und Gebäudehöhen unterschieden. In einem am Seeufer gelegenen, 5 m hohen Gebäude empfiehlt die Norm den Einbau einer Tür aus der Schlagregendichtheitsklasse 6A. Dies entspricht einem maximalen Prüfdruck von 250 Pa. Beim selben Gebäude im Stadtgebiet reicht eine Tür aus der Klasse 4A, hier liegt der Prüfdruck bei 150 Pa. Dieser Druck kommt etwa Windstärke 7, also einem steifen Wind, gleich. Die 600 Pa der höchsten Klasse 9A entsprechen bereits einem Sturm, also Windstärke 11. Wichtig zu wissen ist, dass die Klassen sich nicht auf die Einbauhöhe des Bauteiles beziehen, sondern auf die Gebäudehöhe. Das bedeutet, egal in welcher Höhe die Tür effektiv montiert wird, es gilt immer die gesamte Gebäudehöhe.

Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die Ausrichtung der Türe, obwohl eine nach Westen ausgerichtete Tür grundsätzlich mehr Schlagregen abbekommt, als eine nach Nor-den gerichtete.

In der Realität eher besser

«100 bis 150 Pa sind aber schon sehr ambitionierte Vorgaben und nicht ohne weiteres zur erreichen», sagt Urs Uehlinger. Er führt an der Berner Fachhochschule in Biel solche Tests durch und bestätigt, dass der Dichtungsunterbruch im Schwellenbereich die Hauptschwachstelle ist. In seltenen Fällen komme es auch vor, dass bei Beschlägen oder Glasausschnitten Wasser eindringt. «Eine geprüfte Tür wird aber in der Realität wohl noch länger dicht sein, weil der Winddruck und Schlagregen kaum über eine längere Zeit konstant hoch ist wie im Prüfstand», relativiert Uehlinger. Doch welche Massnahmen muss man treffen, damit eine Tür schlagregendicht ist?

Schwellenlos schwierig

Wie bereits erwähnt, stellt der Schwellenbereich den grössten Schwachpunkt dar. Grundsätzlich gilt, je höher die Schwelle, desto besser. Allerdings kommt man hier in Konflikt mit der Rollstuhlgängigkeit, die eine Schwellenhöhe von maximal 25 mm vorgibt. Hinzu kommen die immer höheren thermischen Ansprüche. «Ein kleines Bodengefälle im Eingangsbereich kann aber auch schon etwas helfen. Immerhin bleibt dadurch das Regenwasser nicht liegen und der Staudruck verringert sich», sagt Gerhard Rasch. Dichte Lösungen ohne Schwelle, zum Beispiel mit Senkdichtungen, sind nur schwer zu realisieren. Von der deutschen Alumat Frey GmbH gibt es in diesem Bereich ein aufwendiges System mit einer entwässerten Magnetdichtung – dieses hat allerdings auch seinen Preis.

Wichtig im Schwellenbereich ist zudem der Bauanschluss. Dieser muss sauber abgedichtet sein, damit allfällige Feuchtigkeit nicht unter der Schwelle hindurchdringen kann. Dafür gibt es Gummimatten, die einfach in eine Nut am Schwellenprofil eingezogen werden.

Wetterschenkel immer noch aktuell

Bei der Türdichtung ist insbesondere entscheidend, dass die Schwelle hinter der äussersten Gummidichtungsebene liegt. So fliesst das Wasser, das von dieser Ebene aufgehalten wird, nach aussen ab und nicht in die Schwelle hinein. Im Schwellenbereich bewähren sich zudem Schleifdichtungen, die allfälliges Spritzwasser von der eigentlichen Schwellendichtung fernhalten. Denn es kann vorkommen, dass Regen- oder auch Tropfwasser beim Auftreffen auf die Schwelle wieder hochspritzt und so die Türunterkante sowie die Schwellendichtung nass wird. «Durch Kapillarkräfte gelangt das Wasser dann zwischen Tür und Dichtung und früher oder später in den Innenraum», erklärt Gerhard Rasch. Deshalb macht es auch nach wie vor Sinn, einen aufgesetzten Wetterschenkel zu montieren – auch wenn es den Architekten und Kunden nicht gefällt, damit das Wasser nicht so weit nach hinten spritzt. Dickere Türblätter sind dabei grundsätzlich im Vorteil.

Glasausschnitte sauber abdichten

Handelt es sich um eine Aussentür mit Glasausschnitt, empfiehlt Urs Uehlinger den Einsatz von Trockenverglasungssystemen oder eine Dichtungsfuge. Nur ein geklebtes Dichtungsband reiche nicht, diese seien nie 100% dicht. «Dringt an dieser Stelle Feuchtigkeit ein, sind Schäden vorprogrammiert», sagt Uehlinger. Dasselbe gilt für Bohrungen von Beschlägen wie Spion, Drücker oder Zylinder. Diese müssen bei der Oberflächenbehandlung so gut wie möglich ausgestrichen werden, um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern.

Die Schlagregenproblematik ist in Fachkreisen also durchaus bekannt und die Sensibilität nimmt zu. «Wir spüren einen leichten Anstieg der Schlagregenprüfungen. Wer früher nur die Luftdurchlässigkeit testen liess, macht nun auch gleich den Schlagregentest», fügt Uehlinger an. Türenlieferanten stellen dem Schreiner vermehrt auch Details von geprüften Elementen zur Verfügung. Der VSSM strebt für 2013 ebenfalls eine Planungshilfe an, die auch Ausrichtung und tatsächliche Einbauhöhe der Tür berücksichtigt, und geprüfte Konstruktionen beinhaltet.

www.vst.chwww.ahb.bfh.chwww.alumat.dewww.riwag.chwww.tuerundraum.chwww.g-u.ch

ph

Veröffentlichung: 30. August 2012 / Ausgabe 35/2012

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