Warum zwei, wenn eins genügt?
Der Bankarbeitsplatz 2.0 mit doppeltem Touchscreen löst bei Killer die bisherigen Arbeitsplätze ausdem Jahr 2012 ab. Bild: Killer Interior AG
Der Bankarbeitsplatz 2.0 mit doppeltem Touchscreen löst bei Killer die bisherigen Arbeitsplätze ausdem Jahr 2012 ab. Bild: Killer Interior AG
Bankarbeitsplatz. «Das Genie beherrscht das Chaos.» Nach diesem Prinzip funktioniert die Killer Interior AG in Lupfig AG nicht. Denn Schreiner sollen schreinern und nicht Sachen suchen. Mit der neuen Werkbank ist die Firma dem idealen Arbeitsplatz einen Schritt nähergekommen.
Mit dem Slogan «Reduced to the max – reduziert auf das Wesentliche» warb einst der Kleinwagen Smart um die Gunst der Kundschaft. Smart und auf das Wesentliche reduziert sind auch die neuen, mobilen Arbeitsplätze im Bankraum der Killer Interior AG. Durchstrukturiert und wohlgeordnet, findet sich darin alles, was die Mitarbeitenden der Schreinerei in Lupfig AG benötigen. Genau das und im Idealfall nicht mehr. Eigens entworfene Piktogramme zeigen von Weitem an, was sich wo befindet: Messinstrumente, Pinsel und Farben, Beschläge, Putzzeug, rechter Hand oben eine Reihe von Schütten mit Kleinmaterial aller Art. Über der Ablagefläche hängen Hand- und Akkuwerkzeuge. Die Schattenrisse dahinter machen klar, was nach Gebrauch wo hingehört. Und das Herzstück: auf Augenhöhe zwei Touchscreens, auf denen sich Pläne, Stücklisten und alle weiteren Informationen zur anstehenden Arbeit anzeigen lassen. Der Rechner und die Anbindung ans drahtlose Netzwerk sind versteckt in der Seite des Wagens. Ein seitlicher Hauptschalter setzt die Stromversorgung in Gang.
Ein Hubtisch mit Lochplatten, worin sich dank einsteckbarer Halterungen die Werkstücke fixieren lassen, ergänzt das hoch aufgeschossene Möbel zum «Bankarbeitsplatz 2.0», wie Killer die Eigenentwicklung nennt. Er löst den Arbeitsplatz von 2012 ab, der zwar gewisse Ähnlichkeiten aufweist, aber beispielsweise noch nicht digital angebunden war.
Der neue Bankarbeitsplatz ist bei Killer nicht vom Himmel gefallen. «Dass die Arbeitsplätze jetzt so dastehen und eingerichtet sind, ist das Resultat eines Gemeinschaftswerks», erklärt Killer-CEO Thomas Würtenberger. «Lean», also schlanke, effiziente Prozesse und Strukturen sind seit Langem das Credo der Firma für hochwertige Schreinerarbeiten aus dem Aargau. «Wir sind das effizienteste Unternehmen im Laden- und Innenausbau in der Schweiz», lautet die Vision auf der Website der Firma. Und die neuen, digitalisierten Arbeitsplätze seien darauf ausgerichtet, umso mehr, als die Firma weiteres Wachstum anstrebt und für 2025 ein Bauprojekt vorbereitet.
Den Lean-Gedanken hat die Schreinerei mit derzeit 96 Angestellten institutionalisiert. So widmen sich Atdhetar Elshani als «Lean Agent» und Yannick Kalt als «Lean Assistant» hauptamtlich der Kunst des Weglassens und Vermeidens von Verschwendungen im Prozess. Aber sowohl sie als auch CEO Würtenberger unterstreichen, dass Veränderungsprozesse nicht missionarisch von oben verordnet werden können, sondern in Zusammenarbeit mit dem Personal entwickelt und umgesetzt werden müssen. So stand am Anfang des neuen Arbeitsplatzes eine Bedürfnisabklärung. Was funktioniert gut? Was belastet? Wo gibt es Verschwendung? So stellte sich etwa heraus, dass lange Laufwege für das Suchen von Plänen zurückgelegt werden. «Da stellt sich schon die Frage: Soll der Schreiner bzw. soll die Schreinerin schreinern oder nach Sachen suchen?», sagt Lean Agent Elshani. Die Lösung ergab sich mit den beiden Touchscreens auf Augenhöhe. Mit Handscanner liest der Mitarbeitende den Strichcode auf dem Werkstück ein, und schon wird ihm auf dem Schirm der passende Plan angezeigt. «Bei einem Prototyp waren die Schirme noch liegend angeordnet, was sich als unpraktisch erwies», ergänzt Lean Assistant Yannick Kalt.
Elshani und er sind beides gelernte Schreiner. Kalt ist nach der Lehre bei Killer und einigen Jahren auswärts wieder in den Lehrbetrieb zurückgekehrt. Gemeinsam mit Möbelschreiner Claudio Bislin hat er die verschiedenen Prototypen und dann die erste Serie gebaut und getestet.
«Wir haben den neuen Arbeitsplatz in wöchentlichen Sitzungen mit dem Team weiterentwickelt», sagt Kalt. So ergaben sich eins ums andere Verbesserungen und neue Funktionalitäten. Es wurde beispielsweise klar, welche Schrauben immer vorrätig sein sollten in den Schütten und welche es gar nicht mehr braucht. Die Messwerkzeuge liegen rutschsicher in einer massgefertigten Einlage aus Schaumstoff. Die Halterungen der Akkuwerkzeuge entstanden im 3D-Druck. Digitalisierungsspezialisten im Betrieb entwickelten eine App für die smarte Bedienung der Touchscreens. «Es gab für uns keine Lösung ab Stange», sagt Lean Agent Elshani. Auch die digitalen Vorarbeiten in der Avor wurden im Zug des Entwicklungsprozesses optimiert.
Zwanzig neue Bankarbeitsplätze hat Killer mittlerweile hergestellt. Die neuen Hubtische sind elektrisch verstellbar, die älteren sollen von Fussbetrieb auf elektrisch umgerüstet werden. Die Versorgung mit Strom und Druckluft geschieht von oben. Die Wagen lassen sich verschieben und je nach Auftrag auch neu anordnen, was schlanke Abläufe ermöglicht.
Trotz Vereinheitlichung und Reduktion bleibt auch Platz für Individualität. «Zunächst hatten wir vor, die Arbeitsplätze nur mit einer Nummer zu kennzeichnen. Das hatte ein Innenarchitekt vorgeschlagen», sagt Würtenberger. «Doch nun findet sich auf jedem Platz eine Fotografie der Mitarbeiterin oder des Mitarbeiters.» Rechts von den Schubladen gibt es einen Schrank für persönliche Gegenstände und Utensilien.
Dennoch sollen sich jetzt nicht unnötige Dinge ansammeln. In vierteljährlichen Audits nehmen die Verantwortlichen bei Killer die Arbeitsplätze unter die Lupe. Ein Wartungsplan und ein Handbuch, das noch geschrieben werden muss, sollen die Plätze schlank und effizient halten. «Wir haben beim Stromverbrauch bereits einen Spareffekt feststellen können», sagt Elshani. Bei einem Rundgang greift er sich dann eine Feile aus einer Halterung und stellt fest, dass dahinter noch eine zweite hängt. «Warum sind hier zwei? Eine würde doch ausreichen», sagt er.
Veröffentlichung: 29. August 2024 / Ausgabe 35/2024
Mobiles Büro. Schreiner müssen vor Ort beim Kunden sein. Gleichzeitig Planung, Design sowie die betriebswirtschaftliche Organisation und Abwicklung erledigen. Mobile Anwendungen machen diesen Spagat möglich.
mehrCAD-Tabelle. Die CAD-Tabelle der Schreinerzeitung vergleicht die zentralen Spezifikationen der CAD-Programme für die Schreinerbranche. Durch die zentrale Stellung der Software im gesamten Produktionsprozess ist es wichtig, dass diese genau auf den Nutzer abgestimmt ist.
mehrPaidPost. Die Softwareanbieterin Horst Klaes GmbH ist spezialisiert auf die Bauelemente-Branche und bietet auch Lösungen für die Sicherung der Daten, den Schutz vor Cyber-Kriminellen, die sichere E-Mail-Archivierung und vieles mehr. Sie ist Partnerin bei wichtigen Fragen der Digitalisierung.
mehr