Von Grund auf schlank
In alten Gebäuden, wie im Freilichtmuseum Ballenberg, erhält der Auf- und Ausbau in Massivholz den Charakter des Hauses. Bild: Corinne Cuendet (Lignum)
In alten Gebäuden, wie im Freilichtmuseum Ballenberg, erhält der Auf- und Ausbau in Massivholz den Charakter des Hauses. Bild: Corinne Cuendet (Lignum)
Unterlagsböden aus Holz. Untergründe aus Holz begegnen dem Parkettleger des Öfteren. Sie können eine Alternative zum neuen mehrschichtigen Bodenaufbau sein, der oft Raumhöhe kostet. Auch die Erneuerung des Massivholzunterlagsbodens kann dazu beitragen.
Für manch hochgewachsenen Menschen ist es schon fast eine Qual, sich in den Räumen alter Bauernstuben zu bewegen. Die oft niedrigen Deckenhöhen in alten Häusern sorgen aber auch schon bei normalgross gewachsenen Personen für ein nicht gerade grosszügiges Raumempfinden. Kein Wunder, sind Bauherren und Planer bei Renovationen und Sanierungen älterer Gebäude bestrebt, den Bodenaufbau recht schlank zu gestalten, damit möglichst viel Luft nach oben erhalten bleibt.
Handelt es sich um Holzbalkendecken, werden diese unterseitig oft freigelegt, hergerichtet und dienen sodann als Sichtdecke. Damit sind die Möglichkeiten nach oben hin erschöpft, wenn nicht gleich eine neue Deckenkonstruktion mit dann höherer Tragfähigkeit und geringer Aufbauhöhe eingezogen werden soll. Der Blick geht dann in Richtung Boden, und was dabei unter den Schichten zum Vorschein kommt, muss zunächst einmal kritisch geprüft und beurteilt werden.
Prinzipiell können alte Unterlagsböden aus Holz eine gute Grundlage für einen neuen Bodenaufbau sein. «Wir haben das oft gemacht, dass wir den alten massiven Unterlagsboden aus Fichte und Tanne abgeschraubt und anschliessend geschliffen haben. So kann man dem drohenden Knarren begegnen und eine ebene Fläche erzeugen. In Einzelfällen haben wir auch schon den neuen Parkettboden direkt quer auf den alten massiven Unterlagsboden verlegt», erklärt Christian Michel, langjähriger Experte für den Schweizerischen Parkettverband ISP und während vieler Jahre Betriebsleiter bei der Lenzlinger Söhne AG in Uster ZH.
Das Problem bei solchen Beispielen: Allgemeingültige Aussagen über den Umgang mit alten Böden und die im jeweiligen Einzelfall nötigen Massnahmen für die Verwendung alter Holzuntergründe sind schwierig. Die Lehrmeinung muss stets einen beachtlichen Sicherheitsfaktor berücksichtigen, um alle Eventualitäten abzudecken. In der Praxis kommt es dann doch oft etwas anders, als es geschrieben steht. Und die persönlichen Erfahrungen der Fachleute zeigen: Die Beurteilung der konkreten Situation vor Ort muss von Fall zu Fall getroffen werden. Auch deshalb finden sich kaum allgemeingültige Aussagen in Lehrbüchern, Merkblättern und Ähnlichem zum Umgang mit den massiven Holzuntergründen.
«Es braucht viel Fingerspitzengefühl, Erfahrung und Wissen über die gesamte Konstruktion. Diese muss man lesen können. Wer alles berücksichtigt, kommt auch zu einer tragfähigen Entscheidung», sagt Michel. Er weiss, wovon er spricht. Als Experte für den Verband ISP hat Michel im Laufe der Jahre auch viele schlechte Beispiele sehen müssen, die schliesslich – durch Schadensbilder dokumentiert – ihr unerfreuliches Ende gefunden haben.
Ein häufig anzutreffender Bodenaufbau über einer Deckenkonstruktion mit Holzbalken weist einen Unterlagsboden aus massiven Riemen in Fichte und Tanne auf. Nicht selten wurden diese früher aufgenagelt, was heute zu Knarrgeräuschen beim Begehen führt, selbst wenn darüber zu einem späteren Zeitpunkt Span- oder OSB-Verlegeplatten aufgeschraubt wurden. Darauf verklebt ist dann der nicht mehr erwünschte Bodenbelag, vor dessen Erneuerung der Handwerker steht. Die Herausforderung sitzt dabei aber vor allem tiefer.
Dann gilt es zu prüfen und die Konstruktion zu öffnen, um diese zu verstehen und zu bewerten. «Wenn eine alte Unterkonstruktion gesund ist, kann man ohne Bedenken den Boden diffusionsoffen aufbauen. Die Hinterlüftung ist dann möglich», sagt Bernhard Lysser, Oberexperte beim Verband ISP. Man dürfe bloss nicht anfangen, mit irgendwelchen Dampfsperren zu arbeiten. Denn dann könne die Feuchtigkeit von unten nicht mehr hindurchdiffundieren, mit dem Ergebnis, dass sich Wasser an der Unterseite sammelt und am Ende für Schimmelbildung sorgt. Das muss aber nicht gleich in einer sicht- und riechbaren Dimension passieren. Oft zeigen sich Unterlagsböden schlicht in schlechtem Zustand, weil die Feuchtigkeitsabgabe über lange Zeit nur sehr beschränkt möglich war. Deshalb gilt: Finger weg von Dampfbremsen und Sperrschichten bei Holzkonstruktionen. Was bei einem neuen Betonuntergrund zwingend nötig ist, bewirkt bei alten Holzkonstruktionen genau das Gegenteil.
«Auf eine vorhandene Platte kann man durchaus direkt kleben, sofern diese entsprechend gut erhalten ist», sagt Lysser. Dagegen rät der Experte von der Verlegung eines neuen Parkettbodens direkt auf einen alten Holzuntergrund ab. Bei vollflächiger Verklebung bräuchte es zwingend eine Verlegeplatte darunter. Diese könne durchaus einfach mit dem Riemenunterlagsboden verschraubt werden. «Mit der Zwischenplatte ist man sicher, dass man nicht punktuelle Knarrgeräusche aus der Unterkonstruktion bekommt und sich der alte Boden später abzeichnet», sagt Lysser. Ist der massive Unterlagsboden gut erhalten, kann durch die Erneuerung des Parketts und den Rückbau der Schichten durchaus Bodenaufbauhöhe eingespart werden. Denn dann kann der Riemenboden mit der Konstruktion verschraubt und anschliessend geschliffen werden. «Wenn der gut erhaltene Unterlagsboden geschliffen wird und am Ende ein Drei-Schicht-Parkett verklebt werden soll, kann als Zwischenlage eine relativ dünne Platte verlegt werden», sagt Michel. Für einzelne Schadstellen im Unterlagsboden gibt es spezielle Spachtelmassen für Holzuntergründe. Diese sind etwas faseriger und brechen nicht gleich bei mechanischer Beanspruchung. «Wir haben auf alten Riemenunterlagsböden schon Zwei-Schicht-Parkett verklebt und auch massives Parkett mechanisch befestigt. Das Ganze immer mit Erfolg», erklärt Michel.
Auch für die schalltechnische Ertüchtigung gibt es Lösungen. Etwa Entkoppelungsmatten mit Stärken bis zu 8 mm, die aufgeklebt werden und auf die anschliessend direkt der neue Parkettboden kommt.
Neuaufbau mit massivem Holz
Muss der gesamte Unterlagsbodenaufbau erneuert werden, kommen als neue Unterlage im Trockenbau in der Regel Verlegeplatten zum Einsatz. Oft werden diese zweilagig mit versetzten Stössen montiert, damit die nötige Dicke und Steifigkeit erreicht wird.
Die Alternative dazu wäre, massive neue Nut- und Kammbretter als Unterlagsboden einzusetzen. Dies wird zwar kaum gemacht, ist aber durchaus eine Variante, vor allem wenn ökologisches und wohngesundes Bauen im Fokus stehen. Oft wurden aufgedoppelte OSB-Platten vor Ort miteinander verklebt. Weiterer Vorteil des dann klassischen Bodenaufbaus ist die einfache Umsetzung einer exakten Stärke, und auch preislich kann ein 28 mm Massivholzunterlagsboden deutlich interessanter sein als eine Holzwerkstoffplatte von hoher Güte. Eine Trittschalldämmung lässt sich in beiden Fällen einfach umsetzen. «Privat würde ich das genau so anstreben, auch weil ich der Meinung bin, dass man die Struktur eines Gebäudes möglichst erhalten sollte», sagt Michel. Aber so ein Vorgehen dürfte kaum jemals in einem Merkblatt oder Fachbuch auftauchen. Zu gross sind die Unwägbarkeiten dabei. Das fängt schon bei der Holzfeuchte der Rauspundbretter an, die niedriger sein müsste, als es in der Praxis üblich ist. «Theoretisch kann man direkt auf flächigen Holzkonstruktionen den neuen Parkettboden verlegen. Ich würde trotzdem eine Platte dazwischen montieren. Wenn später etwas entfernt werden soll, bleibt die Konstruktion dadurch unversehrt, während eine geklebte Schicht auf der Holzkonstruktion diese beim Herausreissen beschädigen würde», sagt Lysser. Die Platten sollten dann am besten diagonal zum Faserverlauf des massiven Untergrundes verlegt werden. «Wenn man alle Gegebenheiten berücksichtigt und die Konstruktion versteht, ist so manches möglich», weiss Michel.
www.parkett-verband.chVeröffentlichung: 27. August 2020 / Ausgabe 35/2020
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