Alte Strukturen in neuer Frische

Strukturierte Böden können nicht wie gewohnt abgeschliffen werden, ohne dass die Struktur oder die Fasen verloren gehen. Bild: Uzin Utz Schweiz AG

Auffrischen.  Strukturierte Böden sind nun schon seit vielen Jahren sehr beliebt. Allerdings erfordert die Pflege und besonders die Renovation dieser Oberflächen Erfahrung und Know-how. Wie die Strukturen wieder neuen Glanz bekommen können, zeigt dieser Artikel.

Für Schreinerinnen und Schreiner gibt es wohl kaum etwas Schöneres, als mit der Hand über eine perfekt geschliffene Holz-oberfläche zu streichen. Auch bei einer gebürsteten Oberfläche kann die Schreinerhand schwerlich widerstehen, zumindest mal kurz die hervorgehobene Maserung anzufassen.

Da strukturierte Oberflächen seit geraumer Zeit im Trend liegen, mangelt es nicht an Möglichkeiten dazu. Auch bei den Böden sind Strukturen seit Jahren stark gefragt. Wobei hier natürlich vorwiegend die Füsse in den Genuss der herausgearbeiteten Maserung des Holzes kommen. Doch das Bürsten erhöht nicht nur das haptische Erlebnis beim Barfussgehen. Das Holz erhält dadurch auch mehr Charakter, Tiefe und Wärme. Zudem hat die Oberfläche einen geringeren Weichholzanteil, was sie widerstandsfähiger gegenüber Kratzern und Abnutzungen macht. Und wenn es doch einmal zu einem Kratzer kommt, fällt dieser auf einer strukturierten Oberfläche weniger auf als auf einer geschliffenen. Die Struktur kann zudem Verschmutzungen bis zu einem gewissen Grad kaschieren.

Pflegen, reinigen, ölen

Bei allen Vorteilen, die ein strukturierter Parkettboden bietet, ist hingegen die Renovation solcher Böden alles andere als einfach. So können diese nicht einfach wie bei glatten Böden von Zeit zu Zeit abgeschliffen werden, weil dadurch die Struktur und die Seitenfasen verloren gehen.

Für Susann Schmid, Geschäftsführerin der Schmid Parkett AG in Alpnach Dorf OW, erübrigt sich aber die Frage nach einer Grundrenovation, wenn der Boden von Beginn an richtig gepflegt wird. «Ist der Boden nur verschmutzt, reicht in den allermeisten Fällen eine Grundreinigung mit einer Bodenwischmaschine und anschliessender Nachölung», sagt sie. «Wird dies regelmässig gemacht, bleibt der Boden auch über Jahrzehnte schön.»

Am Anfang steht die Beratung

Eine Pflegeölung kann natürlich nur erfolgen, wenn der Boden werkseitig nicht versiegelt, sondern geölt wurde. «Strukturierte Böden sollten deshalb immer ‹nur› geölt werden», sagt Schmid. Das Thema beginne für sie jedoch noch viel früher. Denn der Boden sollte für den Einsatzort auch passend ausgewählt werden. «Wir weisen unsere Kunden immer darauf hin, dass eine handgeschroppte oder sägeraue Oberfläche schwieriger zu pflegen ist als zum Beispiel eine gebürstete», sagt Schmid. «Ich muss kein Parkett verkaufen, wenn ich weiss, dass es nicht die nötige Pflege erhalten wird.» Auch wenn sie durch diese Haltung möglicherweise weniger Parkett verkaufe, ist Schmid überzeugt, dass eine nachhaltige Zufriedenheit bei den Kunden nur durch die richtige Beratung erreicht wird.

Grosse Nachfrage

Wird die Pflege vernachlässigt oder der Boden über die normale Verschmutzung hinaus beansprucht, kommt auch bei strukturiertem Parkett früher oder später die Frage nach einer Renovation oder einer Sanierung. «Wir haben immer mehr Kunden, die mit dieser Problemstellung zu uns kommen», sagt Christine Rebsamen, Inhaberin und Geschäftsführerin der J. Brauchli AG in Sursee LU. Das Unternehmen ist Teil der Floor Innovation Group und bietet unter anderem Schulungen zum Thema Schleifen und Sanieren von strukturierten und gefasten Parkettböden. «Inzwischen gibt es Maschinen und Mittel, um gewisse Strukturen aufzufrischen, und das Wissen dazu ist gefragt», sagt Rebsamen.

Auch bei der Uzin Utz Schweiz AG sind die Seminare zu dem Thema gut besucht. «Inzwischen führen wir sechs Schulungen pro Jahr durch», sagt Dominik Fresta, Verkaufsleiter Deutschschweiz bei Uzin Utz. «Wir versuchen den Teilnehmern vor allem zu vermitteln, dass auch ein strukturierter Boden wieder wie neu aussehen kann.»

Übergang im Randbereich

«Wie neu» muss man in diesem Fall jedoch etwas konkretisieren, denn der Boden wird nach der Neustrukturierung zwar aussehen wie ein neuer Boden, jedoch nicht exakt gleich, wie mit dem werkseitigen Oberflächenfinish. Der Grund dafür liegt in der unterschiedlichen Wirkungsweise der Bürstmaschinen, die zum Einsatz kommen. In der Parkettherstellung werden die einzelnen Riemen in der Regel mit einer zylindrischen Bürste im Durchlaufverfahren strukturiert. Auf der Baustelle geht das logischerweise nicht. «Mit zylindrischen Bürsten auf einer Bandschleifmaschine haben wir vor einigen Jahren Versuche gemacht», sagt Roger Herzig, Verkauf Aussendienst bei der J. Brauchli AG. «In der Fläche erzielt man damit zwar hervorragende Ergebnisse, aber der Randbereich ist einfach das Problem.» Auch mit einer Handmaschine und zylindrischen Bürste komme man in der Querrichtung nicht bis ganz an den Rand, und wenn im Randbereich eine Tellerbürste zum Einsatz kommt, sei der Übergang immer klar zu sehen. «Aus diesem Grund haben wir das Strukturieren mit zylindrischen Bürsten nicht mehr weiterverfolgt», sagt Herzig.

Teller und Scheiben

Daniel Ursprung, technischer Verkaufsberater bei der Uzin Utz Schweiz AG, sieht beim Strukturieren mit einer zylindrischen Bürste noch weitere Nachteile. «Zum einen kann es sein, dass der Schmutz, statt entfernt, tiefer in das Holz hineingearbeitet wird, und zum anderen macht es die Bearbeitungsrichtung längs zur Faser schwierig, Kratzer zu entfernen», sagt Ursprung. Tellerbürsten mit der Bürstrichtung längs und quer zur Holzrichtung bieten in dieser Hinsicht Vorteile. So liegt die Lösung für das Problem «Strukturen auffrischen» in der Kombination von Tellerbürste und Dreischeibenschleifmaschine. «Viele denken wohl, dass dadurch zwangsläufig Kratzer im Parkett verbleiben. Aber wenn das System abgestimmt ist, erhält man eine perfekte Oberfläche», sagt der Experte.

Ohne Materialabtrag gehts nicht

«Bei einem strukturierten Eichenparkett bearbeiten wir die ganze Fläche mit der Dreischeibenschleifmaschine und 46er-Nylonbürsten», sagt Ursprung. Dieselbe Bürste kommt auch für den Randbereich zum Einsatz. Tiefere Kratzer, die nach dem Bürsten verbleiben, können nun mit einem Oszillierer oder Schwingschleifer punktuell gewässert und weggeschliffen werden. Anschliessend werden diese Stellen nochmals mit der Maschine gebürstet.

«Vor dem Ölen wässern wir die gesamte Fläche einmal, um die Saugfähigkeit des Holzes zu erhöhen und allfällige Übergänge von der Fläche zum Rand auszugleichen», sagt er. Durch den Materialabtrag, der auch beim Bürsten stattfindet, könne besonders im Bereich der Fasen ein anderes Oberflächenbild entstehen. Aber die Struktur kann auf diese Weise erhalten bleiben.

Schleifvlies statt Bürsten

Bei der J. Brauchli AG ist das Vorgehen ähnlich. «Wir haben allerdings auch vermehrt begonnen, statt der Nylonbürste mit einem Fiberpad zu arbeiten», sagt Roger Herzig. Dabei handelt es sich um ein Schleifvlies mit einer sehr offenen Faserstruktur, welches ein effizientes Rausschleifen der Kratzer ermögliche, ohne dass die Struktur oder die Fasen unregelmässig werden. Nach der Bearbeitung mit dem Fiberpad kann der Boden geölt werden. Ob dieser zuvor gewässert werden muss, hängt für Herzig vor allem von der Holzart ab. Bei einem Buchen- oder Birnenparkett sei es natürlich zu empfehlen, damit keine Ansätze beim Ölen entstehen. «Wenn bei einem älteren Boden die Deckschicht nicht mehr überall zu 100 Prozent hält und das Risiko besteht, dass sich diese Stellen durch das Wässern noch mehr anlösen, würde ich davon abraten», sagt Herzig.

Aufgepasst

Beim Bürsten von Parkett gilt es, zusätzlich einige Punkte zu beachten. Da sich das Erscheinungsbild immer etwas ändern wird, muss wirklich die gesamte Fläche zugänglich sein. So braucht es für die Randschleifmaschine und die Tellerbürste etwa 15 Zentimeter Höhe im Randbereich. Bei älteren Bauten können beispielsweise die Radiatoren an den Wänden ein Problem sein. «Die Bürsten dürfen zudem nicht mit etwas Metallenem oder Eloxiertem in Berührung kommen», sagt Daniel Ursprung. Deshalb schütze man Anschlüsse und Anbauteile am besten mit Edelstahlblech.

Altes Parkett in neuem Gewand

Die Tellerbürsten in Kombination mit den Dreischeibenschleifmaschinen können aber nicht nur bei bestehenden Strukturen eingesetzt werden. Das Strukturieren ist auch bei geschliffenen und versiegelten Böden möglich. «Das System ist im Grunde dasselbe», sagt Ursprung. «Allerdings müssen mindestens 6 Millimeter Schichtdicke vorhanden sein.» Nach dem Entfernen des Lackes mit einem groben Korn wird der Boden bis und mit Korn 60 geschliffen und anschliessend gewässert. Danach kann die Oberfläche mit Edelstahlbürsten aufgeraut werden. Hierfür wird mit Zusatzgewichten und möglichst viel Drehzahl gearbeitet. «Anschliessend erfolgt je ein Durchgang mit einer 46er- und 60er-Nylonbürste, um die Kratzer der Edelstahlbürste auszugleichen», sagt Ursprung.

Auf diese Weise kann auch ein aus der Mode gekommener Parkettboden ein ganz neues Erscheinungsbild erhalten. Pigmentierte Öle liefern noch mehr kreativen Spielraum. Als Faustformel müsse man aber zum regulären Preis für das Schleifen und Ölen des Parketts etwa 70 Prozent für die Neustrukturierung dazurechnen.

«Mit dem Gedanken an die Nachhaltigkeit ist es aber natürlich wünschenswert, wenn das alte Parkett erhalten werden kann», sagt Ursprung.

www.schmid-parkett.chwww.jbrauchli.chwww.dsderendinger.ch

Sven Bürki

Veröffentlichung: 12. September 2024 / Ausgabe 37/2024

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