Unten parken, oben wohnen

Wo vor kurzem noch Schutt und Schnee lag, parken heute Autos. Die Deckenelemente wurden aus Brettsperrholz gefertigt. Bild: Stephan Müller-Neumann

HOLZBAUTAG BIEL.  Um ausreichend Wohnungen zu schaffen, braucht es neue Konzepte. Eines davon wurde in München umgesetzt: eine Parkplatzüberbauung in Holzbauweise. Am Holzbautag in Biel stellte der Architekt, Florian Nagler, das Projekt vor.

Entlang dem Fussballplatz des SC Amicitia München, gleich neben dem Freibad «Dantebad» mit den 50 Meter langen Stadionbecken, liegt ein grosser und rege genutzter Parkplatz. 107 Autos haben auf dem 4200 Quadratmeter grossen Grundstück Platz. An sich nichts Besonderes, stünde über den parkierten Autos nicht ein massiver Neubau. Parkflächen sind teure Böden mit tiefem Nutzungsgrad.

Würden sich diese Flächen als Wohnraum doppelt nutzen lassen? Die Münchner Stadtplaner entschieden sich für ein ambitioniertes Pilotprojekt: Innert einem Jahr sollte ein neues Gebäude über einem Parkplatz entstehen.

Nur vier Parkplätze verloren

Um die vorhandenen Parkplätze zu erhalten, wurde eine Unterkonstruktion aus Stahlbetonstützen gebaut. Das Haus berührt nur mit zwei Treppenhäusern und den beiden Kopfbauten, in denen Technik, Lager und Müllräume untergebracht sind, den Boden. Lediglich vier Parkplätze mussten so dem Neubau weichen. Auf den Stahlbetonstützen liegt die Decke aus Stahlbeton – von dort aufwärts beginnt die Holzkonstruktion. Die Decken und Innenwände sind aus Brettsperrholz, die Aussenwände sind gedämmte Holzrahmenkonstruktionen. Für den Laubengang wurden Stahlbetonteile verwendet und dessen Fassade mit Faserzement verkleidet.

Gemüse anpflanzen auf dem Dach

Über die Laubengänge gelangt man zu den Wohnungen. Vor jeweils drei Wohnungen ist der Laubengang zu einer kleinen Nische ausgeweitet, als Treffpunkt für die Bewohner: «Der perfekte Ort für einen Schwatz – bereits im Bau wurden diese Nischen von den Bauleitern für kurze Besprechungen genutzt», sagt der ausführende Architekt Florian Nagler. Insgesamt 100 Wohnungen fasst das über hundert Meter lange Gebäude. Davon sind die meisten 1- oder 2,5-Zimmer-Wohnungen. Der Innenausbau ist einfach, aber ordentlich gemacht: Der Boden ist mit Linoleum belegt, die Wände mit Gips-Faserplatten verkleidet, nur bei den Decken liegt das verbaute Holz frei. Zusätzlich stehen für die Bewohner im «Dantebad» Gemeinschaftsräume, ein Waschcafé und eine grosszügige Dachterrasse zur Verfügung. Da vor dem Haus die Freifläche fehlt, wurde diese auf dem Dach angelegt: Spielflächen, Liegedecks und Platz, um Kräuter und Gemüse anzubauen, machen die Dachterrasse zum attraktiven Aufenthaltsort. Im Gebäude vertreten ist auch der städtische Sozialdienst. Ein paar Stunden in der Woche sind Sozialarbeiter vor Ort und unterstützen die Bewohner im Umgang mit Behörden, oder sie kümmern sich um integrative Projekte innerhalb der Nachbarschaft. Denn rund die Hälfte der Wohnungen wurden anerkannten Flüchtlingen sowie anderen Wohnungslosen vergeben. Die andere Hälfte ist an Personen vermietet, die aufgrund ihres Einkommens auf dem teuren Münchner Wohnungsmarkt keine Chance auf eine angemessene Wohnung haben.

Holzbauweise: schnell und effizient

Dass der Bau innert kurzer Zeit realisiert werden konnte, ist auch der effizienten Holzbauweise anzurechnen. Die Wand-, Decken- und Fassadenelemente wurden in der Vorproduktion weitgehend fertig hergestellt und die Fenster bereits in die Wand-elemente montiert. Die Montagezeit auf dem Bau konnte so auf ein Minimum reduziert werden. «Nur dank der grossen Vorfertigungsmöglichkeiten im Holzbau konnte man das Gebäude in dieser kurzen Zeit bauen», sagt Nagler. Von aussen zeigt sich die Holzbauweise in einer Fassade aus sägerauen Lärchenbrettern. Obwohl farbig gefasst, ist die Holzoberfläche gut erkennbar.

Das Konzept der Doppelnutzung ist aufgegangen: Die Parkplätze sind geblieben und es wurde Wohnraum für über 120 Menschen geschaffen.

www.ahb.bfh.ch

ho

Veröffentlichung: 25. Mai 2017 / Ausgabe 21/2017

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