Unsichtbar war gestern
Galvoboard-LED ist magnetisch, sodass Küchenzubehör individuell angeordnet werden kann. Bild: Galvolux
Galvoboard-LED ist magnetisch, sodass Küchenzubehör individuell angeordnet werden kann. Bild: Galvolux
Glas. Im Küchenbereich sind die positiven Eigenschaften von Glas besonders willkommen. Rückwände und Fronten können individuell gestaltet werden und der Küche das gewisse Etwas verleihen. Die Entwicklung ist noch immer in vollem Gange.
«Glas ist langlebig, pflegeleicht und hygienisch zugleich. Es nimmt weder Feuchtigkeit noch Gerüche auf und behält damit sehr lange seine Optik», sagt Andreas Haerry von der Haerry & Frey AG. «Durch die glatte Oberfläche lässt es sich mit wenig Aufwand reinigen. Neben diesen eher technischen Vorteilen bringt Glas fast unbegrenzte gestalterische und optische Vorteile mit, da es heute auf verschiedenste Arten bedruckt, lackiert und beschichtet werden kann.» Das Unternehmen in Beinwil am See AG ist als Zulieferer von Glaslösungen für Schreinereien tätig und verfügt über langjährige Erfahrung. Durch die vielseitigen Gestaltungsmöglichkeiten kann Glas nicht nur in einer modernen Küche eingesetzt werden, es lassen sich auch rustikale oder antike Effekte erreichen.
«Neben seinen technischen Eigenschaften besteht Glas aus natürlichen Rohstoffen und ist damit zu 100 % rezyklierbar. Ein ökologisches Naturprodukt also», sagt Fabrizio Wüthrich von der Galvolux SA aus Bioggio TI. Galvolux bietet eine breite Palette von Glas- produkten für den Innenausbau.
«Im Küchen- und Innenausbaubereich liegen derzeit geätzte, magnetische und beleuchtete Gläser im Trend. Das Bedrucken von Rückwänden und Fronten sowie das Veredeln mittels Emaillieren, Lackieren oder Verspiegeln schafft eine grosse Bandbreite an Möglichkeiten, aus welcher die Kunden ihre individuelle Lösung aussuchen», sagt Wüthrich.
Neben dem nach wie vor weit verbreiteten rückseitigen Lackieren in individuellem Farbton sind neue Produkte dazugekommen, so beispielsweise Galvoboard-LED von Galvolux. Dabei handelt es sich um ein ESG-Glas, das sich individuell lackieren oder bedrucken lässt, rückseitig mit einem verzinkten Blech verbunden. Die Rückwand wird auf diese Weise vollflächig magnetisch, und es können Zubehörteile wie Küchenrollenhalter, Ablagen und Behälter individuell befestigt und wieder verschoben werden. Zusätzlich lassen sich diese Rückwände mit einer LED-Beleuchtung versehen und mit handelsüblichen Filzstiften beschreiben. «Durch seine Vielseitigkeit und die Gestaltungsmöglichkeiten eignet sich Galvoboard-LED besonders für die Küche», sagt Wüthrich.
«Im Trend liegen bei uns Rückwände in warmen Erdtönen und Speziallackierungen wie Antikgold. Die Abdeckungen werden sehr oft dunkel ausgeführt. Gläser mit Fotoprint dagegen sind seit ein paar Jahren eher wieder am Abnehmen, und insbesondere rückläufig sind die Aluminium-Rahmentüren mit Glasfüllungen», ergänzt Andreas Haerry. «Wir haben zwei Techniken entwickelt, mit denen sich einzigartige Rückwandgläser herstellen lassen. Beide Lackiertechniken sind Handarbeit und stellen daher jeweils ein Unikat dar.» Bei der Antikoptik wird eine erste Farbschicht mittels Wischverfahren teilweise wieder abgezogen. Dies ergibt eine gut sichtbare Wischstruktur. Anschliessend werden kleine bis mittlere Farbpunkte aufgetragen, die dann vollflächig gold-, silber- oder bronzefarbig überlackiert werden. Zum Schutz des Lackaufbaus wird alles rückseitig ablackiert.
Bei der Folientechnik wird eine erste Farbschicht mittels einer Folie teilweise wieder vom Glas abgelöst. Über die verbleibende Farbe wird anschliessend eine Deckfarbe aufgetragen. Die resultierende Optik erinnert an Marmor und wirkt damit hochwertig und elegant.
Illuminated Glass von Modulo-Engineering GmbH aus Liebefeld BE lässt individuell bedruckte Glaselemente vollflächig in dimmbarem LED-Licht erleuchten. Das Produkt eignet sich als Rückwand und bringt einen einzigartigen Effekt in die Küche. Der Aufbau der eingesetzten Gläser ist vergleichbar mit Verbundsicherheitsglas. Somit können die Elemente mit 40 mm Einbautiefe und einem 2 mm breiten Aluminiumrand ringsum überall eingesetzt werden. Es sind Abmessungen bis 3000 × 1600 mm möglich. Auf Wunsch werden die Elemente mit der passenden Schnittstelle zum Dimmen und Schalten ausgerüstet. Der Ablauf bei Herstellung und Montage ist mit einer normalen Glasrückwand vergleichbar. Nach Montage der Möbel und Küchenabdeckung liefert der Schreiner die Nischenmasse der Einbaustelle an den Hersteller. Das steckerfertige Element wird direkt auf die Baustelle geliefert, durch den Schreiner platziert und mit Anschlussfugen versehen. Bei der Bestellung muss zusätzlich definiert werden, an welcher Stelle der Anschluss für Strom und Steuerung am Element platziert werden soll. Wie bei einer LED-Beleuchtung üblich, muss ein Vorschaltgerät in der Nähe untergebracht werden, idealerweise zugänglich in einem Möbel, erreichbar mittels Serviceklappe oder demontabler Rückwand.
In den letzten Jahren haben weitere Techniken die Möglichkeiten erweitert. So etwa die Lasergravur, womit die bearbeitete Stelle einen Matteffekt erhält. Was früher mit einem Gravier- oder Schleifwerkzeug von Hand gemacht wurde, ist heute mittels computergesteuerten Lasers möglich. Das Sujet kann auf der Vorder- oder Rückseite oder, wenn es sich um VSG-Glas handelt, auch in der Mitte des Aufbaus platziert werden. Einen ähnlichen Effekt lässt sich mit geätztem Ornamentglas erzielen. Dieses erhält durch die Säurebehandlung eine angenehme, seidige Haptik. Diese Gläser lassen sich durch unterschiedliche Dekore und Strukturen sowie durch Lackieren, Emaillieren und Verspiegeln weiter veredeln und individualisieren.
Beim Digitaldruck auf Glas kommt ein ähnliches Prinzip zum Einsatz, nur wird die Fläche mit Farbe bedruckt statt mit einem Laser bearbeitet. Wie beim Gravieren kamen früher analoge Technologien, wie der Siebdruck, zum Einsatz. Heute erledigt ein CNC-gesteuerter Flächenplotter die Arbeit effizienter, genauer und günstiger. Durch diese Technologie sind heute der Druck und das Gravieren von Grafiken und Mustern in sehr guter Qualität möglich. Die wichtigste Voraussetzung in beiden Fällen ist ein digitales Sujet in hoher Auflösung. Die erforderliche Grösse der Grafik liegt oft bei 300 dpi. Wenn kein hochaufgelöstes Bild vorhanden ist, bietet sich die Zusammenarbeit mit einem Grafiker an.
Viele Hersteller von Glasprodukten bieten eigene Grafikdaten an, und alternativ können kostenpflichtige Grafiken von Onlinedatenbanken genutzt werden. «Mit Farbe beschichtete Glasrückwände werden in der Regel mit einem Float-Extraweiss oder auch als Diamantglas bezeichneten Basisglas in 6 mm Stärke ausgeführt. Der Anteil an Eisenoxid ist tiefer und lässt diesen Glastyp heller erscheinen. Es sind keine grünen Kanten sichtbar, und die auf der Rückseite aufgebrachte Farbe wird genauer wiedergegeben», erklärt Andreas Haerry.
Viele Schreiner lackieren Glasrückwände sowie Frontgläser in der eigenen Werkstatt. So lässt sich das Glas an andere lackierte Teile anpassen. Ebenso kann die Qualität selbst beeinflusst werden, die Produktionszeiten lassen sich verkürzen, und die Wertschöpfung bleibt im eigenen Betrieb. Viele Lackhersteller haben ihre Systeme vereinfacht. Heute sind oft keine speziellen Lacke mehr notwendig, und es können die gängigen Möbellacke eingesetzt werden. Meist kommt ein Spezialhärter zum Einsatz. Wichtig ist beim Lackieren von Glasoberflächen die Reinigung der Flächen, damit die Farbe sauber deckt und haftet.
Je nach Einbausituation und Bearbeitung sollten Glasrückwände in Einscheibensicherheitsglas (ESG) ausgeführt werden. ESG hat mit zirka 150 °C eine deutlich höhere Temperaturwechselbeständigkeit als normales Floatglas mit zirka 40 °C und ist daher im Bereich des Kochfeldes besser geeignet. ESG empfiehlt sich aufgrund der Druckbeständigkeit auch bei stärker bearbeiteten Gläsern mit Steckdosen-, Rand- oder Eckausschnitten. Eine klare Regelung, wo nun ESG vorgeschrieben ist, gibt es nicht. In der Sigab-Richtlinie 103 steht lediglich «Küchenrückwände aus Glas: Wärmeentwicklung durch Herd, Toaster etc.: thermische Belastung abwägen und geeignetes Glasprodukt verifizieren.»
Das Aufkleben von Gläsern auf die gereinigten Möbelfronten erfolgt mit einem speziellen Spiegelkleber. Dabei lassen sich zwei Techniken unterscheiden:
Generell ist auf den sparsamen Einsatz von Silikon und Klebeband zu achten, denn bei einem Glasbruch ist das Entfernen des defekten Glases einfacher. Zur Entfernung eignet sich ein 0,6 mm breiter Stahldraht, welcher sich mittels Sägebewegung durch Klebeband und Silikon schneidet.
Die Montage von Glasrückwänden erfordert den Einsatz von hochmoduligem Spiegelkleber. Dieser macht doppelseitiges Klebeband durch seine hohe Anfangshaftung überflüssig. Die Methode ist schnell und einfach, und die Gläser können nach der Montage noch ausgerichtet werden.
Der Spiegelkleber wird in vertikalen Raupen aufgetragen. Die Gläser dürfen nicht zu fest angedrückt werden, denn einerseits ist ein Abstand von zirka 2 mm als Hinterlüftung einzuhalten, und andererseits kann der Verputz rasch die rückseitige Lackierung verletzen. Nur vertikale Glasstösse sowie der Anschluss zur Abdeckung sollten mit Silikon abgefugt werden. Allseitige Fugen können Feuchtigkeit hinter dem Glas einschliessen und so Schimmelbildung begünstigen, was dann oft zu einer Beschädigung an der Farbe oder Beschichtung führt. Oben muss die Rückwand daher immer offen sein. Um die Montage der Rückwand zu erleichtern, empfiehlt es sich, die untere sowie aufrechte Glaskanten für Glasstösse zu lackieren. Dies hilft, die Tragklötze zur Abdeckung unten zu verdecken, und ergibt optisch eine schönere Ansicht, da die Klötze so nicht durchscheinen.
Veröffentlichung: 07. Dezember 2023 / Ausgabe 49/2023
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