Unscheinbar wichtig


In Museen und Verkaufsläden besonders wichtig: Entspiegeltes Glas erlaubt einen störungsfreien Blick auf die Objekte – oder wie hier nach draussen. Bild: Schott AG
In Museen und Verkaufsläden besonders wichtig: Entspiegeltes Glas erlaubt einen störungsfreien Blick auf die Objekte – oder wie hier nach draussen. Bild: Schott AG
Beschichtungen. Bei Glasbeschichtungen liegen dekorative Verfahren wie Bedrucken oder Satinieren im Trend. Kaum noch aus dem Alltag wegzudenken sind allerdings die unsichtbaren oder teilweise unsichtbaren Beschichtungen.
In den Siebzigerjahren wiesen Isoliergläser U-Werte um 2 W/m2k auf. Dann kamen die ersten Gläser mit Wärmedämmbeschichtungen auf den Markt und brachten eine wesentliche Verbesserung der Dämmwerte. Heute sind Werte von 1 W/m2k und darunter schon Standard. «Damals kosteten die ersten Wärmeschutzgläser um die 125 Franken pro Quadratmeter. Heute liegt der Preis bei etwa 25 Franken», erzählt Marc Bucher, Geschäftsführer der Glasi Zug AG.
Die Glashersteller erreichen den Wärmeschutz durch Aufbringen von Metalloxidschichten im Nanobereich. Beim Beschichten kommt hauptsächlich das Magnetronverfahren zum Einsatz. Dabei wird die Beschichtung nach der Floatglasherstellung aufgebracht. Heute kaum noch angewandt werden die Pyrolyse und das Tauchverfahren. Egal, um welche Technik es sich handelt, eine Problematik besteht bei allen drei Varianten: Um die Beschichtung möglichst nicht Umwelt- oder mechanischen Einflüssen auszusetzen, werden diese vorzugswei-se auf der Innenseite aufgebracht. Deshalb befindet sich zum Beispiel beim Zweifach-Isolierglas die Wärmedämmschicht auf der Position Nummer drei (siehe Grafiken) . Bei Dreifach-Isoliergläsern besteht zudem die Möglichkeit, zwei Wärmedämmschichten auf den Ebenen zwei und fünf aufzubringen. Die Schichten reflektieren die langwellige Wärmestrahlung zurück in den Innenraum. Gleichzeitig lassen sie aber das kurzwellige Sonnenlicht durch. Dieses Licht wird im Innenraum absorbiert und wärmt diesen auf. Daraus resultiert ein Wärmegewinn – ein positiver Effekt insbesondere in den Wintermonaten.
Im Sommer wird dieser Vorteil aber schnell zu einem Nachteil. Untersuchungen zeigen, dass der Energieaufwand zur Kühlung von Gebäuden mit grossen Glasflächen in den Sommermonaten den Heizaufwand um ein Mehrfaches übersteigt. Deshalb verwendet man in diesem Bereich Gläser mit Sonnenschutz. Erreicht wird dies durch eingefärbtes oder beschichtetes Glas. Die Beschichtung kann wiederum mit denselben Methoden wie beim Wärmeschutz aufgebracht werden. Aber auch hier hat sich das Magnetronverfahren durchgesetzt. Denn damit lassen sich ausserdem kombinierte Wärme- und Sonnenschutzbeschichtungen realisieren. Wichtig bei allen Sonnenschutzbeschichtungen ist die Berücksichtigung der Strahlungsabsorbtion. Je grösser diese ausfällt, desto stärker erwärmt sich das Glas. Dies führt wiederum zu Spannungen und im Extremfall zum Glasbruch. Ab einem Absorbtionsgrad von etwa 50% spannen darum die Hersteller diese Gläser vor und erhöhen somit die Temperaturwechselbeständigkeit.
Wirksame Beschichtungen haben dennoch immer eine Verschlechterung der Lichtdurchlässigkeit (Lichttransmission) zur Folge. Zusätzlich werden die Reflexionen verstärkt, gleichzeitig ist der UV-Schutz relativ gering. Wer in diesem Bereich einen wirksamen Schutz bei guter Durchsichtigkeit benötigt, kommt nicht um den Einsatz von Folien herum. Diese können entweder auf der Glasoberfläche aufgebracht oder zwischen zwei Gläsern in Form von VSG eingesetzt werden.
Es gibt auch Anwendungsgebiete, in denen man sich die Spiegeleffekte gezielt zunutze macht. Neben dem Einsatz als gewöhnlichen Spiegel ist wohl der Einsatz als Spion- spiegel aus Fernsehfilmen gemeinhin bekannt. Bei letzterem handelt es sich um nichts anderes als gewöhnliches Floatglas, das nicht zu 100% verspiegelt ist. Dies ermöglicht das Beobachten durch den Spiegel, ohne von der anderen Seite gesehen zu werden. Die Glashersteller bieten dafür Gläser mit verschiedenen Lichttransmissionswerten an. Die klassische Beobachtungssituation ergibt sich aber nur, wenn der Beleuchtungsunterschied gross genug ist. Sprich, der beobachtete Bereich muss heller ausgeleuchtet sein als der Raum hinter dem Spionspiegel. Glas Trösch gibt dafür beispielsweise folgende Lichtverhältnisse in Lux vor: 1:5 bei 20% LT, 1:10 bei 30% LT, 1:15 bei 40% LT.
Mit diesem Effekt lassen sich zum Beispiel auch gut Bildschirme in Fronten integrieren: Erst wenn das Display eingeschaltet ist, wird es hinter der Scheibe sichtbar. «Eigentlich ein toller Effekt, aber man muss sich bewusst sein, dass die Glasbeschichtung auch die Bildqualität verringert», sagt Marc Bucher.
Es gibt Bereiche, in denen Reflexionen unerwünscht sind. In Museen, bei Schaufenstern, Vitrinen oder Bilderrahmen wird der Schreiner mit dieser Problematik konfrontiert. Auch hier schafft eine entsprechende Beschichtung Abhilfe: Die Antireflexionsbeschichtungen werden ebenfalls mit dem Magnetron-, aber auch noch mit dem Tauchverfahren beschichtet. Damit eine Glasoberfläche vom menschlichen Auge als reflexionsfrei wahrgenommen wird, muss der Reflexionsgrad unter 2% liegen. Da jede Glasfläche einer Scheibe Reflexionen verursacht, werden im Idealfall alle Flächen entspiegelt, um diesen Wert zu unterschreiten. Schwieriger wird es, wenn noch andere Beschichtungen nötig sind. Zum Beispiel wenn beim Isolierglas eines Schaufensters aus energetischen Gründen noch eine wärmedämmende Schicht nötig ist. Auf dieser Fläche kommt es dann wieder zu Reflexionen. Dennoch ist der Reflexionsgrad wesentlich tiefer als bei einem nicht entspiegelten Isolierglas. Technisch machbar, aber wenig sinnvoll ist eine Kombination von Sonnenschutzbeschichtungen und Entspiegelung.
Einen weiteren positiven Effekt bewirkt die Entspiegelung bei der Lichttransmission: Währenddem gewöhnliches 4 mm-Floatglas einen Wert von etwa 90% aufweist, erreicht entspiegeltes Glas 96%. «Noch brillanter wird es, wenn man dafür extra-weisses Glas verwendet», sagt Marc Bucher. Gerade im Bereich von Schaufenstern und Auslagen muss der Reinigung der Glasfläche spezielle Beachtung geschenkt werden. Fingerabdrücke und andere Verschmutzungen trüben hier schnell den Blick auf die Exponate. Die Hersteller empfehlen eine Reinigung mit ge- wönlichen Mitteln. Stark saure oder basische Reinigungsmittel könnten die Beschich- tung beschädigen. Dasselbe gilt für abrasive Reinigungsuntensilien oder Klingen.
Um den Reinigungsaufwand zu minimieren, gibt es diverse Nanobeschichtungen. Sie sollen verhindern, dass sich Schmutzpartikel an der Oberfläche festsetzen und beispielsweise der Regen die Verschmutzung einfach abspült. Vor allem bei schlecht zugänglichen Stellen oder auch Duschwänden stellt dies einen grossen Vorteil dar. «Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass je nach Beschichtung die Funktion mit den Jahren nachlässt», erzählt Marc Bucher. Deshalb setzt die Glasi Zug mit «Clear Shield» auf ein Produkt, das sich auch nachträglich auf Glasoberflächen applizieren lässt. Lässt der Abperleffekt nach, kann man die Beschichtung wieder auffrischen. «Aber trotz Beschichtung kommt man nicht darum herum, die Oberfläche gelegentlich zu reinigen», ergänzt Bucher.
Auf dem Markt gibt es viele Beschichtungen und Kombinationsmöglichkeiten. Bei speziellen Anwendungen lohnt es sich deshalb, frühzeitig einen Experten zu kontaktieren. Je nach Glashersteller und Beschichtung gibt es auch verschiedene minimale und maximale Glasgrössen. Ist die richtige Kombination gefunden, muss die Scheibe auch richtigherum eingesetzt werden. Anderenfalls helfen die Beschichtungen nur wenig oder sind sogar kontraproduktiv.
www.glasizug.chwww.glastroesch.chwww.schott.comwww.clearshieldonline.comAnteil der Sonnenstrahlung im für den Menschen sichtbaren Bereich, der von aussen nach innen gelangt.
Anteil der Sonnenstrahlung im sichtbaren Bereich, welcher von der Verglasung absorbiert wird.
Anteil der Sonnenstrahlung, der vom Glas reflektiert wird.
Ist zum Beispiel von Strahlungstransmission (ST) die Rede, ist damit das ganze Spektrum des Sonnenlichtes gemeint.
Das vom Glas absorbierte Sonnenlicht wird in Form von Wärme wieder abgegeben. Sie verteilt sich in der Regel in zwei gleich grossen Teilen nach innen und aussen.
Summe aus Strahlungstransmission (ST) und sekundärer Wärmeabgabe nach innen.
Je höher der Index, desto weniger führt die Verglasung zu Farbveränderungen. Die Skala reicht bis 100, dies entspricht natürlichem Licht.
Veröffentlichung: 02. November 2012 / Ausgabe 44/2012
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