Tatort Holz


Links das Opfer, rechts der mögliche Täter. Wer kennt ihn? Es ist «Lyctus brunneus», der braune Splintholzkäfer. Aber war er es wirk-lich? Mutmassungen sind leider häufige Begleiter bei Schäden. Bilder (5): Sutter, Holzschädlinge
Links das Opfer, rechts der mögliche Täter. Wer kennt ihn? Es ist «Lyctus brunneus», der braune Splintholzkäfer. Aber war er es wirk-lich? Mutmassungen sind leider häufige Begleiter bei Schäden. Bilder (5): Sutter, Holzschädlinge
Holzschutz. Das Auftreten von Bohrlöchern durch Trockenholzinsekten führt bei Kunden nicht selten zur Alarmstufe Rot. Dann wird auch oft der Schreiner zum Fall befragt. Kein leichtes Unterfangen, aber auch kein unmögliches, wenn die Indizien richtig gedeutet werden können.
Für den «Holzwurm» interessiert sich der Schreiner meist nur am Rande. Das ändert sich schlagartig, wenn er mit Fragen von Kunden konfrontiert wird, die einen dieser unliebsamen Untermieter zu Gast haben. Die Geschädigten müssen erst einmal beruhigt werden, sonst kann es mitunter auch zu Kurzschlusshandlungen kommen. «Wir hatten schon Kunden, die zum Gift griffen und mit dem Pinsel versuchten, dem Problem Herr zu werden», weiss Marcel Ruchti von der Impuls Schreinerei in Thun.
Im Grunde ist es wie beim Arzt. Nur wer die Symptome und Krankheitsbilder kennt, kann eine Diagnose abgeben und so den Weg zur Heilung aufzeigen. Wer die Käfer nicht kennt, kann keine zuverlässige Diagnose stellen und dementsprechend auch keine zielführende Behandlung empfehlen. Nicht zuletzt deshalb ist im Zweifelsfall ein ausgewiesener Experte zu Rate zu ziehen. Tipps und Tricks von vermeintlichen Experten gibt es genügend, auch im Internet. Diese sind allerdings nicht selten von zweifelhaftem Wissensgehalt.
Käfer durchlaufen verschiedene Entwicklungsstadien, die einen vollkommenen Formenwechsel, die Metamorphose, mit einschliessen. Aus dem Ei, das in das Holz gelegt wird, schlüpft die Larve. Diese frisst sich ins Holz, woher der Sammelbegriff des «Holzwurmes» stammt. Dann verpuppt sich die Larve und der schlüpfende Käfer bohrt sich aus dem Holz aus. Dabei hinterlässt er typische Merkmale, anhand derer er überführt werden kann, wie Lochform, Art des Sägemehls oder Genagsels und schliesslich seine Stoffwechsel-Ausscheidungen.
Die meisten Käferarten, die an Holz oder Rinde in ihrer Lebensweise gebunden sind, gehören zu den Frischholzinsekten. Sie brauchen eine hohe Holzfeuchte. Damit fallen viele der Tausenden möglichen Schädlinge für trocken verbautes Holz schon einmal weg. Es sei denn, ein solches Frischholzinsekt hat sich im Holz entwickelt, kommt in die Werkstatt und schlüpft dann. Die bekanntesten Vertreterinnen dieses Phänomens sind die Holzwespen, die immer Mal wieder aus den Klotzbrettern von Nadelholz schlüpfen. Diese sind jedoch ungefährlich, nicht nur, weil sie nicht stechen können, sondern weil Holzwespen keine Eier in trockenes Holz ablegen. Sie sind also nur kurz zu Besuch. Gleiches gilt für die vielen Bockkäferarten, die aus den trocknenden Brennholzstapeln schlüpfen. Auch dann gibt es öfter besorgte Konsumenten, die nicht wissen, ob ein solcher Befall auch eine Gefahr für Möbel und Innenausbauten darstellt. Auch hier Entwarnung. Die Entwicklung der allermeisten Bockkäferarten ist an frisches Holz gebunden, an den lebenden Baum.
Eine wichtige Ausnahme bildet der Hausbock, ein Trockenholzinsekt und prominentester Schädling im Dachgebälk, vor allem bei warmem und trockenem Klima. «Wir hatten auch schon Schadensfälle durch den Hausbock in Dachlatten und Unterkonstruktionen, für Täferungen oder Parkettböden, die von Schreinern verarbeitet wurden», sagt Beat Lehmann, Experte bei der Growe Holzschutz AG in Belp.
Nicht selten findet sich in Schreinerlehrbüchern der Hinweis auf die Bekämpfung des «Holzwurmes» durch eine Begiftung mittels Injektion in die Löcher der Frassgänge. Da die Täter längst ausgeflogen sind, geht die Wirkung dieser Massnahme gegen null. Es liegt auf der Hand, dass das empfohlene anschliessende Zukitten der Löcher kosmetische Wirkung haben muss.
Und auch wenn bei einer offensichtlichen Schädigung über längere Zeit kein frisches Bohrmehl aus den Löchern rieselt, ist die Gefahr der Wiederholungstat längst nicht vorbei. Denn die Larven von Trockenholzinsekten können lange Entwicklungszeiten haben. Die längste nachgewiesene Überlebensdauer einer Larve des Hausbocks bringt es auf 30 Jahre. So lange kann also fehlendes Bohrmehl die Gutachter täuschen. Aber auch die Larve des gemeinen Nagekäfers soll über eine Dauer von zwei bis vier Jahren im Holz fressen.
Liegt ein Schadensfall vor, sollte man erst einmal kühlen Kopf bewahren und eine Diagnose stellen. Sind einzelne Teile eines Möbelstückes befallen und diese austauschbar, stellt dies eine vernünftige Variante dar, da die meisten Käfer recht ortstreu sind. Ist der Tausch nicht ohne weiteres möglich, hängt es massgeblich davon ab, wie ein Wirkstoff ins Holz gelangen kann. Auch eine Lackschicht stellt manchmal kein Hindernis für Schadorganismen dar, wohl aber für dessen Bekämpfung. Neben flächiger, oberflächlicher Behandlung des Holzes mit einem Insektizid kommt dabei die Injektionsmethode mit hohem Druck in regelmässig angeordnete Bohrungen in Betracht. Auch eine Hitzebehandlung ist wirkungsvoll, aber nicht für jedes Stück verträglich und möglich. Noch enger sind die Grenzen bei einer Gefrierbehandlung, weil die Temperaturen sehr tief und die Gefriertruhe oft eher ein Haus sein müsste.
Noch jung ist die Behandlung mit Stickstoff. Dazu wird das befallene Stück in einer Kunststoffhülle oder in einem gasdichten Container längere Zeit begast. Dies gilt als besonders schonend für das Möbel und auch ungefährlich für Mensch und Umwelt. Inzwischen gibt es auch mobile Anlagen, so dass die Bekämpfung direkt am Tatort erfolgen kann.
www.growe.chwww.rentokil.chwww.desinfecta.chwww.bauoeko.comVeröffentlichung: 19. April 2012 / Ausgabe 16/2012
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