Stumpfmatt nur vom Fachmann?

Wer matt lackieren will, kann die Lacke mit Mattierungspaste einstellen oder bestellen. Gute Resultate gibt es aber nur, wenn man die wichtigen Punkte beachtet. Bild: Remmers

Trends.  Matte Lacke sind genauso trendig wie die Untergründe, auf die sie besonders gut passen. Doch das Einstellen dieser Produkte ist anspruchsvoll und soll den Profis überlassen werden. Sehr tiefe Glanzgrade sind zudem nur schwer zu erreichen.

Die Oberflächenbehandlung ist Geschmackssache und Modeströmungen ausgesetzt – diese Feststellung machen alle, die sich regelmässig an Zuliefer-, Möbel- und Designmessen über die neuesten Kreationen informieren. Die aktuellen Oberflächentrends lauten: Hochglanz nimmt ab, matt ist schwer angesagt, Seidenglanz ist zeitlos. Tatsächlich werden wohl immer noch die meisten transparenten Lackoberflächen im Bereich seidenmatt bis seidenglänzend ausgeführt. Das entspricht einem Glanzgrad von ungefähr 30 bis 60 Glanzeinheiten (ge). Dieser Wert richtet sich nach dem Reflexionsvermögen der Oberfläche: Je tiefer der Wert, desto weniger Licht wird reflektiert, die Oberfläche erscheint matter. Es gibt wohl keine Schreinerei, in der nicht solche Lackbehälter zu finden sind. Kunden, die keine speziellen Anforderungen an die Oberflächen haben, erhalten automatisch diesen Glanzgrad.

Strukturen anders lackieren?

Doch im oberen und unteren Bereich des Mittelmasses hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt – zum Beispiel im Hochglanzbereich. Glänzende Oberflächen gelten als besonders edel, dafür geben Kunden mehr Geld aus. Doch Hochglanz macht nur auf geschlossenporigen Hölzern Sinn. Grobstrukturierte Hölzer wie Eiche oder Esche sowie gebürstete, sägerohe oder geschroppte Strukturen wirken mit glänzenden Lacken eher billig.

Weil man sie kaum sieht

Matte und sogar stumpfmatte Lacke sind für diese Hölzer und Strukturen weit besser geeignet. In diesem Bereich kann man schon von einem wichtigen Trend sprechen. «Wir lackieren unsere sägerohen Holzoberflächen mit einem stumpfmatten Lack und haben grossen Erfolg», sagt Daniel Blösch von der Firma Lanz Fronten AG. Der Clou dieser Lacke ist, dass man sie weder sieht noch spürt. Trotzdem ist das Holz geschützt. Diese Lacke weisen in der Regel einen Glanzgrad zwischen 20 und 10 auf. Erreicht wird der Effekt durch die Zugabe von Mattierungsmitteln. Diese bestehen aus transparenten Kleinstteilen, in der Regel sind es Kieselsäuren oder organische Verbindungen. Sie bewirken eine Störung der sonst glatten Oberfläche, das einfallende Licht wird gestreut reflektiert.

Ganz matt geht nicht

Mattierungsmittel kann man als Paste oder flüssig kaufen und sie einfach in die Lacke einrühren. «Bei der Verwendung dieser Mittel gibt es Grenzen», sagt Daniel Römer von der Colores AG. Wenn man zu viel beigebe, werde das Gemisch schnell milchig, denn die Teile seien nie vollständig transparent. Er warnt Schreiner, mit solchen Mitteln zu experimentieren, und verweist auf die Kundenberatung. «Man kann nicht einfach Lacke mithilfe solcher Pasten auf stumpfmatt einstellen», sagt Römer. Neben der Trübungsgefahr gebe es noch ganz andere Faktoren zu beachten, etwa den Poliereffekt: Matte Lacke würden dazu neigen, mit dem Gebrauch glänzender zu werden. Die Ursache ist bei der abrasiven Wirkung durch den Gebrauch zu suchen. Stetes Reinigen und das Umherschieben von Geschirr wirkt auf die lichtstreuenden Partikel abrasiv, sie werden geglättet. Zudem würden die Mattierungsmittel den Bindemittelanteil senken, die Qualität nimmt ab.

Bindemittel stossen an ihre Grenzen

«Wer stumpfmatte Oberflächen will, muss daher auf spezielle Bindemittel zurückgreifen», sagt Römer. Nur so könne das Aufglänzen einigermassen unterdrückt werden. Ganz ausschliessen kann man die Veränderungen im Glanzgrad aber sowieso nicht. Die Lackhersteller empfehlen darum, matte Lacke nur auf wenig belasteten Oberflächen einzusetzen. Beim Lackieren von Tischen etwa soll man gänzlich davon absehen. «Wer auf belasteten Flächen wirklich matte Effekte will, sollte die Werkstücke ölen oder wachsen», meint Römer.

Grenzen beim Mattieren

Wer trotzdem matt lackieren will, sollte sich genau an die Verarbeitungshinweise der Hersteller halten und früh das Gespräch mit den technischen Beratern suchen. Nicht jeder Lack eignet sich zum Mattieren und man sollte nicht zu viel von den Mitteln erwarten. Weniger als etwa 10 Glanzeinheiten Reflexionsveränderung liegen auch mit Mattierungsmitteln nicht drin. Gut fährt, wer bereits fertig eingestellte Lacke einkauft. So gibt es viele Lacke, die matte Oberflächen ergeben und für die der richtige Verwendungszweck definiert ist. So schränkt etwa die Adler Lack AG beim stumpfmatten PUR-Natureffektlack die Verwendung klar ein. Der Lack dürfe weder auf dunkle Hölzer noch auf stark beanspruchte Flächen appliziert werden. Dies, weil eine leichte Trübung eintreten kann und der Lack im Gebrauch aufglänzt.

Referenzmuster zwingend

Trotzdem dürften die matten Lacke weiterhin gefragt sein und man wird nicht um die Verarbeitung herumkommen. Wer bei den Glanzgraden auf Nummer sicher gehen will, fertigt auf jeden Fall ein Referenzmuster. Von Architekten oder Planern vorgegebene Glanzwerte sind schwierig zu interpretieren und fallen je nach Messmethode anders aus (siehe Kasten). Auch begrifflich definierte Werte wie stumpfmatt, matt, seidenmatt oder Seidenglanz sind überhaupt nicht miteinander vergleichbar. Produkte verschie-dener Hersteller oder sogar innerhalb eines Sortiments des gleichen Herstellers mit gleicher Bezeichnung können sich markant unterscheiden. Zusätzlich ändert sich der Glanzgrad je nach Sichtwinkel signifikant. Auch nicht vergessen darf man das Alterungsverhalten. Schon nach kurzer Zeit lässt der Glanz bei fast allen Produkten etwas nach.

Messmethoden

Glanz ist schwierig zu definieren

Reflexionsgrade werden mit einem Reflektormeter gemessen. Je nach Glanzgrad ist eine andere Messmethode notwendig. Hochglänzende Oberflächen mit anvisierten Werten über 70 Glanzeinheiten (ge) muss man mit 20° Einstrahlwinkel messen. Die sonst noch gebräuchlichen Winkelwerte 60 (30 bis 70 ge) und 85 Grad (unter 30 ge) würden zu wenig aussagekräftige Messresultate bringen.

Messmethode entscheidet

Wer numerische Werte zum Glanz erfassen will, muss sich also zuerst auf die Messmethode einigen. Die Glanz- einheit bezieht sich nicht auf die Menge der absolut reflektierten Lichtmenge, sondern beschreibt das Reflexionsvermögen zu einem schwarzen, polierten Glasstandard mit definiertem Brechungsindex.

100 Glanzeinheiten bedeuten also nicht hundertprozentige Spiegelung, sondern nur ein Bezugswert. Die genaue Beschreibung der Messmethode ist in verschiedenen Standards festgehalten, in Europa kommt vorwiegend die DIN 67530 zum Einsatz.

Muster bieten Sicherheit

Wer auf genaue Wiedergabewerte angewiesen ist, etwa wenn Architekten einen ge-Wert explizit verlangen, kann sich nur auf visuelle oder messtechnisch ermittelte Vergleiche zu Referenz- mustern verlassen. Keinesfalls darf man sich auf die angegebenen Zahlenwerte verlassen, die möglichen Differenzen aufgrund der unterschiedlichen Messmethoden sind viel zu gross. Im Zweifelsfalle führt also nur ein Referenzmuster zum Ziel.

wi

Veröffentlichung: 23. August 2012 / Ausgabe 34/2012

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