Treppenbau. Kaum ein anderes Element des Innenausbaus lässt so viele Varianten zu wie die Treppe. Entsprechend wichtig ist es, dass alle Beteiligten vom gleichen sprechen, was bei den Treppenbau-Fachausdrücken nicht ganz selbstverständlich ist. Ein Erklärungsversuch.
Kundin: «Wir haben eine Wendeltreppe gesehen, die uns sehr gefällt. Wir möchten etwas Ähnliches.» Treppenbauer: «Handelt es sich wirklich um eine Wendeltreppe oder eher um eine Spindeltreppe? Gab es da eine durchgehende Spindel oder ein Treppenauge?» – «Ich weiss nicht, aber sie ist rund und man läuft beim Hinaufgehen im Kreis.»
Dass ein Beratungsgespräch mit Endkunden so beginnt, ist nichts Ungewöhnliches. Es kann aber zwischen Fachleuten zu ähnlichen Situationen kommen. Auch vielen Schreinern sind nicht alle Fachausdrücke des Treppenbaus geläufig. Wer hat nicht auch schon eine Spindeltreppe als Wendeltreppe bezeichnet? Und wer kann auf Anhieb den Unterschied zwischen Antritt, Austritt und Auftritt erklären, wenn er sich nicht regelmässig mit Treppen befasst?
Treppen bestimmten Gruppen zuzuordnen, ist nicht ganz einfach, da es viele Überschneidungen gibt. Und doch hat sich bei Innentreppen eine Unterscheidung nach der Form im Grundriss, der Konstruktion und dem eingesetzten Material durchgesetzt. So sagt zum Beispiel die Bezeichnung «halbgewendelte Wangentreppe mit Eichenstufen und Stahlwangen» schon ziemlich klar aus, wie dieses Modell aussehen soll.
Unterscheiden nach Form im Grundriss
Gerade Treppen sind am einfachsten zu planen und herzustellen. Dementsprechend gelten sie als kostengünstig. Allerdings nehmen sie viel Platz in Anspruch. Das Treppenloch kann bei geraden Läufen durchaus kürzer sein als die Treppe selber. Damit sich beim Begehen niemand den Kopf stösst ist es aber wichtig, dass die lichte Durchgangshöhe über den Stufen mindestens 200 cm beträgt.
Podesttreppen können Raumteiler und Raumverbinder zugleich sein. Sie eignen sich aber nur dort, wo genug Platz zur Verfügung steht. Um die Harmonie zu bewahren, sollte man die einzelnen Treppenläufe immer in gleicher Länge beziehungsweise mit gleicher Steigungszahl planen.
Viertelgewendelte Treppen bieten zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten und sind dennoch platzsparend. Die Wendelung erfolgt meist im Antrittsbereich, ist aber auch im Austritt möglich. Der Gehrhythmus ist auf dieser Treppe allerdings nicht ganz so gleichmässig wie bei durchgehend geraden oder gewendelten Treppen. Die Treppen erfordern entsprechend geformte Stufen und sind verhältnismässig kompliziert in der Herstellung.
Mit halbgewendelten Treppen lässt sich wirklich Platz sparen, daher ist sie heute in vielen Bauplänen anzutreffen. Die Hersteller bieten hier die grösste Auswahl an, von ganz schmalen bis zu sehr breiten Varianten. Sehr harmonisch wirken halbgewendelte Treppen bei Grundrissen mit den Abmessungen von 300 × 160 cm. Bei diesen Proportionen sind sie auch besonders gleichmässig zu begehen.
Bogentreppen werden oft als Gestaltungselement bei grosszügig gestalteten Ausbauten von Einfamilienhäusern im Hochpreissegment eingesetzt. Hier können sich vor allem individuell fertigende Unternehmen auszeichnen, denn Bogentreppen findet man nicht in Serienfertigungen. Wer sich solche Handwerksarbeit leistet, fragt weniger nach dem Preis, sondern stellt das Gesamtambiente in den Vordergrund.
Spindeltreppen erkennt man auf den ersten Blick an ihrer zentralen Säule, der Spindel. Wegen ihrer attraktiven Bauweise sind Spindeltreppen sehr beliebt. Sie sind allerdings weder platzsparender noch bequemer zum Begehen als halbgewendelte Konstruktionen und eignen sich daher nur bedingt als Haupttreppen. Planer sollten sie vor allem für wenig benutzte Durchgänge einsetzen oder als Zweittreppe, wenn entsprechend grosszügig und individuell gebaut wird.
Unterscheiden nach Konstruktion
Wangentreppen sind eine der häufigsten Holztreppenkonstruktionen. Hier sitzen die Treppenstufen in einer Nut in der Treppenwange. Durchgehende Treppenschrauben spannen die beiden Wangen zusammen. Über Kellerabgängen oder Abstellräumen kann der Durchblick zwischen den Stufen unerwünscht sein. Indem man dort senkrecht stehende Setzstufen (Futterbretter) einsetzt, lassen sich geschlossene Wangentreppen ausführen.
Bei Holmtreppen liegen die Stufen auf parallel zur Gehrichtung verlaufenden Trägern – den Holmen. Man spricht von Einholmtreppen, wenn es nur einen Träger in der Mitte gibt. Bei dieser Konstruktion werden die aufgesattelten Stufen mit Verstrebungen gegen das Kippen gesichert. Die Zweiholmtreppe besteht, wie der Name sagt, aus zwei nebeneinander angeordneten Trägern mit aufgesattelten Tritten.
Freitragende Treppen gibt es mit einer wandseitigen Wange oder ganz wangenfrei mit einer schallmindernden Stufenbefestigung über gummigelagerte Stahlbolzen in der Wand. An der Freiseite werden die Stufen über Geländerstäbe am statisch tragenden Handlauf aufgehängt.
Die auch Bolzentreppe genannte Konstruktion zeichnet sich durch eine leichte und filigrane Bauweise aus.
Faltwerktreppen weisen als typisches Merkmal bündig zusammengebaute Setz- und Trittstufen in der gleichen Holzstärke auf. Die selbsttragenden Konstruktionen werden wie Bolzentreppen mit gummigelagerten Stahlbolzen schallhemmend in die Wand befestigt.
Kragarmtreppen wachsen scheinbar aus der Wand heraus. Sie sind anspruchsvoll im Bezug auf die Konstruktion und ihre Montage. Eine Kragarmtreppe erscheint wie ein schwebendes Kunstwerk, wirkt gleichzeitig puristisch und elegant.
Unterscheiden nach Materialien
Holz, der traditionelle Werkstoff für Treppen, verliert trotz vieler Alternativen nicht an Bedeutung. Aus zwei Gründen eignet sich Holz besonders für den Treppenbau: einerseits weil es sich trotz guten statischen Eigenschaften einfach bearbeiten lässt, andererseits wegen seiner lebendigen Farben und Strukturen. Zweckmässigkeit und Ästhetik ergänzen sich also gut. Harthölzer wie Buche, Eiche, Esche und Ahorn eignen sich für stark beanspruchte Teile, etwa die Stufen. Weichhölzer wie Fichte oder Kiefer lassen sich für Wangen und Geländer einsetzen.
Neben Holz kommen auch Werkstoffe wie Stahl, Aluminium, Natur- und Kunststein sowie Glas im Treppenbau zum Einsatz. Sehr häufig sind Materialkombinationen anzutreffen, sowohl bei den Treppenläufen selber als auch an den Geländern. hw
Veröffentlichung: 24. November 2011 / Ausgabe 47/2011
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