Funktionsmode. Den Sicherheitsschuh für alle Bereiche gibt es nicht. Eine individuelle Anpassung an den Fuss, den Arbeitsort und die ausgeübte Tätigkeit ist Pflicht. Dabei steht dem Anwender heute eine grosse Auswahl an modischen Modellen zur Verfügung.
«In erster Linie kommt es darauf an, dass ein Schuh passt.» Diese Aussage stammt von Mario Kneuss, der mit seinem Schuhbus vor Ort den unterschiedlichsten Handwerksbetrieben die Beratung und den Verkauf von Sicherheitsschuhen anbietet. Der Begriff «Sicherheitsschuh» stammt aus den Prüfnormen und bezeichnet einen Schuh, dessen Stahlkappe auf 200 Joule getestet wurde. Jeder Schuh sei individuell, meint Kneuss, denn immer noch bestünde er zu ungefähr 70 Prozent aus Handarbeit. «Deshalb ist es auch wichtig, dass exakt der Schuh gekauft wird, welchen der Kunde auch anprobiert hat», fügt er bei und erläutert damit gleich seine Philosophie.
Die Anprobe ist wichtig
Das Vertriebssystem Schuhbus scheint zu funktionieren. «Früher hatten wir 60 Prozent Rücklaufquote», weist Kneuss auf das Problem hin, das entsteht, wenn der Schuh aus dem Prospekt gekauft wird. Er musste sich auf diese Erkenntnis hin etwas überlegen, um diese Quote zu senken, denn rund um das Zurücksenden entsteht verständlicherweise viel administrativer Aufwand, der keinen direkten Gewinn abwirft. «Heute mit dem Schuhbus sind es gerade noch ein Prozent der verkauften Schuhe, welche dem Käufer nicht passen.»
Dadurch, dass man sich beim Kauf von Sicherheitsschuhen oft zu wenig Zeit nimmt, entsteht fälschlicherweise die Meinung, diese seien klobig und unbequem. «Und das darf natürlich nicht sein, bei einem Schuh, den man während acht oder neun Stunden am Tag trägt», warnt der Spezialist vor unüberlegten Spontankäufen.
Das Unternehmen von Mario Kneuss ist mit elf Bussen das ganze Jahr in der Schweiz unterwegs. Es stehen ihm 180 verschiedene Modelle zur Verfügung. Im grössten Bus, einem Gelenkbus, haben 3500 Paar Schuhe platz, und zwei Personen können im mobilen Schuhladen 25 Kunden beraten.
Die Qual der Wahl
Von leichten Turnschuhen über elegante Halbschuhe bis hin zu bodenständigen Lederstiefeln im Militärlook sind heute Sicherheitsschuhe in sämtlichen Stilrichtungen erhältlich. Beim Entscheid, welcher der Richtige ist, spielt die Tätigkeit eine grosse Rolle: Wer viel in der Werkstatt arbeitet, dem dürfte ein leichter Schuh genügen. Auf dem Bau wiederum ist eine durchtrittsichere Sohle üblich. Für die Durchtrittsicherheit ist in der Sohle eine Keflarmatte eingearbeitet – oft auch Stahl. Stahl ist schwerer, wird deshalb meist nicht ganzflächig verwendet, was Durchstiche am Rand wahrscheinlicher macht. Keflar hingegen ist leichter, aber aufgrund der gewebten Strukturen nicht immer wirksam gegen dünne Nägel.
Arbeitsort bestimmt die Eigenschaften
Eine Sohle aus Gummi ist für Parkettleger nicht vorteilhaft, weil sie beim Arbeiten am Boden dunkle Striemen hinterlassen. Für diesen Berufsstand muss auf anderes Sohlenmaterial ausgewichen werden, auf eines, das nicht abfärbt. Werkstattschreinern dürfte eine solide Staublasche manchen Ärger ersparen. Und im Spritzraum trägt man mit Vorteil antistatische Schuhe, um Funkenbildung zu vermeiden. Wer viel im Aussenbereich unterwegs ist, für den sind Reflektoren unter Umständen lebenswichtig, und wer viel ölt, der sollte sich Sohlen zulegen, die Rutschsicherheit ebenfalls auf Öl garantieren.
Von der Stahl- zur Kunststoffkappe
Sicherheitsschuhe werden immer noch gerne über das Material der «Stahlkappe» definiert. Immer mehr setzen sich dabei die Kunststoffkappen gegenüber Stahl- oder Aluminiumkappen durch.
Aber aufgepasst! Gerade Kunststoffkappen können Risse bilden, nachdem sie zu stark beansprucht worden sind. Um den Anforderungen zu genügen, bestehen diese Kappen nämlich aus Kompositwerkstoffen in recht hohen Materialstärken.
Wenn es darum geht, elegante Schuhe zu fertigen, so verwendet man auch heute noch Stahl für die Zehenkappe. Der lässt sich schöner formen und zu hochwertigen Schuhen verarbeiten. Will man Gewicht einsparen, empfiehlt sich Aluminium.
Doch egal, um welches Material es sich bei den Kappen handelt – wichtig für den Tragekomfort ist, dass die Kanten richtig gepolstert sind.
Ein Schuh für den Schreiner?
Auf die Frage, welcher Schuh denn nun für Schreiner besonders geeignet sei, meint Mario Kneuss vom Schuhbus: «Ein Sicherheitsschuh alleine reicht nicht. Im Sommer benötigt es ein Modell mit guter Sohlenlüftung, im Winter dagegen würde ich die Gore-Tex-Membran empfehlen, um der Schweissbildung und damit unterkühlten Füssen vorzubeugen.» MW
Sicherheitsklassen
Für jede Arbeit
den passenden Schuh
In Deutschland gibt es Tabellen, die vorschreiben, für welche Arbeit welcher Schuh geeignet ist. In der Schweiz besteht die Meinung, dass dies zu -Fahrlässigkeit verleite. Man verlässt sich auf die Normen und überlässt die -Empfehlung dem Fachhandel. Je nach Anforderungen der Prüfnorm wird -unterschieden in Sicherheitsschuhe, Schutzschuhe und Berufsschuhe. Von diesen Klassierungen werden Sicherheitsschuhe gemäss EN ISO 20345 am strengsten geprüft. Ihre Stahl-, Kunststoff- oder Aluminiumkappen müssen einer Belastung von 200 J standhalten.
Die Norm im Überblick:
SB: Grundanforderungen werden erfüllt.
S1: Geschlossener Fersenbereich, antistatisch, Energieaufnahme-vermögen im Fersenbereich.
S2: Wie S1, zusätzlich Wasserdurchtrittsicherheit.
S3: wie S2, zusätzlich Durchtritt-sicherheit, profilierte Laufsohle.
S4: Antistatik, Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich.
S5: Zusätzlich Durchtrittsicherheit, profilierte Laufsohle.
Zusätzlich zu den Kategorien können Symbolzeichnungen vorkommen. Oft sieht man ein «P» (Durchtrittsicherheit) in Kombination mit «S1». Mit diesem Zusatz ist auch ein« S1»-geprüfter Schuh durchtrittsicher.
Ebenfalls ein Kriterium ist die Klassifizierung. «Klasse I» bezeichnet Schuhe aus Leder und anderen Materialien, aus-ser im Ganzen geformte oder vulkanisierte Schuhe.
Die «Klasse II» bezeichnet im Ganzen geformte oder vulkanisierte Schuhe (zum Beispiel Gummi-, PUR- oder PVC-Stiefel).
Veröffentlichung: 10. November 2011 / Ausgabe 45/2011
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