Schlanke Verbindungen

Korpusverbinder unterschiedlicher Konstruktion sorgen dafür, dass alles zusammenhält. Illustration: Lamello AG

Korpusverbinder.  Der Einsatz von Korpusverbindern kann die Effizienz beim Zusammenbau steigern und es ermöglichen, das Möbel mehrmals ohne Qualitätseinbusse in Einzelteile zu zerlegen. Auch wer auf Nesting setzt, kommt in der Regel nicht um das Thema herum.

«Ein Korpus bezeichnet im Möbelbau die tragenden Teile ohne den Unterbau eines Möbels», so einfach und simpel ist es auf Wikipedia nachzulesen. Doch bei der Produktion kann sich eine zusätzliche Überlegung lohnen. Zentral ist dabei das Thema der Eckverbindung. Stets stellt sich die Frage, wie die Möbelseiten auf ideale Weise mit Boden und Deckel verbunden werden und wo der Zusammenbau der Elemente erfolgt, ob in der Werkstatt oder auf der Baustelle. Bei dieser Thematik kommen Korpusverbinder rasch ins Gespräch. «Verbinder bringen durch ihre Einfachheit bei Planung, Produktion, Zusammenbau und Montage mehr Sicherheit und Effizienz in den gesamten Prozess», sagt Oliver Borst, Leiter Marketing und Verkauf Handel bei der Häfele Schweiz AG in Kreuzlingen TG. Häfele hat verschiedenste Verbindungsbeschläge im Angebot, welche durch den international tätigen Konzern teilweise auch selbst entwickelt wurden. Verbindungsbeschläge bieten einige generelle Vorteile gegenüber einer gedübelten oder einer geschraubten Verbindung:

  • Stabile, passgenaue und wiederlösbare Verbindung: Anders als Schrauben, welche beim Lösen und erneuten Eindrehen rasch den Halt im Plattenmaterial verlieren, lassen sich Korpusverbinder je nach Modell mehrmals lösen und neu verbinden, ohne Qualitätsverlust bei Passgenauigkeit und Spannkraft. Dies kann für den Kunden einen grossen Vorteil darstellen, denn Möbel lassen sich auf diese Weise einfach ab- und erneut aufbauen, etwa wenn umgezogen oder neu eingerichtet wird.
  • Von aussen unsichtbar: Korpusverbinder sind von der Aussenseite des Möbel- elements unsichtbar, und integrierte Sichtseiten lassen sich auf einfache Weise ausführen, ein Dübeln und Ver- leimen oder der Einsatz von anderen Verbindungsbeschlägen erübrigt sich. Hier resultiert eine Kosteneinsparung durch weniger Material und Arbeit.
  • Endlosbauweise: Vor allem im Bereich Schränke ist das Prinzip der Endlos- bauweise attraktiv. Statt Einzelelemente zu fertigen und diese aneinanderzu- reihen, werden Mittel- und Abschluss- seiten eingesetzt. Die Ersparnis an Material und Arbeit ist auch hier der Grundgedanke.
  • Einfachheit, Standardisierung, Flexibilität und hohe Prozesssicherheit: Wer schon einmal ein Möbel mit Korpusverbindern aufgebaut hat, weiss, dass der Zusammen- bau meist problemlos funktioniert und die Verbindung sehr gut passt. Die Feh- lerquellen sind minimiert, weil der Verbinder unmissverständlich vorgibt, wie die Teile zusammenkommen. Dieser Effekt lässt sich von der Planung über die Fertigung bis hin zu Lieferung und Montage erweitern. Je nach Auslastung der Produktion oder Zugänglichkeit vor Ort kann der Zusammenbau der Korpusse wahlweise im Betrieb oder mit Einzelteilen auf der Baustelle vorge- nommen werden.
  • Kosteneinsparung: Auch wenn Korpus- verbinder bei den Materialkosten meist teurer sind als Schrauben und Dübel, im gesamten Prozess rechnet sich der Ein- satz dieser Beschläge. Die Zeiteinsparung bei Handling, Zusammenbau, Transport und Montage fällt meist deutlich stärker ins Gewicht.

Die Qual der Wahl

Am Markt gibt es viele Korpusverbinder, doch welcher ist der passende für die eigenen Ansprüche und Anwendungen? Meist lohnt es sich, Musterbeschläge zu beschaffen und eigene Tests zu machen, bis die optimale Lösung gefunden ist. «Grundsätzlich gilt: Je cleverer der Möbelverbinder, desto einfacher die Möbelfertigung», sagt Oliver Borst. Mögliche Kriterien, welche die Wahl beeinflussen können, sind:

  • Je nach Designanspruch muss der Verbinder im eingebauten Zustand ein unauffälliges und dezentes Erscheinungsbild haben, und die Farbe beziehungsweise die Oberfläche muss passen.
  • Einfachheit im gesamten Prozess von der Planung bis zur Montage, um Fehler bei den einzelnen Arbeitsschritten zu vermeiden.
  • Vielseitigkeit in der Anwendung, mit dem Ziel, einen Verbinder für möglichst alle Anwendungen nutzen zu können.
  • Hohe Qualität des Verbinders, damit sich dieser mehrmals lösen und wieder zusammenziehen lässt.
  • Bei den Kosten gilt es, neben dem Preis für den Beschlag die Effizienzsteigerung im Prozess zu beachten. Einem direkten Vergleich mit Schraube und Riffeldübel halten die meisten Verbinder kosten- mässig nicht stand. Aber die Einsparung an Arbeitszeit und die generelle Steige- rung der Effizienz fällt oft mehr ins Gewicht als der geringe Mehrpreis für das Einzelteil.
  • Der Verbinder muss zu den Möglich- keiten in der Produktion passen, die Verarbeitung mit den eigenen Maschi- nen muss auf effiziente Weise gelingen. Hier ist primär das Einfräsen an einer CNC-Maschine wichtig oder auch bei- spielsweise die werkzeuglose Montage an den Einzelteilen.

Ideal für Nestingverfahren?

Es gilt, die eigenen Anforderungen an einen Verbindungsbeschlag zu definieren. Generell ist es so, dass die meisten Produkte für den Einbau Flächen- sowie Stirnbearbeitungen an Seiten sowie an Boden und Deckel des Möbelelements benötigen. Bei der konventionellen CNC-Fertigung stellen diese Bearbeitungsarten kein Hindernis dar, stirnseitige Bohrungen für Dübel sind üblich, die Maschinen sind dafür ausgelegt. Wer jedoch mit der Nestingtechnik arbeiten will, muss ein besonderes Augenmerk auf die Wahl des Korpusverbinders legen, denn der passende Verbinder ist eine zentrale Angelegenheit. Nesting vereint Zuschnitt und CNC-Bearbeitung in einem (siehe auch SZ 15/24 vom 11. April). «Wer mit dem Gedanken spielt, im Nestingverfahren zu produzieren, muss alle Details und Prozesse anschauen. Vieles davon muss angepasst werden. Zentrales Thema dabei ist der passende Korpusverbinder», sagt René Wetzstein, Geschäftsführer der RWDM GmbH. Die Firma aus Fahrwangen AG ist im Datenmanagement und in der Entwicklung von Beschlägen für Schreinereien tätig.

Die Effizienz darf nicht leiden

Nesting ist für die Flächenbearbeitung sehr gut geeignet. Teile können beliebig ineinander verschachtelt werden, Platten lassen sich auftrennen und mit Bohrungen und Fräsungen versehen. Bei der Kantenbearbeitung sind die Möglichkeiten etwas eingeschränkt oder nicht effizient. Die klassische Verbindungsart mit Dübeln, die bei der CNC-Fertigung oft zum Einsatz kommt, ist bei Nesting nur mit einem speziell schlanken Winkelaggregat möglich. Damit dieses zwischen den Werkteilen zum Einsatz gelangen kann, wird der nötige Platz zwischen den Werkteilen zuerst freigefräst. Darunter leidet die Effizienz, und der Materialverlust ist ebenfalls höher. Natürlich könnten Stirnbohrungen auch mittels Umrüsten auf Sauger oder auf einer separaten Anlage erstellt werden. So oder so resultiert aber immer eine Minderung der Effizienz. «Wer Nesting einsetzt, darf die Stärken und Vorteile im Prozess nicht anderswo wieder verspielen», betont Wetzstein. Der Einsatz von Korpusverbindern ist also erstens technisch gesehen oft ideal und zweitens auch für Zusammenbau und Montage meist die beste Lösung.

Bei der Wahl des Verbinders gilt es zu beachten, dass dieser sich ausschliesslich mittels Flächenbearbeitungen einbauen lässt. Hier beschränkt sich die Auswahl am Markt auf wenige Modelle, welche geeignet sind (eine Auswahl findet sich nebenstehend). «Namhafte Hersteller von Nestinganlagen haben bereits viel Erfahrung gesammelt, teils auch in anderen Märkten, und kennen die wichtigsten Faktoren», sagt Wetzstein.

Roland Wildi

Veröffentlichung: 18. Juli 2024 / Ausgabe 29-30/2024

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