Raumgliederung durch Stauraum

Bild: Alpnach Norm Schrankelemente AG

Raumtrenner.  Schränke sind nicht dazu verdammt, an der Wand zu stehen. Gut positioniert, können die «Stauräume» selbst grosse Säle nutzbringend unterteilen. Beispiele verschiedener Hersteller zeigen das Potenzial auf und machen klar, auf was dabei zu achten ist.

Schränke dienen der Aufbewahrung von Gegenständen, die man besitzt, in bestimmten Situationen braucht, aber nicht permanent im Blick haben möchte. Sie lassen praktische Inneneinteilungen und Vorrichtungen zu, die ein optisch unschönes, verdichtetes Lagern erlauben, die den Inhalt zudem schützen. Diese nüchterne Betrachtung weist darauf hin, dass ein solcher «Lagerraum» eher unauffällig sein sollte, damit das Zimmer, in dem er steht, nicht unnötig optisch belastet wird.

Die neue Leere wirkt nicht

Wie vermögend ein Haushalt war, konnte früher auch an der aufwendigen Verarbeitung der Schränke abgelesen werden, weil sie im Raum oft etwas monumental in Szene gesetzt wurden. Das kommt heute zwar auch noch vor, doch der Bedarf an Stauraum ist ungleich grösser geworden. Moderne Einrichtungen spielen zudem mit grossen, offenen Räumen, deren Wirkung durch nichts Störendes beeinträchtigt werden soll – der Stauraum wird somit als Einbauschrank in die Wand verlegt und ist als solcher oft nur durch die Fugenanordnung in der Front erkennbar. Grosse, freie Räume haben allerdings auch unangenehme Eigenschaften. Eine leere Weite in der freien Natur ist nie wirklich leer, da unendlich viele kleine und kleinste Dinge darin vorkommen. Ein grosser leerer Raum hat das nicht. Das Mass der Dinge ist der Mensch, der sich darin aufhält. Was am Boden steht und in der Grösse auf diesen Menschen abgestimmt ist oder was einfach natürlichen Proportionen entspricht, verbessert den Wohlfühleffekt.

Nur füllen hilft nicht

Monotonie in der Möblierung vermittelt allerdings immer noch Leere. Sind beispielsweise in einem grossen Speisesaal nur Tische und Stühle – womöglich noch linear zueinander – aufgestellt, wird sich kaum jemand darin wohlfühlen. Und selbst eine starke Deckenstruktur wird daran kaum etwas ändern. Erst wenn mindestens brüstungshohe Trennwände den Raum in einzelne Bereiche unterteilen, schafft das ein Gefühl von Sicherheit.

Setzt man statt solcher Wände Schränke ein – selbst in der gleichen niedrigen Höhe – lässt sich dieses Gefühl nochmals deutlich steigern. Da immer noch die ganze Decke sichtbar ist, bleibt die Raumgrösse aber im vollen Bewusstsein. Das gilt auch, wenn die Schränke zwar höher sind, aber noch genügend Entfernung zur Decke haben. Solche Gliederungen verhelfen im Gastrobereich vielen Lokalen zu einem Ambiente, das den eigentlichen, oft unattraktiven Raum erst gar nicht ins Bewusstsein holt und sogar gleichzeitig noch die Akustik verbessert. Weil niedere Korpusse durchaus auch Rollen haben können, bleiben solche Säle weiterhin multifunktional.

Gliederung von Funktionszonen

Grossraumbüros gliedern sich fast ausschliesslich mit Ordnerschränken und – wo diese fehlen – mit Akustikwänden, wodurch auch ein Minimum an Rückzug ermöglicht wird. Wie sieht das aber im Wohnen aus? Wo können Schränke raumgliedernd individuelle Wünsche ermöglichen?

Ganz klar in Lofts, denn das sind umfunktionierte Produktionshallen mit nur minimaler Wohnungsstruktur. Doch auch in Neubauwohnungen kommt nach der Eingangstür gerne einfach ein grosser Raum mit einer Küche im Randbereich, grosser Fensterfront zur Terrasse und einigen Türen, die in andere Zimmer führen.

Fehlende Privatsphäre

«Bei einem unserer Kunden wäre jeder Besucher quasi schon im Wohnzimmer gestanden, wenn die Wohnungstür geöffnet wurde, da ihr gegenüber die Polstergruppe geplant war», sagt Christoph Rogger von der Alpnach Norm Schrankelemente AG in Alpnach Dorf OW. Ohne dem Raum die Grösse zu nehmen, sollte ein Eingangsbereich mit Garderobe geschaffen werden, wozu ein fast freistehender, nicht allzu hoher Schrank gewählt wurde.

Das Bild auf Seite 8 oben zeigt das Resultat: Mit einer offenen Garderobe und Stauraum auf der einen Seite bietet der ausgeführte Schrank auf seiner Rückseite Platz für die Unterhaltungselektronik sowie mehrere Schubladen. Der dunkle Kubus sollte im Raum wirken, und die zentrale Position der Schrankseite ermöglichte es zudem, die Bedienelemente der Raumtechnik optimaler zu positionieren. Der Korpus selbst hat eine normale Schranktiefe mit zweiseitig wechselndem Zugriff.

In der praktisch gleichen Situation bei einem anderen Kunden wurde ein raumhoher Korpus mit doppelter Tiefe eingebaut, der durch den Deckenanschluss den Raum deutlich stärker unterteilt. Dekorelement im sonst weissen Grundkorpus ist der Schubladenkorpus mit durchlaufendem Furnierbild auf der Esszimmerseite.

Eine Schutzwand beim Schlafen

Nicht jeder mag in einem grossen Raum schlafen, auch soll der Ruhebereich darin möglichst viel Entspannung bieten, was zur Folge hat, dass der Schrank- und Ankleidebereich nicht vom Bett aus überblickt werden muss. Eine Grundvoraussetzung für einen entspannten Schlaf ist, dass hinter dem Kopfhaupt des Betts eine Wand ist. Das vermittelt Sicherheit.

Laut Christoph Rogger kann diese Wand natürlich auch ein Schrank sein, denn so lasse sich das Bett optimal positionieren – beispielsweise mit Blick durch eine grosse Fensterfront ins Freie. Bei einem solchen Projekt wurde durch genügend Abstand zwischen Schrankoberkante und Zimmerdecke sowie die Verspiegelung der gesamten Schranktürfront erreicht, dass der entstandene Gang vor dem Schrank zum Badezimmerdurchgang hin hell und grosszügig wirkt. Ein eigentlicher Raum im Raum entstand auch bei einer anderen Kopfhauptlösung mit einem barhohen Korpus, der das Licht vom Fenster am Fussende des Bettes in den Schrank- und Ankleidebereich lässt.

Mit zweiseitigem Zugriff

Ein recht langer Raum mit Eingangstür und Badezimmertür auf der gleichen Seite sollte von der Rüttimann AG im luzernischen Willisau in ein Schlafzimmer verwandelt werden. Mit einem grösstenteils beidseitig bedienbaren Schrank wurde das Zimmer in zwei Räume unterteilt, die durch die bauliche Situation sogar eigene Fenster und somit Tageslicht haben.

«Bei der Innenaufteilung wurde darauf geachtet, dass der Zugriff auf die relevanten Kleidungsteile auf der jeweiligen Seite möglich ist», sagt Projektleiter Martin Koch. Das berücksichtigt, ob man, aus dem Badezimmer kommend, Wäsche braucht oder im Ankleideraum, wo noch ein weiterer Einbauschrank steht, sich stadtfein machen will. Der Planung dieser Schrank-Innenausstattung musste sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt und der Kunde musste stark mit einbezogen werden. Nur so konnte der funktionelle Ablauf optimal gelöst werden.

Der Raum dahinter

Sonst kennt man das vor allem von Schränken in Dachschrägen, hinter denen ein nutzbarer Stauraum geschaffen wird, der dann allerdings durch die Deckenneigung stark an Höhe einbüsst. Martin Koch erzählt von einem Auftrag, bei dem ein Wandschrank so aufgestellt wurde, dass er einen Eingangskorridor in das Zimmer bildet und einen grossen Abstand zu der dahinterliegenden Wand aufweist. Dieser so entstandene Raum ist ein voll ausgestatteter Ankleideraum, dessen Schiebetür von innen verspiegelt ist und dessen Eingangsfront optisch den Zimmerwänden entspricht. So lassen sich unterschiedliche Stauraumbereiche klar trennen, was beispielsweise auch mit einer Speisekammer hinter einem Haushaltsschrank durchaus Sinn machen könnte.

Noch etwas spezieller ist es, wenn man durch die Türen des vorgelagerten Schrankes in den dahinterliegenden, von aussen nicht erkennbaren Raum gelangt. Bei der Planung solcher begehbaren Schränke muss die Sockelsituation beachtet werden. Schliesslich soll die Frontoptik durchgängig gleich sein, und der Durchgang soll gut begehbar sein.

Die Stauraumwand

«Wir haben auch schon ganze Büroetagen mit Schränken so unterteilt, dass diese eigentliche Trennwände mit Durchgangstüren und Oberlichtern bildeten», sagt Marco Föhn von der MAB Möbelfabrik Betschart AG in Muotathal SZ. Die besondere Herausforderung ist es in solchen Fällen, dass auch Brandschutzvorschriften eine wichtige Rolle spielen und die Planung gesamthaft mit dem Türenhersteller auf diese besonderen Anforderungen abgestimmt werden muss. Der gewonnene Nutzen spricht dann allerdings für sich: Dieser Stauraum in der Wandanlage kann von Ordnerreihen bis zur Kaffeemaschine alles aufnehmen und sorgt mit seiner Befüllung bereits für eine gute Schalldämmung.

Beachten sollte man zudem, dass auch nicht fest eingebaute Schränke Einrichtungsfantasien erfüllen können.

www.alpnachnorm.chwww.schrank.chwww.mab-moebel.ch

ab

Veröffentlichung: 21. Dezember 2017 / Ausgabe 51-52/2017

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