Wie gemacht für feste Verbindungen

Eingegratete Betonfüsse aus eigener Fertigung tragen das Bett Hopi von Schreiner Manuel Lienhard. Bild: Manu-ell GmbH

Beton.  Es kommt darauf an, was man daraus macht. Der Werbeslogan für Beton aus den 1980er-Jahren trifft den Nagel auf den Kopf. Auch Schreiner tüfteln an und mit der Giessmasse für ihre Arbeiten und setzen Beton gekonnt für das besondere Erscheinungsbild ein.

Inzwischen gibt es einen Lernenden in der Dade Design AG. Sein Ziel: das EFZ als Betonwerker zu erlangen. «Schweizweit gibt es nur 10 bis 15 Betonwerker», erklärt Nadine Moser, CEO des auf Betondesign spezialisierten Betriebs in Altstätten SG, nicht ohne Stolz. Vor gut 15 Jahren ging es los mit dem Giessen von Beton in Formen. Andreas Keel, Gründer von Dade Design, hatte zunächst eine Badewanne im Sinn. Das Originalstück heisst Wave und hatte einen breiten, schwarzen Streifen in der Längsachse der zwei Hälften. Man wollte damit die zwei schweren Hälften erst auf der Baustelle verbinden. Wenngleich dies nie zum Einsatz kam, wurde es doch eine Art Markenzeichen, mit dem es die Wanne sogar ins Museum für zeitgenössische Kunst in Barcelona geschafft hat.

Werksleiter Ralph Siebenthal war von Anfang an dabei und brachte als Bauunternehmer das Know-how beim Betonieren ein. Trotzdem habe man einiges an Lehrgeld bezahlen müssen. «Der Unterschied zwischen Beton im Bauwesen und Beton im Interieur und für Möbel ist die Qualität des Betons. Alles ist viel feiner, genauer und hochwertiger», sagt Siebenthal. Gut 15 Jahre später gibt es einen Azubi, eine Kollektion, eine ganze Palette an Referenzen und ein Team, das weiss, wie es geht. «Wir arbeiten im Toleranzbereich eines Millimeters», sagt Moser.

Quereinsteigen ist normal

Auch Schreiner Manuel Lienhard aus Luzern hat sich dem Beton angenähert. Ein wenig auch aus der Not heraus. Denn: Sein Bettentwurf Hopi sollte von Füssen aus Stein getragen werden, einfach gesteckt, Holz mit Stein in kluger Verbindung. «Die Idee kam mir beim Bau einer Trockensteinmauer. Dort werden die Steine miteinander verkeilt. Mit dem Massivholz zusammen ergab sich die Idee des Betts, bei dem der Steinfuss mit dem Holzrahmen keilförmig verbunden ist», erklärt Lienhard.

Schnell wurde klar, dass ein Stein, besser gesagt vier Steine in dieser durchaus anspruchsvollen Form behauen, aufwendig und teuer werden würde. Hopi sollte Bestandteil der Kollektion seines Labels Manu-ell werden, weshalb der Preis eine Rolle spielte.

Die logische Konsequenz war deshalb, den Stein selbst zu giessen. «Eine Form aus Schaltafeln zu bauen mit den verschiedenen und abgesetzten Winkeln, war ganz schön zeitintensiv», erinnert sich Lienhard.

Das Prozedere funktionierte, auch wenn es einige Fehlgüsse mit dem Beton gab. Schliesslich muss man auch etwas probieren, wenn man den Beton selbst mischt. Etwa einen etwas höheren Zementanteil und kleine Korngrössen für ein feines Material. «Anfangs habe ich die Füsse armiert, jedoch war mir dies immer ein Dorn im Auge, da ich ja möglichst nahe am Stein sein wollte, also ohne Metall oder Glasfasern», sagt der Schreiner.

Die Lösung war schliesslich eine Fertigmischung des Betons, von denen es zahlreiche Produkte am Markt gibt. Die Hersteller helfen mit ihren technischen Beratern, eine Lösung im konkreten Fall zu finden, und ausserdem könne man im Gespräch mit den Anwendungsfachleuten auch einiges an Wissen abholen. Die Füsse vom Bett Hopi sind heute aus einer Fertigmischung mit kleiner Korngrösse und werden in erneuerten Formen aus beschichtetem Sperrholz vom Schreiner gegossen.

Ausprobieren, vom Ergebnis lernen und es verbessern – so arbeitet Manuel Lienhard am liebsten. Ein Lehrbuch zum Thema hat er nie angesehen.

Rezepte für den richtigen Guss

Je nach Einsatzbereich und der gewünschten Form können die Ansprüche an Beton auch für den Einsatz im Innenbereich recht unterschiedlich ausfallen. Etwa wenn die Dimensionierung gering, aber die Beanspruchung hoch ist.

Der Rezeptur einer Mischung kommt deshalb besondere Bedeutung zu. In der Regel sind dies gut gehütete Betriebsgeheimnisse. So einfach die grundsätzliche Zubereitung eines Betons ist, so entscheidend sind geringe Abweichungen bei den Zuschlagsstoffen und der Art der eingesetzten Komponenten.

Bei Dade Design kommt der wichtigste Zuschlagsstoff als eher kleinkörniger und kantiger Flusskies aus dem Rheintal vor Ort. Auch Chemikalien werden zur Mischung gegeben, damit der Beton die richtigen Fliesseigenschaften erhält und die Oberfläche am Ende so wird, wie man sie möchte, nämlich glatt und ohne Unregelmässigkeiten. 30 Millimeter Stärke braucht es, damit mit Stahl armiert werden kann. Dünne Platten werden mit Fasern oder Kunststoffgittern armiert. Die dünnsten Platten etwa zum Verkleiden sind 15 Millimeter stark.

In den letzten Jahren hat Dade Design die Idee eines Betons mit Terrazzo-Optik aufgegriffen. Die Mischung des natürlich wirkenden Materials wird entsprechend modifiziert, damit die Steine sich der Schwerkraft folgend in der Form ablagern. Gegossen wird deshalb immer gestürzt auf dem Kopf und dann geschliffen, besser gesagt mittels Diamantwerkzeug auf der CNC-Maschine beim Steinmetz gefräst. Acht Millimeter sind dies in der Regel, bevor fein geschliffen wird.

Gemischt wird bei Dade Design prinzipiell alles selbst, und auch die Formen werden im Unternehmen gebaut. Einfache Formen sind aus Holz, meist für einmalige Anwendungen. Formen für Serienprodukte sind eher aus Kunststoff gefertigt. Für die Umsetzung grösserer Freiformen steht eine CNC-Maschine zur Benutzung zur Verfügung. Meist werden solche Formen dann aus geschäumten Materialien hergestellt. Die innere Oberfläche der Formen wird gespachtelt und so fein geschliffen und gearbeitet, wie die Ansprüche an das gegossene Stück sind. In der Regel sind diese sehr hoch, etwa für eine Badewanne, einen Waschtisch oder auch eine Küchenabdeckung. «Die Qualität einer Betonarbeit erkennt man auch an den nicht vorhandenen Fehlstellen», erklärt Moser. Man arbeite auf den Millimeter genau, was gerade in der Kooperation mit Schreinern wichtig ist. Nicht zuletzt deshalb ist inzwischen die Liste der Schreinereien, Küchen- und Badezimmermacher angewachsen.

Das Finish ist entscheidend

Eine Besonderheit, die Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist die Herstellung und Verwendung eines Pflanzenkohle-Betons, wie er bei Dade Design für eine Waschbecken-Serie verwendet wird. Der Beton ist durch die Zugabe von Pflanzenkohle dunkel gefärbt und entfernt sich dadurch vom typischen Betoneindruck.

Das Durchfärben mittels Zugabe von Pigmenten ist generell eine gängige Methode, um dem Beton ein farbiges Antlitz zu geben. An den technischen Eigenschaften soll sich durch Farbpigmentierung nichts ändern.

Alle Betonteile brauchen einen Schutzmantel, wenn sie beansprucht werden und schön bleiben sollen. «Es ist eine Herausforderung, die Oberfläche des Betons so zu behandeln, dass diese gleich haltbar ist wie der Beton selbst», sagt Moser. Auf rohem Beton hat man in der Küche sonst schnell Flecken und Ringe durch das Abstellen von Flaschen. Geschützt durch eine Versiegelung auf Wasserbasis hält die Betonoberfläche vielem stand, was oft zum Einsatz kommt. Von Curry bis Zahnpasta und von Rasierwasser bis Zitrone hat man Belastungen getestet. Gegen Schnitte auf Beton ist keine Beschichtung gewappnet. Damit der Beton schön bleibt, empfiehlt Dade Design in der Küche deshalb den Einsatz eines Unterbau-Spülbeckens, da das Becken in der Küche besonders beansprucht wird. Eine Rezeptur für einen solchen Beton wurde wohl bislang noch nicht entdeckt.

www.dade-design.comwww.manu-ell.ch

Was ist Beton?

«Stein aus Menschenhand»

So nennt Autor Heinz-Otto Lamprecht in seinem Buch über den römischen Beton den Werkstoff Beton. Tatsächlich kommt es auch ohne menschliches Zutun zur Gesteinsbildung mit einem Ergebnis ähnlich dem Beton. Das Gestein nennt man Nagelfluh, das zum Beispiel in der Bodenseeregion vorkommt.

Beton ist kein einheitliches Material, vielmehr eine wachsende Familie. Hergestellt wird der Stein aus Menschenhand durch Mischung der drei Komponenten Bindemittel, Gesteinskörnungen und Wasser. Als Bindemittel dient in der Regel Zement. Dieser entsteht aus einem Gemisch aus Ton und Lehm, das über die sogenannte Sintergrenze hinaus gebrannt und dann gemahlen wird.

Wird Wasser hinzugefügt, bindet der Zement in einer chemischen Reaktion ab und bildet den Betonstein. Üblicherweise wird als Zuschlagstoff Sand oder Kies beigefügt. Die Gesteinskörnungen verleihen dem Beton Volumen und Druckfestigkeit. Sand und gröberes Gestein wie Splitt, Schotter oder Kiesel sind der Hauptbestandteil von Beton. Auch Fasern können beigemischt werden.

Es gibt verschiedene Zementarten mit unterschiedlichen Eigenschaften. Etwa der Portlandzement oder der Kompositzement. Auch in geringen Mengen zugegebene Zusätze verändern die Eigenschaften des Betons. Flug- asche, Verflüssiger, Silikatstaub oder Fliessmittel gehören dazu. Schliesslich wird Beton armiert, dadurch erhält er Zugfestigkeit. Als Armierung dient in erster Linie Stahl, der in die Struktur eingebettet wird. Aber auch Glasfasern und andere zugfeste Materialien werden in Beton verwendet.

Der Unterschied von Beton und Mörtel ist stets die enthaltene Gesteinskörnung. Die Korngrösse im Mörtel ist viel feiner. Allerdings gibt es auch speziellen Mörtel, der nicht unbedingt Zement enthalten muss. Vereinfacht ausgedrückt ist trotzdem richtig: Mörtel ist feiner Beton.

Die wurzeln von Beton

Ein etwas verkanntes Material

Sie gilt als die Mutter aller Betonarbeiten. Die Kuppel des Pantheons in Rom. Inzwischen stolze 1900 Jahre alt, war die freitragende Kuppel des Bauwerkes die längste Zeit auch die weltweit grösste aus Beton. Sie ist noch mächtiger als die der Hagia Sofia oder die Kuppel des Petersdoms. Ein Unikum und ein eindrückliches Zeugnis, was aus Beton machbar ist.

Die Baumeister der Antike kannten Beton, besser gesagt eine besondere Form davon, nämlich den später als römischen Beton bezeichneten Werkstoff. Die Besonderheit entsteht durch die Beimischung von Puzzolanen. Diese Zuschlagsstoffe aus Vulkanasche bilden einen besonderen «Zement». Viele Bauwerke zeugen noch heute von den herausragenden Eigenschaften und brachten die Baumeister damals in die Lage, etwa Brückenfundamente zu betonieren, da der römische Beton unter Wasser aushärtete.

Aber auch in jüngerer Zeit gab es besondere Betonarten. Bei einer Betrachtung von Mörtelproben des Taj Mahals unter dem Elektronenmikroskop entdeckte man allerhand organische Füllstoffe. Verschiedene Fasern und organische Bestandteile bis hin zu Zuckerkristallen fanden die Wissenschaftler in den Fugen des Meisterwerkes indo-islamischer Baukunst.

Christian Härtel, CH

Veröffentlichung: 06. Februar 2025 / Ausgabe 6/2025

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