Raffinierter als der Standard
Beim Schwenksystem «HorizonPlus» von Hettich brauchen die Türen nur wenig Platz in der Tiefe. Bild: Hettich
Beim Schwenksystem «HorizonPlus» von Hettich brauchen die Türen nur wenig Platz in der Tiefe. Bild: Hettich
Drehen und Schwenken. Seit jeher versuchen Schreiner, auf ihre Kunden zugeschnittene, optimierte Funktionen anzubieten und sich so besonders zu profilieren. Der Einsatz geeigneter Beschläge kann dabei enorm hilfreich sein, wenn man weiss, was überhaupt wo erhältlich ist.
Stauraum ist etwas, womit sich wohl die meisten Schreiner in irgendeiner Form befassen müssen. Wenn es sich nicht nur um eine Transportschachtel handelt, geht es meistens um fix eingebaute oder mobile Korpusmöbel mit einer Verschlussmöglichkeit. Dinge möchte man gerne haben und auch sicher aufbewahren, sie sollen gut zugänglich, aber dennoch nicht sichtbar sein.
Alles, was verräumt wird, benötigt dauerhaft Platz, wodurch der vorhandene Raum eingeschränkt wird. Der Verschluss wie beispielsweise eine Schranktür braucht nochmals zusätzlichen Raum beim Öffnen. Beim Planen von Stauraum müssen somit nicht nur das Volumen und die Struktur des Aufbewahrungsortes berücksichtigt werden, sondern auch die Konsequenzen, wenn etwas hervorgeholt werden soll. Weiss man um die Gewohnheiten eines Kunden und darum, wo wann welcher Platz zur Verfügung steht, kann entsprechend eine raffinierte Lösung gesucht werden.
Wirklich gute Lösungen müssen nicht unbedingt viel komplizierter sein als der Standard. Die für den Kunden angenehme Bedienbarkeit wird auch die Arbeit des Schreiners dauerhaft in ein positives Licht stellen, ohne dass der vielleicht geleistete Mehraufwand später noch eine Rolle spielt.
Nur, wie findet man Beschläge, die mehr als den Standard ermöglichen? Die SchreinerZeitung hat stellvertretend bei zwei Beschlägeprofis nachgefragt. Die Koch Group AG aus St. Gallen und die Opo Oeschger AG aus Kloten haben zum Thema «Drehen und Schwenken» die folgenden besonderen Lösungen vorgeschlagen.
Mit der Parallelogramm-Führung des Schwenksystems «HorizonPlus» bewegt Hettich die Schranktür zur Seite hin und gibt den Innenraum fast uneingeschränkt frei. Erhältlich sind Beschläge für Türbreiten von 400 bis 515 mm, bei lichten Korpushöhen bis 1570 oder 2570 mm, oder die gleichen Höhen mit Türen von 475 bis 700 mm Breite. Bis zur Breite von 583 mm geht das ohne Türeinsprung, darüber beträgt dieser höchstens 100 mm.
Der Schwenkbereich benötigt eine maximale Tiefe in der Bewegung von 398 sowie 475 mm. Die Schranktür bleibt dann 154 oder 196 mm vor der Nachbarfront stehen. Wie bei Schiebetüren wird vor dem Schrank auch in geöffnetem Zustand nicht viel Platz verbraucht, und man kann sich frei bewegen.
Weil aber kein Schienensystem notwendig ist, braucht es auch keine Weiterführung in der gleichen Flucht. Die Tür kann also auch schräg zur übrigen Front stehen. Noch interessanter wird es bei einem Eckschrankmodul, wenn sich beide Türen von einer Innenecke nach aussen bewegen und dabei in alle Richtungen freien Durchgang bieten.
Gerade für Wäscheteile ist eine Schubladenkommode das Mass der Dinge. Durch das Ausziehen der Behälter kann äusserst übersichtlich das verstaut werden, was sich nicht immer ganz einfach zusammenlegen lässt. Wer keinen Platz für dieses Möbel hat und den Schubladenstock in den Kleiderschrank integrieren möchte, benötigt wegen der Zugänglichkeit die untere Hälfte des Schrankinnenraumes. Tablare, die darüber angebracht werden, sind oft schlecht einzusehen und zu bedienen. Praktischer ist dann eine Kleiderstange, die Hemden und dergleichen per Lift runterbringt.
Die italienische Firma Ambos SRL bietet eine solche mit ihrem «Superlift» an. Dieser ist in seiner Hebekraft bis 20 kg sogar jederzeit werkzeuglos einstellbar. Auch wie weit die Kleiderstange abgesenkt werden soll, lässt sich einfach regeln. Genauso einfach ist die Beschlagsmontage: Die mit Kunststoff verkleidete Stahlmechanik wird in die vordere Reihenbohrung der Schrankseite verschraubt, womit keine zusätzlichen Bohrungen notwendig sind.
Nicht jedes Büro, jede Küche und dergleichen soll zu jeder Tageszeit sichtbar sein. Da macht es doch Sinn die ganze Einheit einfach hinter einer Türfront zu verbergen. Wäre da nicht das Problem, dass die Türfront selber auch wieder bei der Nutzung im Weg steht. Hilfreich sind da Drehtüren, die in eine Tasche im Korpus geschoben werden können. Die Hawa Sliding Solutions AG aus Mettmenstetten ZH hat ihr System «Concepta» optimiert. Die Dreh-, Falt- und Einschiebetechnologie verursacht weniger Geräusche und ist durch Falttürelemente auch für drei- sowie vierflügelige Fronten ohne Zwischen- wand verwendbar. Der Einzug mit sanfter Dämpfung lässt die Türelemente vollständig in die schmalen Taschen einfahren. Zwei verschiedene Aufhängesysteme erlauben zudem unterschiedliche Gewichtsklassen.
Drehtüren bei Küchenoberschränken sind nur zum schnellen Herausnehmen der gewünschten Dinge geeignet und sollten nicht offen bleiben. Das Herumlaufen um diese Hindernisse auf Kopfhöhe ist dabei nur ein Problem. Schlimmer ist es, wenn man sich aus gebückter Haltung wieder aufrichtet und darüber die Schranktür steht.
Der Senkrechtlift, ein Hochschwenkbeschlag der Peka Metall AG aus Mosen LU, funktioniert im Grunde wie der «HorizonPlus» von Hettich, nur von unten nach oben und somit weg von der Gefahrenzone. Da stört es dann nicht, wenn die gesamte Front während der ganzen Kochzeit offen steht. Auch bei diesem Beschlag sind die Schwenkarme wie bei «HorizonPlus» durch eine Stange miteinander verbunden, damit die Synchronität gewährleistet ist. Möglich sind Elementbreiten von 600 bis 1600 mm, bei einer lichten Korpushöhe von 345 bis 500 mm. Speziell ist, dass sich die Front in jeder Position anhalten lässt und das Öffnen wie das Schliessen sanft gedämpft werden.
Eine nach oben geschwenkte Front kann, gerade bei höheren Oberschränken, schnell ausser Reichweite gelangen. Daher gibt es mit «Freeslide» eine elektrische Bedienmöglichkeit.
Wer über dem Oberschrank nicht über genügend Raum für die senkrecht hochgefahrene Front verfügt, könnte mit dem Schwenklift der Peka Metall AG vielleicht mehr Erfolg haben. Der Beschlag bietet grundsätzlich das Gleiche wie der Senkrechtlift, nur dass die Front beim Öffnen über den Schrank leicht nach hinten schwenkt und sie somit wie ein Vordach schräg steht.
Für mittlere und hohe Oberschränke ist die Hochfaltklappe «Aventos HF» der Julius Blum GmbH aus Österreich gedacht. Im Gegensatz zu den vorher beschriebenen Schwenkfronten ist diese Klappe durch Scharniere mit dem Deckel verbunden. Je nach Position kann der Standardbeschlag auch bei einer Konstruktion mit Gehrung oder Falz verwendet werden.
Die Faltklappe erlaubt Korpushöhen von 480 bis 1040 mm und Breiten bis 1800 mm. Dabei darf die Teilung auch asymmetrisch sein, was etwas Spielraum bei der Frontgestaltung gibt. Noch mehr Spielraum geben die Möglichkeiten mit verschiedenen Frontmaterialien. Beispielsweise ist auch der Mix einer Holz- mit einer Glasfront in verschiedenen Ausführungen denkbar.
Mit den Öffnungswinkel-Begrenzern auf 104° oder 87° verringert sich der Platz- bedarf nach oben, und selbstverständlich ist die Bewegung durch «Bluemotion» gedämpft. «Servo-Drive» heisst die elektrische Bewegungsunterstützung. Ein Antippen des Schalters genügt, und die grosse Front fährt nach oben.
Durch eine Drehbewegung lässt sich aus einer dekorativen dünnen Platte auf einer Möbelfläche eine Doppelsteckdose mit USB-Charger hervorzaubern. Die Einlasssteckdose «BackFlip» der Firma Evoline AG aus Dino TI zeigt geschlossen nur diese dünne Platte mit einer Oberfläche aus Edelstahl, Glas oder lackiertem Stahl. Auf Fingerdruck rotiert die Mittelpartie und befördert die Steckdoseneinheit nach oben. Diese ist dann so weit erhöht über der Möbelfläche, dass sie vor seitlichem Einlaufen von Wasser geschützt ist. Auch geschlossen kann laut Hersteller kein Wasser in die elektrischen Systeme eindringen, wodurch der Einsatz im Innenbereich kaum Grenzen kennt. Zur Auswahl stehen ausserdem verschiedene Steck-dosentypen.
Platz ist kostbar, und daher sollen Wohnräume für gelegentliche Büroarbeiten auch nicht gleich geopfert werden. Tische – übrigens auch bei Küchenkombinationen – lassen sich so über Korpusmöbel schwenken, dass sie kaum noch als solche wahrgenommen werden.
Der Drehbeschlag «OK Line» der deutschen Firma Casetur Mechanism erlaubt es, eine eckige Tischplatte mit Seitenfuss mit einem darunterliegenden Korpus bündig zu machen und diese, auch wenn die Einheit an der Wand steht, zu drehen. Dazu wird die Platte erst diagonal von Ecke und Wand weggezogen, wodurch der erforderliche Abstand zum Schwenken entsteht. Rechtwinklig ausgeschwenkt, kann die Platte dann wieder zur Ecke des Möbels geschoben werden und ist somit wieder bündig mit den Aussenkanten.
Der Schiebe-Schwenk-Beschlag wird nur im Korpusdeckel 16,5 mm tief eingefräst. Damit ergibt sich ein Abstand der Tischplatte zum Korpusdeckel von 9,3 mm. Anwendbar ist der Beschlag bei Möbel- und Plattentiefen von 480 bis 700 mm.
Veröffentlichung: 09. August 2018 / Ausgabe 32-33/2018
Blickfang. Vom 15. bis 17. November war das Kongresshaus Zürich wieder Schauplatz für aussergewöhnliche Möbel und gutes Design. Über 180 Labels zeigten ihre Arbeiten im 28. Jahr der Veranstaltung. Die SZ durfte bereits vor Öffnung der Türen auf Entdeckungstour gehen.
mehrBlickfang. Vom 15. bis 17. November war das Kongresshaus Zürich wieder Schauplatz für aussergewöhnliche Möbel und gutes Design. Über 180 Labels zeigten ihre Arbeiten im 28. Jahr der Veranstaltung. Die SZ durfte bereits vor Öffnung der Türen auf Entdeckungstour gehen.
mehrPaidPost. Das Handwerk ist in der afrikanischen Kultur verwurzelt. Am Design-Wettbewerb der Borm-Informatik AG in Zusammenarbeit mit der Stiftung SOS-Kinderdorf haben Lernende aus Niger ihr Können bewiesen und sich so ein Stipendium gesichert.
mehr