Qualität lohnt sich
Naturkanteln ohne Leimfugen sind zwar eine Nische, doch haben sie ihren festen Platz beim Schweizer Fensterbauer. Bild: Brühwiler Fensterholz AG
Naturkanteln ohne Leimfugen sind zwar eine Nische, doch haben sie ihren festen Platz beim Schweizer Fensterbauer. Bild: Brühwiler Fensterholz AG
Fensterhölzer. Trotz der Vielfalt an geeigneten Hölzern im Fensterbau wird überwiegend Fichte eingesetzt. Das liegt auch daran, dass Eigenschaften anderer Hölzer die Produktion eher erschweren, als ein anderes Produkt zu ergeben – ausser die Ästhetik ist wichtiger.
«Das optimale Fensterholz für ein reines Holzfenster weist natürlich keine Merkmale wie Harzgallen, Äste oder Faserabweichungen auf. Es wäre gut bearbeitbar und ebenso leicht oberflächenbehandelbar. Das Verleimen sollte unproblematisch sein und das Holz hätte hohe statische Werte bei gleichzeitig hervorragenden Wärmedämmeigenschaften. Wenn es dann noch dimensionsstabil ist und eine hohe natürliche Dauerhaftigkeit mitbringt, wäre es ideal», antwortet Christoph Rellstab, Leiter der Höheren Fachschule Holz in Biel auf die hypothetische Frage nach den Anforderungen für das «perfekte Fensterholz».
Maria Brühwiler ist Geschäftsführerin der Brühwiler Fensterholz AG in Wiezikon TG und produziert mit ihrer Sägerei Kanteln. Für sie müsste das perfekte Fensterholz in grossen Mengen aus heimischen Wäldern mit guter Ausbeute verfügbar und so auch zu einem konkurrenzfähigen Preis offerierfähig sein. Doch dieses Holz wächst nicht in den Schweizer Wäldern und wohl auch nicht an anderen Orten. Schliesslich konkurrieren die verschiedenen Eigenschaften um die Gunst der Akteure. «Der Preis spielt die entscheidende Rolle», sagt Brühwiler, «und dieser ergibt sich auch aus den nötigen Anforderungen und den möglichen Kompromissen bei der geeigneten Holzart für eine Fensterkantel.»
Den weitaus grössten Anteil der Hölzer für Fenster nimmt in der Schweiz die Fichte ein. Dann findet zu einem kleinen Teil Tanne und inzwischen möglicherweise noch stärker das Holz der Föhre seine Verwendung bei den Fenstern. Andere Hölzer wie Lärche, Eiche oder auch Kombinationen aus verschiedenen Holzarten mit thermisch modifizierten Hölzern oder dekorativen Laubhölzern spielen nur in Nischenbereichen eine Rolle. Warum das so ist, lässt sich neben der Verfügbarkeit und dem Preis auch mit einem anderen Aspekt erklären: Für einen Kantelproduzenten ist die Dimensionsvielfalt in der Schweiz bei der Vielzahl möglicher Holzarten schwierig. «Allein bei der Fichte haben wir etwa 50 verschiedene Dimensionen am Lager», sagt Brühwiler. Wollte man diese in mehreren Holzarten vorrätig haben, wäre das für Brühwiler kaum zu stemmen.
Für den Fensterhersteller eines der wichtigsten Kriterien stellt die Bearbeitbarkeit der verschiedenen Hölzer dar. Hier herrschen gerade bei der Frage Fichte oder Tanne sehr unterschiedliche Auffassungen. «Es gibt Betriebe, die sich für die Tanne entschieden haben und damit gut fahren. Eine hohe Qualität der Fensterkanteln und optimierte Produktionsparameter, wie etwa die Auswahl der eingesetzten Werkzeuge, vorausgesetzt, bietet Tannenholz den Vorteil, dass keine Probleme bezüglich nötiger Nacharbeiten während der Produktion auftauchen», so Christoph Rellstab. Denn das Ausflicken von überraschend zum Vorschein kommenden Harzgallen braucht Zeit und Mühe. Das fällt bei der Tanne gänzlich weg.
Andere Hölzer, wie etwa die Lärche, bergen wiederum ganz andere Tücken. «Bei der Lärche steht der Kantelhersteller wie auch der Fensterbauer vor dem Problem, dass es zunächst gar nicht einfach erkennbar ist, ob das Holz Buchs aufweist oder nicht», sagt Rellstab. Daneben kann die Oberflächenbeschichtung bei der Lärche wie auch bei der Föhre wegen des hohen Harzgehaltes schwierig sein.
«Einige meiner Fensterbau-Kunden haben auf Föhre umgestellt. Zum einen wegen des besseren Preises und zum anderen wegen der guten Verarbeitbarkeit. Die Durchschläge bei der Oberflächenbeschichtung sind aber ein gewisses Problem bei der Föhre», weiss Brühwiler.
Wenn die sachlichen Argumente von den gegebenen, überwiegend wirtschaftlichen Realitäten überlagert werden, ist es um so lohnender, sich auf die sachliche Ebene zurückzubesinnen. So könnte man zum Beispiel festhalten, dass die keilgezinkte und die lamellierte Kantel nicht deshalb dominieren, weil diese besser sind als eine durchlaufende Naturholzkantel, sondern schlichtweg wirtschaftlicher – egal um welche Holzart es sich handelt.
«Flügel- und Rahmen aus Naturkanteln werden durchaus nachgefragt, wenngleich es eine Nische ist. Im Prinzip möchten das viele. Dafür braucht es aber fehlerfreies Holz, das nur beschränkt verfügbar ist. Und da die meisten Fenster weiss beschichtet werden, spielt auch eine Keilzinkung oft keine Rolle», so Brühwiler. Wenn günstigere Lösungen funktionieren, wird man kaum mehr Geld als nötig ausgeben. Auch wenn es neben Fichte, Tanne, Föhre und Lärche auch Laubhölzer wie etwa Eiche, Kastanie oder Robinie gibt, die für den Fensterbau gut funktionieren. Fragt der Kunde eher ausgefallene Holzarten nicht nach, gibt es kaum Anlass, diese anzubieten, denn bei vielen Eigenschaften für das «perfekte» Fenster scheint nicht die eingesetzte Holzart entscheidend zu sein.
«Beim Einbruchschutz ist das verwendete Fenstersystem massgebend, weniger die Holzart. Aspekte wie etwa die vorhandene Materialstärke sowie die Geometrie der Profile für die Befestigung der Beschläge spielen hier eine deutlich grössere Rolle. Ob bei einem gegebenen Profilsystem die Eiche bezüglich Einbruchschutz bessere Werte als die Fichte bringen würde, müsste man im Einzelfall überprüfen», führt Rellstab aus.
Die Wärmedämmeigenschaften wirken sich bei einer höheren Rohdichte generell negativ aus. «Wenn man das gesamte Fensterelement betrachtet, dann stellt man jedoch fest, dass der Rahmenanteil nicht so eine grosse Rolle spielt. Vergleicht man nur die Wärmedämmeigenschaften der verschiedenen Rahmenhölzer, sieht man einen klaren Unterschied», erklärt Rellstab. Auch in diesem Punkt sind aber konstruktive Aspekte für den Experten wichtiger als die eingesetzte Holzart.
Bei den statischen Eigenschaften ist der Zusammenhang dagegen klar: «Hölzer mit höherer Rohdichte weisen höhere statische Festigkeiten auf, was bei gewünschten schlanken Querschnitten, bei gleichzeitig schweren Gläsern oder grossen Formaten, natürlich ein wichtiges Kriterium sein kann. Trotzdem weist Rellstab darauf hin, dass der zusätzliche Nutzen bei Verwendung eines Holzes mit höherem E-Modul hinsichtlich der statischen Eigenschaften eines Fensters eher überschätzt wird. Die Profilgeometrie sei wichtiger als die eingesetzte Holzart.
Bezüglich der Brandschutzeigenschaften ist die Wahl der geeigneten Holzarten eindeutig. Hier kommen Laubhölzer wie die Eiche ins Spiel, für die entsprechende Prüfnachweise vorliegen, andere scheiden aus. «Der Trend zur Eiche hin und weg von den tropischen Hölzern ist für Brandschutzfenster deutlich spürbar», bestätigt Brühwiler aus eigener Erfahrung.
In der Praxis sind bei den Fensterkanteln die Holzqualitäten wichtiger als die Holzart. «Über die nötige Güte der Holzkantel wird öfter diskutiert. Genügt die sogenannte Euro-Qualität oder möchte der Fensterbauer für sein bewährtes System lieber eine etwas höhere Qualität einsetzen? Und damit ist man auch in der Diskussion um die Kosten für die Rahmenhölzer. Bei einem Fenster sind diese zwar wichtig, aber bezogen auf die Gesamtkosten einer Fensterproduktion auch manchmal etwas überbewertet. Entstehen während der Produktion Nacharbeiten, ist ein niedrigerer Einstandspreis schnell verspielt und bringt das Gegenteil», weiss Rellstab. Bei der Brühwiler Fensterholz AG hat man gar nichts anderes im Angebot als Kanteln aus Rift- und Halbriftbrettern. Wer jedoch eine einfache Bildersuche über Google zu lamellierten Fensterkanteln startet, der entdeckt schnell Seitenware auf den Bildern. Und: In der Schweiz eingesetzte lamellierte Kanteln kommen überwiegend aus dem Ausland. Hierzulande werde nur ein ganz kleiner Teil dieser Ware für Nischenprodukte hergestellt, weiss Brühwiler. Wenn man einige lamellierte Kanteln anschaut, dann sehe man deutliche Unterschiede in der Qualität. Das bestätigt auch Rellstab.
«Die Qualitäten der Fensterkanteln sind durchaus unterschiedlich und damit auch der Preis. Nicht wenige Fensterbauer reagieren darauf, indem sie eine Standardqualität einsetzen und bei höheren Anforderungen des Kunden noch eine Premium-Variante zu bieten haben», so Rellstab. Je nachdem, welche Holzart als Naturkantel, lamellierte oder keilgezinkte Kantel eingesetzt wird, ergibt sich unter Qualitätsaspekten eine grosse Bandbreite. Werden Fenster deckend farbbeschichtet, kann je nach eingesetzter Kantel der preisliche Unterschied für das Rahmenmaterial erheblich sein. «Es ist aber nicht so, dass Fensterkanteln aus einer bestimmten Region oder einem bestimmten Land automatisch schlecht oder gut sind. In der Realität gibt es überall bessere und schlechtere Qualitäten», sagt Rellstab.
Das spürt so auch die Kantelproduzentin Brühwiler. «Heute bekomme ich einen Kubikmeter Fensterholz für vielleicht Fr. 600.– aus Polen. Bei uns kostet das gleiche Holz aber Fr. 1000.–. Die Qualität sei dabei die gleiche, weshalb Brühwiler auf Regionalität setzt. Das sei aber schwierig, weil der Preis meist im Vordergrund stehe. «Biete ich mein Fensterholz für Fr. 900.– an, tut mir das weh und meinem Kunden hilft es noch nicht», beschreibt die Geschäftsführerin die Situation. Auch das Label «Schweizer Holz» ändere daran wenig.
Grosse Unterschiede zwischen den Hölzern sieht Rellstab im ästhetischen Bereich. Die unterschiedlichen Holzarten ergeben auch ganz differenzierte optische Eindrücke, sofern natürlich eine farblose Oberflächenbehandlung gewünscht ist. Etwa Lärche natur wird in Bergregionen viel verwendet, beobachtet Brühwiler. Eiche und Kastanie sieht die Expertin nur in gehobenen, nobleren Einsatzbereichen. «Es ist auch drei- bis viermal so teuer wie Nadelholz», so Brühwiler.
Die Diskussion über die richtige Holzart sei deshalb zu Recht eher eine ästhetische Frage. «Wenn der Kunde wählen kann, ob er im Innenraum eine Eiche natur, eine weisslasierte Fichte oder eine mattlackierte Lärche möchte, hat das seine Berechtigung. Einige Hersteller versuchen auch, über die Ästhetik der optischen Wirkung von Details des Fensters am Markt zu punkten», so Rellstab.
«Modifizierte Hölzer spielen eine geringe Rolle. Das liegt auch daran, dass die Erwartungen daran sehr hoch waren, aber die Realität dies nicht widerspiegeln konnte. Ein thermisch modifiziertes Nadelholz weist zwar eine höhere Resistenz auf, aber die Hoffnung, dass ein solches Holz gegenüber der Witterung gänzlich unempfindlich sei, hat sich nicht bestätigt. Ein Holzfenster kann dadurch nicht die Qualität eines Holz-Alu-Fensters bezüglich der Wetterbeständigkeit erreichen», erklärt Christoph Rellstab.
Würde der Fensterexperte heute neue Fenster für sein Haus haben wollen, dann wäre nicht die Frage nach dem eingesetzten Holz entscheidend, sondern die nach dem System. «Da meine Fenster stark bewittert sind, würde ich ein Integral-Fenster oder Holz-Alu-Fenster einsetzen. Die Holzart spielt dabei für mich eine eher untergeordnete Rolle», so Rellstab.
Veröffentlichung: 23. Juli 2015 / Ausgabe 30-31/2015
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