Alte Fenster – gefährliche Fasern
Der Schutz aller Beteiligten hat erste Priorität bei Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien. Bild: Suva
Der Schutz aller Beteiligten hat erste Priorität bei Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien. Bild: Suva
Glasersatz. Um asbesthaltige Materialien fachgerecht auszubauen und zu entsorgen, müssen diese zuerst identifiziert werden. Danach gilt es, die Vorgaben bis zur fachgerechten Entsorgung genau zu kennen und einzuhalten.
Bei der Renovation alter Fenster ist der Schreiner oft mit asbesthaltigen Materialien konfrontiert. «Wir haben regelmässig Kontakt mit Asbest im Bereich der Komplett- oder Teilsanierung, wenn wir beispielsweise Gläser ersetzen müssen», sagt Marcel Weber, Mitinhaber der Schreinerei Weber aus Seewen SO. Asbesthaltiger Kitt stellt eine erhebliche Gesundheitsgefahr dar, da beim Entfernen kleinste Asbestfasern freigesetzt werden können. Diese Fasern sind krebserregend und können schwere Erkrankungen wie Lungenkrebs oder Tumore verursachen. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass Fachkräfte den korrekten Umgang mit diesen Materialien beherrschen. Martin Bossart, Experte für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Suva, betont: «Bei Arbeiten mit asbesthaltigem Material ist immer Vorsicht geboten. Besonders bei Umbau- und Renovationsarbeiten von Gebäuden, die vor 1990 erbaut wurden, muss mit Asbest gerechnet werden.» Deshalb ist, bevor möglicherweise mit asbesthaltigem Material gearbeitet wird, eine Gefährdungsbeurteilung erforderlich. Josef Knill, Fachmann im Bereich Schadstofferkennung und Inhaber von Fensterinform aus Siegershausen TG, ergänzt: «Insbesondere in Fensterkitt, Anschlagkitt, Spachtelmassen und Verputzen sind im Bereich der Fenster oftmals Asbestfasern enthalten.» Hier wird es besonders gefährlich, wenn auch der Putz bei der Renovierung bearbeitet oder beschädigt wird. «Wenn während der Arbeit unerwartet asbestverdächtiges Material zum Vorschein kommt, muss die Arbeit sofort eingestellt, die Situation geklärt und gegebenenfalls die Schutzmassnahmen angepasst werden», fügt Bossart hinzu.
Das Erkennen von Asbest ist der erste Schritt, um die Gesundheit von Handwerkern und Kunden zu schützen. Wie erwähnt, sind Einbauten, die vor 1990 installiert wurden, immer auf das Vorhandensein von asbesthaltigem Kitt zu überprüfen. Asbesthaltiger Fensterkitt hat oft eine brüchige Textur und zeigt graue oder hellbraune Verfärbungen. «Sobald sich zusätzlich Setzmörtel in den Laibungen befindet, läuten bei mir die Alarmglocken», sagt Weber. Im Voraus sollten stets Materialproben genommen werden. «Nur durch die Entnahme von Proben und eine labortechnische Untersuchung lässt sich feststellen, ob es sich um asbesthaltigen Kitt oder Setzmörtel handelt. Diese Untersuchungen sind bereits in der Planungsphase verpflichtend, und die Ergebnisse müssen im Sanierungskonzept berücksichtigt werden», sagt Knill. Fachkräfte müssen die Anleitungen der Suva zur Asbesterkennung befolgen. Eine schnelle Sichtprüfung kann zwar einen ersten Verdacht wecken, aber nur eine Analyse durch ein zertifiziertes Labor kann endgültige Klarheit bringen.
Der Ausbau von asbesthaltigem Fensterkitt sollte nur unter kontrollierten Bedingungen erfolgen. Der Kitt wird vorzugsweise mit minimalem mechanischem Eingriff entfernt. Hierfür empfiehlt die Suva die Wärmebehandlung. Bei dieser Methode kann der Fensterkitt durch Erhitzen einfacher entfernt werden. Dadurch wird die mechanische Belastung minimiert, und die Staubkonzentration reduziert sich. «Diese Arbeit ist besonders im Freien zu empfehlen, da es dabei zu weniger hohen Staubkonzentrationen kommt», sagt Bossart.
Es ist wichtig, dass die Kittreste direkt in staubdichten und reissfesten Säcken verpackt und verschlossen werden. Spezialisierte Entsorgungsbetriebe empfehlen bei grösseren Mengen, die einzelnen Asbestsäcke in speziellen Big Bags zu sammeln, die staubdicht und für den Transport und die Lagerung von Asbestabfällen zugelassen sind. Diese Behälter müssen klar gekennzeichnet werden, um zu verhindern, dass während des Transports Fasern freigesetzt werden. Knill betont die Bedeutung der richtigen Wahl der Sanierungsmethode: «Die auftretende Asbestkonzentration ist ausschlaggebend für das gewählte Vorgehen.» Nach der Entfernung müssen alle Arbeitsbereiche gründlich dekontaminiert werden. Alle Werkzeuge und Arbeitsmittel, die mit Asbest in Kontakt kamen, gilt es sorgfältig zu reinigen oder zu entsorgen. Lässt sich der Staub nicht mit einem feuchten Lappen reinigen, müssen spezielle Industriestaubsauger mit H-Klasse-Filtern verwendet werden, die für Asbeststaub zugelassen sind.
Die Entsorgung von asbesthaltigem Material unterliegt strengen Vorschriften, um die Ausbreitung gefährlicher Fasern zu verhindern. Hierzu gehört neben dem kontrollierten Ausbau und der Verpackung des Materials die Abgabe an speziell zugelassene Entsorgungsstellen. «Die Entsorgung von Asbest wird durch die Bundesabfallverordnung sowie kantonale Vorschriften geregelt», sagt Bossart und rät, bei Unsicherheit direkt die kantonalen Abfall-Informationsstellen zu kontaktieren. Die Übergabe von Asbestabfällen an einen nicht zugelassenen Entsorgungsbetrieb oder der Versuch, es selbst zu entsorgen, ist illegal und gefährdet die Gesundheit anderer.
Oftmals ist sich der Schreiner unsicher, ab wann er einen Spezialisten für die Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien zuziehen muss. «In den meisten Fällen haben wir im Bereich der Fenster nur geringe Asbestkonzentrationen, und die Arbeiten können mit der notwendigen Sicherheitsausrüstung ohne externe Spezialisten erfolgen, wenn dies im Untersuchungsbericht so vermerkt ist», sagt Knill. Arbeiten, die im sogenannten Ampelmodell der Suva als orange gekennzeichnet sind, dürfen von instruierten Handwerkern noch selbst ausgeführt werden. Arbeiten im roten Bereich, bei denen erhebliche Mengen gesundheitsgefährdender Asbestfasern freigesetzt werden könnten, dürfen ausschliesslich von durch die Suva anerkannten Asbestsanierungsunternehmen durchgeführt werden.
Spezialisierte Asbestsanierungsfirmen sind erforderlich, wenn bei den Arbeiten erhebliche Mengen Asbestfasern freigesetzt werden könnten, beispielsweise bei stark beschädigtem Setzmörtel. «Besonders gefährlich sind Arbeiten, bei denen Kitt mit Handmaschinen und Handwerkzeugen entfernt wird, da dabei grosse Mengen Asbestfasern freigesetzt werden», sagt Bossart.
Neben Asbest sind auch andere Schadstoffe, wie Polychlorierte Biphenyle (PCB) und Chlorparaffine, in älteren Fenstern zu finden. «Vor allem bei Fenstern mit Baujahr vor 1976 kann in Anstrichen oder Fugendichtmassen PCB enthalten sein, eines der gefährlichsten Umweltgifte überhaupt. Nach dem Verbot von PCB wurden bis Ende der 1980er-Jahre Chlorparaffine als Ersatz verwendet, die ebenfalls gefährlich sein können», berichtet Knill. Weiter sind in Dämmstoffen vielmals Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) zu finden; diese gilt es ebenfalls fachgerecht zu entsorgen.
Der Umgang mit asbesthaltigen Materialien bei der Renovierung alter Fenster erfordert Fachwissen, Präzision und strikte Einhaltung von Sicherheitsvorschriften.
Schreiner und Handwerker sind gefordert, sich regelmässig über die neuesten Richtlinien und Techniken zu informieren, um die Gefahren durch Asbest zu minimieren und ihre eigene Gesundheit sowie die ihrer Kunden zu schützen. «Zusätzlich ist die Information und Aufklärung der Kundschaft ein zentraler Schritt bei der Asbestsanierung, um diese für das Thema Asbest und die damit verbundenen Mehrkosten zu sensibilisieren», sagt Weber.
Die Suva stellt hierfür umfassende Informationsressourcen bereit, die für jeden Fachbetrieb von grossem Nutzen sind. «Um bei der Fenstermontage die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz zu gewährleisten, ist eine fachgerechte Planung und Koordinierung aller anstehenden Arbeitsschritte wichtig», so Bossart. Nur wenn alle Beteiligten ihre Aufgaben und Verantwortungsbereiche genau kennen, können Arbeiten mit Asbestbelastung sicher ausgeführt werden.
www.fensterinform.chwww.suva.ch/asbestwww.schreinerei-weber.ch
Veröffentlichung: 31. Oktober 2024 / Ausgabe 44/2024
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