Pistolen zum Bechern


Bechersysteme mit Einwegeinsätzen haben sich etabliert. Bild: Philipp Heidelberger
Bechersysteme mit Einwegeinsätzen haben sich etabliert. Bild: Philipp Heidelberger
Fliessbecherpistolen. Geht es um das Lackieren im professionellen Bereich, ist meistens die Rede von Airless- oder Aircombi-Geräten. Oft geht dabei vergessen, dass Fliessbecherpistolen nach wie vor ihre Berechtigung und vor allem auch ihre Vorteile haben.
Obwohl moderne Aircombi-Lackiergeräte mittlerweile auch für kleinere Spritzarbeiten eingesetzt werden können, gibt es wohl kaum eine Schreinerei, in der man nicht mindestens eine Fliessbecherpistole findet. Manchmal sind es noch ältere Modelle, die für gelegentliche Lackierarbeiten benutzt werden. Genau in diesem Bereich haben Becherpistolen nach wie vor ihre Berechtigung. Denn sie sind verhältnismässig günstig und einfach zu handhaben.
In Schreinereien mit Aircombi-Geräten sind Becherpistolen ebenfalls unverzichtbar. Denn dort sind die Geräte meistens fix für Klar- und Weisslack eingerichtet. Für kleinere Arbeiten mit anderen Farben lohnt sich deshalb ein Umstellen nicht. Die Hersteller der Becherpistolen haben ihre Produkte zudem in den letzten Jahren stetig verbessert – auch wenn die Pistolen nicht wesentlich anders aussehen als noch vor zehn Jahren.
Die Verbesserungen fanden insbesondere im Kleinen statt, und zwar an den Düsen. Dadurch benötigen neue Pistolen wesentlich weniger Druckluft, und es entsteht weniger Overspray. Somit geht weniger Lack verloren, und es gelangt weniger Staub in die Filteranlagen. Die Zerstäubung erfolgt aber nach wie vor ausschliesslich durch die Druckluft, nicht wie bei den Aircombi-Geräten, wo hauptsächlich der Materialdruck für die Zerstäubung sorgt. Insgesamt sind also Fliessbecherpistolen heute nochmals wesentlich effizienter geworden.
Angefangen hat die Entwicklung eigentlich schon in den späten 80er-Jahren. Damals erliess der US-Bundesstaat Kalifornien ein Gesetz mit der Bestimmung, dass nur noch sogenannte HPLV-Systeme (High Volume Low Pressure) eingesetzt werden dürfen. Ziel war es, mit diesen Niederdrucksystemen die Lackübertragungsrate zu steigern und so den Ausstoss an VOC (flüchtige organische Verbindungen) zu reduzieren. Die damaligen HPLV-Pistolen hatten aber den Nachteil, dass sie relativ nahe am Werkstück geführt werden mussten. Der Lackierer musste deshalb seine Arbeitsweisen anpassen, was die Umstellung teilweise schwierig machte. Ausserdem bedeutet High Volume, dass diese Pistolen immer noch relativ viel Druckluft benötigten.
Die Hersteller entwickelten deshalb weitere Systeme, die ebenfalls mit einem geringen Druck arbeiten, aber in ihrer Handhabung näher an jenen mit Hochdruck liegen und weniger Druckluftvolumen benötigen. Heute erreichen Fliessbecherpistolen eine Lackübertragungsrate von weit über 65 % bei einem Eingangsdruck ab 2 Bar und einem Luftverbrauch von unter 300 l/min. Je nach Hersteller heissen die Systeme zum Beispiel Trans-Tech, Reduced Pressure (RP) oder Low Volume Low Pressure (LVLP).
Welche Becherpistole sich für einen Schreinerbetrieb eignet, hängt natürlich von dessen Anforderungen ab. «Mit einer guten Standardpistole kann man aber bereits etwa 80 bis 90 % aller Fälle abdecken», sagt Ivo Raimann. Er ist Produktmanager bei der Tonet AG in Dulliken SO. Entscheidend ist insbesondere die Wahl der richtigen Düsengrösse für den jeweiligen Lack. Gemäss Raimann kann man diese grob in vier Bereiche gliedern:
Selbstverständlich gibt es hier auch Abweichungen je nach Hersteller, Modell, Lack und Werkstoff. Beim Kauf muss man zudem beachten, dass die Auswahl an Düsen bei manchen Pistolen nicht ganz so gross ist. Braucht man die Lackierpistole nur zum Patinieren oder Ausbessern, empfiehlt Ivo Raimann sogar, auf ein kleines Modell zu setzen: «Diese sind speziell für kleine Düsen ausgelegt und bringen eine sehr feine Zerstäubung.» In jedem Fall muss der Anwender beim Wechseln der Düse auch die Grösse der Düsennadel beachten. Die beiden Teile sind aufeinander abgestimmt, und die Hersteller geben vor, welche Düsen zu einer Nadel passen.
Beim Kauf einer neuen Lackierpistole geht das Bechersystem oft vergessen. So manch eine Pistole wird einfach mit einem gewöhnlichen, aufschraubbaren Mehrwegbecher geliefert. Dieser lässt sich zwar immer wieder reinigen und wiederverwenden, zum Befüllen und Aufsetzen ist er aber eher umständlich. Vermehrt setzen sich deshalb Einwegbechersysteme mit einer Schnellkupplung durch. In einen stabilen Aussenbecher werden dünne Bechereinlagen aus Kunststoff gelegt, die sich nach dem Lackieren einfach entsorgen lassen. Dadurch entfällt die Reinigung des Bechers, und der Farbwechsel oder das Nachfüllen geht schneller vonstatten. Auf den Umweltgedanken angesprochen, gibt Ivo Raimann zu bedenken: «Klar, man muss jeweils den dünnen Einsatz entsorgen. Dafür braucht es weniger Lösemittel zum Reinigen.»
Aber auch das eigentliche Bechersystem sollte einem beim Kauf einer neuen Pistole bekannt sein – insbesondere, wenn man bereits eines besitzt. Denn die Lackierpistolenhersteller setzen nicht alle auf die gleichen Modelle und Kupplungen. Zwar gibt es mittlerweile für fast jedes System Adapterstücke zum Aufschrauben. So richtig ideal ist das aber nicht, weil dadurch die Lackzuführung leicht verlängert wird und sich der Schwerpunkt der ganzen Pistole nach oben verlagert.
Ausserdem könnte für die eine oder andere Situation ein Druckbechersystem interessant sein. Dieses gibt es auch für den Einsatz mit den Einwegbehältern. Über einen zusätzlichen Schlauch wird Druckluft in den geschlossenen Aussenbecher geführt, wodurch der Einwegbecher zusammen- und der Lack in die Pistole gedrückt wird.
Der Vorteil dieser Lösung ist, dass sich so auch mit einer Becherpistole hochviskose Lacke verarbeiten lassen. Dadurch kann man den Lösemittelanteil im Lack reduzieren respektive gelangt bei der Verarbeitung von Wasserlack weniger Wasser auf das Werkstück, wodurch dieses weniger aufquillt und sich die Trocknungszeit verringert. Zudem erlaubt es das Arbeiten über Kopf oder in Seitenlage. Das Druckbechersystem gibt es als dauerhaftes oder temporäres Umbauset für bestehende Pistolen.
Oft werden übrigens zu den Bechersystemen kleine Filter mitgeliefert, die sich in den Zuführkanal einsetzen lassen. Es ist ratsam, diese nicht zu verwenden, weil sie relativ schnell zusetzen. Befindet sich im Becher noch Lack, ist ein Auswechseln eher mühsam. Deshalb empfiehlt sich das Verwenden von Kartonfiltern beim Befüllen des Bechers.
Obwohl Fliessbecherpistolen relativ einfach zu reinigen und zu warten sind – tun muss man es trotzdem. Gerade wenn sie nur selten oder für kleine Einsätze gebraucht werden, macht sich eine gute Pflege bezahlt. Denn dann ist die Pistole auch einsatzbereit, wenn es mal eilt.
Bei Becherpistolen heisst das: Sauber durchspülen. Zudem empfiehlt es sich, im Becher etwas Reinigungsmittel zu belassen. So hat man die Gewähr, dass allfällige Lackreste nicht eintrocknen und alles verkleben. Besondere Beachtung gilt der Reinigung nach der Verwendung von Farblack und bei der Umstellung von Wasser- auf Lösemittellack und umgekehrt. Hat man Farblack oder Füller verarbeitet, empfiehlt Ivo Raimann eine kleine Zerlegung der Pistole. Das heisst, Düse sowie Düsennadel entfernen und alles sauber reinigen. «Ansonsten ist die Gefahr zu gross, dass beim nächsten Mal feine Farbpartikel auf der Oberfläche landen, insbesondere wenn man Klarlack verarbeitet.»
Stellt man von Lösemittel- auf Wasserlack um, empfiehlt es sich, die Pistole nach der Reinigung noch mit ein wenig Aceton durchzuspülen. Dadurch werden noch vorhandene Lösemittel neutralisiert. «Will man von Wasser- auf Lösemittellack wechseln, empfehle ich eine Reinigung mit Spezialreiniger für wasserbasierende Lacke», sagt Raimann. Im Anschluss sollte man auch hier etwas Aceton zur Neutralisierung verwenden. Gelegentlich ein Tropfen Spezialöl sorgt ausserdem dafür, dass sich alle beweglichen Teile leicht und präzise bedienen lassen.
Für die Reinigung nicht zu empfehlen sind extrem aggressive oder scheuernde Flüssigkeiten. Auch Stahlbürsten und andere Metallgegenstände sind definitiv nicht für das Putzen von Lackierpistolen geeignet. Sie beschädigen die Oberflächen und können die Düse, Düsennadel oder sogar die ganze Pistole unbrauchbar machen.
Eine Investition in ein Reinigungsset mit entsprechenden Bürsten, Düsenreinigungsnadeln, Öl und Putzmittel lohnt sich in jedem Fall, auch wenn die Fliessbecherpistole nur selten zum Einsatz kommt. Denn es gibt doch nichts Ärgerlicheres, als wenn der Monteur mit einer zerkratzten Front zurückkommt, man diese so schnell wie möglich neu lackieren will – und dann die Becherpistole streikt.
www.tonet.chwww.sata.comVeröffentlichung: 28. Februar 2019 / Ausgabe 9/2019
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