Die richtigen Lichtimpulse setzen

Ein Lasergerät mit 100 Watt Ausgangsleistung, wie es bei mobilen Reinigungsarbeiten Verwendung findet. Bild: Sven Bürki

Laserreinigung.  Auch wenn das Laserschwert noch eine Weile Science-Fiction bleiben wird, ist mit gebündelten Lichtstrahlen bereits heute vieles möglich, was vor 50 Jahren nur in Filmen funktionierte. So zum Beispiel Rost und Schmutz einfach mit einem Laserstrahl zu verdampfen.

Vor rund 65 Jahren stellte der amerikanische Physiker Theodore H. Maiman den ersten funktionierenden Laser vor. Als Lasermedium hat er damals einen Rubin-Kristall verwendet. Seither hat sich die Technologie rasant weiterentwickelt und ist heute im täglichen Leben allgegenwärtig. Laser finden Verwendung beim Schneiden, Schweissen, Gravieren, bei der Datenübertragung, beim Messen von Höhen oder Entfernungen, bei der Zielführung von Waffensystemen und sogar in der Chirurgie.

Grosse Versprechen

Mit dem Reinigen von Oberflächen ist in den letzten Jahren ein Einsatzgebiet für die Lasertechnologie hinzugekommen, welches auch für den Schreiner interessant sein kann. Hierzu finden sich auf den sozialen Plattformen oder auf YouTube zahlreiche Videos, in denen mit einem Laser verrostete, beschichtete oder verschmutzte Oberflächen einfach und schnell gereinigt werden, ohne dabei das Grundmaterial zu beschädigen. Etwas, das mit herkömmlichen Methoden wie etwa Schleifen, Strahlen oder durch chemische Mittel nur bedingt oder gar nicht möglich ist. Da mag es nicht verwundern, dass es dem einen oder anderen in den Fingern juckt, die Technologie selbst mal auszuprobieren. Besonders der Schreiner will natürlich wissen, ob das Ganze auch bei Holz funktioniert.

Die schnelle Antwort: Ja, aber es bedingt ein gewisses Mass an Erfahrung im Umgang mit den Geräten. Aber dazu später mehr, denn zunächst muss erst einmal ein Blick auf die gesetzlichen Vorschriften geworfen werden.

Unsichtbare Gefahr

Die Verwendung von Lasern ist in der Schweiz und der EU streng geregelt. So sind beispielsweise seit dem 1. Juni 2021 in der Schweiz alle Laserpointer verboten, die nicht der Laserklasse 1 entsprechen.

«Laserpointer mit einer Leistung von einem Milliwatt sind bereits zu stark und fallen unter das Verbot, weil Augenschädigungen möglich sind», sagt Roland Krischek, Fachspezialist aus dem Team Strahlenschutz bei der Suva. «Laserreinigungsgeräte haben hingegen Leistungswerte ab 10 und bis zu 1000 Watt. Mit diesen Geräten kann ich auch aus 100 Meter Entfernung jemandem das Augenlicht nehmen.»

Das fiese dabei sei, dass sich der Laserstrahl im Infrarotbereich bewegt. Sprich, der Strahl ist für das menschliche Auge nicht sichtbar, kann aber dennoch irreparable Schäden an der Netzhaut anrichten. Die Lasergeräte, die beim Reinigen von Oberflächen eingesetzt werden, fallen deshalb unter die höchste Laserklasse 4 und dürfen nur von geschultem Fachpersonal eingesetzt werden.

Brille auf, Laser an

«Das Laserreinigen, aber vor allem auch das Schweissen mit Laseranlagen, ist in den vergangenen Jahren stark aufgekommen. Die Sicherheitsanforderungen sind bei beiden Verfahren grundsätzlich dieselben», sagt Krischek. «Wir haben zuletzt viel in das Thema investiert, um in den Unternehmen für die Gefahren zu sensibilisieren.» So sei zum Beispiel Laserschutzbrille nicht gleich Laserschutzbrille. Denn diese müsse exakt auf die Parameter des eingesetzten Lasers, wie etwa die Wellenlänge oder auch die Impulsfrequenz und -energie, abgestimmt und entsprechend zertifiziert sein. Zudem brauche es in den meisten Fällen statt einer Brille gar einen Laserschutzhelm, da die Laserstrahlen durch Reflexionen vom Werkstück auf den Benutzer zurückgeworfen werden können. Weitere wichtige Punkte für den sicheren Betrieb von Lasergeräten finden sich in der Box auf Seite 10.

Ein besonderes Augenmerk ist auch auf die technischen Spezifikationen der Geräte zu legen. «Wir haben festgestellt, dass viele direkt importierte, handgehaltene Laserschweiss- und -reinigungsanlagen die technischen Sicherheitsanforderungen nicht erfüllen», sagt Krischek. «Vor einem Kauf ist deshalb unbedingt abzuklären, ob das Gerät alle nötigen Anforderungen erfüllt.»

Laser versus Haarföhn

Apropos Kauf: Die Kosten für ein mobiles Impulslaserreinigungsgerät eines seriösen Herstellers mit 100 Watt Leistung liegen schnell einmal im höheren fünfstelligen Bereich. «Dafür fallen bis auf die Stromrechnung keine Betriebskosten an», sagt Karin Homberger-Ebling, die zusammen mit ihrem Mann die All-Clean Laser GmbH in Wald ZH führt. Ein Lasergerät arbeite zudem recht verbrauchsarm. So habe etwa ein Haarföhn einen höheren Stromverbrauch als ein Lasergerät mit 100 Watt Ausgangsleistung. «Die effektiven Kosten für eine Arbeit sind im Vorfeld und in der Ferndiagnose jedoch schwierig zu berechnen», sagt Homberger-Ebling. Denn je nach Verschmutzungsgrad oder Beschichtung der Oberfläche könne der Zeitaufwand für die Laserreinigung stark variieren. Nach einem Testversuch vor Ort ist der Zeitaufwand dann aber meist abschätzbar.

Ablationsschwelle

Besonders effektiv ist die Laserreinigung auf Metalloberflächen. «Das Reinigen von Chromstahl, Messing, Aluminium und anderen Metallen sowie das Entrosten von Eisen ist in der Regel problemlos möglich», sagt Homberger-Ebling. Am meisten Erfolg habe das Unternehmen zurzeit in der Automobilbranche mit dem Reinigen von alten Motoren oder generell bei Restaurationsarbeiten an alten Autos.

Vorausgesetzt, das Lasergerät ist richtig eingestellt, kann der Laserstrahl wiederholt über die gleichen Stellen geführt werden, ohne dass Material vom Werkstück abgetragen wird – selbst nachdem die Beschichtung oder die Verschmutzung teilweise oder bereits ganz entfernt wurde. Möglich macht dies die sogenannte Ablationsschwelle (die Grenze, bei der ein Material die zugeführte Energie durch den Laserstrahl nicht mehr aufnehmen kann und verdampft). Die Ablationsschwelle der Schmutzpartikel oder der Beschichtung muss also zwingend tiefer sein als die des Grundwerkstoffes. Ansonsten wird dieser bei der Laserreinigung ebenfalls abgetragen oder beschädigt.

Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis nicht immer ganz so simpel. Denn nebst der Ablationsschwelle gibt es zusätzliche Faktoren, die das Ergebnis beim Laserreinigen beeinflussen können. So kann etwa eine sehr feuchte oder staubige Umgebungsluft die Effektivität der Reinigung beeinträchtigen.

Kurze Lichtimpulse

Bei mobilen Anwendungen kommt üblicherweise ein Lasergerät mit gepulstem Strahl zum Einsatz. Ein solches Gerät arbeitet mit einzelnen Energiepulsen in sehr kurzen Zeitabständen, oft im Nanosekundenbereich. Die dabei entstehenden Temperaturen sind enorm und können mehrere Hundert Grad Celsius erreichen. «Diese Temperaturen entstehen jedoch nur punktuell und für eine sehr kurze Zeit. Selbst bei Metall erhitzt sich der Untergrund nur geringfügig», sagt Matus Cisarik, Gründer und Geschäftsführer von Laser Power Cisarik in Einsiedeln SZ. Er arbeitet mit einem Lasergerät des belgischen Herstellers P-Laser. Parameter wie Ausgangsleistung, Impulsenergie sowie die Form des Laserstrahls können bei dem Gerät über einen Tablet-PC eingestellt werden. Zudem kann der Fokusabstand zum Werkstück über verschiedene Linsen gesteuert werden. «Je näher ich am Objekt bin, desto mehr Kraft hat der Laser», sagt Cisarik.

Wirkungswinkel

Mehr Power ist aber durchaus nicht immer besser. Gerade bei Holz führe das selten zu einem optimalen Ergebnis. «Ist die Energie zu hoch, entstehen Brandstellen. Mit der richtigen Einstellung lassen sich Farbschichten, Schimmel oder Verschmutzungen aber auch von Holz entfernen», sagt Cisarik. Wie beim Sandstrahlen lassen sich auch mit der Laserreinigung komplexe Formen und Profile bearbeiten. Während bei Ersterem aber ein gleichbleibender Wirkungswinkel des Strahlgutes entscheidend für die Oberflächenqualität ist, wirkt der Laserstrahl nahezu in jedem Winkel zum Objekt gleich gut. «Wo das Licht einer Lampe hinkommt, da kann auch der Laser wirken», sagt Cisarik. Um Reflexionen und damit verbundene Beschädigungen der Laseroptik zu vermeiden, achte man aber darauf, dass der Laserstrahl nicht im 90°-Winkel über das Werkstück geführt wird.

Moderne Lasertechnik trifft Historik

Gegenüber anderen Verfahren hat die Reinigung mit dem Laser einen weiteren gros-sen Vorteil: Es fallen keine Abfallprodukte in Form von Strahlgut, Schleifmittel oder Chemikalien an. Einzig das Plasmamaterial, sprich die verdampften Partikel fallen als Müll an und werden während der Anwendung abgesaugt. Anders als bei den herkömmlichen Verfahren werden die Lack- oder Schmutzpartikel auch nicht in die Holzporen hineingedrückt oder -gewischt. Ein Umstand, der besonders bei der Restaurierung historischer Holzelemente oder Kunstwerken wertvoll ist.

«Für hochwertige Objekte, bei denen die Zeit nicht so sehr eine Rolle spielt und gleichzeitig eine perfekte Oberfläche gefordert ist, ist die Laserreinigung eine attraktive Technologie», sagt Werner Reding, Geschäftsführer der Reding Werner AG. Das Unternehmen in Einsiedeln SZ ist spezialisiert auf Restaurationen und Lackierungen und konnte in den letzten Jahren zusammen mit Laser Power Cisarik bereits einiges an Erfahrung mit der Laserreinigung auf Holzoberflächen sammeln. «Grundsätzlich kann gesagt werden, je transparenter eine Beschichtung ist, desto geringer ist der Wirkungsgrad des Lasers, da das Licht nicht aufgenommen wird, sondern durch die Beschichtung hindurchgeht», sagt Reding. So könne etwa bei einem Klarlack einzig an den beigemischten Mattmitteln oder den wenigen Pigmenten eine Energieentfaltung stattfinden, und der Lack werde durch den Laserstrahl nur etwas blinder. Deshalb sei das Entfernen einer transparenten Lackschicht mit dem Laser bisher nicht möglich gewesen, wie Reding sagt. Möglicherweise bringe aber die Zukunft weitere Erkenntnisse in dieser Hinsicht.

Mehr Schichten, mehr Zeitaufwand

Bei Farben, Beizen und Lasuren mit einer grösseren Menge an Pigmenten könnten mit der Laserreinigung allerdings erstaunliche Ergebnisse erzielt werden. «Auch auf Nadelholz lassen sich mehrere übereinanderliegende Farbschichten entfernen, ohne dass die Holzoberfläche beschädigt wird», sagt Reding. Bei mehreren Schichten braucht der Laser allerdings seine Zeit, um das Material abzutragen. Dementsprechend sei die Technologie für diese Anwendung im Vergleich zu herkömmlichen Methoden noch zu teuer. «Bei geringerer Schichtdicke kann das Laserreinigen aber durchaus rentabel sein», sagt Reding.

Gut und auch rationell habe das Verfahren zum Beispiel bei einer gebeizten und mit Klarlack beschichteten Oberfläche funktioniert. Obwohl der transparente Lack das Laserlicht durchlässt, kann in der Beizschicht die Energieentfaltung stattfinden, was auch den Klarlack wegsprengt. Einige Farbpigmente verbleiben zwar in den Holzporen, und ein leichter Farbschimmer der Oberfläche bleibt, aber das Resultat ist laut Reding um einiges besser als mit herkömmlichen Methoden.

Blick in die Zukunft

Auch wenn das Laserreinigen bei vielen Anwendungen verhältnismässig teuer ist, will man die Thematik bei der Reding Werner AG weiter verfolgen. Auch Matus Cisarik sieht weit mehr Potenzial für die Technologie, als bisher erprobt wurde. «Die Laserreinigung ist eine junge Technologie und unterliegt einer stetigen Weiterentwicklung.» Dank weiterer Anwendungsbereiche wird diese Reinigungsmethode zunehmend an Verbreitung und Relevanz gewinnen, zeigt sich Cisarik überzeugt.

www.all-clean-laser.chlaserpower.chwww.p-laser.chwww.reding-ag.ch

Anforderungen an Betreiber von Laserreinigungsanlagen

Die Suva nennt die wichtigsten Punkte für die sichere Anwendung von handgehaltenen Laseranlagen

  • Der Betrieb benennt eine Person (Laserschutzbeauftragte/r) für den Laserschutz und sorgt für deren Ausbildung. Der Inhalt der Ausbildung ist gesetzlich nicht festgelegt. Die Person muss ein schriftliches Sicherheitskonzept erstellen und die Mitarbeitenden periodisch instruieren.
  • Der Laser darf nur in einem geschlossenen und gekennzeichneten Laserüberwachungsbereich mit Laserschutzwänden und einem überwachten, an das Sicherheitssystem des Lasers gekoppelten Zugang betrieben werden. Der Betriebszustand des Lasers muss ausserhalb wie auch innerhalb des Laserüberwachungsbereiches ersichtlich sein.
  • Die Laseranlage muss mit einer wirkungsvollen Schadstoffabsaugung ausgerüstet werden. Die Anforderungen sind in der Broschüre «Schweissen und Schneiden – effektiver Gesundheitsschutz» zusammengefasst.
  • Im Laserüberwachungsbereich muss zertifizierte und entsprechend dem Laser dimensionierte, persönliche Schutzausrüstung (PSA) getragen werden. Dies sind Laserschutzbrille oder -helm, Laserschutzhandschuhe und Bekleidung.
  • Wird die Laseranlage ausserhalb des eigenen Betriebsareals eingesetzt, muss der Laserbereich mit mobilen Laserschutzwänden oder Laserschutzvorhängen abgeschirmt und mit der Sicherheitssteuerung des Lasers verbunden sein.

Zusätzliche Informationen bezüglich Lasersicherheit finden sich auf der Webseite der Suva, im Merkblatt «Achtung, Laserstrahl! Sicherer Umgang mit Lasereinrichtungen» oder in der Norm SN EN 60825-1:2014.

www.suva.ch/laserschweissen

Sven Bürki

Veröffentlichung: 09. Januar 2025 / Ausgabe 1-2/2025

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