Perfektion von der Rolle

Bevor der Schreiner eine passende Kante aufleimen kann, benötigt es die Vorarbeit von Spezialisten. Bild: Idevo AG

Kanten.  Damit der Schreiner immer die passenden Kanten für das jeweilige Dekor zur Verfügung hat, passen die Kantenhersteller ihre Kollektionen laufend den neuesten Dekoren und Trends an. Für den Schreiner ist es wichtig, die Möglichkeiten zu kennen.

Praktisch alle modernen Werkstücke, die aus einem Holzwerkstoff mit einem Dekor bestehen, verfügen über eine Möbelkante. Diese sorgt für einen sauberen und passenden Abschluss, dient aber auch dem Schutz des Trägermaterials. Die immer vielfältigeren Dekor-Kollektionen und die regelmässigen Anpassungen an Trends stellen die Kantenhersteller vor eine spannende Herausforderung.

Ein zentrales Element

Der Schreiner konzentriert sich bei seinen Aufträgen mehrheitlich auf den Holzwerkstoff und verkauft seiner Kundschaft das Dekor. «Der Kante selbst wird oftmals nicht genügend Beachtung geschenkt, und sie wird als lästig empfunden, wenn sie in der entsprechenden Dimension nicht verfügbar ist», sagt Valery Gerber, Geschäftsführer der Idevo AG aus Oberdorf BL. Das Unternehmen ist seit 1975 auf Kanten spezialisiert und bietet mit dem über 2000 m2 grossen Kantenlager individuell gefertigte Kanten für den Schreiner. Dabei spielt die Kante eine zentrale Rolle, wenn es um das Erscheinungsbild des fertigen Werkstückes geht. Damit die richtige Kante für das jeweilige Dekor erhältlich ist, passt das Unternehmen seine Kollektionen laufend an. «Eine Kante passt oftmals auf mehrere Dekore von verschiedenen Plattenherstellern», sagt Gerber.

Um den Überblick über die unzähligen Kombinationsmöglichkeiten nicht zu verlieren, arbeitet das Unternehmen mit einer eigenen Datenbank mit über 15 000 Dekor- und Kantenkombinationen.

Subjektiv und einsatzbezogen

Obwohl für die Zuordnung der passenden Kanten der Delta-E-Wert, eine Einheit für die Bestimmung des Farbabstandes zwischen zwei Farben, zum Einsatz kommt, wird schliesslich oftmals subjektiv gewählt. «Die optische Wahrnehmung stimmt oft nicht mit dem Messwert überein. Struktur, Licht und Material werden im Messwert nämlich nicht beachtet», so Gerber. Besonders die Oberflächenstruktur und die Tatsache, dass die Kante nicht aus demselben Material wie das Dekor besteht, verfälschen je nach Lichteinstrahlung die optische Wahrnehmung. «Hier ist es wichtig, dass der Schreiner seine Kundschaft aufklärt und auch Bemusterungen vor Ort durchführt», rät Gerber.

Für den Schreiner angepasst

Die unzähligen Kanten liegen als Stammrollen in Breiten von 100 bis 400 mm im Lager der Idevo AG. Mittels spezieller Schneidemaschinen werden die Kanten auf die gewünschte Breite geschnitten. Dadurch wird gewährleistet, dass alle Kanten im Breiteverbund aus der selben Produktion stammen und keine Farb- oder Oberflächenabweichungen aufweisen. Weiter werden die geschnittenen Kantenbänder je nach Bedarf abgerollt, mit Schmelzkleber beschichtet, geprimert oder mit einem Doppel- beziehungsweise Selbstklebeband versehen. «Dadurch können wir auf die individuellen Kundenwünsche eingehen und dem Schreiner jede Kante in jeder Dimension, in Kleinst- sowie Grossmengen kurzfristig liefern», sagt Gerber.

Mit Blick auf die Kante

Nebst der passenden Farbauswahl müssen auch Struktur, Haptik und die Verarbeitung passen, damit die Kante am Ende alle Bedürfnisse erfüllt.

Die modernen Dekor-Kollektionen, neue Materialkombinationen und speziell strukturierte Oberflächen werden auch in Zukunft das Finden der richtigen Kante zu einer spannenden Aufgabe machen. Nachfolgend ein paar neue Produkte und Ansätze aus der Kantenwelt.

www.idevo.ch

Echte Linoleumkanten

Die Ostermann Schweiz AG bietet neben den zu den Linoleumbelegen farblich passenden ABS-Kanten ab sofort auch Kanten aus Desktop-Linoleum an.

Die Linoleumkanten sind in 24 Farben erhältlich und alle in den Abmessungen 26 × 1,2 mm verfügbar. Ausgewählte Dekore gibt es zudem in den Breiten 36 und 46 mm. Die Rollenlänge beträgt produktionsbedingt zirka 29 Meter. Die Mindestabnahme liegt bei einer Rolle.

www.ostermann.eu

Kante mit UV-Schutz

Um der Vergilbung durch die UV-Strahlung entgegenzuwirken, die bei Uni-Kunststoffkanten zur Ausbleichung führt, bietet die Provo-kant AG aus Hallwil AG Kanten mit UV-Protect an. Studienergebnisse zeigen, dass durch UV-Protect der Alterungsprozess der Kanten verlangsamt wird. Der zusätzliche Schutz kann bei sämtlichen Uni-Farben ab 200 Laufmetern angewendet werden und sorgt für kräftige, gleichbleibende Farben über eine lange Zeit.

www.provo-kant.ch

Pigmentierte Übergänge

Mit dem neuen Kantenband Raukantex Pigmento bietet Rehau die Möglichkeit, ein passendes Kantendesign für strukturierte Oberflächen wie Keramik, Stein, Holz und Beton zu verwirklichen. Durch eine neue Rezeptur kann die Kante optisch und haptisch Strukturen nachempfinden und ist stossunempfindlich. Die durchgängig pigmentierte Kante ermöglicht es, auch im Bereich des Fräsradius eine rahmenlose Optik zu erzeugen.

www.rehau.com

Neue Furnierkanten

Die C+R Möbelkanten AG aus Wängi TG bietet Starkfurnierkanten mit asymmetrischem Aufbau und einer 0,9 Millimeter dünnen Decklage an. Dank der PUR-Verklebungstechnologie weisen die Kanten eine hohe Beständigkeit gegenüber Feuchtigkeit und gegen Temperaturen von über 150 Grad Celsius aus. Durch die hundertprozentige Feststoffverklebung wird während des Herstellungsprozesses keine zusätzliche Feuchtigkeit an die Furnierkante abgegeben.

www.kanten.ch

Entsorgungskonzept für Kanten

Mit dem Service «ReTurn» bietet Kantenspezialist Rehau ein Entsorgungskonzept für unverarbeitete Kantenbänder in den Werkstoffen ABS und PP. Kunden können Reststücke zurückgeben und so sicherstellen, dass das Material als Rezyklat erneut Verwendung finden kann und nicht verbrannt werden muss.

Von Kante zu Kante

Die Kundschaft kann mit dem Service Lagerbestände von vollständigen, unverarbeiteten Kantenbandrollen anmelden. Rehau organisiert anschliessend die Abholung beim Kunden und den Transport zu vordefinierten Sammelstellen. Die gesammelten Restmengen werden anschliessend sortiert und zu Regranulat aufbereitet. Das Recyclingmaterial wird nach der Aufarbeitung wieder in der Kantenproduktion eingesetzt. Von diesem System profitiert laut Rehau nicht nur die Umwelt, sondern auch der Kunde, da er seine Entsorgungskosten und seine Lageraufwände reduziert sowie Platz in der Logistik schafft.

Das Konzept leistet einen aktiven Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen sowie der Einsparung von Ressourcen. Damit stellt Rehau die Weichen für die kunststoffspezifischen Recyclingvorgaben der Zukunft, die im Rahmen des European Green Deal derzeit ausgearbeitet werden. Wesentliche Kernelemente sollen dabei das Verbot thermischer Verwertung von Kunststoffen, die Erhöhung der Recyclingrate und der verpflichtende Einsatz von Recyclingmaterial in der Produktion sein.

www.rehau.com

Noah Gautschi, NJG

Veröffentlichung: 15. August 2024 / Ausgabe 33/2024

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