Ohne Sorgen mit Vinyl

Auch Bodenbeläge mit dem Schallplattenmaterial Vinyl brauchen genügend Bewegungsfreiheit. Bild: Photocase

Vinylböden.  Oft werden Vinylbeläge als Ersatz für den Echtholzparkettboden eingesetzt. Doch auch diese Kunststoffbeläge brauchen ihre Freiheit und bäumen sich auf, wenn sie nicht korrekt verlegt worden sind. Ein Beispiel zeigt typische Schäden und wie sie vermieden werden.

Im Zuge von Renovationsarbeiten in einem Einfamilienhaus wählten die Bauherrschaft und die Planer über drei Etagen Vinyl-Klickbodenbeläge. Diese wurden schwimmend auf bestehende Untergründe sowie teilweise sogar auf bestehende Bodenbeläge verlegt. Die Vorarbeiten erforderten in einigen Räumen die Höhenanpassung der Bodenflächen mit Spachtelmasse, damit man niveaugleiche Übergänge zum Korridor erhielt. Beim schwimmenden Verlegen wurde das Schiffbodendessin jeweils unter den Zimmertüren mit Trennfugen unterbrochen. Die Fugen erhielten danach eine Fertigstellung mit Fugenkitt. In vielen Sichtanschlussbereichen wurden ebenso Kittfugen angebracht.

Bei verschiedenen Abschlüssen mit Metallwinkeln passte der Bodenleger die Bodenbeläge direkt und ohne Anschlussfugen sauber an. Ansonsten konnten die Fugen gegen die Wände hin mit geschraubten Sockelleisten abgedeckt werden. Nach Ende der Verlegearbeiten erfolgte im Wohnzimmer die Montage eines schweren Schwedenofens auf den Vinylbelag. Auch alle Küchenmöbel wurden direkt auf den neuen Boden gestellt. Die Beheizung des Hauses erfolgt mit Radiatoren, wobei die Leitungen und in vielen Bereichen die Stützen der Radiatoren durch den Bodenbelag führen respektive die Vinylelemente rundherum angepasst werden mussten. Überall bei diesen Anschlüssen wurden wiederum Kittfugen als Abschlüsse angebracht.

Stirnseitig aufgewölbt

Nach einiger Zeit wiesen die Vinylflächen bei den Stirnstössen der Elemente Aufwölbungen auf. Es entstanden auch Fugen, dies vor allem bei Stirnstössen in der Fläche, aber auch bei Sichtanschlüssen.

Bei der Begutachtung des Vinyl-Klickbelages durch den Experten konnten über alle Flächen Aufwölbungen bei Stirnstössen festgestellt werden. Diese traten jedoch immer nur einseitig auf, das heisst bei einer Diele. Das angrenzende Paneel erschien plan. Zum Teil konnten im Bereich der Aufwölbungen sogar Fugen zwischen den Elementen festgestellt werden. Fugen traten auch bei vielen Kittfugen auf. Innerhalb der Bodenflächen lagen Öffnungen zwischen Einzeldielen vor, aber immer nur bei den Stirnstössen, nie längsseitig.

Direkter Anschluss an Winkel

Im Bereich von Metallwinkelabschlüssen lagen keine Anschlussfugen vor. Der Vinylbelag wurde direkt an das Metall angeschnitten. Unter den Sockelleisten jedoch konnten überall 6 bis 8 Millimeter breite Fugen festgestellt werden. Beim Entfernen des Fugenkitts zeigte sich, dass dieser über die ganze Fugenhöhe eingefüllt worden war. Die Masse erschien hart. Eine Schaumstoffrundschnur, eine sogenannte Stopfschnur zum Konstruieren einer ordentlichen, elastischen Kittfuge, lag nirgends vor.

Zu guter Letzt wurden in verschiedenen Bereichen auch Stirnstösse zu kurz zueinander angeordnet. Zusätzlich konnten treppenförmige Stossanordnungen, ebenso mit zu kurzen Versätzen, festgestellt werden.

Klarheit aus dem Labor

Der Experte ging bei der Suche nach den Ursachen für den desolaten Zustand des Vinylbodenbelages zwei Spuren nach. Zum einen entdeckte er schnell Planungs- und Baufehler. Zum anderen nahm er Dielen aus dem Reservematerial mit, um sie im Labor prüfen zu lassen. Insbesondere interessierten ihn die einseitige Aufwölbung der Elementoberseite im Stirnstossbereich. Hierzu konnte er feststellen, dass die Klickverriegelung mit einer rund auslaufenden Stossfläche endet und nach dem Zusammenklicken hinter und vor dem Kamm Hohlräume entstanden. Resultiert nun ein geringer Quelldruck, führt dies automatisch zum Anheben der Nutoberwange mit der Aufwölbung (Bild auf der rechten Seite unten), wobei zum Teil auch Abplatzungen der Oberwange möglich werden. Diese Eigenschaft konnte bei nahezu allen Stirnstössen festgestellt werden. Die Aufwölbungen sind also auf eine ungünstige Profilierung der Klickverriegelung zurückzuführen.

Mängel wegen Anschlüssen

Beim Verlegen des Vinylbelages wurden diverse Fehler begangen, insbesondere im Bereich von allen Sichtanschlüssen. Stellenweise wurden gar keine Anschlussfugen mit Bewegungsmöglichkeit des schwimmend verlegten Belages konstruiert. Der Vinylbelag steht den Abschlüssen satt an.

Bei Sichtanschlüssen mit Kittfugen wurde der Fugenkitt über die ganze Bodenbelagshöhe in die Fuge eingefüllt und erzeugte dadurch eine extrem harte Block-Kittfuge ohne jegliche Elastizität. Schwindspannungen in den Bodenflächen führten in der Folge zu Abrissen im Bereich der Kittfugen, Quelldrücke dagegen förderten die intensiven Stirnstossaufwölbungen, weil die Fläche keine ungehinderte Bewegungsmöglichkeit nach aussen hin aufwies.

Weiche Stopfschnur

Elastische Kittfugen erfordern immer den Einsatz einer Schaumstoffrundschnur, damit der Fugenkitt darüber nur sehr dünn aufgebracht werden muss und seitlich zwei grössere Klebeflächen erzeugt. Jedoch muss auch hierzu berücksichtigt werden, dass jeder noch so elastische Fugenkitt eine Elastizität von maximal 25 Prozent aufweist und somit bei den meisten schwimmend verlegten Bodenflächen nirgends eingesetzt werden kann. Vorgaben von 6 bis 8 Millimetern Fugenbreiten können nicht zu drei Viertel oder 75 Prozent mit Kitt blockiert werden.

Zudem wurden die Stirnstösse in vielen Bereichen mit zu wenig Versatz angeordnet, was ebenso dazu führen kann, dass die treppenförmig vorliegenden Stösse zu Öffnungen führen können.

Die fehlende PE-Folie unter dem Vinyl-Klick- bodenbelag bildete den Schlusspunkt aller Fehlleistungen durch den Bodenleger beim Einbau und bei der Verlegung des schwimmenden Bodenbelags.

Schwere Einbauten

Anschliessend an den Einbau des Vinylbodens erfolgten aber noch weitere Arbeiten, die so nie hätten ausgeführt werden dürfen. Der schwere Schwedenofen und die Küchenmöbel wurden auf die schwimmend verlegte Vinyl-Bodenfläche montiert und blockierten den Belag zusätzlich. Dies wurde vom Bauherrn und vom Planer der Küchenmontage so angeordnet.

Schwere Einrichtungsgegenstände, insbesondere auch Einbaumöbel, sollten immer zuerst auf den Untergrund abgestellt und der schwimmend zu verlegende Bodenbelag bis davor eingebaut werden.

Behebung des Schadens

All diese Fehler beim Verlegen des Vinyl-Klickbodens machten einen Totalersatz notwendig. Bei der Neuverlegung mussten die Vorgaben zwingend eingehalten werden. Dazu gehörte das Erstellen von ausreichend breiten Anschlussfugen, damit der schwimmend verlegte Bodenbelag frei und ohne Behinderung arbeiten kann. Die Fugenbreiten mussten überall eingehalten werden, auch bei den Radiatorröhren und -stützen, ob schön oder nicht.

Um die nachträglich eingebauten Küchenmöbel ging man einen Kompromiss ein: Der Vinylbelag wurde vor den Einbauten sauber abgeschnitten und der neue Boden bis davor verlegt. Damit konnten grosse Zusatzkosten eingespart werden.

Ist im Voraus bekannt, dass ein schwerer Ofen in den Raum gestellt wird, muss dieser zwingend vorher auf den Estrich abgestellt und der schwimmend verlegte Belag sauber rundum angeschlossen werden.

Aus der Verlegeanleitung

Damit Vinyl nicht zum Ärgernis wird

Die Verlegeanleitung zum Vinylbelag umschreibt diverse Punkte, die genau einzuhalten sind:

  • Das Produkt ist für den Einsatz auf einer Fussbodenheizung geeignet, die Temperaturen im Belag dürfen aber bei direkter Sonneneinstrahlung nicht grösser als 35 °C werden, sonst nimmt das Produkt Schaden.
  • Direkte Sonneneinstrahlung ist unbedingt zu vermeiden.
  • Auf Estrichen aus Zement, Kalzium- sulfat, Holzuntergründen und dergleichen muss zwingend zuerst eine 0,2 Millimeter dicke PE-Folie montiert werden. Erst darauf darf der Vinyl-Klickbodenbelag schwimmend verlegt werden.
  • 8 bis 10 Millimeter breite Anschluss- fugen sind überall einzuhalten. Die Fugen sind mit Sockelleisten abzudecken. Anschlussfugen dürfen nicht verschlossen werden oder nur mit einer ganz weichen, elastischen Füllmasse.
  • Der Versatz von Stirnstössen hat mindestens 30 Zentimeter zu messen.
  • Flächen mit über 10 Metern Länge oder Breite erfordern Trennfugen im Bodenbelag. Sollten Temperaturschwankungen von mehr als 5 °C eintreten, sind die Flächendistanzen auf maximal 5 bis 6 Meter Länge oder Breite zu reduzieren.
  • Es dürfen keine schweren Möbel auf die schwimmend verlegte Bodenfläche abgestellt werden, weil dies zu Behinderungen im freien Schwinden und Quellen der lose verlegten Bodenfläche führt.

Zum Autor

Bernhard Lysser (BL) , Autor dieses Beitrags, ist Experte bei der Interessengemeinschaft Schweizer Parkettmarkt (ISP), dem Verband der Schweizer Hersteller, Importeure, Händler und Verleger von Parkett. Ausserdem war Bernhard Lysser während vieler Jahre Geschäftsführer der ISP. Dieser Artikel ist bereits im deutschen Fachmagazin «Boden Wand Decke» erschienen.

www.parkett-verband.ch

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Veröffentlichung: 27. April 2020 / Ausgabe 17/2020

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