«Nicht jeder ist ein guter Einkäufer»


ten einsparen., Bild: Kzenon, fotolia.com
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Materialbeschaffung. Preiskämpfe im Wettbewerb, schwindende Gewinnmargen und ständige Währungsschwankungen erfordern eine zielgerichtete und effiziente Materialbeschaffung. Schreinereien könnten hier von einem grossen Einsparpotenzial profitieren.
Seit 1970 hat sich die Frank Türen AG in Buochs auf die Herstellung von Zimmer- und Spezialtüren konzentriert. Der Holzhandwerksbetrieb mit einer über hundertjährigen Tradition beschäftigt 53 Fachleute. «Unser Materiallager ist in den letzten Jahren stark gewachsen und wurde zunehmend unübersichtlicher», erinnert sich Geschäftsführer Marcel Frank. Die damit verbundenen Kosten wie auch die Ineffizienz der Lagerhaltung haben zum Entscheid der Geschäftsführung geführt, die Materialbeschaffung und Lagerhaltung grundlegend zu überdenken. Dazu gehörten die Überprüfung und Optimierung des gesamten Materialstammes, die Reduzierung der Produktvielfalt sowie die Automatisierung des Bestellablaufes über E-Mail. «Noch nicht umgesetzt sind die systemgestützte Rechnungskontrolle und die Anbindung an die Kreditorenbuchhaltung», informiert der Geschäftsführer.
Trotz der Neukonzeption des Bestell- und Lagerwesens müssen die Prozesse in der Frank Türen AG stets überprüft werden – ganz im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses. So werde zum Beispiel systemseitig kontrolliert, welche Artikel von den Projektleitern aus dem Internet bestellt werden. Marcel Frank ist mit dem Resultat der bis jetzt umgesetzten Massnahmen zufrieden: «Wir konnten unseren Materialbestand dank des stark verbesserten Einkaufs um 36% reduzieren.» Als nächster Schritt sollen nun die Kreditorenkontrolle und die Buchhaltung angepasst werden.
«In der Materialbeschaffung liegt ein grosses Einsparpotenzial, das leider von vielen Betrieben nicht genutzt wird», sagt Tilmann Laube, Ingenieur, Berater und Referent an der Höheren Fachschule Bürgenstock. Bis zu 5% der Materialkosten könnten jährlich eingespart werden, würden gerade die Schreinereien ihr Material effizienter bestellen und verwalten. «Angesichts der Milliardenumsätze, die Materiallieferanten mit Schreinereien erzielen, haben wir es hier mit sehr grossen Beträgen zu tun», gibt Tilmann Laube zu bedenken. Doch was läuft falsch in der Materialbeschaffung von Schreinereien und anderen Handwerksbetrieben? Häufiger Grund für hohe Bestell- und Lieferkosten sei die Art, wie das Material bestellt werde. Hier unterscheidet der Fachmann zwischen einem zentralen und einem dezentralen Einkauf. «Grundsätzlich empfehle ich, die Bestellungen nur über eine Person laufen zu lassen. Das ist meist effizienter, als wenn jeder Mitarbeiter und Projektleiter für sich die Materialbestellungen vornimmt», sagt Tilmann Laube und ergänzt: «Denn nicht jeder gute Projektleiter ist auch ein guter Einkäufer.»
Oft liegt der Fehler beziehungsweise der Grund für höhere Materialkosten im Detail, zum Beispiel bei den Lieferterminen: Die meisten Lieferanten bringen die Ware zu fixen Lieferterminen ein- bis zweimal pro Woche. Wird dies bei der Bestellung nicht berücksichtigt oder muss die Ware ausserhalb der vorgesehenen Termine geliefert werden, verursacht dies Mehrkosten.
«Der Liefertermin hat für die Projektleiter meist oberste Priorität. Dabei vergessen sie, auf die Termine, aber auch auf die Bestellmengen zu achten», stellt Tilmann Laube immer wieder fest. Wer nur für sein Projekt bestellt, übersieht vielleicht, dass auch andere Kolleginnen und Kollegen im Betrieb diesen Artikel benötigen. Mit einer Sammelbestellung könnten Lieferkosten gespart und je nach Mengen auch noch Mengenrabatte erzielt werden. Aus diesem Grund lohnen sich koordinierte Bestellvorgänge und eine gute interne Kommunikation. Wer dem Lieferanten mit der Bestellung auch gleich die Kommissionsinformationen weiterleitet, wird die Ware später in der Regel entsprechend etikettiert erhalten. Das erleichtert die Kontrolle beim Wareneingang erheblich.
Wie sollten Handwerksbetriebe vorgehen, um ihre Materialbestellungen effizienter zu gestalten? «Ein wichtiger Schritt ist meines Erachtens, die Wahl der möglichen Lieferanten stark einzuschränken. Kaufen die Mitarbeiter zum Beispiel bei fünf verschiedenen Lieferanten ein, profitiert das Unternehmen zum einen nicht von Mengenrabatten und Sonderkommissionen, zum andern steigen dadurch die Lieferkosten», begründet Tilmann Laube und schlägt vor, den Lieferantenstamm in A-, B- und C-Lieferanten einzuteilen – verbunden mit der klaren Vorgabe der Geschäftsleitung, mit Priorität bei den A-Lieferanten zu bestellen. «Diese Einschränkung hat mit Führungsverantwortung zu tun. Nur mit solchen klaren Vorgaben kann ein einheitliches und effizientes Bestellprozedere erreicht werden.»
Die gängigen EDV-Branchenlösungen unterstützen diese Ziele bis zu einem gewissen Punkt. Wenn allerdings schon die Bedarfsermittlung im Betrieb zu wenig koordiniert vollzogen wird, nützt das beste Programm nichts.
Weiter müsse der interne Materialstamm möglichst kompakt gehalten werden, indem die Geschäftsführung ihre Mitarbeitenden dazu anhält, auf die Wiederverwendbarkeit von Materialien zu achten. «Zu einer effizienten Material- und Lagerbewirtschaftung gehört auch, sich bezüglich Material- und Lieferantenvielfalt zu beschränken und auf eine gewisse Normierung der Materialien zu einigen. So ist es kostenmässig ein Unsinn, wenn zum Beispiel Beschläge von verschiedenen Lieferanten beziehungsweise Herstellern eingekauft werden und dann meist irgendwo im Lager verschwinden», sagt Tilmann Laube.
Ineffiziente oder gar fehlerhafte Materialbeschaffungen können sich auf die nachfolgenden Prozesse und Geschäftsresultate negativ auswirken. Kommen in einer Schreinerei beispielsweise immer wieder Beschläge von anderen Lieferanten zum Einsatz, werde dadurch in der Produktion oftmals eine Neuerstellung der CNC-Programme nötig. Dieser Zusatzaufwand verringere schliesslich den wirtschaftlichen Erfolg eines Projekts. Deshalb lohne es sich, auf normierte Produkte zu setzen, die bereits in die Prozesse des Betriebs integriert sind.
Während sich Schreinereien, die zum Beispiel auf gewisse Bereiche wie Türen oder Küchenbau spezialisiert sind, bei der Materialbeschaffung laut Tilmann Laube in einer eher günstigeren Situation befinden, fallen dagegen bei Schreinereien für Universalausbauten beim Materialeinkauf meist höhere Kosten an, weil sie über ein viel breiteres Materiallager verfügen müssen. In diesen Betrieben sei eine interne Normierung ganz besonders wichtig.
Zu den grossen Herausforderungen einer effizienten Materialbeschaffung gehöre die Umsetzung der Vorgaben auf der Führungsebene, stellt Tilmann Laube immer wieder fest. «Viele Betriebe kontrollieren die Kreditorenseite ihrer Buchhaltung nicht sauber und führen keine Nachkalkulationen aus. Die Geschäftsführung bewertet die Rechnungen für die Materialbestellungen meist ungenügend.» Neben einem effizienten Einkaufscontrolling mangle es oft auch an der entsprechenden internen Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Projektleiter.
www.tilmannlaube.comwww.frank-tueren.chDie Kursausschreibung zum Thema «Effizienter, kostenoptimierter Einkauf» der Höheren Fachschule Bürgenstock ist unter der Rubrik «Bildung» auf Seite 29 zu finden.
Veröffentlichung: 15. Dezember 2011 / Ausgabe 50/2011
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