Motiviert und bereit für das Arbeitsleben

Lars Andermatt arbeitet in der Werkstatt der Möbelbau Hugener AG in Stein AR. Bild: PD

Die einen haben ihren Fähigkeitsausweis schon erhalten, die anderen halten ihn demnächst in ihren Händen. Eine Absolventin und vier Absolventen erzählen, wie es ihnen in der Lehre ergangen ist und wie ihre Zukunftspläne aussehen.

Die Vertiefungsarbeit in der Allgemeinbildung (ABU) konnte er weglassen. Darüber war Lars Andermatt froh. Diese hätte er kein zweites Mal schreiben wollen. Denn die Schreinerlehre ist für den Appenzeller die zweite Ausbildung. «Nach der Sekundarschule hatte ich Zeichner Fachrichtung Ingenieurbau gelernt und eineinhalb Jahre im Beruf gearbeitet», erzählt der 26-Jährige aus Herisau. «Doch es war nie meins. Ich möchte lieber mit den Händen arbeiten und habe mich deswegen für eine Zweitlehre entschieden.» Seine Stelle hat Andermatt bei Möbelbau Hugener in Stein AR gefunden. Er hat die Lehre verkürzt in drei Jahren gemacht. Turnen und ABU konnte er weglassen. «Das erste Jahr habe ich im Selbststudium absolviert, die überbetrieblichen Kurse habe ich natürlich alle besuchen müssen.» Beim zweiten Mal ist er die Berufsschule und das Lernen etwas anders angegangen. «Ich fand den Unterricht spannend und bin gerne hingegangen.» Dass er etwas älter als seine Klassengspänli ist, hat ihn nie gestört. «Ich bin eine offene Person und nehme die anderen, wie sie sind.»

Der Daumen wird zum Problem

«Ich habe mir das letzte Halbjahr selbst erschwert. Denn in den Skiferien hatte ich mir den Daumen gebrochen und musste meine IPA verschieben», erzählt Andermatt. Eigentlich wollte er im Februar loslegen. Wegen der Genesung wurde es April. «Zum Glück konnte ich meinen WK ebenfalls verschieben.» Hergestellt hat er einen Schiebetürenschrank, für den er einen Beschlag selbst entwickelt hat. «Es hat alles gut geklappt. Darüber bin ich froh.»

Ob er das Qualifikationsverfahren (QV) geschafft hat, weiss der Appenzeller noch nicht. Die Feier findet morgen, 5. Juli, statt. «Ich habe ein gutes Gefühl», sagt er optimistisch. Zu den Höhepunkten der Lehre zählt er seine zweifache Teilnahme an der Freizeitarbeitenausstellung von Appenzeller Lernenden. «Ich war frei, welches Objekt ich herstellen möchte, und habe vom Lehrbetrieb viel Unterstützung und Vertrauen erhalten.» Geplant und produziert hat er eine modulare Wohnwand sowie eine Bar. In seinem Betrieb hat es Lars Andermatt gut gefallen. Dessen Hauptgeschäft sind Betten sowie Schränke. Er hat also vor allem mit Massivholz gearbeitet. Auf der Baustelle sei er in den drei Jahren zwischen 20 und 30 Mal gewesen. Um Neues zu lernen, wechselt er nach dem Berufsabschluss den Betrieb. «Ich gehe zur HP Müller AG in St.Gallen, die mehr mit Platten arbeitet. Das möchte ich auch lernen», begründet er. Die nächsten zehn Jahre plant er, als Schreiner zu arbeiten. «Ich könnte mir vorstellen, eine Weiterbildung als Maschinist zu machen. Aber vorerst möchte ich nur arbeiten.»

Ihre IPA löste Verwunderung aus

Die Schule wird Leandra Signer nicht vermissen. «Die Gspänli schon, aber man sieht sich ja immer wieder, wenn mal will. Ich freue mich, jetzt nur zu arbeiten und nicht lernen zu müssen», sagt die 19-Jährige aus Egnach. Sie wurde bei der Warger Schreinerei in Amriswil TG ausgebildet. «Vor einem Jahr hätte ich gesagt, dass ich noch zu wenig gelernt habe. In den letzten zwölf Monaten habe ich sehr viel profitiert.» Die Lehre sei eine schöne und intensive Zeit gewesen. Die Thurgauer Feier hat Ende Juni stattgefunden, und Signer hat sich ihr Fähigkeitszeugnis mit einer Note von 5,2 abgeholt. «Es war mein Ziel, gut abzuschliessen. Der Hobel, die Auszeichnung für eine Note ab 5,1, war das Goodie. Ich habe auch etwas dafür getan», sagt sie und lacht.

In guter Erinnerung werden ihr das Möbel für den Thurgauer Lernendenwettbewerb sowie die IPA bleiben. Ersteres war ein besonderer Beistelltisch, für den sie mit dem dritten Rang belohnt wurde. Bei der IPA staunten sowohl ihr Ausbildner wie auch der Experte. «Eine Bekannte hatte mich gefragt, ob ich für sie einen traditionellen Appenzeller Schellenständer herstellen könnte», beschreibt Leandra Signer. Beide konnten sich nichts darunter vorstellen. «Ich hatte selbst auch nur Bilder und wusste, dass solche aus Chriesiholz hergestellt werden.» Als sie den Platz entwickelte und ihrem Berufsbildner sagte, dass sie unter anderem gestemmte Türchen machen müsste, sei er mit dem Projekt einverstanden gewesen. «Ich musste schon etwas pröbeln. Aber es kam gut heraus, und meine Bekannte ist glücklich.»

Das Fahrzeug trägt ihren Namen

In ihrem Lehrbetrieb gefällt es der Schreinerin sehr gut: super Team, tolle Anlässe, abwechslungsreiche Arbeit. «Auf das vierte Lehrjahr habe ich einen eigenen Montagebus erhalten. Auf diesem steht sogar mein Name», erzählt sie stolz. Sie erhalte viel Vertrauen und werde gefördert. Für mehrere Monate durfte sie zum Beispiel eine Baustelle betreuen, bei der die Warger Schreinerei vom Roh- bis zum Innenausbau beteiligt war. Sie bleibt deswegen als Monteurin im Betrieb. Baustellen findet Leandra Signer toll. Vier Wände sind ihr zu eng. «Ich mag es, wenn was läuft, und Kundenkontakt finde ich toll.» Zu 98 Prozent seien die Kollegen auf den Baustellen nicht frauenfeindlich, und sie fühle sich dort wohl. «Und sollte mir einer mal dumm kommen, bin ich superschlagfertig.»

Da sie kürzlich die Lastwagenprüfung gemacht habe, könne sich die junge Frau vorstellen, später auch mal als Chauffeuse zu arbeiten. Oder Teilzeit beide Berufe nebeneinander auszuüben. «Das wäre am coolsten. Aber ich habe keine fixe Vision. Mein Ziel ist einfach: glücklich und zufrieden zu sein.»

Nun folgt die Lehre als Zimmermann

Die eine Lehre ist für Lars Ruffiner vorbei, die nächste folgt sogleich. Der 19-Jährige aus Gampel VS fängt nun die Zweitausbildung als Zimmermann an. Verkürzt in drei Jahren. «Schreiner zu lernen, hat mir gefallen. Ich habe aber bald gespürt, dass die feine und genaue Arbeit nicht so mein ist. Ich bevorzuge das Grobe», begründet der Walliser. Den Betrieb wechselt er dafür nicht. Die Imboden & Partner GmbH in Raron VS hat eine Schreinerei und eine Zimmerei. Es gefällt ihm dort sehr gut. «Wir sind ein lässiges Team, pflegen einen guten Zusammenhalt und nehmen auch mal an einem Fussballturnier teil», erzählt er. Lernende seien es viele im Betrieb, er habe mit elf anderen angefangen, verteilt auf beide Sparten.

«Die vier Jahre als Schreinerlernender sind schnell vorbeigegangen. Ich habe viel gelernt, war fleissig und hatte keinen Durchhänger», bilanziert Ruffiner. Den Schulstoff hatte er im Griff. Er hat aber auch einiges an Zeit zum Lernen investiert. Dass er das QV bestanden hat, hat er Ende Juni erfahren. Die Lehrabschlussfeier folgt im August. Er würde alles wieder gleich machen, meint er. «Die zwei Berufe sind eine gute Kombination.»

Sein Lehrbetrieb fördert und fordert ihn. Schon früh habe er eigene Baustellen und Verantwortung erhalten. Da das Unternehmen breit aufgestellt ist, sei die Arbeit abwechslungsreich. «Wir bauen ganze Häuser, stellen Küchen und auch Möbel her und machen Bodenbeläge. Da gibt es viel zu tun», beschreibt der Walliser. In den ersten beiden Lehrjahren sei er vorwiegend auf den Baustellen eingesetzt worden. In den Jahren drei und vier seien die Lernenden dann mehr im Betrieb und an den Maschinen. «Ich wusste schon früh, dass ich mit Holz arbeiten möchte. Ich mag es, selbst zu planen und das Objekt auch gleich umzusetzen.»

Töggelikasten als IPA

Als Höhepunkt der Ausbildung nennt er seine IPA. «Ich wollte etwas Spezielles machen und überlegte zwischen einer Sauna und einem Töggelikasten», erzählt Ruffiner. Entschieden hat er sich für Letzteres. «Das Besondere ist die runde Form. Ich habe sie der Allianz Arena von Bayern München nachempfunden.» Er sei jedoch kein Bayern-Fan, sondern vom FC Sion, betont er. Aber das Stadion der Münchner sei schön. Das Spielfeld hat er aus Nussbaum hergestellt, die Linien aus Ahorn, die Figuren und Griffe aus Nussbaumeinlagen. Zudem hat er eine LED-Beleuchtung eingebaut. «Der Kasten ist mir gut gelungen und steht nun bei mir zu Hause.» Seine Vertiefungsarbeit fand er auch gut, weil er über die Wolfsregulation im Oberwallis schreiben konnte. «Mein Vater ist Wildhüter, und ich habe ihn schon oft bei der Arbeit begleitet. Bald fange ich in der Freizeit selbst als Jäger an.»

Seine Zukunft hat Ruffiner geplant. Nach der Zweitausbildung geht er in die Rekrutenschule. Danach möchte er nach Kanada gehen und beim Bau von Rundholz-Blockhäusern arbeiten. «Das reizt mich. Ich werde so lange bleiben, wie es mir gefällt. Wenn ich zurückkomme, habe ich mit den zwei Ausbildungen ja eine grosse Auswahl an Jobs.»

Die Lehrzeit ging schnell vorbei

Sein Fähigkeitszeugnis hat Samuele Costa Ende Juni erhalten. Die Ausbildung hat ihm Spass gemacht und ist schnell vorbeigegangen. «Ich habe sehr viel gelernt, und das letzte Jahr verging im Flug», sagt der 19-Jährige aus Mellingen AG. Die letzte Prüfung hatte er Ende Mai, zwei Wochen später erhielt er bereits Bescheid, dass er das QV bestanden hat. «Wir waren eine tolle Klasse und hatten ein schönes Miteinander. Schade, ist diese Zeit vorbei.» Für die Schule hat er viel Zeit investiert und ist sehr zufrieden, wie der Abschluss gelaufen ist. Schreiben sei zwar nicht sein Ding, an der Vertiefungsarbeit habe er dennoch Freude gehabt. «Ich habe über Kryptowährungen geschrieben. Als Versuch habe ich einen Account eröffnet und mein neues Wissen angewandt. Es funktionierte. Ich konnte meinen eingesetzten Betrag sogar verfünffachen. Das war cool.»

Von seiner IPA erzählt Costa ebenfalls gerne. «Für die Ausstellung meines Lehrbetriebs, der Barnetta Schreinerei und Möbel AG in Mellingen, habe ich einen Flugzeugtrolley hergestellt. Die Aufgabe hat mich gefordert, aber Spass gemacht. Die Belohnung war eine 5,5.» Der Auftrag wurde ihm zugeteilt. Es störte ihn nicht, einen Kundenauftrag auszuführen. Denn er hat kurz zuvor für den Aargauer Lernendenwettbewerb ein eigenes Sideboard geplant und produziert.

Die Schreinerlehre war Samuele Costas erste Wahl. «Ich wollte nicht in einem Büro arbeiten. Zimmermann hat mich im Gegensatz zum Schreiner weniger überzeugt», erzählt er. Die Arbeit gefällt ihm nach wie vor. Er mag es, etwas zu erstellen und zu bauen, auch das Montieren findet er gut. «Die Arbeit im Lehrbetrieb ist abwechslungsreich, und ich wurde gefördert, was ich toll finde. Bereits im dritten Lehrjahr erhielt ich ein Auto zugeteilt und konnte selbstständig auf Montage. Aber auch die Aufgaben in der Werkstatt sagen mir zu.» Besonders in Erinnerung wird ihm ein aktueller Bau bleiben. «Wir dürfen den Innenausbau in einer 15-Millionen-Villa realisieren. Die Küche ist der Wahnsinn», schwärmt er. Auch nie vergessen werde er eine Situation im ersten Lehrjahr. «Wir sollten einen 6 Meter langen Holztisch in ein Mehrfamilienhaus liefern. Wir versuchten einiges, scheiterten aber. Es musste ein Kran kommen, der den Tisch über den Balkon hochzog.» Seinen Lehrbetrieb findet der Aargauer super. Er bleibt deswegen als Monteur im Unternehmen. Im Januar muss er zur Armee. «Ich denke, dass ich danach zurückkommen und mich beruflich weiterentwickeln werde. Vielleicht mache ich später mal Weiterbildungen im Montagebereich. Das würde mir Spass machen.»

Vom EBA zum EFZ

Nach zwei Ausbildungen in fünf Jahren ist Nicolas Schmidli froh, nun fertig zu sein. «Ich habe zuerst den Schreinerpraktiker gemacht und dann den Schreiner EFZ gleich angehängt und konnte im zweiten Lehrjahr starten», erzählt der 20-Jährige aus Heimberg BE. Gelernt hat er an der Technischen Fachschule Bern (TFB), wo er immer mit seinen Gspänli zusammen war. Im letzten Jahr ging es fürs Praktikum in einen Betrieb. Er konnte zu Team Graf in Münsingen BE. «Ich bin oft auf der Baustelle. Wir machen alles, aber viele Tür- und Küchenmontagen. In der Bude stellen wir Verschiedenes her, was ich gut finde.» Im Unternehmen gefällt es dem jungen Schreiner sehr. «Es ist ein tolles Team, ich darf selbstständig arbeiten und erhalte schon viel Verantwortung. Das ist nicht selbstverständlich», meint er. «Einen Kulturschock hatte ich beim Wechsel von der Lehrwerkstatt in den Betrieb zum Glück nicht. Ich hatte schon zuvor in den Ferien öfter im Betrieb gearbeitet, um etwas Geld zu verdienen.» Denn an der TFB erhalte man kein Geld, habe dafür aber viel mehr Ferien.

Schmidlis Abschlussfeier war auch Ende Juni, sein Fähigkeitszeugnis hat er mit einer Note von 4,9 abgeholt. «Es war gut, dass ich mit dem EBA bereits wusste, dass ich mir Zeit fürs Lernen nehmen muss und wie alles abläuft. Ich würde es wieder so machen», meint er. Als Höhepunkt seiner Ausbildung nennt er seine IPA, auf die er stolz ist. «Ich habe ein Bett aus Eiche produziert, alles metallfrei. Das Innenleben ist von Hüsler Nest. Da ich 1,91 Meter gross bin, ist das Bett 2 auf 2,20 Meter gross.»

Zuerst ins Militär, dann arbeiten

Schmidli kann bei Team Graf bleiben. «Ich werde als Bank- und Montageschreiner angestellt», sagt er. Dank einer Zusammenarbeit von Team Graf mit Obrist Interior habe er die Chance, ausserhalb des Kantons Bern und sogar im Ausland Aufträge zu übernehmen. «Im Januar gehe ich zuerst in die RS, danach geht es aber richtig los. Ich freue mich, Neues zu sehen und zu lernen. Bis dahin muss ich noch etwas an meinem Französisch arbeiten», sagt er und lacht. Seine Eltern sind Lehrer und stolz auf seinen Werdegang. Sie würden es gerne sehen, wenn er bald eine Weiterbildung angeht. «Dazu habe ich jedoch noch keine Lust. Ich will nun einfach mal arbeiten.»

www.moebelbau-hugener.chwww.warger.chwww.imboden-raron.chwww.barnetta.chwww.teamgraf.ch

nicole d’orazio

Veröffentlichung: 04. Juli 2024 / Ausgabe 27-28/2024

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