Meistens kommt es anders …

Montagepraxis. Der Baustellenalltag erfordert vom Monteur viel Flexibilität und Improvisation. Manchmal wird die Notlösung sogar zur Regel, zum Beispiel auf Grossbaustellen. Die SchreinerZeitung berichtet von einem aktuellen Projekt aus der Ostschweiz.

 

Seit über zwei Jahren befindet sich das neue Gebäude des Bundesverwaltungsgerichts in St. Gallen im Bau. Mittlerweile montieren die Schreiner erste Bauteile, darunter Brandschutztüren sowie Nischenverkleidungen. Über 200 Brandschutztüren und zwei bis drei Verkleidungen pro Stockwerk sollen bis im Herbst fertig montiert sein. 

Die Creatop AG Innenausbau und Türsysteme aus Uznach hat sich deshalb entschlossen, die Montage an ein externes Unternehmen zu vergeben. Dadurch erhielt die Peter Baumgartner Schreinermontagen AG diesen Auftrag. «Eigentlich wäre es eine sehr schöne Baustelle. Man hat viel Platz, und ein Lift für den Transport steht zur Verfügung», sagt Jack Breitenmoser, Projektleiter beim Montageunternehmen. Die Transportmöglichkeit ist bei einem Gebäude mit zwölf Etagen und diesem grossen Auftragsvolumen nicht unwesentlich. «Allerdings ist der Lift tagsüber meistens besetzt», fügt Breitenmoser an. Deshalb werden die per Lastwagen angelieferten Bauteile im Keller zwischengelagert. Abends, wenn die meisten Handwerker die Baustelle verlassen haben und der Lift frei ist, verteilen die Monteure die Elemente auf den Stockwerken.

Die stabile Wand fehlt

Eine viel grössere Herausforderung stellt der Einbau der Türen und Verkleidungen dar: Einige Situationen stimmen nicht mit den geplanten Details überein. Bei den Brandschutztüren ist man bei der Planung davon ausgegangen, dass Betondecke und -wände bis zum Rahmen reichen. Da wo die Leibung aus einem Trockenwandaufbau besteht, sollte der Gipser statt der gewöhnlichen Metallprofile ein drei Millimeter starkes U-Profil verwenden. Vor Ort zeigte sich dann aber, dass weder die Betonwände im erwarteten Ausmass noch die stabilen Metallprofile vorhanden waren. Eine stabile und effiziente Montage nur mittels «Rafix»-Schrauben kam also nicht in Frage. «Wo möglich, überbrücken wir jetzt die Zwischenräume mit Z-Winkeln, in extremen Fällen auch mit langen Winkeln und Flacheisen», erklärt Jack Breitenmoser. Allerdings dürfen diese nicht zu weit hinausragen, da sie ansonsten nicht mehr von den Verkleidungen abgedeckt werden. Dies stellt insbesondere bei der Decke ein Problem dar: Einerseits dürfen die Winkel nicht zu gross sein, andererseits können die Monteure die Schrauben nicht genügend festziehen, da sonst die Gipskartonplatten an dieser Stelle zerdrückt würden. 

Die nächste Knacknuss gibt es im Bereich der automatischen Brandabschottungstüren: Im Brandfall drücken diese im geschlos­senen Zustand mit grosser Kraft auf die Rahmenverkleidung. Da wo dieser Druck direkt auf die Unterkonstruktion abgeleitet wird, stellt dies laut Projektleiter Breitenmoser kein Problem dar: «Wir müssen jetzt aber jede Situation einzeln begutachten und wo nötig die Unterkonstruktion verstärken.» Die Blende aus furnierter Gipsfaserplatte wird direkt mit dem Rost verklebt, ein Auswechseln im Schadenfall wäre also aufwendig und teuer.

Schreiner, Fugenspezialist, Elektriker ...

Ebenfalls wurde erst nachträglich beschlossen, dass die Silikonfugen um die Türrahmen nicht bündig, sondern zehn Millimeter zurückversetzt sein sollen. Durch diese Schattenfuge fallen Differenzen zwischen Rahmen und Wand weniger auf. Dafür müssen die Monteure nun die vordersten zehn Millimeter am Rahmen abkleben. Da die Fuge selten schön parallel verläuft, können die Schreiner die Kittfuge nicht in einem Zug abziehen. Sie müssen ständig zwischen verschieden breiten Spachteln wechseln. «Wir klären nun ab, ob sich dafür die Zusammenarbeit mit einem Fugenspezialisten rechnet», fügt Breitenmoser an.

Hinzu kommen Verkabelungen für Türüber­wachungssysteme, die teilweise noch vor Ort in die Rahmen eingelassen werden müssen. «Eigentlich sollte uns bei der Rahmenmontage ständig ein Elektriker zur Seite stehen», schmunzelt Breitenmoser.

Alle diese Zusatzleistungen bedeuten für die Monteure einen erheblichen Mehraufwand. Zudem gestaltet sich die Situation bei fast jeder Tür anders.

Der Boden fehlt

Improvisation erfordert auch die Montage der Nischenverkleidungen, in denen später die Feuerlöschposten Platz finden. Alle Teile des vorgefertigten Elements bestehen aus mit Schichtstoff oder Linoleum belegten Gipsfaserplatten. Für genügend Stabilität bei der Türfront sorgt ein rückseitig aufgeschraubter Stahlrahmen. Das grosse Gewicht nehmen zwei Zapfenbänder an Deckel und Boden auf. Ursprünglich war geplant, dass der Bodenbelag mit einem kleinen Absatz bis in die Nische gegossen wird, und zwar so, dass der Verkleidungsboden nach dem Einbau bündig mit dem Fussboden im Gang abschliesst und das Türgewicht via Zapfenband direkt vom Untergrund aufgenommen wird. Dafür hätten aber die Steigzonen zusätzlich abgedichtet werden müssen, damit die Masse des Unterlagsbodens nicht in die unteren Stockwerke abfliesst. Um das zu umgehen, goss man nur bis an die Nische, wodurch ein etwa zehn Zentimeter hoher Absatz entstand. Die Verkleidung kann nun nicht wie vorgesehen auf den Boden gestellt werden. Die Schreiner versuchen diese Situation jetzt mithilfe von Montagelatten zu lösen. «In der Mitte des Bodens platzieren wir zusätzlich Stellfüsse, damit dieser nicht bricht, falls später jemand darauf steht oder etwas Schweres abstellt», erklärt Jack Breitenmoser. Dazu müssen seine Monteure die Böden der Verkleidungen abschrauben und mit «Lamifix» ausstatten. So können sie den Boden befestigen und anschliessend die Verkleidung in die Nische schieben. Dies ist ­nötig, weil bauseits die Wasseranschlüsse für die Feuerlöschschläuche bereits angebracht sind – was eigentlich auch nicht so geplant war. Da die Verkleidung in der Breite und Höhe nur drei Millimeter weniger als die Nische misst, könnte sie ohnehin nicht zusammen mit dem Boden hineingeschoben werden, selbst wenn der Unterlagsboden wie geplant ausgeführt worden wäre.

Die Bauleitung überzeugen

Sprichwörtlich erschwert wird die ganze Sache durch das hohe Gewicht der Verkleidung. «Alleine kann ein Monteur die Verkleidung kaum handhaben, zudem sind die Seiten durch die ‹Lamifix›-Nut anfälliger auf Beschädigungen», gibt Breitenmoser zu bedenken. 

Wie bei den Brandschutztüren gilt es nun, den Zusatzaufwand anhand einer Musterlösung zu errechnen und die Kostenverteilung zu klären. Breitenmoser und seine Monteure sind gespannt, ob sie die Bauleitung mit den Lösungsvorschlägen überzeugen können, und der Projektleiter meint: «Wahrscheinlich benötigen wir noch ein bis zwei zusätzliche Monteure, damit wir den Terminplan einhalten können.» ph

www.creatop.ch

www.pb-schreinermontagen.ch

Veröffentlichung: 12. Mai 2011 / Ausgabe 19/2011

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