Mehr daraus machen

Im Sägewerk ist eine höhere Ausbeute gleichbedeutend mit mehr Erlös. Bild: Photocase, Pencake

Mehr und bessere Bretter.  Mit dem Röntgenblick ins Holz und einer Reihe von Optimierungs- verfahren beim Einschnitt lässt sich in der Sägerei eine höhere Wertschöpfung erzielen. Ein optimierter Einschnitt bringt auch andere Produkte für den konstruktiven Einsatz hervor.

Knapp zwei Drittel der Kosten in einem Sägewerk entfallen auf das in der Produktion eingesetzte Rundholz. Und mehr als ein Drittel der gesamten Holzmasse wird am Ende nicht erlösträchtiges Schnittholz, sondern es wird zu Schwarten, Spreisseln, Spänen und Sägemehl. Klar also, dass jeder Unternehmer daran interessiert ist, möglichst viel hochpreisige Produkte aus dem eingesetzten Rohmaterial zu erzeugen. Solange alle Unternehmen auf einem etwa ähnlichen Niveau arbeiten, kümmert man sich also eher um Rundholzpreise, Personalkosten und andere Kostenblöcke. Denn wenn die Konkurrenz auch nur 60% Ausbeute hat, ist der Antrieb, die eigene Wertschöpfung zu erhöhen, eher gering.

Was aber nun, wenn Technologien umgesetzt werden, die eine Ausbeutesteigerung um mehrere Prozentpunkte bringen und dabei die grössere Menge Schnittholz auch noch höhere Preise erzielt, weil es eine höhere Qualität hat, die der Markt verlangt? Dann ist klar, wer die Nase vorn hat. So rechnet der Sägewerksausstatter Linck vor: Ein Sägewerk mit 300 000 m3 Rundholzeinschnitt pro Jahr, das seine Ausbeute um ein halbes Prozent steigert, hat 1500 m3 Schnittware mehr, was unter dem Strich knapp 0,25 Mio. Franken mehr an Erlös bedeutet.

Vorher wissen, was nachher rauskommt

Es geht aber nicht um Null-Komma-Prozentpunkte, sondern um wesentlich mehr. Im Sägewerk der Zukunft weiss der Maschinenführer vorher, was hinterher rauskommt. Dazu braucht es Scannersysteme, mit deren Hilfe man in den Stamm hineinschauen kann. Heute erledigen das Röntgenscanner, die nicht nur eine Ausbeuteoptimierung, sondern auch eine Qualitätserhöhung und damit Wertsteigerung bringen. Schon morgen werden es Computertomografen (CT) sein, die einen noch detaillierteren Blick in den Stamm zulassen und die Simulation des Einschnitts am Computer erlauben, bevor überhaupt ein Span geflogen ist.

Es ist noch nicht lange her, da hat die Meldung des Betriebs vom ersten Prototypen eines CT-Scanners für Aufsehen gesorgt. Alle dachten: interessant, aber viel zu langsam und irgendwie auch Zukunftsmusik. «Inzwischen laufen die ersten Anlagen mit der CT-Technik. Einige Bestellungen werden gerade bearbeitet, darunter auch ein Gerät für H.I.T. in Deutschland», erklärt Federico Giudiceandrea, Gründer von Microtec in Bozen, das den CT-Scanner für Rundholz entwickelt hat. Das Gerät arbeitet heute mit Vorschubgeschwindigkeiten von bis zu 140 m/min und ist damit absolut industrietauglich.

Um die umfangreichen Datenerkenntnisse vom Scanner über den Rechner auf die Säge zu bringen, bedient sich das Sägewerk der Zukunft der CNC-Technologie.

CNC-Technik im Sägewerk

Dazu braucht es eine Stammzuführung, die intelligenter arbeitet als den heute üblichen geraden Einlauf mit mittig zentriertem Einschnitt. Dem Sägenführer stehen dazu verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: die automatische Stammeindrehung, Schnittbildoptimierung, Seitenwarenoptimierung, Diagonalausrichtung und der bogenfolgende Einschnitt. Wird der Stamm im Profilierwerk automatisch eingedreht, erreicht man schon 0,5 bis 1% Mehrausbeute. Eine Optimierung der Seitenware ist auch heute schon mit einem 3D-Messsystem nach dem zweiten Spaner möglich. So können unabhängig voneinander rechts und links unterschiedliche Seitenbretter erzeugt werden. Will man zudem die Hauptware optimieren, braucht es ebenfalls andere Ansätze als den geraden, mittig zentrierten Einschnitt. Denn im Vor- und Nachschnitt gilt es, unterschiedlichen Vorgaben Rechnung zu tragen. Nadelholz weist in der Regel nur in einer Ebene eine Krümmung auf. Wenn der Stamm vor dem ersten Spaneraggregat entsprechend der Krümmung ausgerichtet wird, kann man das Rundholz gerade einschneiden. Vor dem Profiliervorgang wird das Model dann entsprechend seiner Kontur vor dem zweiten Spaner positioniert.

Und genau dort kommt der nächste wichtige Punkt zur weiteren Optimierung zum Tragen. Bei einem geraden Einschnitt führen eine diagonale Ausrichtung oder die parallel zur Mitte verschobene Zentrierung des Models zu einer deutlich höheren Ausbeute von bis zu 2%. Wer zudem von Stamm zu Stamm am Bedienerpult entscheiden kann, ob mittig zentriert, parallel verschoben oder diagonal ausgerichtet werden sollte, der macht mehr aus seinem Holz.

Die Königsklasse stellt derzeit die Optimierung durch den bogenfolgenden Einschnitt dar. Unterschieden wird zwischen dem aktiv und dem passiv folgenden Bogeneinschnitt. Beim passiv folgenden Bogeneinschnitt wird die Stammkontur kopiert und das Schnittbild entsprechend der jeweiligen Kontur auf das Model und den Einschnittverlauf übertragen. Im Gegensatz dazu wird beim aktiv folgenden Bogeneinschnitt zusätzlich die optimale Bahn errechnet. So kann die Zunahme des Durchmessers zum Stammansatz hin genutzt werden, grössere Radien zu fahren und so mehr Ausbeute zu erzielen. Die möglichen Krümmungsverläufe sind also grösser als beim passiv folgenden Bogeneinschnitt. Laut Linck bringt die bogenfolgende Arbeitsweise im Nachschnitt bis zu 3,5% Ausbeutegewinn.

Auf das Produkt kommt es an

Neben der Mehrausbeute hat der Einschnitt entlang der Holzfaser einen weiteren Vorteil: Die Festigkeit des Holzes ist wegen des höheren Anteils durchlaufender Fasern in einem Brett höher. «Beim bogenfolgenden Einschnitt werden weniger Fasern durchtrennt, damit steigt die Festigkeit. Schon bei 5° Faserabweichung hat man Einbussen bei der Zugfestigkeit des Brettes um 10%», erklärt Jörg Ressel vom Zentrum Holzwirtschaft der Universität Hamburg.

Interessant ist dieser Umstand vor allem bei der Produktion von Bauholz für den konstruktiven Einsatz, weil dort höhere Festigkeitsklassen auch höhere Erlöse für das Schnittholz bedeuten. «Unsere Erfahrungen und die Ergebnisse der Röntgenzeile zeigen klar: Wenn Holz nicht faserparallel geschnitten ist, dann erreichen wir die gewünschten Festigkeitsklassen oft nicht. Das gilt auch für Laubholz, zum Beispiel bei der Verwertung von Buche für konstruktive Holzprodukte wie Brettschichtholz und Brettsperrholz. Gerade dort braucht es Holz mit hoher Festigkeit, und das geht nur faserparallel», erklärt Harald Lumplecker, österreichischer Holzindustrieberater.

Wissenschaftliche Erkenntnisse dazu gibt es bislang nur vereinzelt, und die stammen meistens aus den skandinavischen Ländern oder Nordamerika. Aber Lumplecker, der schon bei der Konzeption von 17 Brettschichtholzwerken beteiligt war, ist sich sicher: «Der Klassensprung bei der Sortierung findet durch den parallelen Faserverlauf statt. Und schon durch das Eindrehen des Stammes werden weniger Fasern durchtrennt, was sich am Ergebnis klar ablesen lässt.» Der Berater ist auch beim Buchenholzprojekt des Waldwirtschaftsverbandes beider Basel involviert, wo eine Weiterverarbeitung von Buchenholz angedacht ist. «Wenn wir Buchenbretter durch die Festigkeitssortierung schicken, faserparallel schneiden und dann noch entsprechend sortieren, können wir eine wesentlich höhere Wertschöpfung herausholen, als wenn das alles nicht berücksichtigt wird», so Lumplecker.

Das Optimum der Wertschöpfungssteigerung liegt bei einfach gekrümmten, aber zylindrischen Stämmen. Denn auch durch die Abholzigkeit eines Stammes werden Fasern durchtrennt. Damit ist auch das Laubholz mit im Fokus.

Technologie ist da, Markt gesucht

Die Krümmung der bogenförmig eingeschnittenen Hölzer legt sich entsprechend dem Faserverlauf bei der Trocknung wieder gerade. Eine weitere Bearbeitung ist nicht nötig. Das Holz kann genauso wie konventionell erzeugtes Schnittgut behandelt werden. Technologisch sind die Verfahren ausgereift, samt Scannertechnologie und Datenverarbeitung. Damit alles funktioniert, braucht es jedoch die Käufer des höherwertigen Schnittholzes, die dann auch mehr dafür bezahlen. «Natürlich hängt alles vom Markt ab. Aber die Säger sind auf der Suche nach Produkten, die gefragt sind. Massenwarenproduktion bringt viele nicht weiter», sagt Giudiceandrea.

Wenn Bauteile aus Holz künftig leistungsfähiger, schlanker und auch intelligenter werden sollen, wird das Merkmal Optimierung die Sägeindustrie in den nächsten Jahren prägen. Die inneren Eigenschaften von Holz vorher zu kennen, ist eigentlich eine kleine Revolution. Denn «Wertschöpfungssteigerungen von 10% sind möglich», weiss Giudiceandrea. Der Geschäftsführer ist, natürlich auch von Berufs wegen, davon überzeugt, «dass die Reise der Säger und Weiterverarbeiter hin zur Qualitätsoptimierung geht, um mehr Erlöse am Markt erzielen zu können.»

Während die mitteleuropäischen Unternehmen noch zögern, zeigen Neuinvestitionen in Russland, Skandinavien oder auch Lateinamerika in eine andere Richtung. Dort werden neueste Scannertechnologie und die Optimierungsverfahren samt dem bogenfolgenden Einschnitt in den CNC-Sägewerken von morgen bereits heute verwirklicht.

Auf konkurrenzfähige Rundholzpreise zu drängen, Erleichterungen bei der LSVA-Abgabe oder günstige Strompreise zu hoffen, wird den hiesigen Schnittholzproduzenten dann wenig helfen. Denn in diesem Fall werden andere die besseren Produkte haben und auch noch das günstigere Rundholz. Die reine Massenlehre des letzten Jahrzehnts scheint zu Ende zu gehen, wenn die Qualität wieder an Bedeutung gewinnt. Das ist auch eine Chance. Der bogenfolgende Einschnitt wurde übrigens zuerst bei der Gattertechnik durch ein Nachziehen des Spannwagens umgesetzt.

www.linck.comwww.microtec.euwww.hib.at

ch

Veröffentlichung: 12. Dezember 2013 / Ausgabe 50/2013

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