Kunstvolle Nachbauten
Drücker-Urmodelle von Glutz mit den Entwurfszeichnungen von damals. Bild: Andreas Brinkmann
Drücker-Urmodelle von Glutz mit den Entwurfszeichnungen von damals. Bild: Andreas Brinkmann
Sonderanfertigungen. Bei Renovationen historischer Gebäude sind individuelle, handwerklich gefertigte Beschläge gefragt. Betriebe, die solche Garnituren restaurieren oder authentisch nachbauen, stellen auch zeitgemässe Unikate und Kleinserien her.
Mit zu den wichtigsten Dingen beim Bauen von Häusern, beim Innenausbau und bei der Herstellung von Möbeln gehören Beschläge. Sie ermöglichen Funktionen und sind mal hervorstechend dekorativ oder dezent unsichtbar. Auch wenn immer wieder neue Wirkungsweisen ermöglicht werden und sich die Produkte laufend weiterentwickeln, hat jede Zeit ihre ganz eigene Gewichtung solcher Elemente. Das liegt in starkem Masse an den technischen Möglichkeiten jeder Epoche. Türbänder längst vergangener Zeiten waren aus Eisen und wurden auf das Blatt sowie den Türrahmen aufgeschraubt. In Häusern wohlhabender Leute verzierte man diese Bandlappen und auch die aufgeschraubten Kastenschlösser in Handarbeit, was diese technischen Elemente kunstvoll betonte. Heutige Metalllegierungen und Herstellungsverfahren ermöglichen sehr leistungsfähige, verdeckt liegende Türbänder sowie hochkomplexe Schliesssysteme, die kaum sichtbar eingesetzt und in Menge hergestellt werden.
Wenn alte Möbel oder Gebäude renoviert werden sollen, muss man auch ihre originalen Beschläge sanieren oder allenfalls sogar ersetzen. Historische Bauten und Möbel benötigen bei einer Restauration oft auch eine sanfte Anpassung an die heutige Zeit. Das erfordert Beschläge, welche gewisse neue Funktionen zulassen, die in ihrer Machart und Ausstrahlung aber authentisch wirken oder sogar sind. Es gibt Hersteller, die Nachbauten historischer Beschläge anbieten und einen grossen Teil der bei Renovationen benötigten Produkte abdecken. Sobald es aber um die Instandsetzung oder den originalgetreuen Nachbau von Beschlägen geht, sind spezialisierte Handwerksbetriebe gefragt. Diese können auch moderne Unikate herstellen.
Die Glutz Manufaktur ist eine Abteilung der Glutz AG in Solothurn, die im Sandgussverfahren Unikate und kleine Serien herstellt. Gegossen wird mit Messing und auch mit Bronze. Drückergarnituren werden normalerweise aus Messing gefertigt und allenfalls galvanisch veredelt – vernickelt, vergoldet und dergleichen.
Für ein Einzelstück braucht es ein Urmodell – das kann aus Holz geschnitzt, modelliert oder ein vorhandener Beschlag sein. Um die Gussform zu erhalten, werden zwei aufeinander steckbare Formkästen mit einem speziellen Giessereisand gefüllt und dieser verdichtet. In die beiden Sandflächen, die zueinander schauen, wird das Modell eingepresst, wodurch eine Negativform davon entsteht. Idealerweise ist das Modell zwei Prozent grösser als das gewünschte Produkt, denn so viel schwindet das Metall beim Abkühlen. In die Negativprägung der Sandform könnte sogar noch individuell eine zusätzliche Verzierung eingepresst und das Modell dadurch modifiziert werden. Damit das flüssige Metall in die Form gegossen werden kann, wird ein Speisekanal mit Trichter zum Eingiessen des Metalls sowie ein Entlüftungskanal von Hand in die Sandform eingearbeitet. Für Serien fertigt ein Modellbauer eine Modellplatte, mit der alles Erforderliche in einem Arbeitsgang in beide Sandflächen gepresst werden kann. Nach dem Giessen und Abkühlen des Metalls wird das Gussteil in der mechanischen Werkstatt nachbearbeitet. Der Sand wird aufbereitet und kann wieder verwendet werden.
In der Hager Zierbeschläge AG in Niederurnen GL bildet der Manufakturbereich einen wichtigen Teil des Angebotes. Individuelle Wünsche können ausser im Giessverfahren auch warm gepresst werden. Dazu müssen die beiden Negativformen aus Stahl gefertigt sein. Das glühende Metall wird in die untere Form gelegt und dann die obere Form mechanisch im Schmiedehammer aufeinandergepresst. Statt im Entlüftungskanal wie beim Giessen kann das überschüssige Material im Kontaktbereich der beiden Formen als dünne Blechschicht entweichen.
Auch hier muss anschliessend nachgearbeitet werden. Die Oberfläche ist glatter als beim Sandguss. Anders als dort ist die Stahlform starr, wodurch nur Produkte möglich sind, welche leicht nach aussen geneigte Formwände erlauben, damit die Produkte beim Herausnehmen nicht verklemmen können – also solche, die über eine Aushebeschräge verfügen.
«Jeder Betrieb hat seine eigenen Stärken», weiss Mathias Wickli. In seiner Schmiede in Krinau SG befasst er sich, ausser mit allgemeinen Schmiedearbeiten, mit der fachgerechten Restaurierung und Instandsetzung von älteren und historischen Schlössern und Beschlägen. Je nach Zustand werden sie zerlegt und repariert. Unbrauchbare Teile, wie gebrochene Federn, werden nachgebaut und Oberflächen wieder aufgebaut. Als Besonderheit war das Verzinnen früher verbreitet. Solche Oberflächen müssen sehr sorgfältig restauriert werden. Bei der Oberflächenbehandlung der Beschläge kann der Kunde unter alten, bewährten oder modernen Beschichtungsmethoden wählen. Bei richtiger Pflege sind auch gewachste und geölte Flächen gut und dauerhaft geschützt.
«Auch wenn eine Feder nachgebaut oder die Nuss aufgelötet werden muss, um den Vierkantdorn wieder richtig zu greifen, ist das günstiger, als eine historische Tür und deren Rahmen an ein neues Schloss anzupassen», sagt Marek Krähenbühl von der Dorfschmiede in Oberneunforn TG. Gerade Türen und Fenster müssen auch an den heutigen Standard angepasst werden, sollen aber möglichst nah am historischen Vorbild bleiben. Vom Dorfschmied werden dann dem Schreiner auch die richtigen Nägel und Schrauben mitgeliefert, damit die Wirkung authentisch ist. Da fast jedes alte Türschloss auf moderne Schliesszylinder umgebaut werden kann, lässt sich das historische Aussehen durchaus mit modernem Sicherheitsstandard verbinden.
Gemeinsam mit der Berner Denkmalpflege wurden bei der Werk 14 AG aus Grünen BE historisch wirkende Espagnoletten-Verschlüsse für neue Fenster entwickelt, damit diese in solchen Gebäuden authentisch wirken. Entstanden sind drei Modelle im Design eines Ruders (Verriegelungshebel) in S-Form, wie es im Frühbarock vorkam, eines Pfeifenruders, wie es im Spätbarock beliebt war, und eines Herzruders, welches in der Zeit von 1800 bis 1860 grosse Verbreitung fand.
Die Formen sollen dem Ursprungsprodukt zwar entsprechen, aber eine zeitgemässe Interpretation sein, was auch deren industrielle Produktion unterstreicht. Angeboten werden die Modelle mit den Oberflächenvarianten Stahl blank, mit Hartöl konserviert oder lackiert. Speziell ist, dass bei der Ausführung Stahl geölt Bearbeitungsspuren sichtbar bleiben, was die Authentizität des jeweiligen Beschlages hervorhebt.
www.glutz.comwww.zierbeschlaege.chwww.schmiede-krinau.chwww.dorfschmiede.chwww.werk14.chVeröffentlichung: 25. November 2021 / Ausgabe 48/2021
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