Jede Aufgabe wird diskutiert und geprobt

Andreas Steiner entwirft die Pläne für die Teilprüfung in 2D und 3D. Bild: Nicole D'Orazio

Die Teilprüfung im dritten Jahr ist die erste grosse Hürde auf dem Weg zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis als Schreinerin und Schreiner. Doch wie entstehen die Aufgaben? Eine Sub- kommission aus Experten erarbeitet sie.

Sie macht 20 Prozent der Abschlussnote im Qualifikationsverfahren (QV) aus und ist eine Fallnote. Die Teilprüfung ist der grosse Brocken in der Ausbildung zur Schreinerin und zum Schreiner EFZ. Jeweils gegen Ende des sechsten Semesters müssen die Lernenden antreten, um die elf Aufgaben zu bewältigen. Pro Aufgabe haben sie eine Stunde Zeit. Bei den Skibauern umfasst sie hingegen sieben Aufgaben innerhalb von acht Stunden. 20 Prozent der Note machen das Vorbereiten und Planen aus. Zu 80 Prozent fliesst das Herstellen der Produkte in die Bewertung ein. Die Teilprüfung umfasst alle Leistungsziele der Lernorte «überbetriebliche Kurse» und «Betrieb» gemäss Bildungsplan.

Experten treffen sich mehrmals

Doch wie entstehen die Aufgaben und wer ist dafür verantwortlich? Die Auswahl der Leistungsziele und die Aufgabenstellungen werden durch eine Subkommission des Verbands Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) und des westschweizerischen Schreinerverbands Frecem getroffen und erstellt. Sandro Mächler, Projektleiter Grundbildung beim VSSM, leitet die Subkommission. «Zur Gruppe gehören verschiedenste Personen wie ÜK-Leitende, Betriebsleitende, Berufsbildende sowie Vertreter des VSSM und der Frecem. Sie sollen das ganze Spektrum der Schreinerbranche ausgewogen abbilden», erklärt er.

Im September trifft sich die Kommission jeweils zur Ideenfindung. «Wir überlegen uns, wie die zehn Objekte der Teilprüfung sowie das Reissfragment aussehen könnten.» Die Aufgabenstellungen dienen der Überprüfung der Leistungsziele, die in den QV-Ausführungsbestimmungen definiert sind. Zum Beispiel wird das Bedienen aller Maschinen, die im Alltag in einer Schreinerei gebraucht werden, bewertet. «Die Aufgaben sind sich deswegen ähnlich, jedoch kopieren wir nicht einfach solche von früher», sagt Mächler.

Nummer 3 ist ein Rahmenfragment

Andreas Steiner, Projektleiter Weiterbildung beim VSSM, skizziert eine erste Version der Aufgaben. «Dann schauen sich alle Subkommissionsmitglieder die Pläne an und geben eine Rückmeldung.» Die Reihenfolge an der Prüfung ist stets die gleiche. «Die Nummer 3 ist zum Beispiel immer ein Rahmenfragment und die 7 eine Kreissägenarbeit. So können die Lernenden den Ablauf üben», sagt er. Bei den Plänen erstellt er jeweils eine verkleinerte Werkzeichnung und die Details zum Reissen. Zudem gibt es immer eine 3D-Abbildung, damit man sich das Objekt vorstellen kann. Beim Konstruieren und Planen sieht er sofort, ob Ideen umsetzbar, zu einfach oder zu schwierig sind. Tendenziell müssten sie vereinfacht werden, sagt er. «Ich zeichne alles in 3D, damit ich Fehler ausmerzen kann und sehe, ob auch wirklich alles zusammenpasst.»

Im November wird mit den Aufgaben ein Probelauf gestartet. «Vier ÜK-Leiter spielen die Teilprüfung durch», sagt Mächler. Bewertet wird ebenfalls. Natürlich sei sich die Subkommission bewusst, dass erfahrene ÜK-Leiter sattelfester seien als Lernende. «Diese können die Aufgaben und die Schwierigkeiten allerdings einschätzen, weil sie ja auch die Lernenden kennen.» Das Ziel sei es, dass die Aufgaben gut machbar sind. Die Subkommission trifft sich im Januar nochmals und legt die Aufgaben definitiv fest. «Es wird teilweise schon intensiv über die Pläne, speziell über Details, diskutiert, bis alle Experten damit zufrieden sind», ergänzt Steiner.

Genaue Auswertung folgt

Nach der Teilprüfung findet jeweils eine Auswertung der Aufgaben und Noten statt. Zudem werden die Chefexperten befragt. «Der Notendurchschnitt der Teilprüfung sollte schweizweit jährlich bei einem ähnlichen Wert liegen», erklärt Mächler. «Wir wollen sie nicht einmal leichter und im anderen Jahr schwieriger machen. Die Voraussetzungen sollen für alle Jahrgänge gleich sein.» Natürlich solle auch die Note 6 möglich sein. Das sei den Experten wichtig. Es gebe trotzdem ab und zu Unterschiede bei den Leistungen. Jeweils 10 bis 13 Prozent fallen durch.

Mächler und Steiner empfehlen allen Lernenden, sich die Aufgaben der letzten Jahre anzuschauen und mit diesen zu trainieren. «So kann man sich optimal vorbereiten. Die Pläne sind alle auf der Website des VSSM online abrufbar.»

Tipps von Lernenden im vierten Jahr

Sina Manhart, 18 Jahre, Degersheim SG: 

1. Mach einen Probelauf, bei dem du mehrere Fragmente herstellst. Es ist etwas anderes, wenn man mehrere Aufgaben nacheinander löst als immer nur eine nach Feierabend.
2. Wenn dir in der Prüfung ein Fragment nicht gelingt, dann lege es auf die Seite und konzentriere dich auf das nächste. Was passiert ist, ist passiert.
3. Iss einen Apfel gegen die Nervosität. Die im Apfel enthaltenen Vitamine geben dir zudem Energie.

Res Stucki, 21, Entschwil BE:

1. Wenn etwas schiefgeht, lass dich nicht aus dem Konzept bringen. Im späteren Berufsalltag klappt auch nicht alles.
2. Trage deine Dokumentation jeden Tag nach und beschreibe die Themen ausführlich. So vergisst du nichts.
3. Lies die Bewertungsdokumente auf der VSSM-Website durch. So weisst du, worauf geachtet wird. 

Daniel Laubscher, 19, Opfershofen TG:

1. Falls es bei den Aufgaben nicht läuft, versuche stets positive Energie aufzubringen.
2. Spiele die Prüfungssituation für dich durch und achte dabei speziell auf den Zeitrahmen. Vielleicht kann dein Berufsbildner dabei den Experten spielen.
3. Beginne früh mit dem Training. Du kannst nicht in zwei Wochen alles lernen. Lege den Fokus auf deine Schwachstellen.

www.vssm.ch/tp

Nicole D'Orazio

Veröffentlichung: 03. März 2022 / Ausgabe 9/2022

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