Ist Muskelkraft noch zeitgemäss?


Intelligent platziert bringen Hebegeräte einen hohen Nutzen. Neben dem Gesundheitsaspekt steht auch der wirtschaftliche Vorteil im Vordergrund. Bild: Gis, Arthur Kemény
Intelligent platziert bringen Hebegeräte einen hohen Nutzen. Neben dem Gesundheitsaspekt steht auch der wirtschaftliche Vorteil im Vordergrund. Bild: Gis, Arthur Kemény
Materialhandling. Wer schwere Werkstücke bewegen muss, setzt heute auf Transportanlagen wie Kranbahnen und Schwenkkrane. Das schont nicht nur die Gesundheit der Mitarbeiter, sondern rechnet sich auch betriebswirtschaftlich sehr schnell.
25 kg – und kein bisschen mehr! Dieses Hebegewicht erachtet die Suva bei regelmässiger Ausübung als zumutbares Gewicht, um die Gesundheit von erwachsenen Männern nicht zu beeinträchtigen. Was darüber hinaus geht – jedenfalls wenn es zur Gewohnheit wird –, habe früher oder später gesundheitliche Schäden zur Folge.
Angesichts dieser Tatsachen wird schnell klar, dass der Mensch als Transportmittel weder in der Schreinerei und schon gar nicht im Holzbaubetrieb geeignet ist. Der Einsatz von situationsgerechten Hebegeräten ist daher unumgänglich und bringt neben dem Gesundheitsaspekt viele weitere Vorteile. Zum eigentlichen Gewicht kommen in vielen Situationen negative Faktoren dazu, etwa beim Auflegen von schweren Elementen auf die CNC-Zentren: Durch die grosse Reichweite, mit der ein Gewicht bewegt werden muss, steigt die Belastung. Je weiter die Last vom Körper wegbewegt wird, desto mehr nimmt die Einwirkung auf den Hebeapparat des Menschen zu. Zudem wird die Kontrolle der Bewegung mit zunehmendem Abstand schwieriger. Handling-Systeme verbessern in dieser Situation die Qualität des Auflegens deutlich. Die Werkstücke lassen sich nicht nur genauer auflegen, sondern auch schonender. Kratzspuren oder an der Kante abgebrochene Deckbeläge kann man dadurch weitgehend verhindern.
Hebegeräte weisen aber neben dem gesundheitlichen Nutzen ebenso handfeste wirtschaftliche Vorteile auf. Über den betriebswirtschaftlichen Sinn muss man kaum diskutieren, eine Amortisation erfolgt in der Regel sehr schnell, einerseits, weil die Person die Lasten alleine verschieben kann, was den Personaleinsatz halbiert. Andererseits bieten die Geräte auch Kontinuität im Arbeitsfluss. Man muss zum Auflegen eines Werkstückes weder eine Hilfsperson suchen und auf diese warten, noch wird die Hilfsperson von ihrer eigentlichen Aufgabe abgehalten. Vorteile gibt es also gleich mehrere und auf jeder Seite.
Konstruktiv haben die Hersteller in den letzten Jahren Fortschritte gemacht. Die Zeiten, in denen eine Kranbahn an der Decke montiert sein musste, sind vorbei. Neben wandmontierten Schwenkkranen mit Kettenzug und Plattenklemmer gibt es mittlerweile auch Säulendrehkrane und Teleskoplifter, sogar um Platten einem Kragarmgestell zu entnehmen. Selbst abgehängte Systeme sind denkbar, etwa wenn zu viele Versorgungsleitungen den Platz über den Produktionsbereichen eng machen.
Die SchreinerZeitung hat stellvertretend für viele gute Lösungen Beispiele herausgepickt und zeigt auf den nächsten Seiten, was es zu einer guten Lösung braucht.
«In welchem Zeitraum sich ein Hebegerät amortisieren lässt, ist für uns sekundär», sagt Felix Meier, Geschäftsleiter und Mitinhaber der Schreinerei Jos. Berchtold in Zürich. Mit der Anschaffung von Hebegeräten habe man bewusst in die Qualität der Arbeitsplätze und die Gesundheit der Mitarbeiter investiert. Hebegeräte bieten eine ganze Reihe von Vorteilen. «In erster Linie geht es uns um Arbeitserleichterung für die Mitarbeiter», sagt Meier. Das Handling der schweren Tür- und Innenausbauelemente sei für die Gesundheit der Betroffenen nicht förderlich, die Hebegeräte würden die Körper schonen. Zudem lasse sich die ganze Prozesskette optimieren, denn durch die Hilfen könnten ebenso schwere Elemente von nur einer Person verschoben werden.
Die Firma Berchtold hat schon seit über zwanzig Jahren diverse Kleinhebegeräte der Firma Schmalz im Einsatz und damit durchwegs gute Erfahrungen gemacht. Für die Zuführung von Werkstücken auf die CNC-Zentren hat die Schreinerei einen «JumboErgo 110»-Schlauchheber installieren lassen. Damit kann man Platten oder Türen bis 110 kg Gewicht rationell auf den Maschinentisch oder zurück auf die Transportwagen heben. Die Bedienung erfolgt dabei einfach über einen Drehgriff, ähnlich des «Gasgriffes» eines Motorrades. «Die Bedienung der Schlauchheber ist so intuitiv und einfach, dass es den Mitarbeitern gar nicht in den Sinn kommt, sie nicht zu gebrauchen», sagt Meier.
Gefertigt sind die Kranelemente aus Aluminium, was die Konstruktion leicht und handlich macht. Sie sind dadurch auch sehr leichtgängig in der Kranbahn zu schieben. «In der Jos. Berchtold AG ist bei der Kon- zeption neuer Anlagen jeweils die geringe Raumhöhe und abgehängte Infrastrukturleitungen für die Absaugung oder für den Druckluft- oder Wärmetransport eine Herausforderung», sagt Schmalz-Schweiz-Geschäftsführer Christian Landis. Unterdessen hat das Unternehmen bereits sechs Schlauchheber des Typs «Jumbo» und ein Hebegerät des Typs «VacuMaster» im Einsatz. «Fehlt an einem Arbeitsplatz das entsprechende Gerät, melden uns das die Mitarbeiter. Sie möchten nicht auf die Geräte verzichten», erklärt Meier.
Krane und Kettenzüge der Firma Gis findet man in vielen Schweizer Schreinereien. Auf die Qualitätsprodukte aus dem Luzerner Hinterland vertraut auch die Schreinerei Peba GmbH aus Buochs. Das Unternehmen verarbeitet viele Plattenwerkstoffe und ist aufgrund der beschränkten Produktionsflächen im Betrieb auf das Handling mittels Krananlagen angewiesen. Zudem lagert die Schreinerei ihre Plattenwerkstoffe in vertikaler Lage, nimmt sie an der Rampe bereits so in Empfang. Das bedingt nach dem vertikalen Zuschnitt im Minimum eine oder sogar mehrere Lageänderungen um 90° für die weitere Bearbeitung.
Um diese Transportwege zu überwinden, setzt Peter Barmettler auf verschiedene Lösungen. Von der Anlieferung an der Rampe hinein in das Gebäude ist eine Kranbahn mit Laufkatze sowie Kettenzug installiert. Mit dieser können die Plattenwerkstoffe in das Gebäude zum Bereich Zwischenlager oder gleich weiter zur Plattenzuschnittanlage gefahren werden. Diese Transporte erfolgen in vertikaler Ausrichtung, zum Halten der Rohplatten und Werkstücke dient ein simpler Plattengreifer mit gewichtsabhängiger Klemmkraft.
Im eigentlichen Produktionsbereich können Barmettler und sein Team die Werkstücke auf eine Doppelträger-Kranbahn mit unten laufendem Einträger-Hängekran verschieben. Mit einer Tragkraft von 250 kg ermöglicht diese Konstruktion Fahrten des angehängten Kettenzuges in alle Richtungen. Um aber die Platten oder Werkstücke wie Türen zu schwenken, hat Barmettler ein «VacuJet»-Wendegerät, ebenfalls von Gis, angeschafft. Mit diesem lassen sich Lasten von bis zu 80 kg mühelos ansaugen, kippen und schwenken. Der Kippvorgang erfolgt dabei elektrisch über Linearmotoren und ohne zusätzlichen Kraftaufwand des Bedieners. «Damit lassen sich auch schwere, aus mehreren Schichten aufgebaute Brandschutztüren in der horizontalen Lage angesaugt, sanft angehoben und um bis zu 85° schwenken, ohne dabei die Kanten zu beschädigen», sagt Barmettler. Zusätzlich kann man das Werkstück auch noch manuell um 180° schwenken. Nach der Drehung rastet der Mechanismus automatisch wieder bei 90 oder 180° ein. Bedienen lässt sich die Anlage sehr einfach: Alle Bedienhebel sind am Ausleger angebracht, dadurch kann man das Transportgut während der Fahrt stabilisieren und lenken. In unmittelbarer Nähe zum Ausleger ist auch die mechanische Ausklinkeinheit zum Schwenken der Lasten angebracht. Der Vakuumerzeuger ist direkt auf der Wendeeinheit montiert, der Betriebsstand lässt sich an einem Manometer ablesen.
Wenn es um grössere Lasten geht, sind holzverarbeitende Betriebe auf angepasste Kranlösungen angewiesen. Eine Anlage mit eher ungewöhnlichen Konstruktionsmerkmalen hat die Firma Gersag Krantechnik GmbH für die Firma Hüsser Holzleimbau im aargauischen Bremgarten erstellt. Obwohl die Anlage mit einer Tragkraft von über 6 t deutlich grösser ist als übliche Logistiklösungen, hatten die Planer mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, wie sie auch in Schreinereien anzutreffen sind. «Fast immer gibt es statische Herausforderungen oder Hindernisse wie Leitungen oder Absaugrohre befinden sich genau dort, wo wir die Laufschienen montieren sollten», sagt Gersag-Kundenberater Urs Koch.
In Bremgarten AG sollte eine neue Fabrikationshalle mit einem gebäudelangen Laufkran ausgerüstet werden. Doch mitten im Gebäude ragte ein Hindernis in Form eines Anbaus in den Installationsbereich der Kran-bahn. Die eine Schiene liess sich darum nicht am Deckenrand, sondern erst einige Meter zur Raummitte hin platzieren. Um trotzdem den ganzen Hallenbereich über zwei parallele Kranträger erschliessen zu können, hat Gersag eine Teleskopkonstruktion vorgeschlagen. Dabei sind zwei Traversen jeweils untereinander so angeordnet, dass sich der untere Ausleger über die Laufschiene hinaus verschieben lässt. «Damit kann eine Last an jeder Stelle der Halle abgehoben oder abgesetzt werden», sagt Koch.
Steuern lässt sich sowohl die Teleskopfunktion wie auch der parallele Gebrauch beider Kranbrücken vollautomatisch von einer Fernbedienung aus. Soll die Last in den Teleskopbereich bewegt werden, fährt die Laufkatze automatisch zum Rand des regulären Bereiches, worauf die SPS-Steuerung die Teleskopfunktion freigibt und über einen Verfahrmotor bewegt. Über die SPS-Steuerung lässt sich zudem eine Kollision des Krans mit dem baulichen Hindernis in der Halle vermeiden und die beiden Kranbahnen lassen sich synchron bewegen.
Die Teleskopfunktion bringt in der Maximalstellung die Hallenkonstruktion an die Grenze ihrer Tragfähigkeit, entsteht doch an der stärker belasteten Schiene eine Last von bis zu 15 t, während an der abgewandten Schiene eine Gegenlast nach oben von bis zu 3,5 t wirkt.
Die Schreinerei Jos. Berchtold AG produziert mit 85 Mitarbeitern am Rande der Stadt in Zürich Höngg Innenausbau und als zweites Standbein Brandschutzelemente. Die Firma entwickelt die Produkte selber und lässt sie prüfen und zertifizieren. Die individuell oder in Kleinserie hergestellten Produkte verkauft die Firma anschlies-send an Schreinereien oder direkt an Endkunden.
In Sichtweite der Firma Homag steht in Glatten im Südschwarzwald die Produktionsstätte der Firma Schmalz. Seit fast 30 Jahren konzentriert sich das Unternehmen auf den Bereich Vakuumtechnik und stellt Vorrichtungen und Anlagen für das Handling von Material mit dieser Technik her. In Nürensdorf bei Zürich betreibt Schmalz eine Niederlassung mit Systemplanern, Service-mitarbeitern und Kundenberatern.
www.schmalz.chDie Peba GmbH in Buochs gibt es seit 1980. Firmengründer Peter Barmettler hat den Betrieb in dieser Zeit kontinuierlich ausgebaut. Momentan sind zehn Mitarbeiter schwergewichtig im Bereich Küchen- und Badmöbelbau tätig. Daneben fertigt das Unternehmen auch Türen, Schränke und Möbel.
Die Produktionsgebäude der Firma Gis AG stehen im luzernischen Schötz. Rund 90 Mitarbeiter fertigen Krananlagen, Hebegeräte und Kettenzüge. Erstes Produkt der 1957 gegründeten Firma war ein Elektrokettenzug, der mittlerweile bereits in vielen verschiedenen Varianten erhältlich ist. Die Gis AG plant, fertigt und montiert komplette Materialhandlinganlagen für die Schweiz und für den weltweiten Export. Für Schreiner besonders interessant sind die Säulen- und Wanddrehkrane sowie Kranbahnen mit entsprechenden Kettenzügen.
www.gis-ag.chDie Hüsser-Gruppe besteht aus den Divisionen Holzleimbau, Schreinerei und Immobilien. Am Standort Bremgarten AG werden in verschiedenen Hallen Produkte aus Holz für den Wohn- und Gewerbebau hergestellt. Die Belegschaft der beiden produzierenden Bereiche besteht aus rund 30 Technikern, Schreinern und weitere Mitarbeitern.
Die Gersag Krantechnik GmbH bietet vor allem mit Krananlagen für höhere Lasten individuelle Lösungen aus eigener Produktion. Die Firma gibt es seit 1990, im Jahre 2005 konnte der Betrieb in eine neue, grössere Produktionshalle in Reiden zügeln. Neben Grosskrananlagen bietet das Unternehmen aber auch individuell gefertigte Logistiklösungen für Schreiner, Holzbauer und die Holzindustrie an. Schwerpunktprodukte bei Gersag sind die lagestabilen Stapelkrane.
www.gersag-kran.chVeröffentlichung: 15. August 2013 / Ausgabe 33/2013
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